Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten erster Instanz.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger war von Juli 1987 bis Dezember 1994 als „nachgeordneter“ Arzt in der vom Beklagten geleiteten Abteilung für Anästhesiologie und Intensivmedizin tätig.
Über Beschwerde des beklagten Primararztes als Beamten stellte der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 22. 3. 1995 fest, dass der Krankenhausträger für die Behandlung von Sonderklassepatienten für den Zeitraum vom Juli 1987 bis Dezember 1994 nach § 45 Abs 1 lit d NÖ KAG weitere 3.473.252 ATS zu „verrechnen“ hat und davon 2,5 % als Einhebungsvergütung gemäß § 45 Abs 2 NÖ KAG einbehalten kann. Daraufhin teilte die Verwaltungsdirektion des Krankenhauses dem Beklagten mit, dass der Betrag von 3.256.174 ATS überwiesen wurde, dass aber der Beklagte verpflichtet ist, die den „nachgeordneten“ Ärzten gebührenden Anteile nach § 45 NÖ KAG aufzuteilen.
Gleichzeitig klagte der Krankenhausträger auf Rückzahlung, weil er davon ausging, dass der dem Streit zugrundeliegende vom Krankenhausträger abgezogene „Hausrücklass“ vereinbart gewesen sei. Dieses Verfahren ruhte vom 21. 4. 1997 bis 20. 10. 2006 und endete letztlich klagsabweisend, wobei die Berufungsentscheidung den Parteienvertretern am 9. 4. 2008 zugestellt wurde. Der Grund für die Abweisung lag darin, dass eine Vereinbarung nicht nachgewiesen werden konnte und überdies die Ansprüche auch verjährt waren.
Das Obsiegen des Beklagten beim Verwaltungsgerichtshof war im Krankenhaus bekannt. Der Beklagte betonte gegenüber den „nachgeordneten“ Ärzten immer wieder, dass sie ihre Anteile bekommen. Als unter anderem der Kläger eine Aufstellung der seiner Meinung nach zustehenden Beträge übersandte, erklärte der Beklagte in einer Morgenbesprechung, dass weitere Briefe nicht erforderlich seien, sondern es klar sei, dass die „nachgeordneten“ Ärzte ihren Anteil bekommen würden. Der Beklagte berief sich auch darauf, dass er im Hinblick auf die Rückforderungsklage des Krankenhausträgers noch keine Zahlungen leisten könne. Nach der Vereinbarung des Ruhens des Verfahrens über die Rückforderungsklage verwies der Beklagte den Kläger und die anderen nachgeordneten Ärzte darauf, dass das Geld bei ihm auf einem Konto liege und gut verzinst werde und dass der Kläger und die anderen „nachgeordneten“ Ärzte jedenfalls Anspruch darauf hätten. Auch im Zusammenhang mit der Versteuerungsfrage erklärte der Beklagte, dass er die Gelder zahlen müsse. Letztlich leistete der Beklagte aber weder nach entsprechenden Aufforderungen durch den Krankenhausträger noch der „nachgeordneten“ Ärzte.
Die Abrechnung der Sonderklassegebühren wurde während der Zeit der Beschäftigung des Klägers grundsätzlich so gehandhabt, dass die „nachgeordneten“ Ärzte vom Krankenhausträger eine monatliche Abrechnungen erhielten, in denen das Gehalt und außerdem die Sonderklassehonorare mit unterschiedlichen Beträgen ausgewiesen waren. Die Beträge orientierten sich an der Anzahl der Patienten, den erbrachten medizinischen Leistungen und dem auf den jeweiligen Arzt entfallenden Prozentsatz, der variabel war und einmal jährlich durch den beklagten Primararzt - auch entsprechend der Anzahl der in der Abteilung tätigen „nachgeordneten“ Ärzte - fixiert wurde. Aus der monatlichen Abrechnung war der Prozentsatz nicht erkennbar. Den Aufteilungsschlüssel gab jeweils der Beklagte bekannt. Die Abrechnung und die Auszahlung erfolgte dann durch den Krankenhausträger. Oft gab der Beklagte nicht nur 40 % der Sonderklassehonorare, sondern bis zu 60 % an die „nachgeordneten“ Ärzte weiter.
Der Kläger begehrt mit seiner Klage den eigenen aber auch den Anteil der anderen nachgeordneten Ärzte im Verhältnis von 60 : 40, und zwar insgesamt 94.654,16 EUR. Er stützt sich zusammengefasst darauf, dass der Beklagte stets die Zahlung zugesichert habe und den Betrag auf das „gemeinsame Konto“ für alle hinterlegt habe. Trotz mehrfacher Aufforderung habe der Beklagte aber keine Bereitschaft zur Herausgabe entsprechend den zuvor mehrfach bestätigten und anerkannten Ansprüchen gezeigt. Die eigene Forderung des Klägers betrage 10.014,54 EUR, die Forderungen von weiteren 18 Ärzten in Höhe von 80.692,63 EUR seien dem Kläger abgetreten worden.
Der Beklagte wendete - soweit es für das Revisions- und Rekursverfahren noch maßgeblich ist - im Wesentlich ein, dass der Krankenhausträger regelmäßig die Lohnabrechnung vorgenommen habe und nicht der Beklagte. Auch habe dieser mittlerweile das Einkommen versteuert. Eine Zession der Forderungen sei nicht nachgewiesen. Auch handle es sich nur um einem Teil der „nachgeordneten“ Ärzte. Die Aufteilung des Honorars sei dem Beklagten zugekommen und habe laufend gewechselt. Letztlich stützte sich der Beklagte auf die Verjährung der Ansprüche.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren mit einem Zwischenurteil statt und stellte fest, dass der Anspruch der klagenden Partei dem Grunde nach zu Recht bestehe. Zwar schulde nach § 45 des NÖ KAG der Krankenhausträger und nicht der Abteilungsleiter den angemessenen Anteil am ärztlichen Honorar. Der Krankenhausträger habe bei der Auszahlung ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der entsprechende Anteil auf die nachgeordneten Ärzte aufzuteilen sei. Der Beklagte habe die Ansprüche auch mehrfach anerkannt und gemeint, dass das Geld bei ihm gut verzinst sei. Dies könne nur dahin verstanden werden, dass er das Geld für die „nachgeordneten“ Ärzte bis zur Beendigung des Rechtsstreits aufbewahre. Eine Verjährung der Ansprüche sei nicht eingetreten, da die Verjährungszeit sowohl für die Ansprüche nach § 1041 ABGB als auch für jene nach § 1009 ABGB 30 Jahre betrage.
Das Berufungsgericht gab der gegen dieses Zwischenurteil vom Beklagten erhobenen Berufung teilweise Folge und bestätigte es im Übrigen als Teilzwischenurteil. Es stellte sehr ausführlich die Entwicklung der Rechtslage und der Rechtsprechung zu den Sonderklassegebühren dar und folgerte letztlich, dass es keine öffentlich-rechtlichen Ansprüche der Ärzte gebe, sondern diese auf privatrechtlicher Grundlage zu beurteilen sei. Hier habe der Krankenhausträger jahrelang unbeanstandet mit der Gehaltsabrechnung sowohl für den Beklagten als auch die Abteilungsleiter und die nachgeordneten Ärzte - für letztere nach dem vom Beklagten bekanntgegebenen Aufteilungsschlüssel - die Sonderklassehonorare abgerechnet. Strittig sei letztlich nur der nicht ausbezahlte „Hausrücklass“ gewesen. Diesen habe der Beklagte vor dem Verwaltungsgerichtshof erfolgreich erkämpft. Der Verwaltungsgerichtshof habe dem Krankenhausträger im Ergebnis nur aufgetragen, auch diesen Teil „zu verrechnen“, aber nicht, diesen zur Gänze an den Beklagten auszubezahlen. Der Krankenhausträger hätte daher den Beklagten zur Bekanntgabe des Aufteilungsschlüssels auffordern können und danach die den „nachgeordneten“ Ärzten zustehenden Anteile diesen überwiesen. Allein daraus, dass der Krankenhausträger dem Beklagten die gesamten restlichen Sonderklassegebühren überwiesen habe, könne aber noch kein Auftragsverhältnis zwischen dem Beklagten und den „nachgeordneten“ Ärzten abgeleitet werden. Allerdings sei der Beklagte insoweit ungerechtfertigt bereichert, weshalb ein Bereicherungsanspruch nach § 1041 ABGB zu bejahen sei. Letztlich könne aufgrund der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs und der Befugnis des Beklagten, die Aufteilung zu bestimmen, auch von einer schuldbefreienden Leistung des Krankenhausträgers an den Beklagten ausgegangen werden. Diese sei auch im Hinblick auf die Geltendmachung des Bereicherungsanspruchs anzunehmen. Ein konstitutives Anerkenntnis sei hingegen zu verneinen, sondern es sei bloß von einem deklarativen Anerkenntnis auszugehen. Im Hinblick auf das Vorliegen des Verwendungsanspruchs nach § 1041 ABGB betrage die Verjährungsfrist aber ohnehin 30 Jahre. Hinsichtlich der geltend gemachten abgetretenen Ansprüche mangle es noch an den für die behaupteten Zessionen erforderlichen Feststellungen. Auch die Feststellungen zum Anerkenntnis gegenüber den anderen Ärzten beurteilte das Berufungsgericht als noch ergänzungsbedürftig.
Hinsichtlich der abgetretenen Forderungen gab das Berufungsgericht der Berufung statt und verwies die Rechtssache zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurück. Im Übrigen gab es der Berufung des Beklagten nicht Folge. Die ordentliche Revision bzw den Rekurs erachtete das Berufungsgericht als zulässig, da der Oberste Gerichtshof in seiner Entscheidung zu 9 ObA 89/05m von einer 3-jährigen Verjährungsfrist für die Ansprüche der nachgeordneten Ärzte gegen den leitenden Arzt ausgegangen sei.
Rechtliche Beurteilung
Die gegen dieses Teilzwischenurteil erhobene Revision und der gegen den Aufhebungsbeschluss erhobene Rekurs sind aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig, aber im Ergebnis nicht berechtigt.
Fasst man das anspruchsbegründende Vorbringen des Klägers zusammen, so hat er seinen Anspruch zentral darauf gestützt, dass vom Beklagten dem Kläger und den anderen „nachgeordneten“ Ärzten sowohl während als auch nach dem Streit vor dem Verwaltungsgerichtshof über ihre Anfrage immer wieder zugesichert worden sei, dass sie die anteiligen Sonderklassegebühren erhalten. Damit hat sich der Kläger aber im Ergebnis jedenfalls auch klar auf ein Anerkenntnis durch den Beklagten berufen.
Das konstitutive Anerkenntnis wird grundsätzlich als Feststellungsvertrag verstanden, in dem eine Partei durch einseitiges Nachgeben das bezweifelte Recht im vollen Umfang zugesteht. Es ist ein zweiseitiges Rechtsgeschäft und schafft unabhängig von der Existenz des zweifelhaften Schuldgrundes einen neuen selbständigen Verpflichtungsgrund (vgl dazu etwa Ertl in Rummel ABGB3 § 1380 Rz 6; Heidinger in Schwimmann ABGB3 § 1375 Rz 7; Neumayr in KBB3 § 1375 Rz 2 ff). Hingegen stellt ein deklaratives Anerkenntnis eine bloße Wissenserklärung und keinen Verpflichtungsgrund dar (Ertl aaO; Heidinger aaO, Rz 13; Neumayr aaO Rz 4 jeweils mwN).
Die Abgrenzung zwischen dem deklarativen und dem konstitutiven Anerkenntnis erfolgt danach, ob durch die Erklärung die Unsicherheiten beseitigt werden sollen und ein neuer selbständiger Verpflichtungsgrund entstehen soll. Dabei ist bei der Ermittlung des Parteiwillens im Einzelfall nach den Grundsätzen der Vertrauenstheorie unter anderem auch auf die Verkehrsauffassung und die beiderseitige Interessenlage abzustellen (Ertl aaO Rz 7; Neumayr aaO Rz 5). Je mehr bei den Parteien das Bewusstsein der Unsicherheit der Rechtslage hervortritt umso eher wird ein konstitutives Anerkenntnis angenommen (RIS-Justiz RS0032522). Bloße Vergleichs- oder Bereinigungsbereitschaft soll aber nicht vorschnell als Anerkenntnis gewertet werden (Ertl aaO Rz 7; Neumayr aaO Rz 5 jeweils mwN).
Bereits das Berufungsgericht hat sehr ausführlich die Entwicklung der Rechtsprechung zur Frage der Sonderklassegebühren dargestellt. Aus dieser entstanden verschiedene Rechtsunsicherheiten. Der Verfassungsgerichtshof hat in einer „verfassungskonformen Interpretation“ die in verschiedenen Landesgesetzen zum Krankenanstaltenrecht vorgesehenen Regelungen, wonach der Krankenanstaltenträger „namens“ der Ärzte die diesen „gebührenden“ Sonderklassegebühren hereinzubringen habe, dahin ausgelegt, dass es sich trotz dieses Wortlauts und gegen den Inhalt der Gesetzesmaterialien wegen sonstigen Verstoßes gegen das Grundsatzgesetz nicht um Ansprüche des Arztes, sondern der Krankenanstalt handle (vgl etwa VfSlg 10.066; 11.576; 11.579; letztlich hat der VfGH zu G 119/06 VfSlg 18.116 aber die Möglichkeit direkter Ansprüche der Ärzte gegen die Sonderklassepatienten aufgrund besonderer Vereinbarungen bejaht). Ausgehend von der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs hat der Oberste Gerichtshof judiziert, dass eine direkte Rechtsbeziehung zwischen dem Arzt und den in der Sonderklasse untergebrachten Patienten nicht zulässig ist (RIS-Justiz RS0116207; RS0110693; RS010972). Er hat das Verhältnis zwischen Krankenhausträger bzw Abteilungsleiter und ihren „nachgeordneten“ Ärzten im Wesentlichen als vertragliche Vereinbarung interpretiert (RIS-Justiz RS0107349) und diese je nach den konkreten Verhaltensweisen beurteilt. Er hat dabei in bestimmten Konstellationen Rechnungslegungsansprüche der „nachgeordneten“ Ärzte gegen die leitenden Ärzte anerkannt (OGH 9 ObA 69/97f).
Es kann also im Ergebnis von einer eher unklaren „zweifelhaften“ Situation für die „nachgeordneten“ Ärzte ausgegangen werden. Nach dem Obsiegen des Beklagten hat er gegenüber den nachgeordneten Ärzten immer wieder betont, dass sie ihre Anteile bekommen und dass das Geld bei ihm gut auf einem Konto liege und gut verzinst werde.
Zieht man nun im Sinne der oben dargestellten Lehre und Rechtsprechung für die Auslegung der Erklärungen in Zusammenhang mit einem konstitutiven Anerkenntnis der Parteien auch deren Interessen heran, so kann nicht an den Umstand vorbeigegangen werden, dass auch dem Beklagten bewusst sein musste, dass im Hinblick auf seine Erklärungen gegenüber den „nachgeordneten“ Ärzten, diese keinerlei Anlass hatten, ihre Ansprüche fristgerecht auch gegenüber dem Krankenhausträger geltend zu machen, sondern vielmehr davon ausgehen konnten, dass der Beklagte „ihre Anteile“ ohnehin für sie verwaltetet und die daraus resultierenden Ansprüche anerkennt. Im Sinne der dargestellten Lehre und Rechtsprechung ist unter Berücksichtigung dieser Interessenlage und der Klarheit der Erklärungen von einem konstitutiven Anerkenntnis auszugehen.
Für ein solches konstitutives Anerkenntnis gilt jedenfalls hier die lange 30-jährige Verjährungsfrist (Mader/Janisch in Schwimann aaO, § 1497 Rz 6; Neumayr aaO Rz 9 mwN).
Im Ergebnis stehen also schon deshalb die Ansprüche dem Grunde nach zu. Die genaue Aufteilung und Höhe dieser Ansprüche wird noch zu erörtern und festzustellen sein.
Sowohl der Revision als auch dem Rekurs des Beklagten war dementsprechend nicht Folge zu geben.
Der Kostenvorbehalt gründet sich auf die §§ 50 und 52 ZPO.
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