Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 1.835,82 (darin EUR 305,97 USt) bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Begründung
Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin den Zuspruch von EUR 65.363,21 samt 4 % Zinsen aus dem Titel des Schadenersatzes. Sie sei vom Februar 1989 bis Ende Februar 1994 als Beamtin (Verwendungsgruppe PT 5) in der Briefschaltertätigkeit bei diversen Postämtern eingesetzt gewesen, danach aber nur zu Hilfsdiensten bzw nur sporadisch zu Schalterdiensten eingesetzt worden. Ab Ende März 1994 sei sie ausschließlich mit Hilfsdiensten der Verwendungsgruppe PT 9 betraut gewesen. Gegenüber einer Verwendung in der Verwendungsgruppe PT 5 sei ihr ein Einkommensverlust entstanden, welcher dem Klagebetrag entspreche. Die Klägerin stützt ihre Ansprüche ausdrücklich nicht auf die unrichtige Anwendung von Beförderungsvorschriften, sondern ausschließlich darauf (AS 6 ff; über Aufforderung des Gerichtes mit eigenem Schriftsatz: AS 19), dass sie vom seinerzeitigen Vorgesetzten und Leiter des Postamtes 1015 "gemobbt" worden sei. Dieser habe es verstanden, sie durch gezielte Anschuldigungen und abfällige Bemerkungen schlecht zu machen; diese Vorwürfe seien der vorgesetzten Dienststelle der Klägerin zur Kenntnis gelangt. Das Mobbingverhalten sei der beklagten Partei zuzurechnen, welche dieses Verhalten nicht hätte dulden dürfen, sodass sie für den eingetretenen Schaden hafte.
Die beklagte Partei wendete die Unzulässigkeit des Rechtsweges ein, weil die Klägerin als Beamtin in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund stehe und daher ihre Ansprüche ausschließlich im Wege eines dienstrechtlichen Verwaltungsverfahrens geltend zu machen habe.
Selbst wenn man von Schadenersatzansprüchen ausgehe, sei die Zurechnung an die beklagte Partei ebenfalls verfehlt. In diesem Falle habe nämlich der Postamtsleiter als Organ im Sinne des Amtshaftungsgesetzes gehandelt, sodass Ansprüche nur gegen den Bund als Rechtsträger geltend gemacht werden könnten. Dafür sei das angerufene Gericht nicht zuständig.
Das Erstgericht wies die Klage zurück. Es vertrat die Rechtsauffassung, dass es sich im vorliegenden Fall um öffentlich-rechtliche, insbesondere besoldungsrechtliche Ansprüche der klagenden Partei handle, nicht jedoch um privatrechtliche. Ihre Ansprüche habe sie daher im Verwaltungs- und nicht im Gerichtswege durchzusetzen.
Das Rekursgericht hob den Beschluss des Erstgerichtes auf und trug diesem die Fortsetzung des gesetzlichen Verfahrens unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund auf. Richtig sei wohl, dass die dienstrechtlichen Beziehungen der Beamten zu ihren Dienstgebern (Bund, Länder, Gemeinden) öffentlich-rechtlicher Art seien und dafür der Rechtsweg nicht zulässig sei, sondern die Verwaltungsbehörden zuständig seien. Die in diesem Zusammenhang stehenden Rechtsstreitigkeiten seien daher keine bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten und somit auch keine Arbeitsrechtssachen im Sinn des § 50 ASGG. Bei der Entscheidung über die Zulässigkeit des Rechtsweges komme es aber vor allem auf den Wortlaut des Klagebegehrens und darüber hinaus auf die Klagebehauptungen an. Entscheidend sei die Natur des erhobenen Anspruchs. Die Einwendungen der beklagten Partei seien in diesem Zusammenhang rechtlich genauso belanglos wie die Frage, ob der Klageanspruch begründet sei. Maßgeblich sei nur, ob nach dem Inhalt der Klage ein privatrechtlicher Anspruch erhoben werde, über den die ordentlichen Gerichte zu entscheiden hätten. Die Klägerin habe ihr Begehren mit nicht mehr zu überbietender Deutlichkeit auf den Rechtsgrund des Schadenersatzes gestützt und diese Festlegung über Anfrage des Erstgerichtes noch einmal bekräftigt. Sie leite ihr Begehren auch nicht aus einer unrichtigen Anwendung dienst- und besoldungsrechtlicher Vorschriften ab, sondern daraus, dass ihrer durch rechtswidriges "Mobbing" unmöglich gemacht worden sei, weiter in der Verwendungsgruppe PT 5 eingestuft zu bleiben. Auf die Schlüssigkeit des Begehrens komme es im Rahmen der Zulässigkeitsprüfung nicht an. Da erst nach rechtskräftiger Verwerfung der Einrede der Unzulässigkeit des Rechtsweges über die Einrede der sachlichen Unzuständigkeit zu entscheiden sei, sei auf den Unzuständigkeitseinwand noch nicht einzugehen.
Der Rekurs an den Obersten Gerichtshof sei zulässig, weil es zur Frage, ob ein vom Mobbing betroffener Beamter vor der Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen Abhilfe im Verwaltungsweg suchen müsse, keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs gebe. Denkbar wäre dazu allenfalls etwa eine Disziplinaranzeige gegen den das "Mobbing" ausübenden Vorgesetzten.
Gegen diese Entscheidung richtet sich der Revisionsrekurs der beklagten Partei mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss dahin abzuändern, dass der Beschluss des Erstgerichtes wieder hergestellt werde.
Die klagende Partei beantragte, dem Revisionsrekurs nicht stattzugeben.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.
Auch wenn im Bereich des ASGG auf eine den § 2 Abs 2 ArbGG vergleichbare Ausschlussbestimmung für "öffentliche Beamte" verzichtet wurde, brachte § 51 Abs 1 ASGG keine Erweiterung der Rechtswegzulässigkeit für Ansprüche aus einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis, sondern in Verbindung mit § 50 Abs 1 ASGG lediglich die vorher nicht gegebene sachliche Zuständigkeit der Arbeits- und Sozialgerichte für die bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten von Beamten mit ihrem Dienstgeber. Streitigkeiten aus öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnissen sind, soweit es sich um Besoldungen und Gebühren handelt, im administrativen Weg auszutragen (Ballon in Fasching Komm I2 Rz 98, SZ 26/273 JBl 1989, 734). Nach ständiger Rechtsprechung kommt es aber bei der Entscheidung über die Zulässigkeit des Rechtsweges in erster Linie auf den Wortlaut des Begehrens in der Klage oder im Antrag und darüber hinaus auf die darin enthaltenen Behauptungen an. Entscheidend bleibt stets die Natur des erhobenen Anspruches. Ohne Einfluss ist es hingegen, was der Beklagte bzw der Antragsgegner einwendet oder ob der behauptete Anspruch auch begründet ist. Maßgeblich ist sohin nur, ob nach dem Inhalt der Klage oder des Antrags ein privatrechtlicher Anspruch erhoben wird, über den ordentliche Gerichte zu entscheiden haben (Fasching ZPR2 Rz 101; Ballon in Fasching Komm I2 Rz 10; stRsp, insbesondere JBl 1989, 734 mwN). Die Klägerin brachte in ihrem Antrag ausdrücklich vor, dass sie ihr Begehren nicht auf einen im öffentlichen Recht begründeten Besoldungsanspruch gegen die Dienstbehörde stütze, sondern vielmehr auf Schadenersatz, der daraus resultiere, dass die beklagte Partei Mobbinghandlungen eines Vorgesetzten, für dessen Verhalten sie einzustehen habe, nicht unterbunden habe, wodurch eine höherwertige Tätigkeit der Beklagten verhindert worden sei.
Vom Obersten Gerichtshof wurde bereits mehrmals ausgesprochen, dass aus einer unterbliebenen Beförderung im ordentlichen Rechtsweg geltend zu machende (Amtshaftungs-)Ansprüche abgeleitet werden können, wenn sie auf einen Missbrauch der eingeräumten Befugnisse eines Organs zurückzuführen sind (1 Ob 273/01f; 1 Ob 17/99b; 1 Ob 45/95). Der Verwaltungsgerichtshof (GZ 86/12/0252) erkannte, dass der Ersatz eines durch eine angeblich unberechtigte Versetzung eines Beamten erfolgten Schadens nicht im Verwaltungsweg durchzusetzen sei und insbesondere nicht der Bestimmung des § 20 Gehaltsgesetz 1956 unterfalle, wenn geltend gemacht werde, dass das behauptete schuldhafte und rechtswidrige Verhalten eines Vorgesetzten oder der Dienstbehörde in Vollziehung der Gesetze erfolgt sei. Zu GZ 99/12/0272 sprach der Verwaltungsgerichtshof - korrespondierend mit der zitierten Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes - aus, dass im Verfahren vor der Dienstbehörde mangels einer besoldungsrechtlichen Deckung kein Anspruch auf Schadenersatz geltend gemacht werden könne. Ein vermögensrechtlicher Schaden, der dem Beamten seiner Auffassung nach durch eine rechtswidrige und schuldhafte Handlung (Unterlassung) seines Dienstgebers herbeigeführt worden sei, sei vielmehr im Weg einer Amtshaftungsklage geltend zu machen.
Daneben ist von der Rechtsprechung (RIS-Justiz RS0031310) anerkannt, dass zur Erfüllung hoheitsrechtlicher Aufgaben auch Fürsorgepflichten der Vorgesetzten und ihre Beauftragten gegenüber anderen Beamten gehören. Verletzt der öffentlich-rechtliche Dienstgeber seine gesetzliche Pflicht gegenüber einem Beamten, so haftet der Rechtsträger für die sich daraus ergebenden finanziellen Nachteile eines anderen Beamten nach Amtshaftungsrecht (Schragel Komm zum Amtshaftungsgesetz3 RZ 299; SZ 59/68). Wenngleich im derzeitigen Verfahrensstadium auf die Schlüssigkeit der Klage nicht weiter einzugehen ist, ergibt sich doch aus dem (ergänzten) Klagebegehren deutlich, dass die Klägerin ihre Ansprüche insbesondere auf eine unterlassene Fürsorgepflicht der beklagten Partei stützt, indem diese den behaupteten Mobbinghandlungen eines anderen Beamten gegenüber der Klägerin nicht Einhalt geboten habe und diese dadurch an einer Tätigkeit in der Verwendungsgruppe PT 5 gehindert worden sei. Somit ist die Zulässigkeit des Rechtsweges für den in der Klage geltend gemachten Anspruch zu bejahen.
Für das weitere Vorgehen des Erstgerichtes kann unvorgreiflich dessen Rechtsansicht darauf verwiesen werden, dass bei Behandlung der von der beklagten Partei erhobenen Unzuständigkeitseinrede (Vorliegen eines Amtshaftungsanspruches) die vorzitierte Rechtsprechung genauso beachtlich sein wird wie die Bestimmungen der §§ 17 und 17a Poststrukturgesetz (Strukturanpassungsgesetz 1996); da es sich bei den durch diese Bestimmungen geregelten Einrichtungen um solche handelt, denen jeweils die Funktion einer obersten Dienstbehörde zukommt (siehe auch AB 2025 der Beilagen Nr XX. GP), die den ihrem Wirkungsbereich zugeordneten Beamten in dienstrechtlicher Hinsicht hoheitsrechtlich gegenüber tritt, ergeben sich deutliche Hinweise darauf, dass der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch ein solcher ist, auf den das Amtshaftungsgesetz Anwendung findet. Ob und inwieweit es sich bei der beklagte Partei um einen Rechtsträger, allenfalls im Sinn des § 1 Abs 3 AHG, handelt (siehe hiezu Schragel aaO 41), kann selbst bei der Lösung der Zuständigkeitsfrage noch auf sich beruhen.
Der Kostenzuspruch gründet sich auf §§ 41, 50 Abs 1 ZPO, zumal es sich beim Streit über die Zulässigkeit des Rechtsweges um einen vom Ausgang in der Hauptsache unabhängigen Zwischenstreit handelt.
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