Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 18.091,80 (darin S 3.015,30 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu bezahlen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der 1950 geborene Kläger ist seit 14. 6. 1976 - mit einer durch Karenzierung bedingten Unterbrechung vom 1. 10. 1981 bis 31. 10. 1984 - bei der Finanzprokuratur tätig. Am 13. 1. 1995 wurden die Posten der Leiter der Abteilungen 8, 9 und 11 dieser Behörde ausgeschrieben. Der Kläger bewarb sich zwar um alle drei Stellen, legte jedoch, da er schon mehrere Jahre lang als Vertreter des Leiters der Abteilung 9 tätig gewesen war, das Schwergewicht seiner Bewerbung auf den Posten des Leiters dieser Abteilung. Außer dem Kläger bewarben um die Stelle des Leiters der Abteilung 9 noch 10 weitere Personen. Der Kläger wurde auf keinen der mit 1. 7. 1995 neu besetzten Posten eines Abteilungsleiters ernannt, sondern erst mit 1. 9. 1997 zum Leiter der Abteilung 1 bestellt. Als Leiterin der Abteilung 9 wurde mit 1. 7. 1995 eine Kollegin des Klägers (in der Folge kurz "Kollegin") ernannt.
Der Kläger begehrte die Zahlung von S 200.000 und die Feststellung, dass die beklagte Partei verpflichtet sei, ihm "allen weiteren Schaden" zu ersetzen, der ihm dadurch entstehe, dass er nicht bereits mit 1. 7. 1995 zum Leiter der Abteilung 9 der Finanzprokuratur ernannt worden war. Das Zahlungsbegehren ergebe sich aus der Einkommensdifferenz für die Zeit vom 1. 7. 1995 bis 31. 12. 1997. Der "weitere Schaden" folge daraus, dass der Kläger mangels Ernennung zum 1. 7. 1995 erst mit 1. 1. 1998 in die Dienstklasse VIII gelangt sei und daher verspätet vorrücke. Er sei seit 1986 Stellvertreter des Leiters der Abteilung 9 gewesen, habe diese längere Zeit hindurch interimistisch geleitet und zuletzt auch eigenverantwortlich geführt; seine Stellvertretertätigkeit sei somit über das gewöhnliche Maß erheblich hinausgegangen. Kein anderer Bewerber habe eine vergleichbare abteilungsbezogene Qualifikation aufweisen können. Er sei von der Begutachtungskommission für den Posten des Leiters der Abteilung 9 einstimmig an bester Position gereiht worden. Dennoch sei die nachgereihte und wesentlich dienstjüngere Kollegin - unter Missachtung seiner Person - in offenkundig begünstigender Weise auf diese Stelle ernannt worden. Der Kläger sei dafür besser als diese Kollegin geeignet gewesen. Dies sei im Gutachten der Begutachtungskommission auch zum Ausdruck gekommen; die Stellungnahme des Amtsleiters, der darin der Kollegin die bessere Eignung bescheinigt habe, sei keine tragfähige Entscheidungsgrundlage gewesen. Dem Bundesministerium für Finanzen habe auf Grund der zur Verfügung stehenden Unterlagen das massive Bestreben bekannt sein müssen, den Kläger als künftigen Leiter der Abteilung 9 zu verhindern. Der Präsident der Finanzprokuratur habe durch eine Änderung der Geschäftsverteilung und "Verschwenkung" einer Organisationseinheit in die Abteilung 9 die Möglichkeit geschaffen, die Ausschreibung zum Nachteil des Klägers auf seinen Wunschkandidaten zuzuschneiden. Dadurch sei eine andere (männliche) Person begünstigt worden. Das Ministerium habe eine objektive Prüfung der sachlichen und persönlichen Eignung der Bewerber unterlassen, für die Besetzung der drei Abteilungsleiterposten seien vielmehr ausschließlich "Proporzüberlegungen" maßgeblich gewesen und sachliche Gründe nur vorgeschoben worden. Dies bedeute einen Befugnis- und Ermessensmissbrauch, der den Amtshaftungsanspruch des Klägers rechtfertige. Die Heranziehung des § 43 Bundes-Gleichbehandlungsgesetz (B-GBG) habe nur als Vorwand für die Bevorzugung der Kollegin bei der Besetzung des Abteilungsleiterpostens gedient. § 43 B-GBG verstoße aber auch gegen Art 2 RL 76/207/EWG des Rates vom 9. 2. 1976, weil die notwendige "Öffnungsklausel" fehle. Es hätten die bisherigen Verdienste, der mögliche weitere Verlauf der Berufslaufbahn und die Anciennität der Bewerber berücksichtigt werden müssen. Der Kläger sei um neun Jahre älter und um sechs Jahre dienstälter als die Kollegin. Auch der soziale Aspekt spreche für ihn, weil er für zwei Kinder und seine nicht berufstätige Ehegattin zu sorgen habe, während die Kollegin nur für ein Kind sorgepflichtig sei und ihr Ehegatte ein etwa gleich hohes Einkommen wie sie selbst erziele. Hätte das B-GBG die erforderliche Öffnungsklausel vorgesehen, so wäre der Posten des Leiters der Abteilung 9 mit dem Kläger und nicht mit der Kollegin besetzt worden. Der Anspruch des Klägers leite sich demnach auch aus dem Titel der Staatshaftung ab. Dass die Kollegin - im Gegensatz zum Kläger - die Befähigung zum Richteramt gehabt und stets bessere Prüfungsergebnisse als der Kläger erzielt habe, sei bei der Postenvergabe niemals ins Treffen geführt worden. Fälschlicherweise sei der im Bundesministerium für Finanzen für die Ernennung zuständige Sektionschef davon ausgegangen, die Kollegin hätte forensische Erfahrung gehabt.
Die beklagte Partei wendete ein, die Entscheidung des Bundesministeriums für Finanzen sei mit keinem haftungsbegründenden Ermessensmissbrauch behaftet. Die Begutachtungskommission habe keinen der Bewerber um den Posten des Leiters der Abteilung 9 als im höchsten Maß geeignet beurteilt, sie habe dem Kläger lediglich einen Eignungsvorsprung attestiert. Der Präsident der Finanzprokuratur habe ursprünglich einen anderen männlichen Kollegen für die Leitung der Abteilung 9 vorgesehen. Die Kollegin habe er als für die Leitung einer Abteilung besonders qualifiziert bezeichnet und deren Bestellung zur Leiterin der Abteilung 8 beabsichtigt. Seine Vorschläge seien aber nicht verwirklicht worden. Nach Besprechungen, an denen unter anderem der für Ernennungen zuständige Sektionschef des Bundesministeriums für Finanzen, der Präsident der Finanzprokuratur und Mitglieder des Dienststellenausschusses teilnahmen, sei mit Erlass vom 31. 5. 1995 die Kollegin mit der Leitung der Abteilung 9 betraut worden. Dies habe das Ministerium damit begründet, dass es den Kläger, die Kollegin und den vom Präsidenten der Finanzprokuratur favorisierten männlichen Kollegen als gleich geeignet erachte, weshalb gemäß § 43 B-GBG der Kollegin der Vorzug zu geben sei. Auf Ernennungen bestehe kein Rechtsanspruch, die Dienstbehörde habe von ihrem freien Ermessen in rechtmäßiger Weise Gebrauch gemacht. Das Dienstalter stelle nicht den alleinigen Parameter für eine Zukunftsprognose im Sinn des § 4 Abs 3 BDG dar. Das Bundesministerium für Finanzen habe auf Grund der Bewerbungsschreiben, des Gutachtens der Begutachtungskommission samt Beratungsprotokollen, der Stellungnahme des Präsidenten der Finanzprokuratur und der Ergebnisse mehrerer Besprechungen eine Entscheidung getroffen, bei der auch der Frauenförderungsplan für das Bundesministerium für Finanzen Berücksichtigung gefunden habe. Der Kläger sei in fachlicher Hinsicht nicht besser beschrieben und beurteilt gewesen als die Kollegin. Lediglich die längere Dienstzeit und die von dieser abhängigen Daten seiner Laufbahn hätten für ihn gesprochen. Bei alleinigem Abstellen auf diese Daten wäre aber der männliche, vom Leiter der Finanzprokuratur favorisierte Kollege vorzuziehen gewesen. Es läge selbst dann kein Ermessensmissbrauch vor, wenn die Kollegin ohne Berufung auf das B-GBG ernannt worden wäre. § 43 B-GBG stehe mit den Regelungen der zitierten Richtlinie im Einklang, weil diese Bestimmung auf den Frauenförderungsplan abstelle und einer objektiven Beurteilung der Qualifikationen im Einzelfall nicht im Wege stehe. Soweit der Kläger seine Ansprüche auf eine Verletzung des Diskriminierungsverbots des B-GBG stütze, sei der Rechtsweg unzulässig. Er hätte darauf gestützte Ansprüche im Verwaltungsweg geltend machen müssen; das Unterlassen einer solchen Vorgangsweise stelle einen Verstoß gegen die Rettungspflicht gemäß § 2 Abs 2 AHG dar.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.
Es stellte ferner fest, die Begutachtungskommission sei für die Besetzung des Postens des Leiters der Abteilung 9 einhellig zum Ergebnis gekommen, dass der Kläger in hohem Ausmaß für diese Stelle geeignet sei, die übrigen Bewerber wiesen eine Eignung geringeren Ausmaßes auf. Begründet habe die Kommission diese Entscheidung damit, dass der Kläger auf die bei weitem einschlägigste Verwendung, nämlich eine knapp 9-jährige Ausübung der Funktion des Stellvertreters des Leiters der zu besetzenden Abteilung zurückblicken könne und dass er seine Leistungen viele Jahre lang weitestgehend eigenverantwortlich und unter schwierigen Umständen erbracht habe; die Kollegin könne auf gute organisatorische Fähigkeiten verweisen und sei motiviert, allerdings verfüge sie auf Grund ihrer verhältnismäßig kurzen Stellvertretertätigkeit über ein deutlich geringeres Maß an Berufserfahrung. Der Präsident der Finanzprokuratur habe sich die Kollegin als Leiterin der Abteilung 8, einen anderen männlichen Kollegen als Leiter der Abteilung 9 und einen weiteren Mitarbeiter als Leiter der Abteilung 11 gewünscht. Daraufhin habe der Dienststellenausschuss bei der Finanzprokuratur Beratungen verlangt, die aber unterblieben seien. Am 12. 4. 1995 sei im Ministerium eine Sitzung anberaumt worden, an der unter anderem Mitglieder des Dienststellenausschusses, der Leiter des Zentralausschusses, der Präsident der Finanzprokuratur und der für Ernennungen zuständige Sektionschef des Ministeriums teilgenommen hätten. Es sei keine Einigung über die Besetzung der Posten erzielt worden. Der Sektionschef habe den Kläger als Leiter der Abteilung 9 vorgeschlagen; zwei andere männliche Bewerber hätten die Leitung der Abteilungen 8 und 11 übernehmen sollen. Diesem Vorschlag habe der Dienststellenausschuss schließlich zugestimmt. Der Präsident der Finanzprokuratur sei aber damit nicht einverstanden gewesen. Schließlich habe der Sektionschef nach einer Unterredung mit dem zuständigen Abteilungsleiter des Ministeriums entschieden, dass die Kollegin zur Leiterin der Abteilung 9 ernannt werde, während zwei männliche Bewerber - nicht aber der Kläger - die Leitung der Abteilungen 8 und 11 übernehmen sollten. Die Besetzung der Leiterposten der Abteilungen 8 und 11 habe nach der Begründung der Reihung der Begutachtungskommission entsprochen, für die Leitung der Abteilung 9 seien drei Bewerber gleich geeignet und sei daher gemäß § 43 B-GBG der Kollegin der Vorzug zu geben gewesen. Bereits zuvor habe die Arbeitsgruppe für Gleichbehandlungsfragen im Bundesministerium für Finanzen eine Äußerung dahin erstattet, dass der Vorschlag der Begutachtungskommission die Kollegin diskriminiere, denn sie weise die beste Qualifikation auf. Die Entscheidung des Sektionschefs sei auch davon beeinflusst gewesen, dass die Kollegin als einzige Bewerberin die Richteramtsprüfung abgelegt habe. Der Präsident der Finanzprokuratur habe sich für die Kollegin als Leiterin der Abteilung 8 eingesetzt, weil seiner Ansicht nach in dieser Abteilung ein Leiter mit "extrovertiertem Auftreten" benötigt werde. Es habe nicht festgestellt werden können, dass das Ministerium oder der Präsident der Finanzprokuratur in der Absicht, die Kollegin zu begünstigen und den Kläger zu benachteiligen, gehandelt hätten. In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, das Ministerium habe von seinem freien Ermessen im Sinne des Art 130 Abs 2 B-VG Gebrauch gemacht und rechtmäßig entschieden. Die gemäß § 4 Abs 3 BDG getroffene Entscheidung sei nicht auf deren Richtigkeit, sondern nur dahin zu überprüfen, ob sie auf vertretbarer Gesetzesauslegung beruhe. Ein Missbrauch des Ermessens könne nicht erkannt werden. Das Dienstalter sei nur eines von mehreren Indizien für die Qualifikation eines Bewerbers. Das Ministerium sei an das Gutachten der Begutachtungskommission nicht gebunden, und dieses habe auch der schließlich zur Leiterin der Abteilung 9 ernannten Kollegin Eignung attestiert, weil sie über gute organisatorische Fähigkeiten und über Motivation verfüge. Der Präsident der Finanzprokuratur habe nicht entschieden, weshalb dessen behauptete Begünstigungs- oder Benachteiligungsabsicht nicht relevant sei. In Ansehung des Ministeriums sei eine solche Absicht gar nicht behauptet worden. Es gebe keine greifbaren Indizien dafür, dass die Entscheidung rechtswidrig getroffen worden sei. Ermessensentscheidungen seien nur dann rechtswidrig, wenn sie abwegig, absurd, greifbar unsachlich motiviert, unredlich, boshaft, willkürlich oder gar korrupt seien; dafür habe das Beweisverfahren keine Hinweise erbracht. Selbst bei Vorhandensein einer "Öffnungsklausel" wäre der Kläger nicht zum Leiter der Abteilung 9 ernannt worden. Es wäre dem Bundesministerium für Finanzen auch ohne das Förderungsgebot des B-GBG freigestanden, bei als gleich eingeschätzter Eignung einen Mitbewerber bzw eine Mitbewerberin zu ernennen. Solange diese Einschätzung gleicher Eignung - wie hier - nicht rechtswidrig sei, sei ein Schadenersatzanspruch nicht denkbar. Die Öffnungsklausel sei vom EuGH nur gefordert worden, um Härtefälle zu vermeiden, bei denen in der persönlichen Sphäre eines Bewerbers liegende Gründe bei differenzierter Betrachtung zu berücksichtigen wären, wegen eines starren Automatismus des Gleichbehandlungsgebots aber nicht berücksichtigt werden könnten. Solche persönliche Gründe habe der Kläger gar nicht behauptet.
Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung, sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands insgesamt S 260.000 übersteige, und erklärte die ordentliche Revision für zulässig. Beim Präsidenten der Finanzprokuratur sei kein Hinweis auf eine Bevorzugungs- oder Benachteiligungsabsicht zu erkennen, vielmehr habe dieser sachlich dargelegt, aus welchen Gründen er bestimmte Bewerber als Leiter der einzelnen Abteilungen für am besten geeignet halte. Im Übrigen habe er sich die Kollegin nicht als Leiterin der Abteilung 9, sondern für die Leitung der Abteilung 8 "gewünscht", sodass schon daraus die Absicht einer Benachteiligung des Klägers bei der Besetzung des Leiterpostens der Abteilung 9 nicht abgeleitet werden könne. Es finde sich auch kein Anhaltspunkt dafür, dass sich der zuständige Sektionschef bei der "faktischen Entscheidung der Bestellung" der Kollegin zur Leiterin der Abteilung 9 von unsachlichen Momenten hätte leiten lassen. Aus einer unterbliebenen Beförderung könnten nur dann Amtshaftungsansprüche abgeleitet werden, wenn dies auf einen Missbrauch der eingeräumten Befugnisse zurückzuführen sei. Bliebe die Behörde innerhalb des Ermessens- oder Auslegungsspielraums, so sei die Entscheidung nicht schon dann unvertretbar, wenn eine neuerliche Prüfung zu einer anderen Entscheidung führte. Es habe nicht festgestellt werden können, dass ein bestimmter Bewerber - der Kläger - aus unsachlichen (politischen) Gründen nicht ernannt und insofern benachteiligt worden sei. Das Bestellungsverfahren sei sachbezogen und damit rechtskonform durchgeführt worden. Soweit der Kläger und dessen Kollegin sowie ein weiterer Bewerber als gleich geeignet beurteilt worden seien, sei dies keinesfalls unrichtig oder unvertretbar. Einen Amtshaftungsanspruch könne der Kläger daher nicht geltend machen.
Auch aus dem Titel der Staatshaftung könne die beklagte Partei nicht in Anspruch genommen werden. § 43 B-GBG in der hier anzuwendenden Fassung räume den Bewerberinnen bei gleicher Eignung automatisch den Vorrang ein, enthalte also keine Öffnungsklausel. Diese Bestimmung lasse ihrem Wortlaut nach eine objektive Beurteilung von Bewerbungen gleich geeigneter Bewerber verschiedenen Geschlechts, bei der die besondere persönliche Lage aller Bewerber angemessen berücksichtigt werde, nicht zu. Ein solches Auswahlverfahren, das sich ausschließlich an generellen Merkmalen, die der gebotenen individuell-objektiven Beurteilung aller Bewerber keinen Raum ließen, orientiere, durchbreche nach der Rechtsprechung des EuGH die Grenzen der in Art 2 Abs 4 der zitierten Richtlinie vorgesehenen Ausnahme. Nach der Rechtsprechung des EuGH müsse die festgestellte Nichtumsetzung einer Richtlinie der Gemeinschaft aber für den eingetretenen Schaden kausal sein, um einen Schadenersatzanspruch des Staatshaftungsklägers zu rechtfertigen. Es sei daher zu prüfen, welchen Inhalt eine Öffnungsklausel aufweisen müsse, um den Vorgaben des EuGH zu genügen, der ausgesprochen habe, bei Frauenförderungsmaßnahmen sei eine objektive Beurteilung der Bewerbungen und die Berücksichtigung der besonderen persönlichen Lage aller Bewerber nötig. Im Rahmen einer Öffnungsklausel könne festgelegt werden, dass der Familienstand oder das Einkommen des Partners bzw der Partnerin unerheblich seien. Demnach hätte auch eine Öffnungsklausel nicht bewirken können, dass der Kläger als Alleinverdiener mit zwei Kindern gegenüber der Mitbewerberin, die nach den Behauptungen des Klägers gemeinsam mit ihrem etwa gleich viel verdienenden Ehegatten für ein Kind zu sorgen habe, im Rahmen einer zulässigen Frauenförderung zum Zug gekommen wäre. Selbst das Vorhandensein einer Öffnungsklausel im Sinne der Judikatur des EuGH hätte nicht dazu gezwungen, bei Berücksichtigung der persönlichen Lage aller Bewerber anstelle der ernannten Kollegin den Kläger zum Leiter der Abteilung 9 zu bestellen. Sein Vorsprung beim Dienstalter und bei seiner Tätigkeit als Stellvertreter des Abteilungsleiters sei bereits ganz allgemein berücksichtigt worden, er habe auch im Zeitpunkt der Bestellung des Leiters im Jahre 1995 noch kein Alter erreicht gehabt, in dem die unterbliebene Ernennung eine besondere Härte gewesen wäre. Auch aus dem Titel der Staatshaftung könne die beklagte Partei vom Kläger sohin nicht belangt werden.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision des Klägers ist zulässig, aber nicht berechtigt. Es besteht kein subjektives Recht eines Beamten auf Beförderung. § 4 Abs 3 BDG entfaltet aber auch Schutzgesetzcharakter zu Gunsten der einzelnen Bewerber, indem sich diese darauf verlassen können, dass die Entscheidung über die Stellenbesetzung verfahrensrechtlich einwandfrei getroffen wird. Aus einer unterbliebenen Beförderung können Amtshaftungsansprüche abgeleitet werden, wenn sie auf einen Missbrauch der eingeräumten Befugnisse zurückzuführen sind (JBl 2000, 118; SZ 69/48).
Nach den Feststellungen der Vorinstanzen verfolgte der Präsident der Finanzprokuratur im Zuge des Ernennungsverfahrens nicht die Absicht, die Kollegin zu begünstigen bzw den Kläger zu benachteiligen. Sie fanden auch keinen Anhaltspunkt dafür, dass sich der für die Ernennungen zuständige Sektionschef des Bundesministeriums für Finanzen bei der "faktischen" Entscheidung "von einer Begünstigung bzw Benachteiligung" habe leiten lassen. Ein Missbrauch des Ermessens, der die Entscheidung der Behörde als unvertretbar qualifizierte, wurde daher zu Recht nicht angenommen. Gerade Ernennungsvorgänge spielen sich zum überwiegenden Teil in objektiv nicht oder nur schwer erfassbaren Bereichen ab, wie etwa in der Beurteilung der Eignung eines Menschen für die Anforderungen eines bestimmten Postens. Es geht nicht an, jede Frage, die im Rahmen des Ermessens entschieden wird, in einem nachfolgenden Amtshaftungsprozess einer neuerlichen Prüfung zu unterziehen (SZ 69/48 mwN). Hat sich der Leiter der Finanzprokuratur zur Eignung der Bewerber pflichtgemäß geäußert und diese Äußerung - nach den Feststellungen der Vorinstanzen - seiner Überzeugung gemäß und keineswegs entgegen seinen Wahrnehmungen, geschweige denn in schikanöser oder feindseliger Absicht erstattet, so ermangelt sie der Rechtswidrigkeit, hat er damit doch nur eine aus seiner Sicht richtige Eignungsbeurteilung wiedergegeben. Dazu kommt, dass er die Kollegin gar nicht für die Leitung der Abteilung 9 vorsah, sondern - aus sachlichen Erwägungen - einen anderen Bewerber favorisierte. Gerade die vom Bundesministerium für Finanzen bei der Vorbereitung der Ernennungen gewählte Vorgangsweise dokumentiert, dass die Entscheidung nicht leichtfertig und unüberlegt bzw gar in Begünstigungs- oder Benachteiligungsabsicht getroffen wurde. Sowohl das Gutachten der Begutachtungskommission wie auch der Vorschlag des Leiters der Finanzprokuratur wurden einer eingehenden Prüfung unterzogen, und der zuständige Sektionschef erwog ursprünglich auch, den Kläger als Leiter der Abteilung 9 vorzuschlagen. Allein darin, dass sich der Leiter der Finanzprokuratur mit diesem Vorschlag nicht abfand und der Sektionschef schließlich nach einer Unterredung mit dem zuständigen Abteilungsleiter entgegen seiner ursprünglichen Ansicht die Kollegin für die Leitung der Abteilung 9 nominierte, kann für sich jedenfalls kein Ermessensmissbrauch erblickt werden, musste der hiefür zuständige Beamte doch erst bei der endgültigen Entscheidung über den Ernennungsvorschlag klar und eindeutig abwägen, welcher der Bewerber die mit der Verwendung auf die Planstelle verbundenen Aufgaben voraussichtlich in bestmöglicher Weise erfüllen werde. Sofern Fachprüfungsergebnisse in diese Entscheidung einflossen, ist dies nicht als unsachlich zu beanstanden. Im Umstand, dass drei Bewerber für die Position des Leiters der Abteilung 9 als gleich geeignet beurteilt wurden und die Kollegin schließlich ausgewählt wurde, kann keine unsachliche und damit unvertretbare Vorgangsweise erkannt werden, lag diese Entscheidung doch innerhalb des der Behörde anvertrauten Ermessensspielraums (vgl SZ 69/48). Ob Ermessensmissbrauch im Zuge von Ernennungen vorliegt, kann stets nur auf Grund der besonderen Umstände des Einzelfalls beurteilt werden. Eine Auflistung aller im Bestellungsverfahren zu beachtenden Kriterien ist nicht möglich. Da der beklagten Partei der Beweis gelang, dass bei der Ernennung weder Begünstigungs- noch Benachteiligungsabsicht im Spiel war, muss auf die vom Revisionswerber ins Treffen geführten Beweislastfragen nicht weiter eingegangen werden. Sofern der Kläger im Rahmen der Rechtsrüge behauptet, sein Vorwurf einer Begünstigungs- bzw Benachteiligungsabsicht sei gerechtfertigt gewesen, entfernt er sich von dem von den Vorinstanzen festgestellten Sachverhalt. Dies gilt auch für die Behauptung, die "endgültige Entscheidung" sei "dem Amtsleiter bzw der Personalvertretung" überlassen worden:
Willkürliches Verhalten - und damit ein Ermessensmissbrauch - des letztlich für den Ernennungsvorgang zuständigen Sektionschefs wurde nicht festgestellt.
Das Begehren des Klägers ist aber auch aus dem Titel der Staatshaftung nicht berechtigt:
Die Bestellung der Kollegin zur Leiterin der Abteilung 9 wurde - ausgehend von der gleichen Eignung dreier Bewerber - damit begründet, dass gemäß § 43 B-GBG der Kollegin der Vorzug zu geben sei. Das B-GBG in der zum Ernennungszeitpunkt (1. 7. 1995) bestehenden Fassung enthielt zwar keine "Härte- oder Öffnungsklausel" (in der Folge kurz Öffnungsklausel), nach der Frauen nicht vorrangig befördert werden müssen, sofern in der Person eines Mitbewerbers liegende Gründe überwiegen (so die nunmehrige Fassung des § 43 B-GBG gemäß der Novellierung durch BGBl I 2001/87), doch das kann dem vom Kläger behaupteten Anspruch nicht zum Durchbruch verhelfen. Am 9. 2. 1976 erließ der Rat die Richtlinie 76/207/EWG (in der Folge kurz RL) zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, zur Berufsbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in Bezug auf die Arbeitsbedingungen. Diese RL hat zum Ziel, dass in den Mitgliedstaaten der Grundsatz der Gleichbehandlung von Männern und Frauen auch beim Aufstieg im Rahmen der Beschäftigung verwirklicht werde. Nach Art 2 Abs 1 der RL darf keine unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung auf Grund des Geschlechts erfolgen. Gemäß Art 2 Abs 4 steht die RL Maßnahmen zur Förderung der Chancengleichheit für Männer und Frauen, insbesondere durch Beseitigung der tatsächlich bestehenden Ungleichheiten, die die Chancen der Frauen in den in Art 1 Abs 1 genannten Bereichen beeinträchtigen, nicht entgegen. Diese (auch) für Österreich verbindliche Richtlinie war von den Mitgliedstaaten in verbindliche innerstaatliche Vorschriften umzusetzen, die den Erfordernissen der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit genügen. Die hier bedeutsame Frage, ob § 43 B-GBG in der zum Ernennungszeitpunkt geltenden Fassung wegen Verstoßes gegen die RL gemeinschaftswidrig war, ist an der maßgeblichen Rechtsprechung des EuGH zu messen, weil die RL selbst ihrem Wortlaut nach zum Erfordernis einer Öffnungsklausel keine unmittelbaren Aussagen trifft und (erst) die Entscheidungen des EuGH objektives Recht schaffen (JBl 2001, 445).
Zur Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen der Vorrang von Bewerberinnen bei gleicher Qualifikation dem Gleichbehandlungsgrundsatz der RL entspricht, hat der EuGH erstmals im Urteil vom 17. 10. 1995 (Fall Kalanke) Stellung bezogen und im Wesentlichen ausgeführt, eine nationale Regelung, die den Frauen bei Ernennung oder Beförderung absolut und unbedingt den Vorrang einräume, stelle keine Maßnahme zur Förderung der Chancengleichheit für Männer und Frauen dar, weil sie über die Forderung der Chancengleichheit hinausgehe und an deren Stelle das Ergebnis setze, zu dem allein die Verwirklichung einer solchen Chancengleichheit führen könne. In jenen die Frauen bevorzugenden nationalen Regelungen, die den Bewerberinnen - bei gleicher Qualifikation - "automatisch" den Vorrang einräumten, liege ein Verstoß gegen die RL (siehe JBl 2001, 445). Die Nichtumsetzung der RL im Bereich der Ausnahmebestimmung ihres Art 2 Abs 4 lässt sich nicht schon aus deren Wortlaut, sondern verlässlich erst aus der dazu entwickelten, mit dem Urteil Kalanke eingeleiteten Rechtsprechung des EuGH, mit der Art 2 Abs 4 der RL einer wertenden Auslegung im Sinne des Erfordernisses einer Öffnungsklausel unterzogen wurde, ableiten. Erst diese Rechtsprechung stellte fest, was schon von Beginn an Inhalt der RL war. Dieses Urteil "Kalanke" datiert aber erst vom 17. 10. 1995, die Kollegin des Klägers wurde aber schon mit 1. 7. 1995 ernannt. Zu diesem Zeitpunkt bestand somit für den nationalen Gesetzgeber - mangels entsprechender Rechtsprechung des EuGH - noch keine zwingende Veranlassung, dem § 43 B-GBG eine Öffnungsklausel einzufügen, sodass der vom Kläger behauptete Anspruch aus dem Titel der Staatshaftung nicht mit Erfolg geltend gemacht werden kann.
Selbst wenn aber eine angemessene Öffnungsklausel schon damals hätte eingefügt sein müssen, führte dies zu keinem Erfolg des Klägers. Der EuGH hat nämlich in mehreren Urteilen zum Ausdruck gebracht, dass durchaus richtlinienkonform angeordnet werden könne, dass das Dienstalter, das Lebensalter und der Zeitpunkt der letzten Beförderung nur insoweit Berücksichtigung finden, als ihnen für die Eignung, die Leistung und die Befähigung der Bewerberinnen und Bewerber Bedeutung zukommt; es könne festgelegt werden, dass der Familienstand oder das Einkommen des Partners oder der Partnerin unerheblich sei und dass sich Teilzeitbeschäftigungen, Beurlaubungen und Verzögerungen beim Abschluss der Ausbildung auf Grund der Betreuung von Kindern oder Angehörigen nicht nachteilig auswirken. Das höhere Dienst- oder Lebensalter des Klägers muss daher nach Auffassung des EuGH für sich genommen gerade nicht in den Anwendungsbereich einer gebotenen Öffnungsklausel einbezogen werden. Auf Grund seines Alters im Ernennungszeitpunkt (45 Jahre) war der Kläger an einer weiteren Karriere auch nicht ungebührlich gehindert; gerade die Konsequenz, länger als jüngere Mitbewerberinnen auf eine Stelle warten zu müssen, muss bei positiver Frauenförderung im Sinne des Art 2 Abs 4 der RL auch nach der Rechtsprechung des EuGH in Kauf genommen werden. Es war in der fraglichen Zeit (1995) unter Bedachtnahme auf das Lebensalter des Klägers nicht zu befürchten, dass er auf keinen Leiterposten mehr ernannt werden könne; gerade eine solche Befürchtung des Klägers hat sich auch nicht bewahrheitet, wurde er doch mit 1. 9. 1997 zum Leiter der Abteilung 1 der Finanzprokuratur bestellt. Im Rahmen der Beurteilung der familiären Situation kann nach der Judikatur des EuGH das Einkommen des Partners außer Betracht bleiben, sodass der Hinweis des Klägers auf das Einkommen des Ehemanns der Kollegin nicht zielführend ist. Aber auch die gegenüber der Kollegin ins Treffen geführte Sorgepflicht für zwei Kinder (sie hatte dagegen nur für ein Kind zu sorgen) fällt nicht derart ins Gewicht, dass von "überwiegenden, in der Person des Klägers" "liegenden Gründen iS einer richtlinienkonformen Öffnungsklausel" (so nun auch die gegenwärtige Fassung des § 43 B-GBG; missverständlich allerdings die erläuternden Bemerkungen in der RV, 636 BlgNR, 21. GP, 87, in Verkennung der Erwägungen des erkennenden Senats in JBl 2001, 445) gesprochen werden müsste. Das Fehlen einer richtlinienkonformen Öffnungsklausel im B-GBG in der zeitlich maßgeblichen Fassung kann dem Begehren des Klägers somit auch nicht zum Durchbruch verhelfen.
Der Revision des Klägers ist ein Erfolg zu versagen. Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.
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