OGH 9ObA24/09h

OGH9ObA24/09h15.12.2009

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling und Dr. Hradil sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Andreas Mörk und Robert Hauser als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Betriebsrat der Angestellten BNT/Thaur, 6010 Innsbruck, Wilhelm-Greil-Straße 21, vertreten durch Dr. Heinz Mildner, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagten Parteien 1) TIWAG - Tiroler Wasserkraft AG, 6010 Innsbruck, Eduard-Wallnöfer-Platz 2, 2) TIWAG - Netz AG, 6065 Thaur, Bert-Köllensperger-Straße 7, beide vertreten durch Dr. Alfons Klaunzer, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen Feststellung nach § 54 Abs 1 ASGG, über die Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 19. November 2008, GZ 13 Ra 65/08v-25, in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 22. Dezember 2008, GZ 13 Ra 65/08v-27, mit dem über Berufung beider Parteien das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht vom 4. Juli 2008, GZ 43 Cga 131/07d-18, teils bestätigt, teils abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt und beschlossen:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

I. Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden - soweit sie die zweitbeklagte Partei betreffen - dahin abgeändert, dass sie in diesem Umfang zu lauten haben:

„Das Klagebegehren auf Feststellung gegenüber der zweitbeklagten Partei, dass Angestellte als Mitglieder der Montageeinheiten,

1. welche auf Anordnung ihrer vorgesetzten Stelle ihre Wohnung länger als vier Stunden verlassen, unabhängig vom verwendeten Verkehrsmittel bei einer Entfernung bis zu 30 km vom Wohnort Anspruch auf eine 'effektive Reisestunde' als Reisesechstel in Höhe des Betriebsfahrtensatzes sowohl für die Hinfahrt als auch für die Rückfahrt zusätzlich zur vorgesehenen Reiseaufwandsentschädigung haben, wenn die Reisezeit jeweils in die dienstfreie Zeit fällt, und

2. unabhängig von einer Mindestabwesenheit auf Anordnung ihrer vorgesetzten Stelle ihren Wohnort in einer Entfernung von über 3 km bis 30 km verlassen, Anspruch auf eine effektive Reisestunde als 'Reisesechstel' in Höhe des Betriebsfahrtensatzes zusätzlich zur vorgesehenen Reiseaufwandsentschädigung - unabhängig vom verwendeten Verkehrsmittel - haben, wenn entweder die Ankunft zu Hause oder die Abfahrt von zu Hause in die dienstfreie Zeit fällt,

wird abgewiesen."

Die klagende Partei ist schuldig, der zweitbeklagten Partei die mit 572,55 EUR bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens (darin 95,42 EUR Umsatzsteuer) und die mit 729,74 EUR bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 121,62 EUR Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

II. Soweit sie das gegen die erstbeklagte Partei gerichtete Klagebegehren betreffen, werden die Urteile der Vorinstanzen aufgehoben. Die Arbeitsrechtssache wird in diesem Umfang an das Erstgericht zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung zurückverwiesen. Die hierauf entfallenden Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Entscheidungsgründe:

Unstrittig ist, dass von dieser Feststellungsklage mehr als drei Arbeitnehmer der Erstbeklagten betroffen sind, die sie der Zweitbeklagten zur Dienstleistung (Montage) überlassen hat.

Die Gehälter einschließlich der Aufwandsentschädigungen der betroffenen Arbeitnehmer werden von der Erstbeklagten gezahlt, nachdem die Zweitbeklagte ihr die zur Berechnung der Gehälter bzw der Aufwandsentschädigungen notwendigen Daten mitgeteilt hat. Die Personalkosten werden der Erstbeklagten von der Zweitbeklagten ersetzt. Auf die Arbeitsverhältnisse kommt der Kollektivvertrag für Angestellte der Elektrizitätsversorgungsunternehmen (in der Folge: Kollektivvertrag) zur Anwendung.

Beide Beklagten gehören zum selben Konzern, beide haben ihren Betriebsstandort in Tirol. Die Erstbeklagte ist unter anderem zur Ausübung des Gewerbes der Überlassung von Arbeitskräften gemäß § 97 Abs 2 Z 2 GewO 1994 (bis zur GewO-Novelle 2002 § 127 Z 19 GewO 1994) berechtigt, wobei die Überlassung von Arbeitskräften im Betrieb der Erstbeklagten eine untergeordnete Rolle spielt. Insgesamt werden etwa 550 bis 570 Arbeitnehmer von der Erstbeklagten beschäftigt und der Zweitbeklagten bzw - in geringem Umfang - weiteren Unternehmen innerhalb des Konzerns überlassen.

Zwischen dem Betriebsrat der "LA- und EM-Montagepartien", zu denen auch die betroffenen Arbeitnehmer gehörten, und der Erstbeklagten wurde am 27. 6. 1984 eine immer noch in Kraft stehende „Reisekostenregelung für Mitarbeiter der LA- und EM-Montagepartien" abgeschlossen. Der hier maßgebende Inhalt dieser Vereinbarung lautet:

„Reisekostenregelung

für Mitarbeiter der LA- und EM-Montagepartien

(ausgenommen EM-Werkstätte und Leitungsbaulager Ötztal)

...

1. Dienstreise

Laut den Bestimmungen der Kollektivverträge für Arbeiter und Angestellte der EVU liegt eine solche vor, wenn ein Angestellter oder Arbeiter auf Anordnung seiner vorgesetzten Dienststelle seinen Dienstort für länger als vier Stunden verlässt. Die Reise beginnt, wenn sie von der Arbeitsstätte aus angetreten wird, mit dem Verlassen der Arbeitsstätte, in allen anderen Fällen mit dem notwendigen Verlassen der Wohnung. Dasselbe gilt sinngemäß für die Beendigung der Dienstreise.

1.1 Dienstreisebegriff

Aufgrund des im gesamten Versorgungsgebiet unseres Unternehmens möglichen Arbeitseinsatzes der LA- und EM-Partien gilt so wie bisher Innsbruck als Dienstort.

1.2 Zumutbarkeit der täglichen Heimkehr

Nach derzeitiger Judikatur ist es einem Mitarbeiter zumutbar, täglich von seiner Arbeitsstätte in seine Wohnung zurückzukehren, wenn die dazwischen liegende Entfernung nicht mehr als 25 km beträgt.

1.3 An- und Abreise

Aufgrund des gegebenen Arbeitseinsatzes erfolgt die An- und Abreise grundsätzlich außerhalb der Normalarbeitszeit.

1.4 Verwendung eigener Kraftfahrzeuge

Die Mitarbeiter der LA- und EM-Partien erklären sich grundsätzlich bereit, für die An- und Abreise zum Arbeitsort bzw jeweiligen Magazin ihr eigenes Kraftfahrzeug zu verwenden.

2. Reiseaufwandsentschädigung

Entsprechend der derzeit festgestellten täglichen Arbeitszeit erhält der Mitarbeiter:

2.1 bei einer zumutbaren täglichen Heimkehr (Entfernung Wohnung-Arbeitsstätte bzw Magazin weniger als 25 km) den entsprechenden Taggeldsatz laut der allgemein gültigen TIWAG-Reisekostenregelung (Abwesenheit vom Dienstort bzw Wohnung von mehr als vier, acht oder zwölf Stunden).

2.1.1 Die effektive Reisezeit wird bei Verwendung des eigenen Kraftfahrzeuges pro Arbeitstag mit durchschnittlich einer Stunde angenommen und entsprechend mit einem Sechstel bzw Fünftel des jeweils gültigen Satzes vergütet. Bei Verwendung von Massenverkehrsmitteln wird die effektive Reisezeit nach Anfall vergütet.

2.2 Bei nicht zumutbarer täglicher Heimkehr (Entfernung Wohnung-Arbeitsstätte bzw Magazin mehr als 25 km) von Montag bis Freitag fünfmal den Reisekostensatz von mehr als zwölf Stunden und viermal den Nächtigungssatz laut allgemein gültiger TIWAG-Regelung.

2.2.1 Die anfallende effektive Reisezeit außerhalb der Normalarbeitszeit wird gemäß den jeweils hiefür geltenden Bestimmungen vergütet.

3. Fahrtkostenvergütung

3.1 Bei Verwendung des eigenen Kraftfahrzeuges erhält der betreffende Mitarbeiter für die kürzest mögliche Fahrtstrecke zwischen Dienstort (Wohnung) und Arbeitsstätte bzw Magazin das Kilometergeld nach den jeweils gültigen Sätzen.

...

6. Wirksamkeit

Diese Regelung tritt mit 1. 7. 1984 vorläufig bis 30. 6. 1985 in Kraft und ersetzt die bisherige Reisekostenregelung laut Rundschreiben vom 9. 2. 1956.

..."

Am 12. 7. 1999 wurde zwischen der Erstbeklagten und dem Zentralbetriebsrat eine „Betriebsvereinbarung Reisekostenregelung" befristet abgeschlossen. Ihre Befristung wurde bisher 15-mal verlängert, zuletzt bis 31. 3. 2009. Der maßgebende Inhalt dieser Vereinbarung lautet:

„Betriebsvereinbarung

Reisekostenregelung

...

A) Regionalstellen, ETM-NSO-Trupp bzw Mitarbeiter, deren ständiger Dienstort die Regionalstelle ist.

...

4. Vergütungen:

4.1 Betriebsfahrten innerhalb des Regionalstellenbereiches:

Für Betriebsfahrten innerhalb des Regionalstellenbereiches kommen grundsätzlich Betriebsfahrtensätze laut KV zur Anwendung. Für An- und Heimfahrtszeiten zur Arbeitsstelle außerhalb der Normalarbeitszeit kann je Arbeitstag eine effektive Reisestunde auf Basis des Betriebsfahrtensatzes verrechnet werden.

B) ETM, BÜ, Werksgruppen, MS-Service-Trupp, BT Baustoffprüfstelle, ZLJ, ASG

...

4. Vergütungen:

4.1 Betriebsfahrten im Umkreis von 30 km vom Dienstort:

Liegt die anzufahrende Arbeitsstelle bis zu 30 km vom Dienstort entfernt, so kommen die Betriebsfahrtensätze laut KV zur Anwendung.

...

C) Montagepartien-Thaur (ehemalige LA- und EM-Montagepartien)

Bei einer Entfernung bis zu 3 km (Wohnung-Arbeitsstelle) können keine Reisekosten verrechnet werden.

Liegt die anzufahrende Arbeitsstelle bzw das Magazin über 3 km und bis zu 30 km von der Wohnung entfernt, so gelten die Betriebsfahrtensätze (keine Nächtigung). Bei einer Entfernung von über 30 km gelten die Reisekostensätze (Taggeld und Nächtigung).

Einziger Mittelpunkt für die Berechnung der 3 km- bzw 30 km-Grenze ist die Wohnung des Mitarbeiters.

Alle sonstigen Vereinbarungen behalten ihre Gültigkeit.

D) HVW Innsbruck bzw Thaur

4. Vergütungen:

4.1 Betriebsfahrten im Umkreis von 30 km vom Dienstort:

Liegt die anzufahrende Arbeitsstelle bis zu 30 km vom Dienstort entfernt, so kommen die Betriebsfahrtensätze laut KV zur Anwendung.

...

Wirksamkeit

Diese Betriebsvereinbarung tritt mit 1. 8. 1999 in Kraft, gilt befristet bis 31. 12. 2000 und kann unter Einhaltung einer dreimonatigen Kündigungsfrist zum Monatsende gekündigt werden.

..."

Die von dieser Feststellungsklage betroffenen Arbeitnehmer waren bis zum 31. 3. 2006 als Montageeinheiten in Thaur stationiert („Montagepartien-Thaur"), wobei sie Montagearbeiten auf verschiedenen Arbeitsstellen (Baustellen) tirolweit erbracht haben. Dabei fuhren die Arbeitnehmer regelmäßig von ihrer Wohnung mit ihren Privatfahrzeugen zu der ihnen zugewiesenen Arbeitsstelle, wobei bei der Diensteinteilung darauf geachtet wurde, dass die Arbeitnehmer, soweit möglich, jenen Baustellen zugewiesen wurden, die ihrer Wohnung am nächsten kamen. Für diese Fahrten erhielten die Arbeitnehmer zur Abgeltung der Reisezeit entsprechend der Betriebsvereinbarung vom 12. 7. 1999 das sogenannte „Reisesechstel" - „auch als Betriebsfahrtensatz bezeichnet" -, soweit die Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstelle zwischen 3 und 30 km betrug, an Sonn- und Feiertagen entsprechend ein Fünftel. Das „Reisesechstel" als „Betriebsfahrtensatz" betrug im März 2006 11,83 EUR.

Neben den Mitarbeitern dieser Montageeinheiten gab es bis zum 31. 3. 2006 etwa 350 weitere Mitarbeiter, die - ebenfalls von der Erstbeklagten beschäftigt und der Zweitbeklagten dauernd überlassen - in den sogenannten Regionalstellen („Montage/Service") tätig waren, wobei das Tiroler Landesgebiet lückenlos in sieben Regionalstellenbereiche aufgegliedert wurde (St. Johann, Lienz, Zell, Thaur, Ötz, Landeck und Brixlegg). Diese Mitarbeiter, die von dieser Feststellungsklage nicht erfasst sind, haben bereits seit 2003 in der Regel kein „Reisesechstel" erhalten, wenn sie für eine Fahrt vom Wohnort zu einem Einsatzort außerhalb ihres Dienstorts ein Dienstfahrzeug benutzen durften; die Verwendung von Dienstfahrzeugen war die Regel.

Im Rahmen einer konzerninternen Umstrukturierung wurde ab 1. 4. 2006 der Stützpunkt Thaur der Montageeinheiten aufgelassen und es wurden die Arbeitnehmer dieser Montageeinheiten jeweils als geschlossene Arbeitseinheit zu den Regionalstellen versetzt, wobei dies zu keiner Änderung der Arbeitstätigkeit führte. Bei dieser Neuzuordnung wurde darauf geachtet, dass die Regionalstelle ihrem Wohnort nahe ist, wobei aber nicht festgestellt werden kann, ob sich die Fahrzeiten gegenüber der früheren Situation bis 31. 3. 2006 eklatant verringert haben. Im Zuge dieser Zusammenfassung der Montageeinheiten mit den Regionalstellen wollten die Beklagten in gemeinsamer Absprache auch eine Vereinheitlichung der Reisekostenregelung erreichen, weshalb ohne Beteiligung des Betriebsrats eine „Handhabung der Regelungen ab 1. 4. 2006" mit folgendem hier relevanten Inhalt bestimmt wurde:

„Handhabung der Regelungen ab 1. 4. 2006

...

Reisekostenregelung

In Anlehnung an die in den bisherigen Netzleitungen seit langem gehandhabte Anwendung der Reisekostenregelung bezüglich der effektiven Reisestunde bei Arbeitsbeginn auf der Baustelle ist diese in allen Teams wie folgt anzuwenden:

Innerhalb des Betriebsfahrtenbereiches (= Stützpunktgrenzen = frühere Regionalstellengrenzen) wird bei Benutzung des Dienstfahrzeuges für die Fahrt von und zur Arbeitsstätte außerhalb der Normalarbeitszeit die effektive Reisestunde nicht geschrieben.

Außerhalb des Betriebsfahrtenbereiches (= Stützpunktgrenzen = frühere Regionalstellengrenzen) kann bei Benutzung des Dienstfahrzeuges für die Fahrt von und zur Arbeitsstätte außerhalb der Normalarbeitszeit die effektive Reisestunde geschrieben werden.

Für MST wäre sinnvoll, als Grenze für Betriebsfahrten ebenfalls das Gebiet des Stützpunktes Thaur (= Bezirk Innsbruck-Land) anstelle der 30 km-Grenze zu vereinbaren.

...

Dieses Schreiben dient als Arbeitsbehelf für die Durchführung der Abrechnung. Ich ersuche um Einhaltung dieser Vorgangsweisen bis anderslautende Regelungen ergehen.

27. 4. 2006

Abteilung Montage/Service

Anton Rossetti e.h."

Diese schriftliche Richtlinie wurde von der Abteilung Montage/Service der Zweitbeklagten erstellt. Damit sollten die von der Feststellungsklage betroffenen Arbeitnehmer hinsichtlich der Reisekostenregelung den bisherigen Mitarbeitern der Regionalstellen, die zahlenmäßig überlegen sind, gleichgestellt werden. Weder die betroffenen Arbeitnehmer noch der Betriebsrat haben einer Änderung der Reisekostenregelung zugestimmt. Entsprechend dieser „Handhabung der Regelungen ab 1. 4. 2006" wurde fortan den betroffenen Arbeitnehmern der Montageeinheiten dann kein Reisesechstel mehr gewährt, wenn sie mit einem Dienstfahrzeug von ihrem Wohnort zur Arbeitsstelle fuhren, wobei die Dienstfahrzeuge der Regionalstellen regelmäßig genutzt werden müssen. Der Betriebsrat hat keine Zustimmung zur örtlichen Versetzung der betroffenen Arbeitnehmer von deren Dienstort Thaur (bis 31. 3. 2006) zu den einzelnen Regionalstellen (ab 1. 4. 2006) abgegeben.

Dass die Zweitbeklagte der Erstbeklagten eine Anweisung erteilt habe, die effektive Reisestunde gemäß dieser „Handhabung der Regelungen ab 1. 4. 2006" nicht mehr zu gewähren, kann nicht festgestellt werden. Tatsächlich verpflichtete sich die Zweitbeklagte vertraglich gegenüber betroffenen Arbeitnehmern, keine Weisungen zu erteilen, die in das Rechtsverhältnis der Arbeitnehmer zur Erstbeklagten eingreifen.

Der klagende Betriebsrat begehrt gemäß § 54 Abs 1 ASGG, gegenüber den Beklagten festzustellen, dass Angestellte als Mitglieder der Montageeinheiten,

1. welche auf Anordnung ihrer vorgesetzten Stelle ihre Wohnung länger als vier Stunden verlassen, unabhängig vom verwendeten Verkehrsmittel, bei einer Entfernung bis zu 30 km vom Wohnort Anspruch auf eine „effektive Reisestunde" als Reisesechstel in Höhe des Betriebsfahrtensatzes sowohl für die Hinfahrt als auch für die Rückfahrt zusätzlich zur vorgesehenen Reiseaufwandsentschädigung haben, wenn die Reisezeit jeweils in die dienstfreie Zeit fällt, und

2. unabhängig von einer Mindestabwesenheit auf Anordnung ihrer vorgesetzten Stelle ihren Wohnort in einer Entfernung von über 3 km bis 30 km verlassen, Anspruch auf eine effektive Reisestunde als „Reisesechstel" in Höhe des Betriebsfahrtensatzes zusätzlich zur vorgesehenen Reiseaufwandsentschädigung - unabhängig vom verwendeten Verkehrsmittel - haben, wenn entweder die Ankunft zu Hause oder die Abfahrt von zu Hause in die dienstfreie Zeit fällt.

Der Kläger brachte vor, dass die betroffenen Arbeitnehmer der Montagepartien Thaur seit 1. 4. 2006 die ihnen zustehende „effektive Reisestunde" als Reisesechstel zusätzlich zur Reiseaufwandsentschädigung nicht mehr ausgezahlt erhielten. Die effektive Reisestunde als Reisesechstel falle an, wenn Mitarbeiter der Montageeinheiten außerhalb der Normalarbeitszeit von zu Hause zur Baustelle fahren, sodass sie zu Beginn der Normalarbeitszeit oder vorher auf der Baustelle eintreffen. Die Normalarbeitszeit sei von 7:30 Uhr bis 12:00 Uhr und von 12:30 Uhr bis 16:00 Uhr festgesetzt. Die Entfernung vom Wohnort zur Baustelle spiele dabei keine Rolle. Über Anweisung der Zweitbeklagten werde innerhalb des Betriebsfahrtenbereichs (= Stützpunktgrenzen = frühere Regionalstellengrenzen) bei Benutzung des Dienstfahrzeugs für die Fahrt von und zur Arbeitsstätte außerhalb der Normalarbeitszeit die effektive Reisestunde nicht mehr gewährt. Diese mit dem Hinweis auf eine versetzungsbedingte Änderung getroffene Reisekostenregelung verstoße bei einer Ortsabwesenheit von mehr als vier Stunden gegen den anzuwendenden Kollektivvertrag und zum Teil gegen die Betriebsvereinbarung vom 12. 7. 1999, welche zuletzt Anfang März 2007 wiederum verlängert worden sei. Nach dieser Betriebsvereinbarung können die Montagepartien Thaur (ehemalige LA- und EM-Montagepartien) bei einer Entfernung bis zu 3 km (Wohnung-Arbeitsstelle) keine Reisekosten verrechnen. Liege die anzufahrende Arbeitsstelle bzw das Magazin über 3 km und bis zu 30 km von der Wohnung entfernt, gelten die Betriebsfahrtensätze (keine Nächtigung). Bei einer Entfernung von über 30 km gelten die Reisekostensätze (Taggeld und Nächtigung). Einziger Mittelpunkt für die Berechnung der 3 km- bzw 30 km-Grenze sei die Wohnung des Mitarbeiters. Durch diese Reisekostenregelung sei klargestellt, dass die Mitarbeiter der Montagepartien weiterhin ihre spezifischen und speziellen Reisekostenregelungen anwenden könnten. Demnach kämen für Betriebsfahrten innerhalb des Regionalstellenbereichs grundsätzlich die Betriebsfahrtensätze laut Kollektivvertrag zur Anwendung. Für An- und Heimfahrtszeiten zur Arbeitsstelle außerhalb der Normalarbeitszeit könne je Arbeitstag eine effektive Reisestunde auf Basis des Betriebsfahrtensatzes verrechnet werden. Die Betriebsvereinbarung vom 1. 8. 1999 sehe im Gegensatz zum Kollektivvertrag keine Mindestabwesenheit und bloß einmal das Reisesechstel vor. Die effektive Reisestunde als Reisesechstel werde gemäß § 23 Abs 5 lit c des Kollektivvertrags in Höhe eines Sechstels des Tag- und Übernachtungsgeldes und an Sonn- und Feiertagen in Höhe eines Fünftels des Tag- und Übernachtungsgeldes berechnet. Bei der Betriebsvereinbarung vom 1. 8. 1999 handle es sich um eine „freie Betriebsvereinbarung", die als Vertragsschablone einen Individualanspruch der jeweiligen betroffenen Mitarbeiter der Montageeinheiten begründet habe. Die Handhabung der Regelungen ab 1. 4. 2006 durch die Leiter der Personalabteilung könne nicht zu einer Kürzung der wohlerworbenen Ansprüche führen, weil diese bereits Teil des individualrechtlichen Arbeitsvertrags geworden seien. Hiezu komme, dass die durchgeführte Versetzung eine verschlechternde gewesen sei, ohne dass zuvor die für die Rechtswirksamkeit notwendige Zustimmung des Betriebsrats gemäß § 101 ArbVG eingeholt worden sei.

Die Zweitbeklagte hafte aufgrund ihres gemeinsamen Zusammenwirkens mit der Erstbeklagten für die Herbeiführung des rechtswidrigen Erfolgs. Abgesehen davon treffe beide Beklagten eine Fürsorgepflicht und habe jede von ihnen auf die andere einzuwirken, dass der eingetretene rechtswidrige Erfolg der Kürzung der Ansprüche der Mitglieder als Angestellte der Montageeinheiten unterbleibe. Zudem hafte die Zweitbeklagte als funktionale Dienstgeberin auch aufgrund der Einmahnung als Bürgin gemäß § 14 AÜG.

Die Beklagten beantragten, das Klagebegehren abzuweisen. Die Zweitbeklagte sei nicht Dienstgeberin der allenfalls betroffenen Dienstnehmer, sodass eine Inanspruchnahme nach den Bestimmungen des AVRAG ausscheide. Sie sei auch weder faktisch noch rechtlich in der Lage, der Erstbeklagten irgendwelche Anweisungen zu erteilen. Die Zweitbeklagte befinde sich innerhalb des Konzerns der Erstbeklagten, sodass eine „konzerninterne Überlassung" vorliege, auf die das AÜG nicht anzuwenden sei. Das Klagebegehren sei so gefasst, dass die effektive Reisestunde generell, also auch bei Dienstreisen unter vier Stunden, zustünde. Eine solche Regelung gebe es aber für Dienstreisen innerhalb der regulären Arbeitszeit nicht. Der Regelungsinhalt der Betriebsvereinbarung sei eine Aufwandsentschädigung; Rechtsgrundlage hiefür seien § 97 Abs 1 Z 12 ArbVG und der Kollektivvertrag, weshalb es sich um eine echte und nicht um eine freie Betriebsvereinbarung handle. Falle die Betriebsvereinbarung weg oder treffe diese für den konkreten Bereich keine Regelung, fehle daher die rechtliche Basis für allfällige Ansprüche. Eine Nachfolgeregelung sei in Verhandlung, wobei ausdrücklich vereinbart worden sei, dass auf Basis der Nachfolgeregelung alle Ansprüche der Betroffenen aufgerollt und vollständige Nachzahlungen erfolgen werden, wenn sich solche ergeben. Die Nachfolgeregelung sei deshalb notwendig, weil die Montagepartien Thaur wegen Organisationsanpassungen ab 1. 4. 2006 aufgelöst worden seien und die ehemals diesen Montagepartien zugehörigen Mitarbeiter anderen Montageteams zugeordnet worden seien. Damit sei auch Punkt C der Betriebsvereinbarung vom 12. 7. 1999 nicht mehr wirksam. Außerdem sei die „Handhabung der Regelung ab 1. 4. 2006" für die betroffenen Arbeitnehmer günstiger.

Mit dem angefochtenen Urteil hat das Erstgericht wie folgt zu Recht erkannt:

1. Es wird gegenüber der erstbeklagten Partei festgestellt, dass Angestellte als Mitglieder der Montageeinheiten,

a) welche auf Anordnung ihrer vorgesetzten Stelle ihren Wohnort und auch den Dienstort länger als vier Stunden verlassen, unabhängig vom verwendeten Verkehrsmittel, bei einer Entfernung bis zu 30 km vom Wohnort Anspruch auf eine „effektive Reisestunde" als Reisesechstel in Höhe des Betriebsfahrtensatzes sowohl für die Hinfahrt als auch für die Rückfahrt zusätzlich zur vorgesehenen Reiseaufwandsentschädigung haben, wenn die Reisezeit jeweils in die dienstfreie Zeit fällt, und

b) unabhängig von einer Mindestabwesenheit auf Anordnung einer vorgesetzten Stelle ihren Wohnort in einer Entfernung von über 3 km bis 30 km verlassen, Anspruch auf eine effektive Reisestunde als „Reisesechstel" in Höhe des Betriebsfahrtensatzes zusätzlich zur vorgesehenen Reiseaufwandsentschädigung - unabhängig vom verwendeten Verkehrsmittel - haben, wenn entweder die Ankunft zu Hause oder die Abfahrt von zu Hause in die dienstfreie Zeit fällt.

2. Es wird gegenüber der zweitbeklagten Partei festgestellt, dass Angestellte als Mitglieder der Montageeinheiten,

a) welche auf Anordnung ihrer vorgesetzten Stelle ihren Wohnort und auch den Dienstort länger als vier Stunden verlassen, unabhängig vom verwendeten Verkehrsmittel, bei einer Entfernung bis zu 30 km vom Wohnort Anspruch auf eine „effektive Reisestunde" als Reisesechstel in Höhe des Betriebsfahrtensatzes sowohl für die Hinfahrt als auch für die Rückfahrt zusätzlich zur vorgesehenen Reiseaufwandsentschädigung nur im Rahmen einer Bürgschaft gemäß § 14 Abs 1 bzw Abs 2 AÜG haben, wenn die Reisezeit jeweils in die dienstfreie Zeit fällt, und

b) unabhängig von einer Mindestabwesenheit auf Anordnung ihrer vorgesetzten Stelle ihren Wohnort in einer Entfernung von über 3 km bis 30 km verlassen, Anspruch auf eine effektive Reisestunde als „Reisesechstel" in Höhe des Betriebsfahrtensatzes zusätzlich zur vorgesehenen Reiseaufwandsentschädigung - unabhängig vom verwendeten Verkehrsmittel - nur im Rahmen einer Bürgschaft gemäß § 14 Abs 1 bzw Abs 2 AÜG haben, wenn entweder die Ankunft zu Hause oder die Abfahrt von zu Hause in die dienstfreie Zeit fällt.

3. Das Mehrbegehren, es möge gegenüber der zweitbeklagten Partei festgestellt werden, dass unter den unter II. 2. des Urteilsspruchs genannten Voraussetzungen und im unter II. 2. des Urteilsspruchs genannten Ausmaß ein Anspruch auch außerhalb einer Bürgschaft gemäß § 14 Abs 1 bzw Abs 2 AÜG besteht, wird abgewiesen.

4. Das Mehrbegehren, es möge gegenüber der erstbeklagten und zweitbeklagten Partei festgestellt werden, dass Angestellte als Mitglieder der Montageeinheiten, welche auf Anordnung ihrer vorgesetzten Stelle zwar ihren Wohnort, nicht jedoch ihren Dienstort länger als vier Stunden verlassen, unabhängig vom verwendeten Verkehrsmittel, bei einer Entfernung bis zu 30 km vom Wohnort Anspruch auf eine „effektive Reisestunde" als Reisesechstel in Höhe des Betriebsfahrtensatzes sowohl für die Hinfahrt als auch für die Rückfahrt zusätzlich zur vorgesehenen Reiseaufwandsentschädigung haben, wenn die Reisezeit jeweils in die dienstfreie Zeit fällt, wird - soweit das Begehren nicht von II. 1. lit b und II. 2. lit b des Urteilsspruchs erfasst wird - abgewiesen.

Das Erstgericht stellte dazu den bereits oben wiedergegebenen Sachverhalt fest, den es wie folgt rechtlich beurteilte:

Obwohl beide Punkte des Klagebegehrens nicht auf einzelne Rechtsgrundlagen eingeschränkt seien, sei es bei der rechtlichen Beurteilung zweckmäßig, in erster Linie Punkt 1. des Klagebegehrens gemäß dem Kollektivvertrag und Punkt 2. des Klagebegehrens gemäß der Betriebsvereinbarung bzw dem Einzelarbeitsvertrag zu prüfen und darüber hinaus zuerst den Feststellungsanspruch nur gegenüber der Erstbeklagten (Arbeitgeberin) und sodann gegenüber der Zweitbeklagten (Beschäftigerin) zu untersuchen.

1. Zu Punkt 1. des Klagebegehrens (kollektivvertraglicher Anspruch) gegenüber der Erstbeklagten:

§ 23 Abs 5 lit c des Kollektivvertrags bestimme, dass für jede begonnene effektive Reisestunde zusätzlich zur vorgesehenen Reisekostenentschädigung ein Sechstel, an Sonn- und Feiertagen jedoch ein Fünftel der täglichen Reiseaufwandsentschädigung (Tag- und Übernachtungsgeld) gebühre, wenn effektive Reisestunden bei angeordneten Dienstreisen und Betriebsfahrten in die dienstfreie Zeit fallen. Gemäß § 23 Abs 1 KV liege eine verrechnungsfähige Dienstreise bzw Betriebsfahrt dann vor, wenn ein Angestellter auf Anordnung einer vorgesetzten Stelle seinen Dienstort auf länger als vier Stunden verlasse. Die Entschädigung für die effektiven Reisestunden gebühre unabhängig davon, ob die Dienstreise bzw Betriebsfahrt mit einem Dienstfahrzeug oder einem Privatfahrzeug unternommen werde. Dies ergebe sich auch daraus, dass im Falle der Verwendung eines Privatfahrzeugs dem Arbeitnehmer zusätzlich zur Reiseaufwandsentschädigung auch eine hier nicht streitgegenständliche Fahrtkostenvergütung gemäß § 23 Abs 3 lit b KV gebühre. Weiters sei der Anspruch gemäß § 23 Abs 5 lit c KV von einer bestimmten Mindest- oder Höchstentfernung vom Dienstort oder Wohnort unabhängig.

Nach den Feststellungen sei den betroffenen Arbeitnehmern bis 31. 3. 2006 das sogenannte „Reisesechstel" - an Sonn- und Feiertagen ein Fünftel - ausgezahlt worden, wobei das „Reisesechstel" im März 2006 mit 11,83 EUR bewertet wurde. Dies entspreche dem kollektivvertraglichen Satz, wonach gemäß § 23 Abs 5 lit a KV idF vom 1. 12. 2006 das Taggeld 47 EUR und das Übernachtungsgeld 24 EUR, zusammen 71 EUR, betrug; ein Sechstel von 71 EUR entspreche 11,83 EUR. Daraus folge, dass der im Betrieb verwendete Betriebsfahrtensatz einem Sechstel der täglichen Reiseaufwandsentschädigung (Tag- und Übernachtungsgeld) bzw an Sonn- und Feiertagen einem Fünftel der täglichen Reiseaufwandsentschädigung entspreche. Punkt 1. des Klagebegehrens stimme somit mit der kollektivvertraglichen Grundlage der Höhe nach überein. Soweit Punkt 1. des Klagebegehrens enger als § 23 KV gefasst sei (Entfernung bis zu 30 km, Anspruch auf eine „effektive Reisestunde"), stehe einer Feststellung nichts entgegen, weil auch ein Minus feststellbar sei. Hingegen bedürfe ein über § 23 KV hinausgehendes Begehren einer anderen Rechtsgrundlage (Betriebsvereinbarung bzw Einzelarbeitsvertrag). Das Begehren, dass eine „effektive Reisestunde" auch dann zustehen solle, wenn zwar die Wohnung länger als vier Stunden verlassen werde, nicht jedoch der Dienstort, schieße über die kollektivvertragliche Regelung hinaus. Nur für dieses weitergehende Klagebegehren seien in Ermangelung eines kollektivvertraglichen Anspruchs weitere Anspruchsgrundlagen zu suchen.

2. Zu Punkt 2. des Klagebegehrens (Anspruch auf Grundlage der Betriebsvereinbarung):

aa) Reisekostenregelung vom 27. 6. 1984:

Die nach wie vor gültige Reisekostenregelung für Mitarbeiter der LA- und EM-Montagepartien vom 27. 6. 1984 kenne hinsichtlich der effektiven Reisezeit zwei Bestimmungen, je nachdem, ob die tägliche Heimkehr zumutbar sei oder nicht. Dabei sei der Begriff der Dienstreise ident mit dem in § 23 Abs 1 KV (Mindestabwesenheitsdauer von vier Stunden). Für die streitgegenständliche Frage begründe die Betriebsvereinbarung vom 27. 6. 1984 keine gegenüber dem Kollektivvertrag weitergehenden Ansprüche.

bb) Betriebsvereinbarung „Reisekostenregelung" vom 12. 7. 1999:

Diese befristet abgeschlossene und mehrfach verlängerte Betriebsvereinbarung enthalte die Bestimmung, dass die Betriebsfahrtensätze dann gelten, wenn die anzufahrende Arbeitsstelle bzw das Magazin über 3 km und bis zu 30 km von der Wohnung entfernt liegen. Nur Betriebsvereinbarungen in Angelegenheiten, deren Regelung durch Gesetz oder Kollektivvertrag der Betriebsvereinbarung vorbehalten sei, könnten eine Rechtswirkung als unmittelbar geltende Norm gemäß § 31 Abs 1 ArbVG entfalten. Eine Regelungsbefugnis für eine Entschädigung der Reisezeit im Sinn des Punkts C der Betriebsvereinbarung vom 12. 7. 1999 sei aber aus dem Kollektivvertrag nicht ableitbar. § 23 Abs 5 lit c KV kenne zwar eine einschlägige Norm, ermächtige aber nicht die Betriebsvereinbarungspartner, darüber eine Betriebsvereinbarung abzuschließen. Auch § 97 Abs 1 Z 12 ArbVG, wonach Betriebsvereinbarungen in Angelegenheiten der Erstattung von Auslagen und Aufwendungen sowie zur Regelung von Aufwandsentschädigungen abgeschlossen werden können, bilde keine gesetzliche Grundlage für die gegenständliche Betriebsvereinbarung. Der Tatbestand des § 97 Abs 1 Z 12 ArbVG umfasse den Begriff der „Aufwandsentschädigung" als Ersatz für Aufwendungen des Arbeitnehmers, die unmittelbar mit seiner Arbeitsleistung zusammenhängen. Hingegen sei der Ersatz für die Zeit des Arbeitnehmers, die er für die Fahrt zwischen Wohnung und Arbeitsstelle aufwenden müsse, als Entgelt für die Wegzeit und nicht als Aufwandsentschädigung zu werten, weil es sich hiebei um die Zurverfügungstellung der Arbeitskraft handle und nicht um die Abdeckung eines finanziellen Aufwands des Arbeitnehmers. Dies ergebe sich auch daraus, dass der Arbeitnehmer Anspruch auf die effektive Reisestunde gemäß Punkt C der Betriebsvereinbarung vom 12. 7. 1999 auch dann habe, wenn er mit einem Dienstfahrzeug die Fahrt unternehme. Die effektive Reisestunde solle somit nicht die Abnutzung des Privatfahrzeugs ersetzen (wofür der Kollektivvertrag eine eigene Fahrtkostenvergütung kenne), sondern die Zeit des Arbeitnehmers. § 97 Abs 1 Z 12 ArbVG stelle aber keine Rechtsgrundlage für Entgeltregelungen in Betriebsvereinbarungen dar.

Durch die jahrelange Praxis der tatsächlichen Gewährung der effektiven Reisestunde vom 1. 8. 1999 bis 1. 4. 2006 habe der Arbeitgeber aber eindeutig zu erkennen gegeben, dass er sich an diese Betriebsvereinbarung halten wolle. Diese sei daher als „freie Betriebsvereinbarung" durch schlüssige Unterwerfung Inhalt der Einzelarbeitsverträge geworden. Daran ändere auch die Befristung der Betriebsvereinbarung vom 12. 7. 1999 nichts, da die Vereinbarung in den letzten sieben Jahren 15-mal verlängert worden und zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung jedenfalls in Geltung gestanden sei. Die Regelung sei daher Teil des Einzelarbeitsvertrags und könne somit vom Arbeitgeber ohne Zustimmung des Arbeitnehmers nicht einseitig aufgehoben werden. Eine Bestimmung, dass die effektive Reisestunde nur solange zu vergüten sei, solange die betroffenen Arbeitnehmer der „Montagepartien-Thaur" (ehemalige LA- und EM-Montagepartien) unterfallen, sei hingegen nicht Bestandteil des Arbeitsvertrags geworden, weil es sich um eine unzulässige Bedingung handle, deren Erfüllungsvoraussetzung allein in der Hand des Arbeitgebers läge und damit dem Transparenzgebot widerspräche. Die Überschrift zu Punkt C der Betriebsvereinbarung vom 12. 7. 1999 sei vielmehr so zu verstehen, dass nur jenen Arbeitnehmern, die zum 1. 8. 1999 bzw zu einem allenfalls späteren Zeitpunkt des Antritts ihres Arbeitsverhältnisses den Montagepartien Thaur zuzurechnen gewesen seien, eine effektive Reisestunde vergütet worden sei, nicht jedoch allen anderen Arbeitnehmern der Erstbeklagten schlechthin. Die vom Verfahren betroffenen Arbeitnehmer, die sämtlich den „Montagepartien-Thaur" angehörten, haben daher einen einzelvertraglichen Rechtsanspruch, der mit einer Versetzung einseitig durch den Arbeitgeber nicht zurückgenommen werden könne. Es bedürfe daher keiner weiteren Beurteilung, ob die Versetzung gemäß § 101 ArbVG rechtswirksam sei oder nicht. Dementsprechend gehe auch der Einwand der Beklagten, die neue Handhabung ab 1. 4. 2006 sei günstiger als die bisherige Regelung, ins Leere, weil vertraglich fixiertes Entgelt auch nicht durch günstigere Regelungen ohne Zustimmung des Vertragspartners ersetzt werden könne. Dass den betroffenen Arbeitnehmern ab 1. 4. 2006 für ihre Fahrten von der Wohnung zur Arbeitsstelle nunmehr ein Dienstfahrzeug zur Verfügung gestellt werde, ändere nichts am Anspruch auf das „Reisesechstel".

Punkt C der Betriebsvereinbarung vom 12. 7. 1999 setze weder eine Mindestabwesenheitsdauer noch die Verwendung eines bestimmten Verkehrsmittels voraus, wohl aber das Verlassen des Wohnorts in einer Entfernung von über 3 km bis 30 km von der Arbeitsstelle. Soweit in Punkt 2. des Klagebegehrens auf die Höhe des Betriebsfahrtensatzes und bezüglich der Ankunft und Abfahrt vom Wohnort auf die dienstfreie Zeit abgestellt werde, finde dies in der Betriebsvereinbarung vom 12. 7. 1999 Deckung, weshalb der Stattgebung des Feststellungsbegehrens auf Grundlage der Betriebsvereinbarung vom 12. 7. 1999 nichts entgegenstehe. Es bedürfe daher keiner weiteren Untersuchung, ob Punkt 2. des Klagsanspruchs auch durch den Kollektivvertrag gestützt werde.

Die Betriebsvereinbarung vom 12. 7. 1999 stelle zwar auf eine Entfernung von der Wohnung und nicht wie § 23 KV auf den Dienstort ab, doch bilde die Betriebsvereinbarung keine Anspruchsgrundlage für die betroffenen Arbeitnehmer, wenn sie den Dienstort für nicht länger als vier Stunden (= Fehlen einer Voraussetzung für § 23 KV) auf eine Entfernung von unter 3 km (= Fehlen einer Voraussetzung für Punkt C der Betriebsvereinbarung vom 12. 7. 1999) verlassen. Daraus ergebe sich, dass der über den Kollektivvertrag hinausgehende Anspruch des Punkts 1. des Klagebegehrens (Verlassen des Wohnorts, nicht aber des Dienstorts für länger als vier Stunden) abzuweisen sei, soweit der Anspruch nicht ohnehin von der Klagsstattgebung zu Punkt 2. (Entfernung Wohnung-Arbeitsstelle über 3 km) erfasst sei.

3. Zum Feststellungsbegehren gegenüber der Zweitbeklagten:

Da die Zweitbeklagte nicht Arbeitgeberin und vertragliche Schuldnerin des den betroffenen Arbeitnehmern gebührenden Entgelts, sondern nur deren Beschäftigerin sei, komme als Anspruchsgrundlage das AÜG in Betracht. Gemäß § 1 Abs 2 Z 5 AÜG seien vom Geltungsbereich der Abschnitte II bis IV die Überlassung von Arbeitskräften zwischen Konzernunternehmen innerhalb eines Konzerns iSd § 15 AktG ausgenommen, sofern der Sitz und der Betriebsstandort beider Konzernunternehmen innerhalb des EWR liegt und die Überlassung nicht zum Betriebszweck des überlassenden Unternehmens gehört (Konzernprivileg). Die Erstbeklagte sei zur Ausübung des Gewerbes der Überlassung von Arbeitskräften gemäß § 94 Z 72 GewO 1994 berechtigt und erhalte die Kosten des Personals von der Zweitbeklagten ersetzt. Somit sei - wenn auch in untergeordneter Stellung - die Arbeitskräfteüberlassung Betriebszweck der Erstbeklagten, zumal etwa 550 bis 570 Arbeitnehmer an die Zweitbeklagte überlassen werden. Die Anwendbarkeit des § 14 AÜG sei daher zu bejahen. Danach hafte aber der Beschäftiger für die gesamten der überlassenen Arbeitskraft für die Beschäftigung in seinem Betrieb zustehenden Entgeltansprüche als Bürge bzw, wenn er seine Verpflichtungen aus der Überlassung bereits dem Überlasser nachweislich erfüllt habe, nur als Ausfallsbürge. Den betroffenen Arbeitnehmern stehe daher gegenüber der Zweitbeklagten ein Anspruch auf Vergütung effektiver Reisestunden nur im Rahmen der (Ausfalls-)Bürgschaft gemäß § 14 AÜG zu. Ein genereller Anspruch darüber hinaus sei zu verneinen. Eine Haftung aufgrund des gemeinsamen Zusammenwirkens setze voraus, dass die Zweitbeklagte überhaupt im Sinn der Kausalität des Schadens in der Lage sei, auf die Erstbeklagte soweit Einfluss zu nehmen, dass diese sich zur Vorenthaltung berechtigter Arbeitnehmeransprüche entschließe. Diesbezüglich habe aber eine entsprechende Weisungsbefugnis und Einflussmöglichkeit der Zweitbeklagten als Tochterunternehmen auf die Erstbeklagte nicht festgestellt werden können. Auch aus der Fürsorgepflicht gegenüber überlassenen Arbeitskräften lasse sich nicht generell eine Entgeltpflicht des Beschäftigers ableiten. Das über die Bürgenstellung der Zweitbeklagten hinausgehende Klagebegehren sei daher abzuweisen.

Das von beiden Seiten angerufene Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten nicht Folge. Hingegen änderte es über Berufung des Klägers das Ersturteil dahin ab, dass es insgesamt wie folgt lautet:

„Den beklagten Parteien gegenüber wird festgestellt, dass Angestellte als Mitglieder der Montageeinheiten (= der vormaligen sogenannten Montageeinheiten Thaur), welche auf Anordnung ihrer vorgesetzten Stelle

a) ihren Wohnort länger als vier Stunden verlassen, unabhängig vom verwendeten Verkehrsmittel, bei einer Entfernung bis zu 30 km vom Wohnort Anspruch auf eine effektive Reisestunde als 'Reisesechstel' in Höhe des Betriebsfahrtensatzes sowohl für die Hinfahrt als auch für die Rückfahrt zusätzlich zur vorgesehenen Reiseaufwandsentschädigung haben, wenn die Reisezeit jeweils in die dienstfreie Zeit fällt, und

b) unabhängig von einer Mindestabwesenheit ihren Wohnort innerhalb des Regionalstellenbereiches, jedoch in einer Entfernung von mindestens 3 km und maximal 30 km verlassen, Anspruch auf eine effektive Reisestunde als 'Reisesechstel' in Höhe des Betriebsfahrtensatzes zusätzlich zur vorgesehenen Reiseaufwandsentschädigung - unabhängig vom verwendeten Verkehrsmittel - haben, wenn entweder die Ankunft zu Hause oder die Abfahrt von zu Hause in die dienstfreie Zeit fällt,

wobei diese Ansprüche gegenüber der zweitbeklagten Partei nur im Rahmen einer Bürgschaft nach § 14 Abs 1 oder 2 AÜG bestehen.

Das gegen die Zweitbeklagte gerichtete Feststellungsbegehren wird abgewiesen."

I. Zur Berufung des Klägers:

Der Kläger wende sich zu Recht gegen die in den Spruchpunkten II. 1. lit a und 2. lit a vorgenommene Beschränkung des Anspruchs des Klägers auf das Verlassen auch des Dienstorts („... und auch den Dienstort") in der Dauer von mehr als vier Stunden. Diese Einschränkung habe zu entfallen; jedenfalls dürfe sie maximal auf den „fiktiven Dienstort Thaur" lauten. Für diese Überlegung spreche auch der Begriff der Dienstreise bzw der Betriebsfahrt iSd § 23 Abs 1 des Kollektivvertrags, wonach als Dienstort das Gemeindegebiet des Orts gelte, in dem die ständige Arbeitsstätte liege. Die Mitglieder der Montageeinheiten haben weder vor noch nach ihrer Versetzung vom arbeitsvertraglichen Dienstort Thaur zu den einzelnen Regionalstellen einen Dienstort nach den Bestimmungen des Kollektivvertrags gehabt, weil sie auf den jeweiligen Baustellen gearbeitet haben.

Soweit der Kläger den Ersatz der Wortfolge „... und auch Dienstort" durch die Wortfolge „... und auch den fiktiven Dienstort Thaur" ersetzt haben wolle, handle es sich gegenüber dem erstinstanzlichen Begehren um ein geändertes Begehren. Da im Berufungsverfahren die Klage aber nicht geändert werden könne, komme eine entsprechende Abänderung des Ersturteils im Sinne des Berufungsantrags nicht in Betracht.

Dem Kläger sei aber im Ergebnis darin zu folgen, dass zwar nicht auf einzelvertraglicher Grundlage, wohl aber nach dem Kollektivvertrag, der die Rechtsgrundlage für die Klagsstattgebung in den Spruchpunkten II. 1. lit a und 2. lit a des Ersturteils bilde, kein Anlass für die vom Erstgericht vorgenommene Einschränkung „und auf den Dienstort" bestehe. Nach § 23 Abs 1 des Kollektivvertrags liege eine verrechnungsfähige Dienstreise bzw Betriebsfahrt dann vor, wenn ein Angestellter auf Anordnung seiner vorgesetzten Stelle seinen Dienstort länger als vier Stunden verlasse. Als Dienstort gelte das Gemeindegebiet des Orts, in dem die ständige Arbeitsstätte liege. Eine Betriebsfahrt liege vor, wenn ein Angestellter ständig wiederkehrende Fahrten oder Wege in Erfüllung seiner Dienstleistung außerhalb der in seinem Unternehmen bestehenden, abgegrenzten oder zwischen Leitung des Unternehmens und Betriebsrat einvernehmlich abzugrenzenden Betriebs- oder Baubereiche durchzuführen habe. Während bei der Begriffsbestimmung der Dienstreise bzw Betriebsfahrt auf den Dienstort abgestellt werde, sei für die Bemessung der Reisedauer gemäß § 23 Abs 2 des Kollektivvertrags das Verlassen der Arbeitsstelle oder das notwendige Verlassen der Wohnung maßgeblich, je nachdem, von wo aus die Reise angetreten werde. Das Gleiche gelte sinngemäß für die Beendigung der Reise.

Fielen effektive Reisestunden bei angeordneten Dienstreisen und Betriebsfahrten in die dienstfreie Zeit, so gebühre nach § 23 Abs 5 lit c des Kollektivvertrags für jede solche begonnene effektive Reisestunde (und auch nur für eine effektive Reisestunde) zusätzlich zur vorgesehenen Reiseaufwandsentschädigung ein Sechstel, an Sonn- und Feiertagen jedoch ein Fünftel der täglichen Reiseaufwandsentschädigung (Tag- und Übernachtungsgeld). Je nach dem Ort des Reiseantritts gebühre somit nach dem Kollektivvertrag bei angeordneten Dienstreisen und Betriebsfahrten das Reisesechstel in Höhe des Betriebsfahrtensatzes (sowohl für die Hin- als auch die Rückfahrt) für jede begonnene effektive Reisestunde je nach Beginn der Reise ab und bis zur Arbeitsstätte oder ab und bis zur Wohnung. Die Feststellungsklage zu 1. enthalte lediglich eine der zwei möglichen Alternativen, nämlich den Beginn der Dienstreise bzw Betriebsfahrt ab und bis zur Wohnung, sodass der Umstand, dass im Fall des Ausgangspunkts der angeordneten Betriebsfahrt ab Arbeitsstätte die Reisedauer und damit die Reiseaufwandsentschädigung für die effektiven Reisestunden von dort aus zu ermitteln seien, der Stattgebung des Begehrens auf Grundlage des Kollektivvertrags nicht entgegenstehe. Den Kollektivvertragsparteien sei zu unterstellen, dass sie eine vernünftige, zweckentsprechende und praktisch durchführbare Regelung treffen sowie einen gerechten Ausgleich der sozialen und wirtschaftlichen Interessen herbeiführen wollen. In diesem Sinn habe der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung 9 ObA 30/07p ausgeführt, dass dann, wenn der Kollektivvertrag im Fall einer Entsendung von Arbeitnehmern durch den Überlasser in weit entfernte Beschäftigerbetriebe zusätzlich zu Tag- und Nächtigungsgeldern auch einen Fahrtkostenersatz für die An- und Abreise von und zum Wohnort vorsehe, den Kollektivvertragsparteien zu unterstellen sei, diese Regelung auch für den Fall gewollt zu haben, dass der überlassene Arbeitnehmer nicht zum Betriebsort, sondern direkt zum Montageort anreise. Die Interessenlage des überlassenen Arbeitnehmers sei völlig ident, ob er nun zu einem von seinem Wohnort weit entfernten fixen Betriebsort oder zu einem weit entfernten Montageort anreisen müsse. Dieser Anspruch auf Aufwandsentschädigung müsse daher unabhängig davon gleich behandelt werden, ob der Arbeitnehmer zu einem Betriebsstandort oder zu einer Baustelle anreisen müsse. Dies habe auch hier zu gelten, wenn die von der Feststellungsklage betroffenen Arbeitnehmer nicht vom Dienstort, sondern direkt von der Wohnung zur Baustelle fahren. Das Ersturteil sei daher im Sinne eines ersatzlosen Entfalls der Wortfolge „und auch Dienstort" abzuändern.

II. Zur Berufung der Beklagten:

Die Reisekostenregelung in § 23 Abs 2 des Kollektivvertrags knüpfe alternativ an das Verlassen der Arbeitsstätte oder der Wohnung an, sodass im Rahmen des Feststellungsbegehrens lediglich über die vom Kläger angezogene Variante des Verlassens der Wohnung abzusprechen sei. Ob in der vom Erstgericht vorgenommenen Kumulierung „Verlassen des Wohnortes und auch des Dienstortes" ein aliud oder ein Minus gegenüber dem Begehren zu erblicken sei, könne dahingestellt bleiben, da unabhängig davon das Ausscheiden der Wortfolge „und auch Dienstort" nicht zur Klageabweisung, sondern auf Grundlage der Bestimmungen des § 23 Abs 1, 2, 5 lit c des Kollektivvertrags zur vollinhaltlichen Stattgebung des Urteilsbegehrens zu 1. zu führen habe. Dass der Anspruch auf Reiseaufwandsentschädigung iSd § 23 Abs 5 lit c des Kollektivvertrags sowohl für die Hinreise als auch für die Rückreise besteht, ergebe sich ebenfalls aus § 23 Abs 2 und Abs 5 lit c des Kollektivvertrags. Hingegen bleibe das Feststellungsbegehren zu Punkt 1. hinsichtlich der dort vorgenommenen Einschränkung bezüglich der Entfernung vom Wohnort bis zu 30 km und des Anspruchs auf „eine effektive Reisestunde als Reisesechstel in Höhe des Betriebsfahrtensatzes" insofern hinter § 23 Abs 5 lit c des Kollektivvertrags zurück, als dieser keine Beschränkung der Entfernung von und zum Wohnort normiere und für jede begonnene effektive Reisestunde einen Anspruch auf das „Reisesechstel" (an Sonn- und Feiertagen auf ein „Reisefünftel") gewähre. Insofern stelle sich das Urteilsbegehren zu 1. als Minus dar, was aber die Klagestattgebung in diesem eingeschränkten Umfang nicht hindere.

Der Einwand, dem Kläger fehle das Feststellungsinteresse, sei nicht berechtigt. Aufgrund der geänderten Handhabung der Reisekostenregelung gegenüber den betroffenen Arbeitnehmern seit 1. 4. 2006, die nach Ansicht des Klägers gegen den Kollektivvertrag und die Einzeldienstverträge verstoße, sei das Feststellungsinteresse jedenfalls gegeben. Dafür spreche auch der von den Berufungswerbern selbst ins Treffen geführte Umstand, dass es sich bei der „Handhabung (der Reisekostenregelung) ab 1. 4. 2006" um eine vorübergehende Handhabung bis zum Abschluss einer neuen Betriebsvereinbarung handle und die Erstbeklagte eine Aufrollung aller Ansprüche der betroffenen Arbeitnehmer auf Basis der neuen Regelung zugesichert habe.

Soweit sich die Berufung der Beklagten gegen die Feststellung eines Anspruchs der betroffenen Arbeitnehmer auf eine effektive Reisestunde als „Reisesechstel" in Höhe des Betriebsfahrtensatzes unabhängig von einer Mindestabwesenheit vom Wohnort richte, sei sie ebenfalls nicht berechtigt. Zuzustimmen sei ihr nur insoweit, als sie sich gegen die Rechtsansicht des Erstgerichts wende, bei der Betriebsvereinbarung vom 12. 7. 1999 handle es sich um eine unzulässige „freie" Betriebsvereinbarung, die zufolge Unterwerfung der Beklagten als Vertragsschablone Eingang in die jeweiligen Einzelarbeitsverträge der betroffenen Arbeitnehmer gefunden habe.

Entgegen der Ansicht des Erstgerichts finde die am 1. 8. 1999 in Kraft getretene und wiederholt - zuletzt bis 31. 3. 2009 - verlängerte Betriebsvereinbarung über die Reisekostenregelung eine Ermächtigung und rechtliche Grundlage in § 28 des Kollektivvertrags, nach dem die Bestimmungen des Kollektivvertrags, soweit sie die Rechtsverhältnisse zwischen Arbeitgebern und Angestellten regeln, durch Betriebsvereinbarungen bzw Arbeitsordnung, Sondervereinbarung oder Dienstvertrag weder aufgehoben noch beschränkt werden können. Sondervereinbarungen seien nur gültig, soweit sie für den Angestellten günstiger seien oder Angelegenheiten betreffen, die im Kollektivvertrag nicht geregelt sind. Gemäß § 28 Abs 2 KV könnten Betriebsvereinbarungen nur mit Zustimmung des Betriebsrats abgeschlossen oder abgeändert werden.

Bei der Betriebsvereinbarung vom 1. 8. 1999 handle es sich somit um eine echte Betriebsvereinbarung. Als „freie" Betriebsvereinbarung wäre nur eine solche zu werten, der es an der entsprechenden Grundlage im Gesetz oder Kollektivvertrag fehlt. Die Betriebsvereinbarung vom 12. 7. 1999 enthalte für bestimmte Gruppen von Mitarbeitern, darunter auch für die von der Klage betroffenen Mitarbeiter der Montagepartien-Thaur (ehemalige LA- und EM-Montagepartien), Regelungen über die Vergütung von Reisekosten bei Betriebsfahrten. Der Begriff der Betriebsfahrt sei in der Betriebsvereinbarung vom 12. 7. 1999 nicht definiert, sodass die Begriffsbestimmung des § 23 Abs 2 des Kollektivvertrags heranzuziehen sei. Die Betriebsvereinbarung vom 12. 7. 1999 enthalte in Punkt C eine Regelung der Reiseaufwandsentschädigung für Dienstreisen und Betriebsfahrten in Abhängigkeit von der Entfernung der Wohnung zur anzureisenden Arbeitsstelle (bis 3 km, über 3 km bis zu 30 km und über 30 km) für die Montagepartien-Thaur im Sinne einer Wegzeitvergütung. Die „Wegzeitvergütung" unterscheide sich grundlegend von der in § 23 Abs 3 und 4 des Kollektivvertrags angeführten Fahrtkostenvergütung und der Reiseaufwandsentschädigung, die der Abdeckung konkreter Aufwendungen des Arbeitnehmers dienten und daher dem Begriff des „Spesenersatzes" oder „Aufwandersatzes" unterstellt werden könnten. Die „Wegzeitvergütung" gebühre dem Arbeitnehmer dafür, dass seine Zeit vom Arbeitgeber auch außerhalb der normalen Arbeitszeit in Anspruch genommen werde, und sei damit echtes „Entgelt". Dass die in der Betriebsvereinbarung vom 12. 7. 1999 enthaltenen Regelungen der Wegzeitvergütung (anders als im Kollektivvertrag) keine Mindestabwesenheit vom Wohnort vorsehen, könne nicht dahingehend ausgelegt werden, dass ebenso wie im Kollektivvertrag eine mindestens vierstündige Abwesenheit erforderlich sei, zumal bei einer solchen Auslegung die Betriebsvereinbarung hinter dem Kollektivvertrag zurückbliebe und daher nicht nur nicht sinnvoll, sondern als Sondervereinbarung iSd § 28 Abs 1 KV auch ungültig wäre.

Bei der Betriebsvereinbarung vom 12. 7. 1999 handle es sich somit um eine zulässige Betriebsvereinbarung auf Grundlage des Kollektivvertrags, die - jeweils befristet abgeschlossen - nach wie vor aufrecht sei. Es fehle jeder Anhaltspunkt dafür, dass die Beklagten beim Abschluss und bei den jeweiligen Verlängerungen der Betriebsvereinbarungen von einer Ungültigkeit derselben ausgegangen seien und dass die Beklagten ungeachtet dessen den Mitarbeitern der Montageeinheiten-Thaur die Vergütung für eine effektive Reisestunde gewährt haben und der entsprechende Anspruch dadurch konkludent Inhalt der Einzelarbeitsverträge geworden sei. Vielmehr seien die Reisekostenersätze den Mitarbeitern der Montageeinheiten-Thaur von den Beklagten gemäß Punkt C der Betriebsvereinbarung vom 12. 7. 1999 geleistet worden. Diese Sonderregelung sei erst im Zuge der betrieblichen Umstrukturierung abgelehnt und ab 1. 4. 2006 einseitig eine neue Reisekostenregelung für alle Dienstnehmer eingeführt worden, sodass von einer konkludenten Unterwerfung unter die bisherige Regelung keine Rede sein könne. Der über den Kollektivvertrag hinausgehende Anspruch auf das sogenannte „Reisesechstel" unabhängig von einer Mindestabwesenheit vom Wohnort könne daher nicht auf eine einzelvertragliche Rechtsgrundlage gestützt werden. Wohl aber finde er in der Betriebsvereinbarung vom 12. 7. 1999 eine Grundlage.

Gemäß § 32 Abs 3 ArbVG ende die Rechtswirkung der Betriebsvereinbarung mit ihrem Erlöschen. Durch die konzerninterne Umstrukturierung und Auflassung der Montageeinheiten-Thaur per 1. 4. 2006 sei die - zuletzt bis 31. 3. 2009 verlängerte - Betriebsvereinbarung vom 12. 7. 1999 aber nicht erloschen. Vielmehr seien die die Montageeinheiten-Thaur betreffenden Regelungen in der Betriebsvereinbarung auf die enthaltenen Regelungen für die Regionalstellen anzupassen, weil die betroffenen Arbeitnehmer der Montageeinheiten-Thaur jeweils als geschlossene Arbeitseinheit zu den Regionalstellen versetzt worden seien. Die Betriebsvereinbarung für diese Regionalstellen sehe bei Betriebsfahrten innerhalb des Regionalstellenbereichs eine Wegzeitvergütung in Form der Betriebsfahrtensätze laut Kollektivvertrag vor. Für An- und Heimfahrten zur Arbeitsstelle außerhalb der Normalarbeitszeit könne je Arbeitstag eine effektive Reisestunde auf Basis des Betriebsfahrtensatzes verrechnet werden. Diese auf die Mitarbeiter der ehemaligen Montagepartien-Thaur anzuwendende (hier maßgebliche) Regelung sehe somit keine Beschränkung auf die Verwendung eines bestimmten Verkehrsmittels vor, sodass eine effektive Reisestunde außerhalb der Normalarbeitszeit auch bei Benützung eines Dienstfahrzeugs verrechnet werden könne. Andererseits stelle diese Regelung aber auf die Grenzen des Regionalstellenbereichs ab und nicht auf die Entfernung in Kilometern vom Wohnort, weshalb dem Feststellungsbegehren zu Punkt 2. mit dieser Maßgabe stattzugeben sei, ohne Überschreitung des Klagebegehrens aber der Anspruch jedenfalls auf die in Punkt 2. des Klagebegehrens enthaltene Mindestentfernung von 3 km vom Wohnort insbesondere dann zum Tragen kommen könne, wenn die Grenze des Regionalstellenbereichs mehr als 30 km von der Wohnung des betreffenden Arbeitnehmers entfernt sein sollte.

Nicht gefolgt werden könne der Berufung der Zweitbeklagten, soweit sie eine Haftung im Rahmen der Bürgschaft nach § 14 Abs 1 bzw 3 AÜG bekämpfe. Die Zweitbeklagte berufe sich in diesem Zusammenhang auf das sogenannte Konzernprivileg, das dazu führe, dass auf die hier zu beurteilende Überlassung das AÜG nicht anzuwenden sei. Vom Geltungsbereich des AÜG ausgenommen sei ua die Überlassung von Arbeitskräften zwischen Konzernunternehmen innerhalb eines Konzerns iSd § 15 AktG 1965 und des § 115 GmbHG, sofern der Sitz und der Betriebsstandort beider Konzernunternehmen innerhalb des EWR liege und die Überlassung nicht zum Betriebszweck des überlassenden Unternehmens gehöre. Die Rechtsauffassung des Erstgerichts, dass die Überlassung von Arbeitskräften - wenn auch mit untergeordneter Bedeutung - zum Betriebszweck der Erstbeklagten gehöre, sei zutreffend. Zu beachten sei aber die weitere Einschränkung in § 1 Abs 3 AÜG, wonach der Abschnitt III (§§ 10 bis 14) des AÜG nur auf die reglementierte Überlassung von Arbeitskräften (§ 94 Z 72 der GewO 1994) anzuwenden sei. Auch diese Voraussetzungen habe das Erstgericht zutreffend bejaht. Zwar sei richtig, dass die Gewerbeordnung nach ihrem § 2 Abs 1 Z 20 auf den Betrieb von Elektrizitätsunternehmen (§ 7 Z 8 ElWOG) nicht anzuwenden sei. Der Betrieb von Elektrizitätsunternehmen iSd § 7 Z 8 ElWOG umfasse die dort genannten Aufgaben, nicht aber die Arbeitskräfteüberlassung als reglementiertes Gewerbe iSd § 94 Z 72 GewO. § 14 AÜG sei daher auf die Zweitbeklagte anzuwenden. Demnach hafte diese als Beschäftigerin für die gesamten den überlassenen Arbeitskräften für die Beschäftigung in ihrem Betrieb zustehenden Entgeltansprüche und die entsprechenden Dienstgeber- und Dienstnehmerbeiträge zur Sozialversicherung als Bürgin nach § 1355 ABGB (Abs 1) und - soweit sie ihre Verpflichtungen aus der Überlassung bereits der Erstbeklagten gegenüber nachweislich erfüllt habe - nur als Ausfallsbürgin gemäß § 1356 ABGB.

Die vom Erstgericht vorgenommene Beschränkung des Anspruchs der betroffenen Arbeitnehmer gegenüber der Zweitbeklagten auf die (Ausfalls-)Bürgenhaftung sei im Übrigen nicht gerechtfertigt. Nach den Feststellungen habe die Abteilung Montage/Service der Zweitbeklagten die Richtlinie bezüglich der Handhabung der Reisekostenregelung ab 1. 3. 2006 erstellt und die Erstbeklagte um Einhaltung dieser Vorgangsweise ersucht. Es könne daher kein Zweifel bestehen, dass die hinter dem Kollektivvertrag zurückbleibende Handhabung der Reisekostenregelung ab 1. 4. 2006 im gemeinsamen Zusammenwirken der beiden Beklagten erfolgt sei, sodass die Zweitbeklagte nicht nur als (Ausfalls-)Bürgin, sondern gemeinsam mit der Erstbeklagten zur ungeteilten Hand hafte. Dieser Umstand sei aber vom Kläger in seiner Berufung nicht aufgegriffen worden, sodass es bei der Feststellung der Haftung nach § 14 Abs 1 bzw 2 AÜG zu bleiben habe.

Die Revision sei zuzulassen, weil die Frage, ob die Zweitbeklagte im Hinblick auf § 1 Abs 2 Z 5 und Abs 3 AÜG sowie auf § 2 Abs 1 Z 20 GewO 1994 (§ 7 Z 8 ElWOG) als Bürgin (Ausfallsbürgin) nach dem AÜG hafte, in der Literatur unterschiedlich behandelt werde und in der Rechtsprechung nicht geklärt sei.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der beiden Beklagten.

Der Kläger beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist berechtigt, jene der Erstbeklagten allerdings nur im Sinne der Aufhebung der sie betreffenden Entscheidungen der Vorinstanzen.

I. Zur Revision der Zweitbeklagten:

I.1. Aus Anlass der zulässigen Rechtsrüge der Zweitbeklagten ist das gegen sie gerichtete Klagebegehren aus folgenden Überlegungen abzuweisen:

Gemäß § 54 Abs 1 ASGG können in Arbeitsrechtssachen nach § 50 Abs 1 die parteifähigen Organe der Arbeitnehmerschaft im Rahmen ihres Wirkungsbereichs sowie der jeweilige Arbeitgeber auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens von Rechten oder Rechtsverhältnissen, die mindestens drei Arbeitnehmer ihres Betriebs oder Unternehmens betreffen, klagen oder geklagt werden.

Der Wirkungsbereich des Betriebsrats ist beschränkt auf den Betrieb, für den er gewählt wurde. In Angelegenheit einer Arbeitskräfteüberlassung fallen Feststellungsklagen, welche die aufrecht bleibenden arbeitsvertraglichen Beziehungen der überlassenen Arbeitnehmer zum Überlasser betreffen, in den Wirkungsbereich des Betriebsrats des Überlasserbetriebs; Feststellungsklagen, welche die unmittelbaren Rechtsbeziehungen überlassener Arbeitnehmer zum Beschäftiger betreffen, sind vom Betriebsrat des Beschäftigerbetriebs einzubringen (Kuderna, ASGG² § 54 Anm 4). Eypeltauer („Personalleasing": Feststellungsklage des Betriebsrates des Beschäftigerbetriebes gegen den Überlasser gemäß § 54 Abs 1 ASGG?, WBl 1989, 325) hat zwar die Meinung vertreten, dass dann, wenn im Überlasserbetrieb kein Betriebsrat besteht, der Betriebsrat des Beschäftigerbetriebs zur Klage gegen den Überlasser legitimiert sei (zust Kuderna, ASGG² § 54 Anm 4). Abgesehen davon, dass hier die umgekehrte Konstellation zu beurteilen ist, ist der Senat aber der Ansicht, dass das die Betriebsebene betreffende besondere Feststellungsverfahren nach § 54 Abs 1 ASGG nach dem Wortlaut des Gesetzes und der Intention des Gesetzgebers auf der Ebene des betroffenen Betriebs, also zwischen dem „jeweiligen Arbeitgeber" und dem ihm gegenüberstehenden Organ der Arbeitnehmerschaft stattzufinden hat, das für diesen Betrieb gewählt wurde. Damit kommt eine Klageführung des Betriebsrats des Überlasserbetriebs gegen den Beschäftiger nicht in Betracht, sodass - ohne dass auf die Argumente der Zweitbeklagten einzugehen wäre - schon aus diesem Grund in Stattgebung der Revision das gegen die Zweitbeklagte gerichtete Klagebegehren abzuweisen ist.

I.2. Die hierauf entfallende Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 Abs 1 ZPO. Im Feststellungsverfahren nach § 54 Abs 1 ASGG gelten - wie schon das Berufungsgericht dargelegt hat - die allgemeinen Bestimmungen der ZPO über den Kostenersatz (Neumayr in ZellKomm § 58 ASGG Rz 1). Die Zweitbeklagte hat Anspruch auf vollen Kostenersatz, der sich mit der Hälfte der von ihr und der Erstbeklagten gemeinsam aufgewendeten Kosten bemisst. Die Beklagten haben aber in erster Instanz keine Kosten und in zweiter Instanz nur Kosten für ihre Berufungsbeantwortung (nicht aber für ihre Berufung) verzeichnet. Wie schon das Berufungsgericht in seinem Berichtigungsbeschluss ON 27 geht der Oberste Gerichtshof von der Annahme aus, dass der Kläger in erster Instanz mit einem Viertel unterlegen und daher für seine Berufung - und damit für die Berufungsbeantwortung der Beklagten - eine Bemessungsgrundlage von 5.450 EUR anzusetzen ist. Dazu kann auf die Ausführungen der zweiten Instanz verwiesen werden. In zweiter Instanz ist die Klägerin in kostenmäßiger Hinsicht als zur Gänze durchgedrungen anzusehen. Für die Revision der Beklagten ist daher aus den ebenfalls schon vom Berufungsgericht in ON 27 angestellten Überlegungen von einer Bemessungsgrundlage von 21.800 EUR auszugehen. Der Zweitbeklagten war die Hälfte der auf dieser Grundlage berechneten Kosten der Revision zuzusprechen.

II. Zur Revision der Erstbeklagten:

II.1. Die Aktivlegitimation des klagenden Betriebsrats ist im Verfahren unstrittig geblieben. Auch die Tatsache, dass im Überlasserbetrieb die betrieblichen und dementsprechend auch die belegschaftsrechtlichen Strukturen unverändert geblieben sind, wurde von den Beklagten nicht in Frage gestellt.

II.2. Zum Einwand der Erstbeklagten, dem Kläger fehle es am Feststellungsinteresse:

Die Erstbeklagte verweist in diesem Zusammenhang auf ihr Vorbringen, dass es sich bei der „Handhabung der Regelungen ab 1. 4. 2006" aufgrund geänderter Verhältnisse um eine vorübergehende Handhabung bis zum Abschluss einer neuen Betriebsvereinbarung handle und die Erstbeklagte ohnedies eine Aufrollung aller Ansprüche auf der Basis der neuen Regelung zugesichert habe. Warum dieses Vorbringen das Feststellungsinteresse des Klägers in Frage stellen soll, ist nicht ersichtlich. Entscheidend ist, dass der Kläger geltend macht, dass die von ihm behaupteten Ansprüche der von der Klage betroffenen Arbeitnehmer nicht erfüllt werden. Damit liegt sein Feststellungsinteresse auf der Hand. Dass die Erstbeklagte eine Neuregelung des Fragenkomplexes anstrebt - wobei naturgemäß nicht feststeht, ob bzw mit welchem Inhalt eine neue Regelung vereinbart werden kann -, ist für das Feststellungsinteresse des Klägers völlig irrelevant.

II.3. Ob anlässlich der Umstrukturierung, die zur Eingliederung der Montagepartien in die Regionalstellen führte, eine mangels Zustimmung des Betriebsrats unzulässige verschlechternde Versetzung erfolgt ist, ist nicht zu prüfen. Wenngleich verschlechternde Versetzungen ohne Zustimmung des Betriebsrats oder deren Ersetzung durch das Gericht in der Regel unwirksam bleiben, ist davon die Frage zu unterscheiden, wie lange dem zur Geltendmachung befugten Arbeitnehmer die Möglichkeit offen steht, die Unwirksamkeit der Versetzung aufzugreifen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs ist diese Möglichkeit zeitlich begrenzt. Dies ergibt sich insbesondere aus dem synallagmatischen Charakter des Arbeitsverhältnisses und dem daraus erfließenden Klarstellungsinteresse des Arbeitgebers. Dass die von der behaupteten Versetzung betroffenen Arbeitnehmer die (angebliche) Unzulässigkeit ihrer Versetzung jemals geltend gemacht haben, wurde aber nicht einmal behauptet. Damit kann aber - selbst wenn man von einer unzulässigen verschlechternden Versetzung ausgehen wollte - die Unwirksamkeit dieser Maßnahme angesichts der seit der Umstrukturierung verstrichenen Zeit nicht mehr geltend gemacht werden (9 ObA 122/00g; 8 ObA 93/04s). Im Übrigen zielt ja auch das vorliegende Verfahren nicht auf die Feststellung eines entsprechenden Anspruchs der betroffenen Arbeitnehmer ab. Schon deshalb kann sich der Kläger zur Untermauerung der von ihm hier geltenden Ansprüche nicht auf die Unzulässigkeit der Versetzung der betroffenen Arbeitnehmer berufen.

II.4. Im Übrigen ist es erforderlich, die hier maßgebenden Rechtsquellen im Einzelnen zu analysieren:

II.4.1. Im Kollektivvertrag, auf den der Kläger (neben den Betriebsvereinbarungen aus 1984 und aus 1999) ebenfalls Bezug nimmt, finden sich die maßgebenden Bestimmungen in § 23 („Reisekostenregelung"). Diese Bestimmung hat - soweit hier von Interesse - in ihrer derzeit geltenden Fassung, die mit Ausnahme der Höhe der einzelnen Ansätze unverändert geblieben und daher maßgebend ist (s S 3 in ON 17), folgenden Wortlaut:

(1) Begriff der Dienstreise bzw Betriebsfahrt

Eine verrechnungsfähige Dienstreise bzw Betriebsfahrt liegt vor, wenn ein Angestellter auf Anordnung seiner vorgesetzten Stelle seinen Dienstort auf länger als 4 Stunden verlässt. Als Dienstort gilt das Gemeindegebiet des Ortes, in dem die ständige Arbeitsstätte liegt. Bei Änderungen des Gemeindegebietes nach dem 1. Jänner 1970 sind mit dem Betriebsrat über den Begriff Dienstort innerbetriebliche Regelungen zu treffen. Eine Betriebsfahrt liegt vor, wenn ein Angestellter ständig wiederkehrende Fahrten oder Wege in Erfüllung seiner Dienstleistung innerhalb der in seinem Unternehmen bestehenden, abgegrenzten oder zwischen Leitung des Unternehmens und Betriebsrat einvernehmlich abzugrenzenden Betriebs- oder Baubereiche durchzuführen hat.

(2) Bemessung der Reisedauer Die Reise beginnt, wenn sie von der Arbeitsstätte aus angetreten wird, mit dem Verlassen der Arbeitsstätte, in allen anderen Fällen mit dem notwendigen Verlassen der Wohnung. Das Gleiche gilt sinngemäß für die Beendigung der Reise.

...

(4) Reiseaufwandsentschädigung Für die Bestreitung des mit einer Dienstreise bzw Betriebsfahrt verbundenen persönlichen Mehraufwandes erhält der Angestellte für jeden vollen Kalendertag (0 bis 24 Uhr) die volle Reiseaufwandsentschädigung. Sie besteht aus dem Taggeld und dem Übernachtungsgeld. Das Taggeld dient zur Deckung der Mehrausgaben für Verpflegung sowie aller mit der Reise verbundenen persönlichen Aufwendungen einschließlich der Trinkgelder für persönliche Bedienung. Das Übernachtungsgeld dient zur Deckung der Unterkunftszahlung bzw bei angeordneten Fahrten während der Nacht für den anfallenden Mehraufwand. Unvermeidliche Mehrauslagen für Übernachtung werden gegen Vorlage der Quartiersrechnung gesondert vergütet. ...

(5) Reiseaufwandsentschädigungssätze

a) das Taggeld beträgt mindestens 48,74 EUR

das Übernachtungsgeld mindestens 25,92 EUR

Zusammen 74,66 EUR

b) Für Betriebsfahrten bleiben die jeweils hiefür geltenden Regelungen aufrecht; dort, wo solche nicht bestehen, können sie neu geschaffen werden. Die Vergütung für Betriebsfahrten darf jedoch bei einer Abwesenheit

von mehr als 12 Stunden mindestens 36,45 EUR

und für auswärtige Nächtigung mindestens 17,11 EUR

pro Nacht nicht unterschreiten.

...

c) Fallen effektive Reisestunden bei angeordneten Dienstreisen und Betriebsfahrten in die dienstfreie Zeit, so gebührt für jede solche begonnene effektive Reisestunde zusätzlich zur vorgesehenen Reiseaufwandsentschädigung 1/6, an Sonn- und Feiertagen jedoch 1/5 der täglichen Reiseaufwandsentschädigung (Tag- und Übernachtungsgeld).

..."

Aus dieser Bestimmung ergibt sich somit, dass der Kollektivvertrag für eine verrechnungsfähige Dienstreise voraussetzt, dass der Dienstort länger als vier Stunden verlassen wird. Schon der Kollektivvertrag legt aber fest, dass die Reise - wird sie von der Arbeitsstätte aus angetreten - mit dem Verlassen der Arbeitsstätte, in allen anderen Fällen mit dem notwendigen Verlassen der Wohnung beginnt. Dies gilt sinngemäß auch für die Beendigung der Reise.

Der für diesen Rechtsstreit maßgebende Begriff des „Reisesechstels" ist aus § 25 lit c des Kollektivvertrags abgeleitet. Diese Bestimmung sieht für den Fall, dass bei angeordneten Dienstreisen effektive Reisestunden in die dienstfreie Zeit fallen, für „jede solche begonnene effektive Reisestunde" zusätzlich zur vorgeschriebenen Reiseaufwandsentschädigung den Anspruch auf 1/6 (an Sonn- und Feiertagen jedoch 1/5) der täglichen Reiseaufwandsentschädigung (Tag- und Übernachtungsgeld) vor. Das "Reisesechstel" ist aber nicht ident mit den im Kollektivvertrag normierten Sätzen für Betriebsfahrten und auch nicht aus diesen Sätzen abgeleitet.

II.4.2. Die bereits oben wiedergegebene Betriebsvereinbarung „Reisekostenregelung" aus dem Jahr 1984 (in der Folge: BV 1984) ist nach den insoweit von den Parteien nicht in Frage gestellten Ausführungen des Erstgerichts nach wie vor in Kraft. Ihr Punkt 1. übernimmt den im Kollektivvertrag geregelten Begriff der Dienstreise und auch die kollektivvertragliche Anordnung, dass die Dienstreise - je nachdem, von wo sie angetreten wird - mit dem Verlassen der Arbeitsstätte, gegebenenfalls aber auch mit dem Verlassen der Wohnung, beginnt. Als Dienstort der Montagepartien wird „wie bisher" Innsbruck vereinbart. Unter Punkt 1.4. („Verwendung eigener Kraftfahrzeuge") wird festgehalten, dass sich die Mitarbeiter der Montagepartien grundsätzlich bereit erklären, für die An- und Abreise zum Arbeitsort bzw jeweiligen Magazin ihr eigenes Kraftfahrzeug zu verwenden. Die Reiseaufwandsentschädigung wird in Punkt 2. geregelt. Im hier interessierenden Punkt 2.1.1. wird für den Fall einer zumutbaren täglichen Heimkehr (Entfernung Wohnung-Arbeitsstätte bzw Magazin weniger als 25 km [2.1.]) die effektive Reisezeit bei Verwendung des eigenen Kraftfahrzeugs pro Arbeitstag mit durchschnittlich einer Stunde angenommen und entsprechend mit einem Sechstel bzw Fünftel des jeweils gültigen Satzes vergütet.

Die zuletzt genannte Bestimmung bedeutet, dass - allerdings nur bei Verwendung eines eigenen Kraftfahrzeugs - die effektive Reisezeit pro Arbeitstag (gemeint offenkundig: für die Anreise von der Wohnung zur Arbeitsstelle und für die Heimreise) mit durchschnittlich einer Stunde pauschaliert wird, woraus sich - insoweit übereinstimmend mit dem Kollektivvertrag - die Honorierung dieser pauschal angenommenen Stunde mit dem Reisesechstel (bzw dem Reisefünftel) ergibt.

Für die Reiseaufwandsentschädigung bei Anreise mit einem Dienstkraftfahrzeug - die durch diese Vereinbarung nicht ausgeschlossen wird - enthält die BV 1984 keine Regelung. Punkt 3.1., der sich auf die Verwendung des eigenen Kraftfahrzeugs bezieht, betrifft nicht die Reiseaufwandsentschädigung, sondern die Fahrtkostenvergütung.

II.4.3. Die Betriebsvereinbarung Reisekostenregelung aus dem Jahr 1999 (in der Folge: BV 1999) wurde zwischen der Erstbeklagten und dem Zentralbetriebsrat abgeschlossen. Da alle Beteiligten von ihrem wirksamen Zustandekommen ausgehen, ist davon auszugehen, dass die Zuständigkeit des Zentralbetriebsrats zum Abschluss dieser Vereinbarung aufgrund einer entsprechenden Kompetenzübertragung iSd § 114 ArbVG gegeben war.

Den Feststellungen ist auch zu entnehmen, dass die nur befristet abgeschlossene Betriebsvereinbarung 15-mal, zuletzt über den Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung hinaus, verlängert wurde.

Die Vergütung für Betriebsfahrten ist für Mitarbeiter, deren ständiger Dienstort die Regionalstelle ist, und (ua) für die Mitarbeiter der vom Verfahren betroffenen Montagepartien unterschiedlich, nämlich in den Punkten A 4.1. (für die Regionalstellen) und in Punkt C (für die Montagepartien Thaur) geregelt:

Dabei fällt auf, dass - in gewissem Gegensatz zu den Feststellungen über die tatsächliche Handhabung - für die Mitarbeiter, deren ständiger Dienstort die Regionalstelle ist, für Betriebsfahrten innerhalb des Regionalstellenbereichs die Anwendung der „Betriebsfahrtensätze laut KV" normiert wurde; für An- und Heimfahrtszeiten zur Arbeitsstelle außerhalb der Normalarbeitszeit kann je Arbeitstag eine effektive Reisestunde auf Basis des Betriebsfahrtensatzes verrechnet werden. Dazu ist abermals anzumerken, dass - im Gegensatz zu Ausführungen der Vorinstanzen und auch zur Gleichsetzung im Klagebegehren - das im oben dargestellten Sinn definierte „Reisesechstel" (als Sechstel der täglichen Reiseaufwandsentschädigung [Tag- und Übernachtungsgeld lt. § 23 Abs 5 lit a]) nicht mit dem im Kollektivvertrag geregelten Betriebsfahrtensatz (§ 23 Abs 5 lit b) ident ist.

Für die Mitarbeiter der Montagepartien wird in Punkt C der BV vereinbart, dass bei einer Entfernung bis zu 3 km (Wohnung-Arbeitsstelle) keine Reisekosten verrechnet werden können. Liegt hingegen die anzufahrende Arbeitsstelle bzw das Magazin über 3 km und bis zu 30 km von der Wohnung entfernt, so gelten die „Betriebsfahrtensätze" (keine Nächtigung). Bei einer Entfernung von über 30 km gelten die Reisekostensätze (Taggeld und Nächtigung). Schließlich ist festgelegt, dass einziger Mittelpunkt für die Berechnung der 3 km- bzw der 30 km-Grenze die Wohnung des Mitarbeiters ist.

Dazu ist, da sich der Kläger in seinem das Reisesechstel und den Betriebsfahrtensatz gleichsetzenden Begehren auf diese Regelung beruft, abermals festzuhalten, dass der in Punkt C der Betriebsvereinbarung verwendete, hier auf den Satz ohne Nächtigung eingeschränkte Begriff des „Betriebsfahrtensatzes" mit dem Reisesechstel nach § 23 Abs 5 lit c des Kollektivvertrags nicht ident ist. Dies zeigt besonders deutlich der Umstand, dass in dieser Regelung der BV 1999 für die Fahrten innerhalb der 30 km-Grenze auf die „Betriebsfahrtensätze" verwiesen wird, während aber für die über die 30 km-Grenze hinausgehenden Fahrten auf die „Reisekostensätze (Taggeld und Nächtigung)", und damit auf jenen Satz, der dem Reisesechstel des Kollektivvertrags als Berechnungsgrundlage dient, abgestellt wird.

Schließlich ist in Punkt C der BV 1999 festgehalten, dass „alle sonstigen Vereinbarungen ... ihre Gültigkeit" behalten.

II.5. Die BV 1984 und 1999 wurden noch vor der Ausgliederung der Zweitbeklagten im Betrieb der Erstbeklagten abgeschlossen. Grundsätzlich finden beim Überlasser abgeschlossene Betriebsvereinbarungen - jedenfalls dann, wenn im Beschäftigerbetrieb keine konkurrierende Betriebsvereinbarung besteht - auf die Ansprüche der überlassenen Arbeitnehmer gegen den Überlasser Anwendung.

Im Zusammenhang mit den genannten Betriebsvereinbarungen ist allerdings strittig, ob die Betriebsparteien mit ihrem Abschluss ihre Regelungsbefugnis überschritten haben. Die Revisionswerberin macht überdies geltend, dass diese Betriebsvereinbarungen für die hier gegenständlichen Ansprüche deshalb nicht mehr anwendbar sind, weil sich die für die Sonderregelungen für die Montagepartien maßgebenden Umstände grundlegend geändert haben. Auf diese Fragen braucht aber nicht eingegangen zu werden, weil für den dem Klagebegehren des Klägers zugrunde liegenden Rechtsstandpunkt aus diesen Betriebsvereinbarungen (wie immer man sie beurteilen mag) aus folgenden Überlegungen ohnedies nichts zu gewinnen ist:

II.6. In Punkt 1. des Klagebegehrens begehrt der Kläger die Feststellung, „dass Angestellte als Mitglieder der Montageeinheiten, welche auf Anordnung ihrer vorgesetzten Stelle ihre Wohnung länger als vier Stunden verlassen, unabhängig vom verwendeten Verkehrsmittel bei einer Entfernung bis zu 30 km vom Wohnort Anspruch auf eine 'effektive Reisestunde' als Reisesechstel in Höhe des Betriebsfahrtensatzes sowohl für die Hinfahrt als auch für die Rückfahrt zusätzlich zur vorgesehenen Reiseaufwandsentschädigung haben, wenn die Reisezeit jeweils in die dienstfreie Zeit fällt".

Die Formulierung dieses Begehrens macht deutlich, dass der Kläger dabei sowohl auf den Kollektivvertrag als auch auf die Betriebsvereinbarungen Bezug nimmt. Der in diesem Begehren umschriebene Anspruch knüpft offenkundig - allerdings in teilweise unzutreffender Weise - an den Dienstreisebegriff des Kollektivvertrags an; die Beschränkung auf „Entfernungen bis zu 30 km" ist der BV 1999 entnommen.

Wie das Erstgericht (vom Berufungsgericht missverstanden) richtig erkannt hat, liegt aber eine Dienstreise im Sinne des Kollektivvertrags nur dann vor, wenn der Angestellte seinen Dienstort länger als vier Stunden verlässt. Die Bezugnahme auf das mindestens vierstündige Verlassen (allein) des Wohnorts ist daher unzutreffend. Daran kann die BV 1999 (wie immer man sie beurteilen mag), nach der „einziger Mittelpunkt" für die 3 km- bzw 30 km-Grenze die Wohnung des Mitarbeiters ist, nichts ändern. Diese Grenze ist nur für eine zur Arbeitsstelle zurückzulegende Fahrtstrecke maßgebend. Sie ändert aber nichts daran, dass auch dieser BV, die ausdrücklich „alle sonstigen Vereinbarungen" als weiter geltend bezeichnet, erkennbar der Dienstreisebegriff des Kollektivvertrags zugrunde liegt. Es trifft auch nicht zu, dass für die betroffenen Arbeitnehmer kein Dienstort bestand. Vielmehr war ein solcher ausdrücklich vereinbart worden. Die Dienstreise kann aber - wie der Kollektivvertrag klarstellt - auch vom Wohnort begonnen werden, wobei die Anwendung der Regelung der BV 1999 zur Voraussetzung hat, dass die dabei von der Wohnung zur Arbeitsstelle zurückgelegte Wegstrecke über 3 km lang, aber nicht länger als 30 km ist. Zudem lässt sich der Punkt 1. des Klagebegehrens schon deshalb nicht mit der BV 1999 begründen, weil in dieser für die vom Begehren erfassten Fahrten innerhalb der 30 km-Grenze nicht auf das im Begehren angesprochene „Reisesechstel", sondern auf die Betriebsfahrtensätze des Kollektivvertrags abgestellt wird. Auch die in der BV 1999 normierte 3 km-Grenze, bei deren Unterschreiten kein Anspruch des Arbeitnehmers besteht, ist im Klagebegehren laut Punkt 1. nicht berücksichtigt.

Mit Ausnahme der fehlenden Bezugnahme auf das mindestens vierstündige Verlassen des Dienstorts erweist sich aber der mit dem Klagebegehren laut Punkt 1. geltend gemachte Anspruch aufgrund des Kollektivvertrags als berechtigt: Der Kollektivvertrag normiert in § 23 Abs 5 lit c für den Fall einer Dienstreise iSd § 23 Abs 1 den Anspruch auf das „Reisesechstel", wenn effektive Reisestunden in die dienstfreie Zeit fallen. Diese Voraussetzung ist bei der vom Klagebegehren umfassten Fahrt vom Wohnort zur Arbeitsstelle (bzw wieder zurück) gegeben. Da der Kollektivvertrag schon für die begonnene Stunde den Anspruch auf das Reisesechstel normiert, das Klagebegehren laut Punkt 1. aber nicht mehr als den Anspruch auf „eine 'effektive' Reisestunde als Reisesechstel" geltend macht, ist das Klagebegehren durch den Kollektivvertrag auch in dieser Hinsicht gedeckt. Auch auf die Benützung eines bestimmten Verkehrsmittels stellt die hier anzuwendende Regelung des Kollektivvertrags nicht ab. Das allfällige Unterschreiten der 3 km-Grenze steht der Stattgebung des Klagebegehrens ebenfalls nicht im Wege, weil die BV 1999 den kollektivvertraglichen Anspruch der Arbeitnehmer nicht schmälern kann. Mit der BV 1999 verbundene Vorteile der Arbeitnehmer, die die Verschlechterung der kollektivvertraglichen Regelung durch die Einführung einer Untergrenze für den Anspruch auf Reiseaufwandsentschädigung aufwiegen könnte, sind nicht ersichtlich. Unklar bleibt allerdings die im Begehren vorgenommene Gleichsetzung von „Reisesechstel" und „Betriebsfahrtensatz", die mit den Termini des Kollektivvertrags nicht im Einklang steht, aber möglicherweise durch einen abweichenden Sprachgebrauch erklärbar ist.

II.7. In Punkt 2. des Klagebegehrens begehrt der Kläger die Feststellung, „dass Angestellte als Mitglieder der Montageeinheiten unabhängig von einer Mindestabwesenheit auf Anordnung ihrer vorgesetzten Stelle ihren Wohnort in einer Entfernung von über 3 km bis 30 km verlassen, Anspruch auf eine effektive Reisestunde als 'Reisesechstel' in Höhe des Betriebsfahrtensatzes zusätzlich zur vorgesehenen Reiseaufwandsentschädigung - unabhängig vom verwendeten Verkehrsmittel - haben, wenn entweder die Ankunft zu Hause oder die Abfahrt von zu Hause in die dienstfreie Zeit fällt".

Dieses Begehren unterscheidet sich vom Begehren laut Punkt 1. durch das Fehlen einer Bezugnahme auf die Notwendigkeit der mehr als vierstündigen Dauer der Dienstreise und durch die Bezugnahme auch auf die in der BV 1999 normierte 3 km-Untergrenze für den Anspruch der betroffenen Arbeitnehmer. Wie oben ausgeführt, besteht aber der geltend gemachte Anspruch nur im Falle des Vorliegens einer Dienstreise im Sinn des Kollektivvertrags, also im Fall der mehr als vierstündigen Abwesenheit vom Dienstort. Das Klagebegehren in diesem Sinn zu modifizieren, würde dazu führen, dass es - mit Ausnahme der Bezugnahme auf die 3 km-Untergrenze - mit dem (im Sinn der obigen Ausführungen modifizierten) Klagebegehren laut Punkt 1. ident wäre bzw dass es durch die Bezugnahme auf die 3 km-Untergrenze in seiner Reichweite hinter einem derart modifizierten Begehren laut Punkt 1. zurückbliebe. An einem zweiten Klagebegehren, das mit dem ersten weitgehend ident ist, aber in seiner Reichweite in einem Detail hinter diesem zurückbleibt, besteht aber kein rechtliches Interesse.

II.8. Zusammenfassend ergibt sich daher, dass der geltend gemachte Anspruch der hier betroffenen Arbeitnehmer - allerdings abgesehen von der fehlenden Bezugnahme auf die mindestens vierstündige Abwesenheit vom Dienstort - berechtigt ist. Allerdings geben die Klagebegehren des Klägers aus den dargestellten Gründen diesen Anspruch nur teilweise (nämlich ohne die erforderliche Bezugnahme auf die mehr als vierstündige Abwesenheit vom Dienstort) oder mehrdeutig (durch die Gleichsetzung der Begriffe „Reisesechstel" und „Betriebsfahrtensatz") wieder. Eine sofortige Entscheidung in der Sache kommt vor diesem Hintergrund nicht in Betracht, und zwar weder im Sinne einer Abweisung noch im Sinne einer Stattgebung des Klagebegehrens in geänderter Form. Zum einen geht die notwendige Umformulierung bzw Zusammenziehung der Klagebegehren über eine bloße Richtig- bzw Klarstellung hinaus. Zum anderen darf der Oberste Gerichtshof die Parteien mit seiner hier vertretenen Rechtsauffassung nicht überraschen. Das die Erstbeklagte betreffende Urteil ist daher aufzuheben. Das Erstgericht, an das die Arbeitsrechtssache zurückzuverweisen ist, wird die hier vertretene Rechtsauffassung mit den Parteien zu erörtern und dem Kläger Gelegenheit zu geben haben, sein Klagebegehren entsprechend zu modifizieren.

Der Vorbehalt der hierauf entfallenden Kostenentscheidung gründet sich auf § 52 Abs 1 ZPO.

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