OGH 9ObA19/15g

OGH9ObA19/15g29.4.2015

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Ziegelbauer, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Dehn sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Josef Schleinzer und Mag. Regina Albrecht in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Betriebsrat der Ö***** AG, *****, vertreten durch Dr. Norbert Moser, Rechtsanwalt in Klagenfurt, gegen die beklagte Partei Ö***** AG, *****, vertreten durch CMS Reich-Rohrwig Hainz Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Feststellung gemäß § 54 Abs 1 ASGG, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen vom 11. Juli 2013, GZ 7 Ra 8/13w‑27, mit der der Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Arbeits‑ und Sozialgericht vom 6. September 2012, GZ 68 Cga 70/11m‑13, nicht Folge gegeben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:009OBA00019.15G.0429.000

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass das Ersturteil zu lauten hat:

„Es wird gegenüber der beklagten Partei festgestellt, dass für die Mitarbeiter des Teilbetriebes 'Regionalmanagement *****' ***** die in § 35 AVB und in § 3 BO angeführten Zeiten, die bei der Berechnung des Vorrückungsstichtags anzurechnen sind, auch dann anzurechnen sind, wenn sie seitens des Dienstnehmers bereits vor Vollendung des 18. Lebensjahrs zurückgelegt wurden.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen die mit 5.417,10 EUR (darin 902,85 EUR USt) bestimmten Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens zu ersetzen.“

Die beklagte Partei ist weiters schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen die mit 1.846,56 EUR (darin 307,76 EUR USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens sowie die mit 1.329,84 EUR (darin 221,64 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger ist ein nach den Bestimmungen des Arbeitsverfassungsgesetzes gebildeter Betriebsrat. Seine Zuständigkeit erstreckt sich auf die Mitarbeiter der Beklagten im Bereich des Teilbetriebs „Regionalmanagement *****“ *****. Zum Zeitpunkt der Klagseinbringung (31. Oktober 2011) waren 73 Mitarbeiter in diesem Bereich beschäftigt. Auf die Dienstverhältnisse von mindestens 62 der Mitarbeiter finden die Allgemeinen Vertragsbedingungen für Dienstverträge bei den Österreichischen Bundesbahnen (AVB) Anwendung. Mehr als drei Mitarbeiter sind für die Berechnung ihres Vorrückungsstichtags von der Anrechnung auch vor dem 18. Lebensjahr liegender Zeiten betroffen.

Nach § 35 Abs 2 AVB (alt) war der Vorrückungsstichtag derart zu ermitteln, „dass ‑ unter Ausschluss der vor der Vollendung des 18. Lebensjahrs liegenden Zeiten ‑ dem Tag der Aufnahme folgende Zeiten zur Gänze vorangesetzt werden:

1. die Zeit, die in einem Dienstverhältnis zum Unternehmen zurückgelegt worden ist;

2. die Zeit der Ableistung des ordentlichen Präsenzdienstes nach dem Wehrgesetz 1990, BGBl I Nr 305 und des Zivildienstes nach dem Zivildienstgesetz 1986, BGBl Nr 679, sowie die Zeit als Fachkraft für Entwicklungshilfe im Sinne des Entwicklungshelfergesetzes, BGBl Nr 574/1983;

3. die Zeit, in der der ÖBB-Angestellte aufgrund des Heeresversorgungsgesetzes, BGBl Nr 27/1964, Anspruch auf eine Beschädigtenrente entsprechend einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 90 v.H. gehabt hat.

(3) - (4) … “

Für Mitarbeiter, deren Dienstverhältnis noch vor dem 1. Jänner 2005 begründet wurde und die noch nach den Bestimmungen des § 2 der Bundesbahn-Besoldungsordnung 1963 (BO 1963) angestellt wurden (Bundesbahn-Beamte), enthielt § 67 Abs 3 Z 9 AVB eine Wahrungsregelung. Danach galten für diese Bediensteten anstelle der Bestimmungen des § 35 AVB die Bestimmungen des § 3 BO 1963 in der bis zum Inkrafttreten der AVB geltenden Fassung.

§ 3 BO 1963 sah vor, dass der Vorrückungsstichtag dadurch zu ermitteln ist, „dass ‑ unter Ausschluss der vor der Vollendung des 18. Lebensjahrs liegenden Zeiten und unter Beachtung der einschränkenden Bestimmungen der Absätze 4 bis 7 ‑ dem Tag der Anstellung vorangesetzt werden:

a) die im Abs 2 angeführten Zeiten zur Gänze,

b) die sonstigen Zeiten zur Hälfte.

(2) ‑ (8) …“

Zur Beseitigung der in diesen Bestimmungen enthaltenen altersdiskriminierenden Aspekte („unter Ausschluss der vor der Vollendung des 18. Lebensjahrs liegenden Zeiten“) wurde mit BGBl I 129/2011 die Bestimmung des § 53a in das Bundesbahngesetz (BBG) eingefügt. Soweit hier maßgeblich, sieht sie vor, dass für die Ermittlung des Vorrückungsstichtags die anzurechnenden Zeiten nach dem 30. Juni des Jahres, in dem neun Schuljahre absolviert wurden oder worden wären, dem Tag der Anstellung bzw Aufnahme vorangesetzt werden (Abs 1). Der für die Vorrückung in den jeweils ersten drei Gehaltsstufen erforderliche Zeitraum wird um jeweils ein Jahr verlängert (Abs 2 Z 1). Die Neufestsetzung des individuellen Vorrückungsstichtags wird nicht wirksam, wenn damit eine gehaltsmäßige Verschlechterung verbunden ist (Abs 2 Z 3). Zur Neufestsetzung des Vorrückungsstichtags haben die Bediensteten die anzurechnenden Zeiten mittels des vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellten Formulars entsprechend nachzuweisen, widrigenfalls der bisher für sie geltende Vorrückungsstichtag weiterhin wirksam bleibt (Abs 4).

Im Hinblick auf das Inkrafttreten des § 53a BBG legte die Beklagte für alle Mitarbeiter ein Formular zur Bekanntgabe bzw den Nachweis der Vordienstzeiten mit folgendem Inhalt auf:

„...

An

Ö***** GmbH

Nachweis von Zeiten zur Neufestsetzung des Vorrückungsstichtages

Name: ________________________________________

Geboren: .................... Personalnummer: ….............

Gemäß § 53a Bundesbahngesetz in der Fassung des Bundesgesetzes, BGBl. I Nr. 129/2011 ist der Vorrückungsstichtag dadurch zu ermitteln, dass anzurechnende Zeiten nach dem 30. Juni des Jahres, in dem nach der Aufnahme in die erste Schulstufe neun Schuljahre absolviert worden sind oder worden wären, dem Tag der Anstellung bzw. Aufnahme vorangesetzt werden. Aufgrund der geltenden Anrechnungsbestimmungen wurden bei der Ermittlung des Vorrückungsstichtages bereits die ab der Vollendung des 18. Lebensjahres liegenden Zeiten berücksichtigt. Für die Neufestsetzung des Vorrückungsstichtages gemäß § 53a Bundesbahngesetz sind die anzurechnenden Zeiten vor der Vollendung des 18. Lebensjahres mit dem vorliegenden Formular bekanntzugeben und entsprechend nachzuweisen.

Listen Sie bitte lückenlos sämtliche Zeiten zwischen dem 30. Juni des Jahres, in dem Sie ihr 9. Schuljahr vollendet haben und Ihrem 18. Geburtstag auf. Falls Sie in einem bestimmten Zeitraum keiner bestimmten Tätigkeit (wie etwa Schulausbildung, Dienst- oder Lehrverhältnis) nachgegangen sind, notieren Sie bitte 'keine'. Eingetragene Zeiten ‑ wie Schulausbildung, Dienst‑ oder Lehrverhältnis ‑ sind entsprechend nachzuweisen (Beigabe von Zeugnissen bzw. Bestätigungen).

Datum (von) Datum (bis) Bezeichnung der Tätigkeit

Die Neufestsetzung des Vorrückungsstichtages wird nicht wirksam, wenn damit eine gehaltsmäßige Verschlechterung gegenüber der bisherigen Festsetzung des Vorrückungsstichtages verbunden ist.

- Beilage(n)

_________________________

Datum und Unterschrift“

Es kann nicht festgestellt werden, ob alle der hier betroffenen ÖBB‑Bediensteten des Teilbetriebs „Regionalmanagement *****“ ***** in der Zwischenzeit ihre Vordienstzeiten mit dem dafür aufgelegten, oben dargestellten Formular bekannt gegeben haben.

Mit der vorliegenden Klage begehrte der Kläger gegenüber der Beklagten zuletzt die Feststellung, dass für die Mitarbeiter des Teilbetriebs des „Regionalmanagements *****“ ***** die in § 35 AVB und die in § 3 BO 1963 angeführten Zeiten, die bei der Berechnung des Vorrückungsstichtags anzurechnen seien, auch dann anzurechnen seien, wenn sie seitens des Dienstnehmers bereits vor Vollendung des 18. Lebensjahrs zurückgelegt worden seien. Sowohl § 35 AVB als auch § 3 BO 1963 würden eine gleichlautende Regelung beinhalten, wonach die vor Vollendung des 18. Lebensjahrs zurückgelegten an sich anrechenbaren Zeiten nicht zu berücksichtigen seien. Die in den jeweiligen Einzelverträgen aufgrund der Vertragsschablone enthaltene Regelung stelle, wie in der Rechtssache Hütter klargestellt worden sei, eine Diskriminierung aufgrund des Alters dar. § 53a BBG solle rückwirkend mit 1. Jänner 2004 in Kraft getreten sein. § 53a BBG sehe in Abs 4 vor, dass die anzurechnenden Vordienstzeiten für die Neufestsetzung des Vorrückungsstichtags mittels vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellten Formulars zu erfolgen habe. Für Personen, die keinen, einen nicht konkreten oder unvollständigen Nachweis erbrächten, bliebe der bisher für sie geltende Vorrückungsstichtag weiterhin wirksam. Die Beklagte habe versucht, den Gesetzgeber zu veranlassen, mit dieser Novelle die für sie negativen Entscheidungen des Landesgerichts Innsbruck bzw des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht pro forma umzusetzen. Gleichzeitig seien jedoch die Vorrückungen in den jeweils ersten drei Gehaltsstufen um jeweils ein Jahr verlängert worden, womit die positiven Auswirkungen der Anrechnung wieder vernichtet worden seien. Die Bestimmung des § 53a BBG sei ein unsachlich differenzierendes Anlassgesetz, das dem Rückwirkungsverbot widerspreche. Es liege auch eine unzulässige dynamische Verweisung auf Normen vor, die keinen Gesetzesrang genießen, weshalb eine Auslagerung von Gesetzgebungskompetenz vorliege. Die in der Kürze der Zeit verabschiedete Bestimmung des § 53a BBG sei daher verfassungswidrig. Das Gesetz sei auch europarechtswidrig und daher unbeachtlich. Die verfassungs‑ und europarechtlichen Bedenken könnten aber ohnehin dahingestellt bleiben, weil die neu geschaffene Bestimmung des § 53a BBG für die vom gegenständlichen Feststellungsverfahren umfassten Mitarbeiter keine Auswirkungen habe. Die Bestimmung sehe in Abs 4 einen Antrag des jeweils betroffenen Bediensteten vor, ohne dessen Stellung der bisher für ihn geltende Vorrückungsstichtag wirksam bliebe. Da sich der bisher geltende Vorrückungsstichtag aus der Bestimmung des § 35 AVB bzw § 3 BO 1963 ergebe und diese Bestimmungen diskriminierungsfrei anzuwenden seien, ergebe sich im gegenständlichen Verfahren durch die Novelle keine Änderung der Ausgangssituation. Mangels Antragstellung durch die einzelnen Mitarbeiter bleibe der geltende Vorrückungsstichtag weiterhin wirksam. Kein Mitarbeiter könne gezwungen werden, ins neue System zu optieren.

Die Beklagte bestritt das Klagebegehren, beantragte Klagsabweisung und wandte zunächst ein, die maßgeblichen Bestimmungen seien nicht diskriminierend. Mit Schriftsatz vom 23. März 2012 verwies sie auf die mit BGBl I Nr 129/2011 eingeführte Bestimmung des § 53a BBG. Die Änderung des Bundesbahngesetzes sei mit 27. Dezember 2011 kundgemacht worden. Mit § 53a BBG habe der Gesetzgeber die Rechtslage eindeutig derart neu geregelt, dass die bislang bestehende Grenze von 18 Jahren für die Berücksichtigung von Vordienstzeiten nicht mehr zur Anwendung gelange. Die Ausführungen des Klägers zum vermeintlichen Problem der Altersdiskriminierung seien hinfällig, da eine Nichtanrechnung von Vordienstzeiten vor dem 18. Lebensjahr von Gesetzes wegen nicht mehr vorgesehen sei. Der Feststellungsantrag beziehe sich auf einen Aspekt, der mittels Gesetzes für die Dienstnehmer der Beklagten bereits eindeutig und diskriminierungsfrei geregelt sei. Mit Inkrafttreten des § 53a BBG sei daher das Feststellungsinteresse des Klägers weggefallen. Entgegen seiner Auffassung werde in § 53a BBG gerade keine Antragstellung normiert, sondern stelle das Gesetz auf die bloße Bekanntgabe der anzurechnenden Zeiten ab. Im Hinblick auf die vorgebrachte Europarechts‑ bzw Verfassungswidrigkeit der Norm verkenne der Kläger das Wesen des Gleichbehandlungsrechts, das darauf abziele, eine Gleichstellung zu erreichen, nicht jedoch eine Besserstellung. Auch das rückwirkende Inkrafttreten führe nicht zur Verfassungswidrigkeit, zumal eine solche nur dann anzunehmen sei, wenn unverhältnismäßig in verfassungsrechtlich geschützte Rechte bzw Vertrauenspositionen eingegriffen werde, was hier nicht der Fall sei. Es liege auch keine unzulässige dynamische Verweisung auf Regelungswerke außerhalb des Normtextes vor.

Das Erstgericht wies die Klage ab. Vor Kundmachung des BGBl I Nr 129/2011, mit dem § 53a in das Bundesbahngesetz eingefügt worden sei, wäre das Feststellungsbegehren zu bejahen gewesen. Durch die Einfügung sei jedoch das Feststellungsinteresse des Klägers weggefallen.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge. Durch § 53a BBG werde den betroffenen Beschäftigten keine Optionsmöglichkeit eingeräumt. Es werde nur der Nachweis der anrechenbaren Zeiten verlangt. Danach erfolge die Neuberechnung des Vorrückungsstichtags ex lege. Es bestehe kein Zweifel, dass jedenfalls § 53a Abs 1 BPGG (wohl: BBG) zur Anwendung gelange. Ob auch § 53a Abs 2 BBG dem Unionsrecht entspreche, sei im Hinblick auf die Beschränkung des Klagebegehrens nicht zu prüfen. Es komme daher auch nicht auf die Verfassungskonformität der Bestimmung an. Der Klagsanspruch ergebe sich damit aus dem Gesetz, sodass das rechtliche Interesse weggefallen sei.

Dagegen richtet sich die außerordentliche Revision des Klägers mit dem Antrag, das Berufungsurteil im Sinne einer Klagsstattgebung abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Beklagte beantragt in der ihr freigestellten Revisionsbeantwortung, der Revision keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig und berechtigt .

1. § 53a BBG idF BGBl I Nr 129/2011 hat folgenden Wortlaut:

§ 53a. (1) Für jene Bediensteten und Ruhegenussempfänger, die bis zum 31. Dezember 2004 bei den Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) … eintreten beziehungsweise eingetreten sind und deren individueller Vorrückungsstichtag auf Grundlage von § 3 Bundesbahn-Besoldungsordnung 1963 (BO 1963) … oder § 35 der Allgemeinen Vertragsbedingungen für Dienstverträge bei den Österreichischen Bundesbahnen (AVB) berechnet wird oder berechnet worden ist, wird der individuelle Vorrückungsstichtag nach Bekanntgabe der anzurechnenden Vordienstzeiten unter Maßgabe der folgenden Bestimmungen neu ermittelt:

1. Der Vorrückungsstichtag ist dadurch zu ermitteln, dass anzurechnende Zeiten (Z 2) nach dem 30. Juni des Jahres, in dem nach der Aufnahme in die erste Schulstufe neun Schuljahre absolviert worden sind oder worden wären, dem Tag der Anstellung bzw. Aufnahme vorangesetzt werden.

2. Die anzurechnenden Zeiten ergeben sich aus den geltenden Anrechnungsbestimmungen der einschlägigen Bestimmungen der BO 1963, DILO 1954, GaO, TbO 1977 oder AVB.

(2) Im Fall der Neufestsetzung des individuellen Vorrückungsstichtages gemäß Abs. 1 gilt:

1. Der für die Vorrückung in den jeweils ersten drei Gehaltsstufen erforderliche Zeitraum wird um jeweils ein Jahr verlängert.

2. Die Vorrückung findet an dem auf die Vollendung des jeweiligen Vorrückungszeitraumes folgenden 1. Jänner statt (Vorrückungstermin).

3. Die Neufestsetzung des individuellen Vorrückungsstichtages wird nicht wirksam, wenn damit eine gehaltsmäßige Verschlechterung gegenüber der bisherigen Festsetzung des Vorrückungsstichtages verbunden ist.

(3) Dienstzeiten für die Gewährung einer Jubiläumsbelohnung …

(4) Anzurechnende Vordienstzeiten gemäß Abs. 1 sind für die Neufestsetzung des Vorrückungsstichtages von den Bediensteten und Ruhegenussempfängern mittels des vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellten Formulars entsprechend nachzuweisen. Für Personen, die keinen, einen nicht korrekten oder unvollständigen Nachweis erbringen, bleibt der bisher für sie geltende Vorrückungsstichtag weiterhin wirksam. Auf Personen, für die eine Neufestsetzung des Vorrückungsstichtages gemäß Abs. 2 Z 3 nicht wirksam wird, ist hinsichtlich der Gewährung einer Jubiläumsbelohnung Abs. 3 anzuwenden.

(5) Für Gehaltsansprüche, die sich aus der Neufestsetzung des Vorrückungsstichtages ergeben, ist der Zeitraum vom 18. Juni 2009 bis zum Tag der Kundmachung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 129/2011 nicht auf die dreijährige Verjährungsfrist anzurechnen.

Die Bestimmung erfordert folglich eine Mitwirkung des Mitarbeiters: Weist er der Beklagten die für die Neufestsetzung des Vorrückungsstichtags anzurechnenden Vordienstzeiten nicht entsprechend nach, so bleibt für ihn gemäß Abs 4 der bisher für ihn geltende ‑ altersdiskriminierende ‑ Vorrückungsstichtag wirksam.

2. Aufgrund der außerordentlichen Revision des Klägers unterbrach der Oberste Gerichtshof mit Beschluss vom 27. September 2013, 9 ObA 112/13f, das Verfahren bis zur Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union über den vom Obersten Gerichtshof mit Beschluss vom 27. Juni 2013, 8 ObA 20/13v, gestellten Antrag auf Vorabentscheidung, der ebenfalls die Auslegung und Anwendung des § 53a BBG betraf.

3. Die dort gestellten Fragen wurden vom Europäischen Gerichtshof mit Urteil vom 28. Jänner 2015, C‑417/13, wie folgt beantwortet:

„1) Das Unionsrecht ‑ insbesondere Art 2 und Art 6 Abs 1 der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf ‑ ist dahin auszulegen, dass es einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren fraglichen entgegensteht, die zur Beseitigung einer Altersdiskriminierung die vor dem vollendeten 18. Lebensjahr zurückgelegten Vordienstzeiten berücksichtigt, aber zugleich eine tatsächlich nur für Bedienstete, die Opfer dieser Diskriminierung sind, geltende Bestimmung enthält, die den für die Vorrückung in den jeweils ersten drei Gehaltsstufen erforderlichen Zeitraum um jeweils ein Jahr verlängert und damit eine Ungleichbehandlung wegen des Alters endgültig festschreibt.

2) Das Unionsrecht ‑ insbesondere Art 16 der Richtlinie 2000/78 ‑ ist dahin auszulegen, dass eine nationale Regelung, mit der eine Altersdiskriminierung beseitigt werden soll, es einem Bediensteten, dessen vor der Vollendung des 18. Lebensjahrs zurückgelegte Vordienstzeiten bei der Berechnung seiner Vorrückung nicht berücksichtigt worden sind, nicht zwingend ermöglichen muss, einen finanziellen Ausgleich zu erhalten, der der Differenz zwischen dem Entgelt entspricht, das er ohne die Diskriminierung erhalten hätte, und dem Entgelt, das er tatsächlich erhalten hat. Gleichwohl bedeutet die Herstellung der Gleichbehandlung in einem Fall wie dem des Ausgangsverfahrens, solange kein System zur Beseitigung der Diskriminierung wegen des Alters in einer mit der Richtlinie 2000/78 in Einklang stehenden Art und Weise eingeführt worden ist, dass den Bediensteten, die ihre Berufserfahrung, sei es auch nur teilweise, vor der Vollendung des 18. Lebensjahrs erworben haben, hinsichtlich der Berücksichtigung der vor der Vollendung des 18. Lebensjahrs zurückgelegten Vordienstzeiten, aber auch hinsichtlich der Vorrückung in der Gehaltstabelle dieselben Vorteile zu gewähren sind, wie sie den Bediensteten, die nach der Vollendung des 18. Lebensjahrs eine gleichartige Berufserfahrung in vergleichbarem zeitlichem Umfang erworben haben, zuteil geworden sind.

3) Das Unionsrecht ‑ insbesondere Art 16 der Richtlinie 2000/78 ‑ ist dahin auszulegen, dass es den nationalen Gesetzgeber nicht daran hindert, für die Berücksichtigung der vor der Vollendung des 18. Lebensjahrs zurückgelegten Vordienstzeiten eine Mitwirkungsobliegenheit zu begründen, aufgrund deren der Bedienstete diese Zeiten gegenüber seinem Arbeitgeber nachzuweisen hat. Es stellt indessen keinen Rechtsmissbrauch dar, wenn ein Bediensteter die Mitwirkung bei der Anwendung einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden verweigert, die eine gegen die Richtlinie 2000/78 verstoßende Diskriminierung wegen des Alters beinhaltet, und wenn er auf Zahlung eines Geldbetrags zur Herstellung der Gleichbehandlung mit den Bediensteten klagt, die nach der Vollendung des 18. Lebensjahrs eine gleichartige Berufserfahrung in vergleichbarem zeitlichem Umfang erworben haben.

4) Der Grundsatz der Effektivität ist dahin auszulegen, dass er es in einem Fall wie dem des Ausgangsverfahrens nicht verbietet, dass eine im nationalen Recht bestimmte Frist für die Verjährung von im Unionsrecht begründeten Ansprüchen vor dem Tag der Verkündung eines Urteils des Gerichtshofs, das die Rechtslage auf dem betreffenden Gebiet klärt, zu laufen beginnt.“

4. Wie bereits in der Entscheidung 8 ObA 11/15y ausgeführt, steht aufgrund dieser Vorabentscheidung fest, „dass die Verlängerung des Vorrückungszeitraums nach § 53a Abs 2 Z 1 BB‑G nur die vom früheren System benachteiligte Gruppe der Bediensteten betrifft, die ihre Berufserfahrung (ganz oder teilweise) vor Vollendung des 18. Lebensjahrs erworben haben. Der Gesetzgeber hat damit eine Bestimmung eingeführt, nach der die vom früheren System benachteiligten Bediensteten und die von diesem System begünstigten Bediensteten in Bezug auf ihre Einstufung in das Gehaltsschema und das entsprechende Gehalt weiterhin unterschiedlich behandelt werden. Diese Regelung begründet weiterhin eine unmittelbar auf dem Alter beruhende Ungleichbehandlung, die nicht gerechtfertigt ist.

Da (solange) kein System zur Beseitigung der Diskriminierung wegen des Alters eingeführt wurde, bleibt das für die vom früheren System begünstigten Bediensteten geltende System das einzig gültige Bezugssystem auch für die benachteiligte Gruppe“.

5. Nichts anderes kann im vorliegenden Fall gelten. Die Beklagte kann sich auch nicht mehr darauf berufen, dass den Bedenken des Klägers zumindest mit der Bestimmung des § 53a Abs 1 BBG Rechnung getragen worden sei, entspricht es doch offenkundig weder dem Normwillen, noch dem bis zuletzt in erster Instanz aufrecht erhaltenen Prozessstandpunkt der Beklagten (s etwa ON 11), § 53a Abs 1 BBG ohne die Durchführungsregelungen der folgenden Absätze anzuwenden. Auch die zitierte Entscheidung des EuGH spricht von der Schaffung eines erforderlichen „Systems“ zur Beseitigung der Altersdiskriminierung. Da eine isolierte Anwendung des § 53a Abs 1 BBG danach nicht in Betracht kommt, gilt auch im vorliegenden Fall, dass das für die vom früheren System begünstigten Bediensteten geltende System das einzig gültige Bezugssystem auch für die benachteiligten Mitarbeiter ist. Dieses erlaubt allerdings keine Bedachtnahme auf die als altersdiskriminierend erkannte Altersgrenze mehr.

6. Das Feststellungsinteresse des Klägers besteht weiterhin, weil sich die Beklagte zu Unrecht darauf beruft, dass der altersdiskriminierende Zustand bereits mit der Einführung des § 53a BBG beseitigt worden sei.

Da sich die Klage danach schon aus diesem Grund als berechtigt erweist, kommt es auf die verfassungsrechtlichen Bedenken des Klägers nicht mehr an.

Der Revision war daher Folge zu geben. Die Entscheidungen der Vorinstanzen waren im Sinn einer Klagsstattgebung abzuändern.

Die Kostenentscheidung beruht hinsichtlich des erstgerichtlichen Verfahrens auf § 41 ZPO, hinsichtlich der Rechtsmittelverfahren auf den §§ 41, 50 ZPO.

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