OGH 9ObA144/19w

OGH9ObA144/19w26.2.2020

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Fichtenau und den Hofrat des Obersten Gerichtshof Dr. Hargassner sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Peter Zeitler (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Angela Taschek (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei C***** M*****, vertreten durch Dr. Herbert Holzinger, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei K***** GmbH, *****, vertreten durch Lansky, Ganzger & Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen 5.643,04 EUR brutto sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei (Revisionsinteresse: 5.533,98 EUR) gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 26. September 2019, GZ 7 Ra 49/19f‑15, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2020:009OBA00144.19W.0226.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Austrittserklärungen können auch konkludent (§ 863 ABGB) erfolgen. Es muss sich jedoch um ein Verhalten handeln, das unter Berücksichtigung aller Umstände keinen vernünftigen Grund übrig lässt, an der auf die vorzeitige Auflösung des Arbeitsverhältnisses aus wichtigen Gründen gerichteten Absicht zu zweifeln (RS0014490; RS0014496). Dabei ist der objektive Erklärungswert maßgeblich (8 ObA 15/05x mwN). Wegen der besonderen Rechtsfolgen, die damit verbunden sind, ist an das konkludente Verhalten der Vertragsparteien ein strenger Maßstab anzulegen, weil die Gefahr besteht, dass dem Handelnden Äußerungen unterstellt werden, die nicht in seinem Sinn sind (RS0014490 [T2, T8]).

Es entspricht der ständigen Judikatur, dass das bloße Nichterscheinen am Arbeitsplatz für sich allein noch nicht den Schluss rechtfertigt, dass der Arbeitnehmer vorzeitig ausgetreten ist. Es müssen noch weitere Umstände hinzutreten, aus denen eine solche Absicht des Arbeitnehmers erschlossen werden kann (RS0028657 [T3]).

Die Beurteilung einer konkludenten Willenserklärung kann nur anhand der konkreten Umstände des Einzelfalles erfolgen und stellt daher regelmäßig keine zur Rechtsfortentwicklung und Rechtsvereinheitlichung wesentliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO dar (9 ObA 75/06d).

Die im angefochtenen Urteil vertretene Rechtsauffassung, dass die Umstände, dass der Kläger am 25. 6. 2018 jedenfalls bis 10.00 Uhr auf der Baustelle der Beklagten gearbeitet und der Beklagten am Morgen des darauffolgenden Tages mitgeteilt habe, dass er ab sofort in Krankenstand sei (dies war der Kläger dann auch tatsächlich bis mindestens 21. 9. 2018), gegen die Annahme eines konkludenten vorzeitigen Austritt des Klägers sprechen, entspricht den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen zur Beurteilung der Frage einer konkludenten Austrittserklärung.

Besondere Umstände im Zusammenhang mit dem Verlassen des Arbeitsplatzes, aufgrund derer die Beklagte dennoch annehmen hätte dürfen, dass der Kläger sein Arbeitsverhältnis vorzeitig beenden wollte, werden in der außerordentlichen Revision der Beklagten nicht dargetan. Selbst wenn die Beklagte den Kläger schon in der Vergangenheit wiederholt auf der Baustelle nicht angetroffen hätte, spräche dieser Umstand nicht zweifelsfrei für die Annahme eines Beendigungswillens des Klägers, ist doch der Kläger danach dennoch immer wieder zur Arbeit erschienen. Dass der Kläger seinen Arbeitsplatz ohne jede Nachricht für mehrere Tage verlassen hätte und in dieser Zeit für die Beklagte auch (telefonisch) nicht erreichbar gewesen wäre, wurde vom Erstgericht nicht festgestellt.

Mangels einer Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO ist die außerordentliche Revision der Beklagten zurückzuweisen.

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