OGH 9ObA122/99b

OGH9ObA122/99b16.6.1999

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer und Dr. Spenling sowie die fachkundigen Laienrichter OSR Dr. Franz Zörner und DDr. Wolfgang Massl als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Ing. Franz A*****, Vertragsbediensteter, *****, vertreten durch Moringer & Moser, Rechtsanwälte OEG in Linz, wider die beklagte Partei Landeshauptstadt Linz, 4010 Linz, Hauptplatz 1, vertreten durch Dr. Manfred Harrer, Rechtsanwalt in Linz, wegen Feststellung, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 11. Februar 1999, GZ 11 Ra 18/99t-13, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Linz als Arbeits- und Sozialgericht vom 19. November 1998, GZ 7 Cga 115/98m-8, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 22.590,- bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 3.765,- Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Das Dienstverhältnis des Klägers wurde von der Beklagten mit Schreiben vom 15. 1. 1998, dem Kläger zugestellt am 16. 1. 1998, gemäß § 28 Abs 2 lit d (gemeint offenbar: lit b) der Vertragsbedienstetenordnung der Stadt Linz (in der Folge: VBO) aufgekündigt. In diesem Schreiben vertrat die Beklagte den Standpunkt, daß sie zur Kündigung iS der zitierten Bestimmung berechtigt sei, weil oftmalige und langdauernde Krankenstände des Klägers zeigten, daß dieser körperlich für eine entsprechende Verwendung ungeeignet sei.

Rechtliche Beurteilung

Aufgrund eines Antrages des Klägers vom 13. 1. 1998 stellte das Bundessozialamt mit Bescheid vom 31. 3. 1998, rechtskräftig seit 3. 6. 1998, fest daß der Kläger ab 14. 1. 1998 dem Kreis der begünstigten Behinderten angehört.

Das Berufungsgericht vertrat die Rechtsauffassung, daß dem Kläger bereits zum Zeitpunkt der Kündigung Kündigungsschutz nach dem BEinstG zukomme, weil dieser Kündigungsschutz bereits mit dem im Bescheid des Bundessozialamtes genannten Zeitpunkt eintrete. Daß dem Arbeitgeber die bescheidmäßige Feststellung erst nach dem Ausspruch der Kündigung bekanntgegeben worden sei, ändere daran nichts; die Kündigung sei daher unwirksam. Diese Rechtsauffassung ist zutreffend (Arb 10584; SZ 66/169; RIS-Justiz RS0077690), sodaß es ausreicht, auf die Richtigkeit der Begründung der angefochtenen Entscheidung zu verweisen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Ergänzend ist den Revisionsausführungen zu erwidern:

Die Revisionswerberin beharrt darauf, daß der Kündigungsschutz des § 8 Abs 2 BEinstG nicht zum Tragen komme, weil die von ihr ausgesprochene Kündigung inhaltlich als vorzeitige Auflösung des Dienstverhältnisses aus wichtigem Grund anzusehen sei, zumal darin auf einen eine solche Auflösung rechtfertigenden wichtigen Grund hingewiesen worden sei. Diese Auffassung ist schon deshalb unzutreffend, weil es bei Vorliegen eines Grundes zur vorzeitigen Auflösung im freien Willen des Arbeitgebers liegt, ob er von diesem Grund Gebrauch macht oder nicht; demgemäß steht es ihm auch frei, von einer vorzeitigen Auflösung Abstand zu nehmen und statt dessen eine Kündigung auszusprechen. Nach völlig einhelliger Rechtsprechung liegt in solchen Fällen in der in Kenntnis des Entlassungsgrundes ausgesprochenen Kündigung ein Verzicht des Arbeitgebers auf das Recht, das Dienstverhältnis aus dem ihm bekannten Grund durch Entlassung zu beenden (ZAS 1992/24; RIS-Justiz RS0029226; zuletzt 9 ObA 294/98w). Entgegen der Meinung der Revisionswerberin kann das gerade im vorliegenden Fall nicht zweifelhaft sein, zumal sie sich - wie ihrem Schreiben vom 15. 1. 1998 zu entnehmen ist - ausdrücklich und unter Nennung eines in der VBO genannten Kündigungsgrundes festgelegt hat, das Dienstverhältnis durch Kündigung zu beenden. Dieser Kündigung kann daher iS der dargestellten Rechtslage nicht die Wirkung einer Entlassung zukommen; sie bedurfte somit zu ihrer Wirksamkeit der Zustimmung des Behindertenausschusses. Der Einwand, die Dienstunfähigkeit des Klägers sei ein Dauertatbestand, sodaß jederzeit eine Entlassung ausgesprochen werden könnte, ist nicht geeignet, diese Beurteilung in Frage zu stellen. Auf die Ausführungen des Berufungsgerichtes, wonach die Beklagte aus dem von ihr genannten Grund das Dienstverhältnis gar nicht vorzeitig hätte auflösen können (vgl dazu die zur Wiener Vertragsbedienstetenordnung ergangene Entscheidung 9 ObA 12/99a), braucht daher gar nicht mehr eingegangen zu werden.

Die Meinung der Revisionswerberin, im Hinblick auf den durch die VBO gewährten Kündigungsschutz sei § 8 Abs 2 BEinstG nicht anwendbar, ist - wie schon das Berufungsgericht ausführte - unzutreffend. Dazu und zum ebenfalls schon von der zweiten Instanz widerlegten Einwand, die Anwendung des § 8 Abs 2 BEinstG sei hier verfassungswidrig, kann ebenfalls auf die zutreffenden Ausführungen des Berufungsgerichtes verwiesen werden.

Die erstmals in der Revision aufgestellte Behauptung einer "Inländerdiskriminierung iSd Bestimmungen des EGV" wurde mit keinem Wort begründet und ist daher nicht zu beachten.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.

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