European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:009OBA00109.14S.1218.000
Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben und die Arbeitsrechtssache wird zur ergänzenden Erörterung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Begründung
Die Klägerin wurde mit 1. 9. 2000 als „Ground Hostess“ bei der Fluggesellschaft angestellt. Es kam der Kollektivvertrag für das kaufmännisch‑technische Personal und das Bordpersonal von Tyrolean Airways zur Anwendung. Sie arbeitete zunächst in den Bereichen „Gate“, „Check in“ und „Lost & Found“. Im Laufe der Zeit übernahm sie aber weitere Aufgaben, so ab 2001 die Sparte „Layover price“ bei der sie bei Flugzeugverspätungen für die Fluggäste Hotels suchen und Preise verhandeln musste. Ab 2002 arbeitete sie auch in der Kostenkontrolle für Taxi‑, Koffer‑ und Hotelabrechnungen. Dazu kam dann noch der Bereich „Pro Rating“, in dem sie kontrollieren musste, inwieweit es durch Verzögerung oder Ausfälle anderer Fluglinien zu Kosten für ihre Fluglinie gekommen war, die weiter verrechnet werden können.
2002/2003 übernahm sie auch den Bereich der Einschulung für das gesamte Bodenpersonal an diesem Flughafen für die Bereiche, in denen sie selbst eingeschult war. Sie erstellte das Einschulungsmaterial, gestaltete die Abschlusstests und auch die Bewertungssysteme selbständig. 2007 wurde dann der Trainingsteil für alle Flughäfen vereinheitlicht und das entsprechende Manual von der Klägerin verfertigt, ebenso wie die Tests.
2009 wurde die Klägerin auch noch für den Bereich der Kommunikation zwischen Flugpersonal und Flugzeug (Betanken und Beladen des Flugzeugs) eingeschult, ohne jedoch die Lizenz für diese Aufgabe zu erhalten. In diesem Jahr übernahm sie auch die gesamten Trainingsabläufe für diesen Bereich. Gemeinsam mit den Trainern aus anderen Bundesländern erarbeitete sie einen Katalog von 394 Fragen, aus denen dann jeweils 20 Fragen für einen Test ausgewählt wurden.
2010 kamen zum Aufgabenbereich der Klägerin noch die Mitarbeiterfeedbackgespräche dazu, bei denen sie auch Zielvereinbarungen traf.
Ab 2011 nahm die Klägerin bei den regelmäßig stattfindenden Treffen der vier Supervisoren und des Stationsmanagers gleichberechtigt teil und war auch zeichnungsberechtigt.
Insgesamt verwendete die Klägerin etwa 70 % ihrer Gesamtarbeitszeit für die Bereiche Check in, Gate und Lost & Found und 30 % für die Zusatztätigkeiten (Mitarbeiterschulungen, Kostenkontrolle, Mitarbeiterfeedback etc). Nach der internen Dienstbezeichnung war zwar eine andere Mitarbeiterin als „Supervisor“ Vorgesetzte der Klägerin, faktisch und vereinbarungsgemäß nahm aber auch die Klägerin in vielen Fragen die Stellung einer Teamleiterin im Passagierdienst ein und war deren Stellvertreterin.
Insgesamt umfasste das Bodenpersonal zuletzt 20 Mitarbeiter, davon einen Stationsmanager und fünf sogenannte Supervisoren, zu denen allerdings die Klägerin nicht gehörte, da das vorgesehene Kontingent ausgeschöpft war. Ab 1. 1. 2007 wurde die Klägerin in die Verwendungsgruppe 5 im dritten Jahr eingereiht. Die anderen Mitarbeiter, außer den Supervisoren, die ebenfalls in die Verwendungsgruppe 5 allerdings mit Supervisorenzulage oder in die Verwendungsgruppe 6 eingereiht waren, waren in den Verwendungsgruppen 3 und 4 eingestuft.
Mit 1. 5. 2012 kam es zu einem Teilbetriebsübergang von der Fluggesellschaft auf die beklagte Flughafengesellschaft und zu einem Kollektivvertragswechsel zum Kollektivvertrag für die Angestellten der öffentlichen Flughäfen in Österreich. Ab diesem Zeitpunkt wurde die Klägerin von der Beklagten in die Verwendungsgruppe III A bei neun Verwendungsgruppenjahren in diesem Kollektivvertrag eingestuft.
Beim Teilbetriebsübergang wurde der flughafenbezogene Teil der Fluggesellschaft mit der Flughafengesellschaft zusammengeführt. Es wurde eine neue Organisation geschaffen mit einem Teamleiter und vier Teamleiter‑Assistenzstellen. Die vier Teamleiter‑Assistenten sind für die Bereiche Ticket‑Verkauf/Reservierung, Star Alliance, alle Fremd‑Airlines außer Star Alliance und Training‑ und Passagierdienst verantwortlich. Nachdem sämtliche Führungspositionen im Zuge des Betriebsübergangs vorweg entzogen und neu ausgeschrieben wurden, hat sich die Klägerin gar nicht um eine Teamleiter‑Assistenzstelle beworben, da sie damals ein anderes Jobangebot im Auge hatte und eine einvernehmliche Auflösung anstrebte. Ob sie diese Stelle überhaupt bekommen hätte, konnte nicht festgestellt werden.
Nach dem Betriebsübergang arbeitete die Klägerin ausschließlich im Bereich Check in, Gate und Lost & Found. Gelegentlich macht sie auch noch freiwillig Schulungsmaßnahmen, für die jedoch grundsätzlich der Teamleiter zuständig ist.
Bei einer Ausschreibung einer Teamleiter-Assistenzstelle im April 2013 kam die Klägerin nicht zum Zug.
Die Einstufung der übernommenen Mitarbeiter nahm die Beklagte nach den allgemeinen Tätigkeitsmerkmalen bei den Verwendungsgruppen im Flughafen‑KV vor. Die Mitarbeiter ohne Führungsaufgaben wurden in die Verwendungsgruppe III A eingestuft, wenn sie mindestens zwei Jahre im Unternehmen waren. Bei der Einstufung in die Verwendungsgruppenjahre orientierte sich die Beklagte am letzten Gehalt und nahm sie dort vor, wo im Verhältnis dazu ein geringfügiger Überbezug entstand. Die früheren Supervisoren wurden auch dann in die Verwendungsgruppe IV für Teamleiter‑Assistenzstellen eingestuft, wenn sie diese nicht bekamen.
Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin der Höhe nach unstrittig die Differenz zur Einstufung in die Verwendungsgruppe IV A mit acht bzw ab Jänner 2013 neun Verwendungsgruppenjahren. Sie stützt sich darauf, dass die Arbeitsbedingungen nach § 3 Abs 3 AVRAG aufrecht zu bleiben hätten. Dies umfasse auch die festgelegten Tätigkeitsbereiche. Auch durch einen Kollektivvertragswechsel dürfe eine individualrechtliche Rechtsposition des Arbeitnehmers nicht verschlechtert werden. Dazu zählten auch die Verwendungsgruppenjahre. Die Klägerin habe im Zeitpunkt des Betriebsübergangs weiter die Sachbereiche selbständig ausgeführt und dazu spezielle Fachkenntnisse und praktische Erfahrungen benötigt. Dem entspreche aber die von der Beklagten vorgenommene Einstufung nicht.
Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete zusammengefasst ein, dass sich das Gehalt der Klägerin durch den Kollektivvertragswechsel nicht verschlechtert, sondern sogar erhöht habe. Unter Heranziehung des bisherigen Arbeitsbereichs sei die Klägerin in der Verwendungsgruppe III A einzustufen. Die Klägerin habe keinen Rechtsanspruch auf eine Höherstufung im nunmehr anzuwendenden Flughafen‑KV. Selbst bei einer Einstufung in die Verwendungsgruppe IV A hätte sie keinen höheren Entgeltanspruch, da der Kollektivvertrag keine Anrechnung von Vordienstzeiten vorsehe und die Klägerin daher nur im ersten Verwendungsgruppenjahr einzustufen wäre.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren im Umfang von 223,63 EUR brutto sA statt, wies aber im Übrigen, also mit 6.137,15 EUR brutto sA, die Klage ab. Es ging dabei rechtlich zusammengefasst davon aus, dass die Heranziehung von Vordienstjahren für die kollektivvertragliche Einstufung nur soweit geboten sei, um das gleiche Gehaltsniveau zu erhalten. Der Tätigkeitsbereich der Klägerin entspringe einer vertraglichen Vereinbarung und binde auch den Übernehmer. Die Klägerin habe vereinbarungsgemäß die Funktion eines Teamleiters im Passagierdienst innegehabt. Diese zuletzt ausgeübte Tätigkeit sei nach dem Flughafen‑KV einzuordnen, wobei die Dienstjahre aber nur in dem Ausmaß heranzuziehen seien, wie dies erforderlich sei, um das gleiche Gehaltsniveau zu erreichen. Da jede Änderung der Tätigkeit, die zu einer niedrigeren Einstufung nach dem KV führe, dem Versetzungsschutz unterliege, sei nicht zu berücksichtigen, ob die Klägerin aufgrund der faktischen Reduktion ihrer Tätigkeit ihre Teamleiterposition verloren habe. Eine vertragliche Höherstufung im Veräußerer‑KV, die allenfalls als vertragliche Rechtsposition zu berücksichtigen wäre, liege aber nicht vor.
Nach der Verwendungsgruppenbeschreibung im Erwerber‑Flughafen‑KV falle die Tätigkeit der Klägerin zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs in die Verwendungsgruppe IV A (Dienstnehmer, die Arbeiten in erweiterten Fachbereichen selbständig ausführen, wozu spezielle Fachkenntnisse und praktische Erfahrungen erforderlich sind). Sei doch die Klägerin im Zeitpunkt des Übergangs auch für Trainings‑ und Schulungsbereiche sowie für die Führung der Mitarbeiterfeedbackgespräche zuständig gewesen, auch wenn sie nicht die Funktionsbezeichnung „Supervisor“ gehabt habe. Die Dienstjahre seien aber nur soweit zu berücksichtigen, als dies nicht zu einem höherem Gehalt als vor dem Übergang führe. Dem entspreche eine Einstufung im vierten bzw ab 2013 im fünften Verwendungsgruppenjahr.
Das Berufungsgericht verwarf die gegen den abweisenden Teil des Urteils erhobene Berufung der Klägerin, gab aber der Berufung der Beklagten Folge und änderte das Urteil im zur Gänze klagsabweisenden Sinne ab. Das Berufungsgericht ging zusammengefasst davon aus, dass die Feststellung, dass die Klägerin vereinbarungsgemäß die Stellung einer Teamleiterin im Passagierdienst gehabt habe, ohnehin nur vor dem Hintergrund der konkreten Feststellungen zur Aufgabenverteilung zwischen der Klägerin und der Supervisorin beurteilt werden könne. Im Dienstzeugnis werde festgehalten, dass die Klägerin Teamleiterin im Passagierdienst gewesen sei. Im Ergebnis sei nicht entscheidend, welche Funktionsbezeichnung die Klägerin („Supervisor“) gehabt habe. Für die Einstufung im Flughafen‑KV sei maßgeblich, dass sie einen erweiterten Fachbereich selbständig ausführte, wofür sie spezielle Fachkenntnisse und praktische Erfahrungen benötigte (Verwendungsgruppe IV A). Dem habe der Aufgabenbereich der Klägerin vor dem Betriebsübergang entsprochen. Die Klägerin habe inhaltlich die gleiche Entscheidungsgewalt wie eine Supervisorin gehabt. Ob die Versetzung im Rahmen des bestehenden Dienstvertrags bzw aufgrund einer konkludenten Zustimmung der Klägerin möglich sei, könne dahingestellt bleiben, weil ohnehin kein Anspruch auf Anrechnung der bei der Luftfahrtgesellschaft zurückgelegten Dienstzeiten bestehe. Im ersten Verwendungsgruppenjahr stehe aber der Klägerin jedenfalls ein geringerer Anspruch zu. Daher könne die Klägerin nur ihren alten „eingefrorenen“ Kollektivvertragsanspruch nach dem Veräußerer‑KV, also den Tyrolean Kollektivvertrag geltend machen, der der Klägerin ohnehin zugestanden worden sei. Entgegen der Ansicht des Erstgerichts habe auch keine Berücksichtigung von vier Verwendungsgruppenjahren und einer dieser entsprechenden Gehaltsdifferenz zu erfolgen. Es komme zu einer vollständigen Ablöse des früheren Veräußerer‑Luftfahrt Tyrolean Kollektivvertrags durch den Erwerber‑Flughafen‑KV. Die bei der Luftfahrtgesellschaft zurückgelegten Dienstzeiten seien auch nicht als individualrechtliche Ansprüche einzustufen. Gegenteiliges könne auch nicht aus den Entscheidungen des EuGH etwa in der Rechtssache Scattolon abgeleitet werden.
Die ordentliche Revision an den Obersten Gerichtshof ließ das Berufungsgericht zu, weil eine Rechtsprechung zur Frage, inwieweit die beim Veräußerer zurückgelegten Dienstzeiten für die Einstufung in den Erwerber‑KV zu berücksichtigen seien, nicht vorliege.
Rechtliche Beurteilung
Die gegen dieses Urteil erhobene Revision der Klägerin ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig und im Ergebnis auch im Sinne des Aufhebungsantrags berechtigt.
I. Fasst man den wesentlichen Sachverhalt zusammen, so wurde hier aus einer Fluggesellschaft, auf die ein Luftfahrt‑KV zur Anwendung kam, das Bodenpersonal ausgegliedert und in eine Flughafengesellschaft, auf die der Flughafen‑KV zur Anwendung kommt, integriert. Im Zuge dieser Veränderungen wurde auch der „Betrieb“ völlig umstrukturiert und die Tätigkeit der Klägerin massiv verändert.
II.1. Beurteilt man nun vorweg die strittige Frage der Einstufung in den Erwerber‑KV allein nach den einschlägigen Bestimmungen des AVRAG, so ist hervorzuheben, dass nach § 3 Abs 1 der „Erwerber“ mit allen Rechten und Pflichten in die im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnisse eintritt. Nach § 3 Abs 3 AVRAG bleiben die Arbeitsbedingungen grundsätzlich aufrecht, soweit sich hier nicht aus den Bestimmungen über den Wechsel der Kollektivvertragsangehörigkeit nach § 4 AVRAG anderes ergibt. Nach § 4 Abs 1 AVRAG gelten die in einem Kollektivvertrag vereinbarten Arbeitsbedingungen aber unter anderem nur bis zur Anwendung eines anderen Kollektivvertrags. Ergänzend sieht allerdings § 4 Abs 2 AVRAG vor, dass durch den Wechsel der Kollektivvertragsangehörigkeit infolge des Betriebsübergangs das dem Arbeitnehmer vor Betriebsübergang für die regelmäßige Arbeitsleistung in der Normalarbeitszeit gebührende kollektivvertragliche Entgelt nicht geschmälert werden darf.
II.2. Der Oberste Gerichtshof hat nun bereits geklärt, dass im Falle eines Kollektivvertragswechsels kraft Betriebsübergangs eine vollständige Ablösung des Veräußerer‑KV durch den Erwerber‑KV eintritt (RIS‑Justiz RS0120297 [T3, T4 jeweils mwN]). Das bedeutet also, dass nach dem Betriebsübergang als Kollektivvertrag ausschließlich der Erwerber‑KV, hier also der Flughafen‑KV zur Anwendung kommt. Dabei wurde auch bereits klargestellt, dass für allfällige Biennalsprünge nicht mehr der Veräußerer‑KV, sondern nur der Erwerber‑KV als Kollektivvertrag, der ein „normatives Entgelt“ schafft, wirkt (9 ObA 97/95; 9 ObA 115/03g ua). § 4 Abs 2 Satz 1 AVRAG über den weiteren Anspruch des Arbeitnehmers auf das für die regelmäßige Arbeitsleistung in der Normalarbeitszeit gebührende kollektivvertragliche Entgelt nach dem früheren Veräußerer‑KV bedeutet nur die statische Festlegung einer Untergrenze durch eine eigene gesetzliche Anordnung . Das „kollektivvertragliche“ Entgelt bestimmt sich aber ausschließlich nach dem Erwerber‑KV hier also dem Flughafen‑KV.
II.3. Ausgehend davon stellt sich nun die Frage, wie die beim früheren Arbeitgeber‑Veräußerer verbrachten Dienstzeiten zu beurteilen sind. Dazu kann auf die bereits dargelegte Anordnung des § 3 Abs 1 AVRAG verwiesen werden, wonach der neue Arbeitgeber mit allen Rechten und Pflichten in die zum Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnisse eintritt. Die beim Veräußerer verbrachten Dienstzeiten sind also so zu beurteilen, wie wenn sie beim neuen Arbeitgeber verbracht worden wären.
II.4. Dieses Ergebnis entspricht auch der Rechtsprechung zu den Abfertigungsansprüchen, wonach die beim früheren Arbeitgeber zurückgelegten Dienstzeiten dem neuen Arbeitgeber zuzurechnen sind und für den Erwerb der Abfertigung maßgeblich sind (RIS‑Justiz RS0121661 [T5]; 2 Ob 16/09f). Dafür spricht aber auch, dass § 6 AVRAG über die Haftung des Betriebserwerbers und des Betriebsveräußerers dahin verstanden wurde, dass die Regelungen des § 6 AVRAG nur soweit gelten soll, als nicht ohnehin nach § 3 Abs 1 AVRAG wegen des „Eintritts“ des Erwerbers in das Arbeitsverhältnis von einer umfassenden Haftung auszugehen ist (RIS‑Justiz RS0112978).
II.5. Im Ergebnis ist also davon auszugehen, dass es sich bei dem übergegangenen Arbeitsverhältnis schon immer um ein solches des Arbeitnehmers zum Erwerber gehandelt hat und dementsprechend eine „Anrechnung“ der früheren Dienstzeiten gar nicht erforderlich ist, weil sie als solche Dienstzeiten zum Erwerber sind.
III.1. Gegen dieses Auslegungsergebnis sprechen auch keine Überlegungen aus der nach dem Grundsatz der richtlinenkonformen Interpretation (RIS‑Justiz RS0075866) maßgeblichen Betriebsübergangsrichtlinie 2001/23/EG. Sieht doch auch Art 3 Abs 1 der Richtlinie vor, dass die Rechte und Pflichten des Veräußerers aus einem zum Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsvertrags oder Arbeitsverhältnisses auf den Erwerber übergehen, geht also insoweit von einer Kontinuität des Arbeitsverhältnisses aus (vgl auch EuGH C‑499/04, Werhof , Slg 2006, I‑2413 Rn 25 f; EuGH C-343/98 , Collino und Chiappero Slg 2000, I‑6691 Rn 49; EuGH C‑305/94 Rotsart de Hertaing Slg 1996, 5931 Rn 16 ff). Daran ändert auch der Umstand nichts, dass durch den Erwerber‑KV Veränderungen und auch Verschlechterungen eintreten können (EuGH C‑425/02, Delahaye , Slg 2004 I‑10823 Rn 31 ff; EuGH C‑396/07, Juuri Slg 2008 I‑8883 Rn 31 ff oder C‑108/10, Scattolon , Rn 72 ff). Einerseits hat der EuGH gerade zuletzt betont, dass die Regelungen der Richtlinie nur eine teilweise Harmonisierung der im Fall eines Unternehmensübergangs geltenden Regelungen vorsehen, aber kein einheitliches Schutzniveau schaffen, grundsätzlich aber darauf abzielen zu verhindern, dass sich die Lage der Arbeitnehmer allein aufgrund des Übergangs verschlechtert (EuGH Rs C‑108/10 Rn 75 aber auch EuGH C‑328/13 Österreichischer Gewerkschaftsbund Rn 22 und 27). Andererseits besteht ein Ziel laut Auslegung aber auch darin, dass der Erwerber in der Lage sein muss, die für die Fortsetzung seiner Tätigkeit erforderlichen Anpassungen vorzunehmen (EuGH C-328/13 , Österreichischer Gewerkschaftsbund , Rn 29; EuGH C 426/11 , Alemo Herron Rn 25).
III.2. Vor dem Hintergrund des österreichischen Kollektivvertragssystems, das im Wesentlichen darauf abzielt für die jeweiligen Branchen angemessene Mindestentgelte festzulegen (vgl etwa zuletzt 8 ObA 40/12h), passt sich die gewählte Auslegung genau in diese vom EuGH vorgegebenen Zielrichtungen ein. Einerseits wird der frühere Mindeststandard durch die spezifische gesetzliche Festlegung der Untergrenze des Entgelts nach § 4 Abs 2 erster Satz AVRAG gesichert. Andererseits ist die Eingliederung in den neuen Erwerber‑KV und die sich in diesem jeweils widerspiegelnde wirtschaftliche Situation dieser Branche unter Berücksichtigung aller Dienstzeiten und das der neuen Branche angemessene Entgelt für Arbeitnehmer mit diesen Erfahrungen gesichert.
III.3. Das Berufungsgericht beruft sich für seine Rechtsansicht, dass die Verwendungsgruppenjahre bei der veräußernden Luftfahrtgesellschaft nicht anzurechnen wären, auf die Entscheidungen EuGH C‑343/98, Collino und Chiappero Slg 2000, I‑6659 sowie C‑108/10, Scattolon . Dem ist entgegenzuhalten, dass es bei diesen Entscheidungen aber nicht nur um die Frage der Einreihung in den neuen „Erwerberkollektivvertrag“ ging, sondern darum, inwieweit ein „Erwerberkollektivvertrag“ spezifische Verschlechterungen vorsehen darf. Es ging also im Ergebnis eher um eine § 4 Abs 2 erster Satz AVRAG vergleichbare Beschränkung der Gestaltungsmacht der kollektiven Verhandlungsmächte bzw des Gesetzgebers.
IV.1. Abschließend ist also festzuhalten, dass im vorliegenden Fall auch die beim Veräußerer verbrachten Dienstzeiten für die Beurteilung von Verwendungsgruppenjahren nach dem Erwerber-KV heranzuziehen sind.
Damit stellt sich aber die Frage, in welche Verwendungsgruppe die Klägerin überhaupt mit ihrer neuen Tätigkeit einzustufen ist. Die von ihr angestrebte Verwendungsgruppe IV A des Erwerber‑Luftfahrt‑KV umfasst „Dienstnehmer, die Arbeiten in erweiterten Fachbereichen selbständig ausführen, wozu spezielle Fachkenntnisse und praktische Erfahrungen erforderlich sind.
z.B.: Referatsleiter, Projektleiter, Oberwerkmeister, Schichtführer, Abteilungssekretärinnen, Hauptabteilungssekretärinnen, Techniker mit selbständigen Aufgabenbereich, Magazineure, Zolldeklaranten, Sachbearbeiter, Arbeitsvorbereitung, Buchhalter, Statistiker, Sachbearbeiter Betriebswirtschaft, Kostenrechner, Rechnungsprüfer, Hauptkassier, Lageristen, Fakturisten, Hauptinspektoren, Senior-Operator-Schichtführer, Junior Organisatoren, Senior Programmierer, Dienstnehmer in Stabsfunktion, Assistenten, Werkstättenleiter auf Bundesländerflughäfen, technische Dienstnehmer mit Spezialkenntnissen auf Bundesländerflughäfen.“
IV.2. Die Klägerin macht nun im Ergebnis gar nicht klar geltend, dass ihre Tätigkeit nach dem Betriebsübergang, die sich im Wesentlichen auf die Bereiche Check in, Lost & Found und Gate beschränkte, den Anforderungen der Verwendungsgruppe IV A entsprechen würde, sondern stützt sich zentral darauf, dass es um ihre frühere Tätigkeit gehe, wie sie sich im Zeitpunkt des Betriebsübergangs dargestellt habe. Der Tätigkeitsbereich dürfe nur innerhalb der „vertraglichen Grenzen“ durch Weisungen geändert werden, sodass die Beklagte für die vereinbarte Tätigkeit auch weiterhin das Entgelt nach dem neuen Kollektivvertrag zu bezahlen habe, selbst wenn ein Teil dieser Tätigkeiten durch den Betriebsübergang weggefallen sei.
IV.3. Grundsätzlich zutreffend verweist die Klägerin darauf, dass der Arbeitsvertragsinhalt und damit auch die Umschreibung der Grenzen des Weisungsrechts, durch den Betriebsübergang nicht geändert werden (§ 3 Abs 1 erster Satz AVRAG). Nicht eindeutig ist aber, ob hier tatsächlich die Arbeitsvertragsparteien den Bereich der Tätigkeiten, für die die Klägerin eingesetzt werden kann, abschließend dahin beschreiben wollten, dass eine Veränderung, wie sie im Zuge des Betriebsübergangs erfolgte, nicht zulässig wäre. Allgemein bestimmt sich nach ständiger Judikatur der zulässige Bereich von Versetzungen nicht nur nach der letzten Tätigkeit, sodass allein die längere Verwendung an einem bestimmten Arbeitsplatz noch keine Einschränkung auf diesen Aufgabenkreis bewirkt (RIS‑Justiz RS0029509 mzwN). Allein die ‑ im Berufungsverfahren auch bekämpfte ‑ Feststellung, dass faktisch und vereinbarungs-gemäß die Klägerin insofern die Stellung einer Teamleiterin im Passagierdienst eingenommen habe, lässt nun keinen sicheren Rückschluss darauf zu, dass die neue Verwendung die Grenzen der arbeitsvertraglich vereinbarten Tätigkeitsbereiche sprengen würde.
IV.4. Hinzu kommt, dass der Oberste Gerichtshof in ständiger Rechtsprechung sowohl zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses als auch zur Frage der Unwirksamkeit von Versetzungen ausgesprochen hat, dass der Arbeitnehmer die Unwirksamkeit zeitgerecht aufzuzeigen hat, weil dem Arbeitgeber insoweit ein Klarstellungsinteresse zuzubilligen ist (RIS‑Justiz RS0028233). Bisher wurde nur festgestellt, dass die Klägerin im Mai 2012 geltend gemacht hat, dass die der Klägerin zugewiesene Tätigkeit nach dem neuen Dienstrecht nicht dem bisherigen Arbeitsvertragsinhalt entspreche und die Einreihung unrichtig sei. Die Klägerin hat dies in weiterer Folge dann in einem Schreiben vom 4. 7. 2012 dahin präzisiert, dass sie entsprechend der früheren Verwendungsgruppe nach dem alten Kollektivvertrag eingestuft werden wolle. Zu den inhaltlichen Änderungen der Tätigkeit hat sich die Klägerin in ihrer Klage vom Mai 2013 geäußert und nicht vorgebracht, dass sie davor gegen die inhaltlichen Änderungen der Tätigkeit Einspruch erhoben habe. Dass die Klägerin aber in angemessener Zeit nach der Änderung des Tätigkeitsbereichs sich als solches gegen die Änderung des Tätigkeitsbereichs gewandt hätte, ist daher bisher nicht klar ersichtlich. Auch insoweit bedarf es also einer ergänzenden Erörterung. Auf den vom Erstgericht herangezogenen § 101 ArbVG hat sich die Klägerin gar nicht gestützt.
V. Insgesamt erweist sich daher das Verfahren als ergänzungsbedürftig und war die Rechtssache zur ergänzenden Erörterung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen. Ausgehend von der vom Obersten Gerichtshof nicht geteilten Rechtsansicht, dass jedenfalls nur die frühere beim Veräußerer erbrachte Tätigkeit für die Einstufung in den Erwerber‑KV maßgeblich sei bzw dass die Dienstzeiten beim Veräußerer für die Einstufung in den Erwerber‑KV nicht maßgeblich wären, haben die Vorinstanzen weder erörtert, ob die Klägerin geltend macht, dass auch ihre eingeschränkte Tätigkeit beim Erwerber die Voraussetzungen für die begehrte Einstufung erfüllt, oder ob ihre Arbeitsverpflichtung schon vom Veräußerer ausschließlich auf die höheren Dienste eingeschränkt wurde bzw wann sie das erstmalig geltend gemacht hat.
VI. Der Kostenvorbehalt gründet sich auf die §§ 50, und 52 ZPO.
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