OGH 9ObA107/91

OGH9ObA107/9128.8.1991

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr.Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr.Gamerith und Dr.Maier sowie die fachkundigen Laienrichter Dr.Wolfgang Dorner und Mag.Karl Dirschmied als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei ***** F***** E*****, ÖBB-Beamter, ***** vertreten durch ***** Rechtsanwalt *****, wider die beklagte Partei Österreichische Bundesbahnen, Wien 1., Elisabethstraße 9, vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien, wegen Unwirksamerklärung eines Disziplinarerkenntnisses (Streitwert S 31.000), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 25.Jänner 1991, GZ 34 Ra 133/90-26, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 17. November 1988, GZ 4 Cga 1939/87-14, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 2.830,50 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Rechtliche Beurteilung

Entscheidungsgründe:

Der Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO). Nach ständiger Rechtsprechung können bereits im Berufungsverfahren geltend gemachte und vom Berufungsgericht verneinte Verfahrensmängel in dritter Instanz nicht neuerlich gerügt werden (RZ 1989/16; SZ 27/4 uva). Mit seinen verfassungsrechtlichen Bedenken gegen das ihn betreffende Disziplinarverfahren (Art 6 EMRK, Art 1 erstes ZP zur EMRK) übersieht der Revisionswerber, daß die Verhängung einer Disziplinarstrafe ihrem Wesen nach nichts anderes als eine Abart der Vertragsstrafe ist, die mangels entgegenstehender Bestimmungen auch auf einer einzelvertraglichen Vereinbarung beruhen kann und dem Dienstgeber auch dann zuzurechnen ist, wenn die Disziplinarstrafe in einem Disziplinarverfahren durch eine Disziplinarkommission verhängt wird (vgl Spielbüchler in Floretta-Spielbüchler-Strasser, Arbeitsrecht3 I 169 f mwH; Arb

9.175 ua). Darüberhinaus besteht ohnehin ein Recht des Dienstnehmers auf die rechtliche Überprüfung betrieblicher Disziplinarerkenntnisse (Arb 9.893 ua).

Soweit der Revisionswerber verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Bestimmungen des § 33 Abs 2 Z 3 ArbVG und § 5 AngG (wohl auch § 4 AngG: vgl Martinek-Schwarz, AngG7 § 5 Erl 3) ausführt, ist ihm entgegenzuhalten, daß das Dienstrecht der Bediensteten (Beamten) der beklagten Partei schon wegen des in verschiedenen Punkten (wie etwa Ernennung, Beförderung, Besoldung und Pensionierung) deutlich hervortretenden öffentlich-rechtlichen Einschlags (9 Ob A 270/90 ua), nicht schlechthin als Angestelltenrecht (auch mit den sich daraus ergebenden Nachteilen) gesehen werden kann. In diesem Sinn hat der Gesetzgeber in § 1 Abs 2 Bundes-Personalvertretungsgesetz vorgesehen, daß die Personalvertretung im Bereich der Österreichischen Bundesbahnen unter Berücksichtigung der in diesem Bereich vorliegenden besonderen Verhältnisse durch ein besonderes Bundesgesetz geregelt wird. Nach den EB zur Regierungsvorlage müßte die in Aussicht gestellte bundesgesetzliche Regelung der Personalvertretung im Hinblick auf den Gleichheitsgrundsatz (Art 7 B-VG), soweit nicht in diesem Bereich besondere Verhältnisse bestehen, mit den Bestimmungen des Bundes-Personalvertretungsgesetzes übereinstimmen (208 BlgNR 11. GP, 15). Ein solches Gesetz steht aber noch aus; die betriebsverfassungsrechtlichen Normen des zweiten Teils des ArbVG könnten es derzeit nicht ohne weiteres ersetzen.

Im übrigen hat das Berufungsgericht die allein entscheidende Frage, ob die Verhängung der Disziplinarstrafe dem Grunde und der Höhe nach berechtigt erfolgte, zutreffend gelöst. Es reicht daher aus, insoweit auf die Richtigkeit der Begründung der angefochtenen Entscheidung hinzuweisen (§ 48 ASGG).

Ergänzend ist den Ausführungen des Revisionswerbers in seiner Rechtsrüge entgegenzuhalten, daß sich sein inkriminiertes Verhalten nicht nur auf eine seiner Ansicht nach berechtigte Information der Öffentlichkeit beschränkte. Nach den für den Obersten Gerichtshof bindenden Feststellungen der Vorinstanzen verfaßte der Kläger eine unter anderen an die APA übermittelte "Sachverhaltsdarstellung", in der er der Unternehmensführung der beklagten Partei unter anderem Verletzung ihrer

Sorgfalts-, Berichts- und Aufsichtspflichten, sorglose Unternehmensführung und implicite Wirtschaftsverbrechen, Zentralausschußmitgliedern erpresserische Methoden und den Wirtschaftsprüfern die Erteilung von Gefälligkeitsbestätigungen vorwarf. Damit und durch die Preisgabe unternehmensinterner Umstände in detaillierter Form (Tarifnachläße, Refaktien udgl), hat er, wie das Berufungsgericht richtig erkannte, gegen die in § 26 DO geregelte Verschwiegenheitspflicht verstoßen. Was die Höhe der verhängten Disziplinarstrafe betrifft, hat bereits das Erstgericht die von der Disziplinarkammer und der Disziplinaroberkammer dargelegten Zumessungsgründe überprüft, die vom Berufungsgericht gebilligt wurden. Im Disziplinarverfahren wurde über den Kläger gem § 3 Abs 1 lit c der Disziplinarordnung eine noch im unteren Rahmen gelegene angemessene Geldstrafe in Höhe eines Monatsbezuges unter Ausschluß der Haushaltszulage und der Verwendungsabgeltung verhängt, die er in zwölf Monatsraten abstatten kann. Er wurde damit entgegen seinen diesbezüglichen aktenwidrigen Revisionsausführungen nicht der "finanziellen Grundlage für ein Vierteljahr beraubt".

Die Kostenentscheidung ist in den §§ 41 und 50 ZPO begründet. Der im Sinne des § 45 Abs 1 Z 1 ASGG ergangene Ausspruch des Berufungsgerichtes hat auf die Kostenbemessungsgrundlage keinen Einfluß.

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