OGH 9ObA107/17a

OGH9ObA107/17a30.10.2017

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Dehn, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Hargassner sowie die fachkundigen Laienrichter KR Dr. Paul Kunsky und Mag. Thomas Dürrer in der Rechtssache der klagenden Partei Betriebsausschuss der * T* GmbH, *, vertreten durch Mag. German Storch, Mag. Rainer Storch, Rechtsanwälte in Linz, gegen die beklagte Partei *T* GmbH, *, vertreten durch Jäger Loidl Welzl Schuster Schenk Rechtsanwälte OG in Linz, wegen Feststellung (Streitwert: 21.800 EUR), über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen vom 24. Mai 2017, GZ 12 Ra 4/17w‑16, mit dem der Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Linz als Arbeits‑ und Sozialgericht vom 14. Oktober 2016, GZ 11 Cga 44/16d‑8, nicht Folge gegeben wurde, zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:E120032

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

 

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit 1.489,86 EUR (darin 248,31 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung zu ersetzen.

 

Entscheidungsgründe:

Die Beklagte betreibt ein Mehrspartentheater (*) sowie ein philharmonisches Orchester (*). Im Revisionsverfahren ist nicht mehr strittig, dass sie ein Theaterunternehmen ist. Die Beklagte ist nicht auf Gewinn gerichtet, sondern dient im Sinne der §§ 34 ff BAO ausschließlich und unmittelbar der Förderung der Kunst. Sie verfügt über einen gesetzlich zwingenden, aus 13 Kapitalvertretern bestehenden Aufsichtsrat.

Der Kläger, Betriebsausschuss der Beklagten, begehrte die Feststellung, dass ihm ein Entsenderecht von sieben, in eventu von zwei Betriebsratsmitgliedern in den Aufsichtsrat der Beklagten zukomme. Soweit revisionsgegenständlich, brachte er vor, der in § 133 Abs 6 ArbVG normierte absolute Tendenzschutz sei mangels sachlicher Rechtfertigung und in Anbetracht der für Bundestheater nun in § 22 Abs 2 BThOG (BundestheaterorganisationsG) enthaltenen Bestimmung verfassungswidrig und unanwendbar, sodass ihm gemäß § 110 ArbVG ein Entsenderecht in den Aufsichtsrat zustehe. Allenfalls sei § 22 Abs 2 BThOG analog anzuwenden.

Die Beklagte bestritt, beantragte Klagsabweisung und wandte ein, sie sei ein Theaterunternehmen im Sinne des ArbVG, sodass ein Entsendungsrecht gemäß § 133 Abs 6 ArbVG ausgeschlossen sei. Für eine analoge Anwendung des § 22 Abs 2 BThOG bleibe kein Raum.

Das Erstgericht folgte dem Rechtsstandpunkt der Beklagten und wies das Klagebegehren ab.

Der Verfassungsgerichtshof wies den vom Kläger eingebrachten Parteiantrag auf Normenkontrolle, mit dem er die in § 133 Abs 6 ArbVG normierte Ausnahme des § 110 ArbVG bekämpfte, mit Beschluss vom 23. 2. 2017, G 447/2016‑5, zurück.

Das Berufungsgericht gab der gegen das Urteil des Erstgerichts erhobenen Berufung des Klägers keine Folge. Das in § 110 Abs 1 ArbVG normierte Entsenderecht des Betriebsrats sei gemäß § 133 Abs 6 ArbVG auf Theaterunternehmen iSd § 1 Abs 2 TAG nicht anzuwenden. Zur Frage der Verfassungswidrigkeit der Unanwendbarkeit des § 110 ArbVG auf Theaterunternehmen legte das Berufungsgericht eingehend die historische Entwicklung des Rechts auf Entsendung von Arbeitnehmervertretern in den Aufsichtsrat dar, woraus hervorzuheben ist:

Mit dem BRG 1947, BGBl 1947/197, wurden zwar die Mitwirkungsrechte des Betriebsrats in wirtschaftlichen Angelegenheiten ausgeweitet, „Betriebe politischer, gewerkschaftlicher, konfessioneller, wissenschaftlicher, künstlerischer oder charitativer Art sowie die gesetzlichen Interessenvertretungen“ wurden jedoch von der – in der Regierungsvorlage in § 15 Abs 2 Z 1 vorgesehenen – Möglichkeit der Einwirkung auf die Wirtschaftsführung ausgenommen, „weil es sich in diesen Betrieben (Verwaltungen) um Zielsetzungen handelt, die eine Teilnahme der Betriebsräte an der Führung und Verwaltung entweder überhaupt unmöglich oder doch nicht zweckmäßig erscheinen lassen“ (ErlRV 320 BlgNR 5. GP  12). Im Ausschuss für soziale Verwaltung wurde diese Ausnahme in § 14 Abs 3 BRG 1947 weiter ausgedehnt, und zwar zum einen auf öffentlich-rechtliche Körperschaften generell und die Österreichische Nationalbank, zum anderen auf den gesamten Bereich der wirtschaftlichen Mitbestimmung (AB 344 BlgNR 5. GP  6 f) und damit auch auf das unverändert übernommene Recht zur Entsendung von zwei Vertretern in den Aufsichtsrat der arbeitgeberischen Aktiengesellschaft oder Gesellschaft mit beschränkter Haftung (§ 14 Abs 2 Z 4 BRG 1947).

Der langjährigen Diskussion über eine Erhöhung der Anzahl der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat in den letzten Jahren der Geltung des BRG 1947 wurde vom Gesetzgeber mit der Ausweitung des Entsendungsrechts auf ein Drittel der Aufsichtsratsmitglieder bereits in der Regierungsvorlage zum ArbVG (840 BlgNR 13. GP , bezeichnet noch als § 109) Rechnung getragen; gleichzeitig wurden die Bestimmungen für Betriebe mit besonderer Zweckbestimmung neu gefasst. Dabei wurden die zuvor von der wirtschaftlichen Mitwirkung ausgenommenen Betriebe „künstlerischer Art“ ausdrücklich (nur) teilweise in den Geltungsbereich der – nunmehr in §§ 108 bis 112 ArbVG normierten – Mitwirkung in wirtschaftlichen Angelegenheiten einbezogen, weil „die im Entwurf enthaltenen wirtschaftlichen Informations-, Interventions- und Beratungsrechte keinesfalls eine sachlich nicht gerechtfertigte Einflußnahme der Arbeitnehmerschaft auf die künstlerischen Belange befürchten“ ließen (ErlRV 840 BlgNR 13. GP  91 zu § 132). Die ErlRV nehmen damit auf die in § 108 ArbVG unter der Überschrift „wirtschaftliche Informations-, Interventions- und Beratungsrechte“ enthaltenen Befugnisse Bezug, die – anders als §§ 109 bis 112 ArbVG – gerade kein (wenn auch teilweise nur imparitätisches) Mitwirkungsrecht des Betriebsrats beinhalten, sondern eine geringere Intensität aufweisen (vgl ErlRV 840 BlgNR 13. GP  87 zu § 108 [nun § 109]); dass der Gesetzgeber damit generell einen Tendenzschutz „hinsichtlich künstlerischer Zwecke“ für entbehrlich erachtet hätte, ist diesen Ausführungen nicht zu entnehmen. Im Gegenteil betonen die ErlRV, in § 133 ArbVG werde „durch Abs. 4 und 5 [– Gesetz geworden als Abs 4 und 6 –] dem Umstand Rechnung getragen, daß die Theaterbetriebe – anders als im geltenden Recht – nicht mehr zu den sogenannten ‘Tendenzbetrieben‘ gezählt werden, sie daher nicht mehr im § 132 von der wirtschaftlichen Mitbestimmung ausgenommen sind“ (ErlRV 840 BlgNR 13. GP  91 zu § 133).

An der mit der Schaffung des § 14 Abs 3 BRG 1947 verfolgten Zwecksetzung hat sich daher mit dem Übergang zum ArbVG ebensowenig geändert wie mit der Neufassung des § 133 Abs 6 ArbVG durch BGBl 1986/394 (Art I Z 32), mit der § 109 Abs 3 S 2 ArbVG – ohne nähere Begründung im Initiativantrag (205/A BlgNR 16. GP ) und im Ausschussbericht (1062 BlgNR 16. GP ) – für Betriebsänderungen im Sinne des § 109 Abs 1 Z 5 und 6 für anwendbar erklärt wurde, sofern dadurch künstlerische Belange nicht betroffen werden. …

Bei der Ausgliederung von Burgtheater/Akademietheater, Staatsoper und Volksoper durch Gründung von drei Bühnengesellschaften hat der Gesetzgeber die Anwendung des § 133 Abs 6 ArbVG auf die Bühnengesellschaften – nach der Definition des § 3 Abs 4 BThOG also der Burgtheater GmbH, der Wiener Staatsoper GmbH und der Volksoper Wien GmbH – in § 22 Abs 2 BThOG ausgeschlossen und ausdrücklich „eine sondergesetzliche Entsendung von zwei Mitgliedern durch den Betriebsrat normiert“, weil ihm bewusst war, dass „bei den Bühnengesellschaften nach dem Arbeitsverfassungsgesetz eine Entsendung von Mitgliedern in den Aufsichtsrat nicht vorgesehen ist“ (vgl dazu die ErlRV 1207 BlgNR 20. GP  21). Damit sollte in Bezug auf die Bühnengesellschaften eine Besserstellung der Arbeitnehmervertretung erfolgen (vgl die Erläuterungen zum ME zum BThOG 253/ME XX. GP  35). Weil der Aufsichtsrat der Bühnengesellschaften gemäß § 13 Abs 4 BThOG aus dem Geschäftsführer der Bundestheater-Holding GmbH sowie fünf weiteren, insgesamt also aus sechs Mitgliedern besteht, sodass vom Betriebsrat nur ein Viertel der Aufsichtsratsmitglieder entsandt wird, bleibt dieses Entsendungsrecht hinter jenem nach § 110 ArbVG zurück.

Ein Entwurf des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz zu einem Gesetz, mit dem unter anderem das ArbVG zur „Modernisierung der Mitbestimmung“ (178/ME BlgNR 24. GP  3) geändert werden sollte, hat den Entfall des § 133 Abs 6 ArbVG vorgesehen (Art 1 Z 23) und dies damit begründet, „§ 133 Abs 6 [habe] seinen Anwendungsbereich hinsichtlich der Bundestheater bereits durch das Bundestheaterorganisationsgesetz, BGBl. I Nr. 108/1998, verloren, das hinsichtlich der Entsendung von Arbeitnehmervertretern in den Aufsichtsrat eine eigene Regelung getroffen [habe]. Aber auch hinsichtlich der übrigen Theaterunternehmen [sei] § 133 Abs. 6 als nicht mehr zeitgemäß anzusehen, da Theaterunternehmen tendenziell immer mehr zu Wirtschaftsbetrieben werden“ (178/ME BlgNR 24. GP  7).

Dieser Vorschlag ist zwar im Begutachtungsverfahren gänzlich unkommentiert geblieben, also weder abgelehnt noch begrüßt worden, dennoch wurde er – anders als etwa die ebenfalls vorgeschlagene Möglichkeit der Beschlussfassung im Betriebsrat im Umlaufweg (§ 68 Abs 4 ArbVG) oder die Neufassung des § 105 ArbVG samt Verlängerung der Anfechtungsfrist (vgl BGBl I 2010/101) – nicht in die anschließend eingebrachte Regierungsvorlage (901 BlgNR 24. GP ) übernommen und bis dato nicht umgesetzt.

Das Berufungsgericht erachtete die in den Gesetzgebungsverfahren geäußerten Überlegungen auch als objektiv nachvollziehbar: Trotz einer zunehmenden Kommerzialisierung des Kunstbetriebs im Allgemeinen und des Theaterbetriebs im Besonderen diene der Betrieb eines Theaterunternehmens nach wie vor – wie sich etwa auch aus dem kulturpolitischen Auftrag der beklagten Partei (Punkt III. der Gesellschaftserrichtungserklärung) oder der Bundestheater (§ 2 BThOG) ergebe – in aller Regel nicht vorrangig wirtschaftlichen Zwecken, sondern vielmehr – wenn auch unter Beachtung der gegebenen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen – künstlerischen Zwecken, die seit dem Jahr 1982 (BGBl 262) in Art 17a StGG auch verfassungsrechtlichen Schutz genießen würden. Zu deren Verfolgung sei es sachlich gerechtfertigt, dem Theaterunternehmer – etwa beim Engagement von Künstlerinnen oder Künstlern oder der Wahl aufzuführender Bühnenwerke – die Fällung von Entscheidungen zu ermöglichen, die seiner Einschätzung nach künstlerisch richtig und wichtig sind, möge es in kommerziell-wirtschaftlicher Hinsicht auch bessere Möglichkeiten geben. Diese Freiheit würde durch die Mitwirkung von Arbeitnehmervertretern im Aufsichtsrat (potentiell) eingeschränkt. Wenn der Bundesgesetzgeber die künstlerische Entscheidungsfreiheit in den von ihm selbst ausgegliederten Bundestheatern dadurch einschränke, dass er den dort errichteten Betriebsräten ein – in der Intensität hinter dem in § 110 ArbVG vorgesehenen Recht zurückbleibendes – Mitwirkungsrecht im Aufsichtsrat einräume, so sei daraus noch nicht zu folgern, dass die Aufrechterhaltung des Ausschlusses der Arbeitnehmervertreter in anderen Theaterunternehmen dadurch unsachlich geworden wäre.

Eine analoge Anwendung des § 22 Abs 2 BThOG scheitere nach der Entstehungsgeschichte der Bestimmung und der nachfolgenden (bewussten) Aufrechterhaltung des § 133 Abs 6 ArbVG am Fehlen einer planwidrigen Unvollständigkeit der rechtlichen Regelungen.

Die Revision sei zur Frage der Verfassungskonformität des § 133 Abs 6 ArbVG sowie einer analogen Anwendung des § 22 Abs 2 BThOG zulässig.

Der Kläger beantragt in seiner dagegen gerichteten Revision die Abänderung des Berufungsurteils im Sinn einer Klagsstattgabe.

Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen, in eventu ihr keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, jedoch nicht berechtigt.

1. Die hier maßgeblichen Bestimmungen sehen vor:

Gemäß § 113 Abs 2 Z 3 ArbVG wird in Betrieben, in denen ein Betriebsausschuss errichtet ist, vom Betriebsausschuss die Befugnis der Mitwirkung in wirtschaftlichen Angelegenheiten gemäß §§ 109 bis 112 ausgeübt.

Gemäß § 110 Abs 1 ArbVG entsendet in Unternehmen, die in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft geführt werden, der Zentralbetriebsrat für je zwei nach dem Aktiengesetz oder der Satzung bestellte Aufsichtsratmitglieder einen Arbeitnehmervertreter in den Aufsichtsrat. Gemäß Abs 5 Z 1 leg cit ist Abs 1 sinngemäß auf Gesellschaften mit beschränkter Haftung anzuwenden.

Gemäß § 133 Abs 6 ArbVG ist (ua) § 110 ArbVG in Theaterunternehmen nicht anzuwenden.

Gemäß § 22 Abs 2 BThOG ist § 133 Abs 6 des Arbeitsverfassungsgesetzes auf die Bühnengesellschaften nicht anzuwenden. Abweichend von § 110 des Arbeitsverfassungsgesetzes entsendet der jeweilige Betriebsrat zwei Mitglieder in den Aufsichtsrat der Bühnengesellschaften. Das Entsenderecht in den Aufsichtsrat der Bundestheater-Holding GmbH obliegt dem Zentralbetriebsrat.

2. Der Kläger beruft sich in der Revision vor allem auf eine Verletzung des Gleichheitssatzes. Im Fall der Beklagten ergebe sich im Vergleich zu den vom BThOG erfassten Bühnen nur ein formaler Unterschied, nämlich im Rechtsträger zwischen Bund und Land. Auch die wirtschaftliche Situation sei zumindest mit den Bundestheatern vergleichbar, deren Betrieb aus Einnahmen und Steuermitteln finanziert werde. Es entbehre jeglicher sachlicher Rechtfertigung, warum in § 22 BThOG die Entsendung von zwei Arbeitnehmervertretern vorgesehen sei, für die Beklagte jedoch § 133 Abs 6 ArbVG zur Anwendung kommen solle. Der Bund habe – ähnlich wie das Land OÖ – in den vergangenen Jahrzehnten zahlreiche Ausgliederungen in Form von Sondergesetzen vorgenommen, in denen sich im Zusammenhang mit der Arbeitnehmermitwirkung einerseits oft Verweise auf § 110 ArbVG, andererseits aber verschiedene ergänzende und/oder abändernde Sonderregelungen bis hin zum Ausschluss der Mitwirkung fänden, die insgesamt kein einheitliches System mehr erkennen ließen und mitunter eine bedenkliche Nähe zu willkürlicher Gesetzgebung aufwiesen. Aus dem Gesellschaftsvertrag der Beklagten ergebe sich weiter, dass die Arbeitnehmervertreter Beschlüsse allenfalls verzögern, aber nicht verhindern könnten. Es bestehe daher nicht einmal potenziell eine Einschränkung der künstlerischen Freiheit, sodass der diesbezüglichen Begründung des Berufungsgerichts der Boden entzogen sei.

3. Der erkennende Senat teilt die Beurteilung des Berufungsgerichts sowohl in ihrer methodischen Ableitung – insbesondere auch im Hinblick auf die zum Gleichheitsgrundsatz ergangene Rechtsprechung (RIS‑Justiz RS0053509 ua) – als auch in ihrem Ergebnis, sodass darauf verwiesen werden kann (§ 510 Abs 3 ZPO). Ergänzend ist festzuhalten:

3.1. Mit dem Tendenzschutz reagiert der Gesetzgeber im Hinblick auf die Mitbestimmung der Arbeitnehmer darauf, dass auch solche Unternehmen dem Gesetz unterliegen, die primär andere als kaufmännisch‑wirtschaftliche Ziele verfolgen. Einige dieser Zielsetzungen hält das ArbVG für so wichtig, dass es ihre Realisierung durch die volle Wahrnehmung der Mitwirkungsrechte der Arbeitnehmer nicht gefährden will und deshalb in den §§ 132 ff ArbVG Teilausnahmen durch einfachen oder qualifizierten Tendenzschutz vorsieht. Dabei handelt es sich um geistig-ideelle Zielsetzungen, die häufig in einem engen Naheverhältnis zu Grundrechten stehen (s nur Kietaibl, Arbeitsrecht I9 170 mwN). Dass dazu grundsätzlich auch Theaterunternehmen (§ 133 ArbVG) zählen, stellt der Kläger im Prinzip nicht in Frage. Insofern ist aber aus den von ihm genannten Beispielen für verschiedene gesetzliche Regelungen der Arbeitnehmermitbestimmung (Arbeitsmarktservice, Austria-Wirtschaftsservice-GmbH, Austro Control GmbH, Buchhaltungsagentur des Bundes uva) nichts zu gewinnen, weil diese Rechtsträger – mit Ausnahme der Bundestheater (dazu sogleich) – keine mit einem Theaterunternehmen vergleichbare geistig‑ideelle Zielsetzung verfolgen.

3.2. Die Revision richtet sich im Kern auch nicht dagegen, dass Theaterunternehmen überhaupt ein Tendenzschutz zukommt, sondern dagegen, dass die Arbeitnehmervertretung der Beklagten im Vergleich zu jener der vom Bundestheaterorganisationsgesetz (BThOG) genannten Bühnen ohne ausreichenden Differenzierungsgrund eine Schlechterstellung erfährt, weil bei letzteren der jeweilige Betriebsrat nach § 22 Abs 2 BThOG befugt ist, zwei Mitglieder in den Aufsichtsrat der Bühnengesellschaften zu entsenden.

3.3. Das Bundestheaterorganisationsgesetz (BThOG) normiert in seinem 1. Abschnitt (Zielbestimmung, kulturpolitischer Auftrag) in § 1 als gesetzliches Ziel, dass die Wiener Staatsoper, die Wiener Volksoper, das Burg- und das Akademietheater die repräsentativen Bühnen der Republik sind und eine wesentliche Rolle innerhalb des österreichischen Kulturlebens spielen. Diese Führungsrolle resultiert aus der Verfolgung ihres kulturpolitischen Auftrags gemäß § 2. Zur Absicherung der führenden Rolle der Bundestheater im österreichischen Kulturleben und zur Verstärkung der Bedeutung im internationalen Kulturgeschehen sowie zur Beibehaltung größtmöglicher künstlerischer Qualität der Sprech- und Musiktheater, des Balletts und der Tanztheater erfolgt die in diesem Bundesgesetz vorgesehene Neuorganisation der Bundestheater.

§ 2 BThOG enthält die näheren Aufgaben des kulturpolitischen Auftrags (Abs 1) sowie die Grundsätze, nach denen die genannten Bühnen zu führen sind (Abs 2). Weiter wird – mit jeweils näheren Zielsetzungen – bestimmt, dass das Burgtheater mit seinen Spielstätten gleichzeitig das österreichische Nationaltheater und somit die führende Schauspielbühne der Republik Österreich ist (Abs 3), dass die Wiener Staatsoper als repräsentatives Repertoiretheater für Oper und Ballett mit umfassender Literatur zu führen ist (Abs 4) und dass die Volksoper Wien als repräsentatives Repertoiretheater für Oper, Spieloper, Operette, Musical und für Ballett und modernen Tanz zu führen ist (Abs 5).

3.4. Schon aus diesen Zielsetzungen ergibt sich, dass den genannten Bühnen aufgrund ihrer leitenden Bedeutung für das österreichische Kulturleben eine Sonderstellung zukommt, die auch in künstlerischer Hinsicht mit einem umfassenden gesetzlichen Auftrag zur Führung der Bühnen einhergeht und sich keineswegs nur durch ihre formale Rechtsträgerschaft (Bund vs Land/Gemeinden) unterscheidet. Nach dem Willen des Gesetzgebers war in diesem Zusammenhang auch eine Besserstellung der Arbeitnehmervertretung im Vergleich zu sonstigen Theaterunternehmen beabsichtigt, hält doch die RV (1207 BlgNR 20. GP  21) fest: „Bei den Bühnengesellschaften ist nach dem Arbeitsverfassungsgesetz eine Entsendung von Mitgliedern in den Aufsichtsrat nicht vorgesehen (siehe § 133 Abs 6 Arbeitsverfassungsgesetz). Im § 22 des vorliegenden Entwurfes wird jedoch eine sondergesetzliche Entsendung von zwei Mitgliedern durch den Betriebsrat normiert.“ (s auch ME zum BThOG 253/ME 20. GP  35).

3.5. Soweit sich der Kläger daran stößt, dass künstlerische Einrichtungen, die keine Theaterunternehmen sind, keinen wie immer gearteten Tendenzschutz aufweisen, hingegen auch völlig unkünstlerische Theaterunternehmen den Tendenzschutz genießen, wird damit noch keine Gleichheitswidrigkeit begründet, weil es dem Gesetzgeber freisteht, bei Prüfung von Unterschieden im Tatsächlichen von einer durchschnittlichen Betrachtung auszugehen und auf den Regelfall abzustellen (s RIS‑Justiz RS0053509). Danach kommt es auch nicht darauf an, ob der konkrete Gesellschaftsvertrag der Beklagten Möglichkeiten vorsieht, auch ohne Zustimmung des Aufsichtsrats einen Weisungsbeschluss zu fassen.

3.6. Ausreichende Gründe, die die vom Gesetzgeber gewählte Differenzierung als Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz erscheinen ließe, zeigt die Revision danach nicht auf.

4. Soweit der Kläger im Anschluss an Jabornegg in Strasser/Jabornegg/Resch, ArbVG, § 110 Rz 16, eine analoge Anwendung des § 22 Abs 2 BThOG anstrebt, haben bereits die Vorinstanzen zutreffend auf das Fehlen einer planwidrigen gesetzlichen Lücke (s dazu RIS-Justiz RS0008866) hingewiesen. Eine Analogie ist jedenfalls dann unzulässig, wenn Gesetzeswortlaut und klare gesetzgeberische Absicht in die Gegenrichtung weisen (RIS‑Justiz RS0106092 [T2]). Letzteres ist hier, wie unter Punkt 3.4. dargelegt, der Fall.

5. Dass dem Gesetzgeber der Unterschied zwischen der grundsätzlichen Regelung des § 133 Abs 6 ArbVG und den Bestimmungen des BThOG bewusst war, zeigt nicht zuletzt der schon vom Berufungsgericht zitierte Begutachtungsentwurf des Ministeriums für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz (178/ME BlgNR 24. GP  3), der auch angesichts des Bundestheaterorganisationsgesetzes den Entfall des § 133 Abs 6 ArbVG als nicht mehr zeitgemäß vorgesehen hatte, weil Theaterunternehmen tendenziell immer mehr zu Wirtschaftsbetrieben würden. Dass der Gesetzgeber diesem Entwurf nicht gefolgt ist, erlaubt jedoch nur den Schluss, dass an der bestehenden Regelung in § 133 Abs 6 ArbVG bewusst festgehalten werden sollte. Raum für eine analoge Anwendung des § 22 Abs 2 BThOG besteht hier nicht.

6. Zusammenfassend zeigt der Kläger keine ausreichenden Gründe für eine Verfassungswidrigkeit des § 133 Abs 6 ArbVG auf. Es kommt aber auch keine analoge Anwendung des § 22 Abs 3 BThOG auf die Beklagte in Frage. Der Revision des Klägers war danach keine Folge zu geben, ohne dass seiner Anregung, die Frage der Verfassungskonformität des § 133 Abs 6 ArbVG (neuerlich) an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen, näherzutreten war.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

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