European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:E120438
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 1.725,84 EUR (darin 287,64 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Entscheidungsgründe:
Der Kläger ist ein zur Unterlassungsklage gemäß § 29 Abs 1 KSchG berechtigter Verein. Die Beklagte betreibt ein Kreditinstitut iSd BWG. Sie tritt in ganz Österreich regelmäßig in rechtsgeschäftlichen Kontakt mit Verbrauchern und verwendet dabei Allgemeine Geschäftsbedingungen.
In ihren „Kundenrichtlinien für die Kontokarte, die Kontaktlos-Funktion und das Quick-Service“ idF Oktober 2015 findet sich folgende Passage (Fettdruck im Original):
„1.9. Benützungsmöglichkeiten der Bezugs-karte für den Karteninhaber
1.9.1. Geldautomaten
Der Karteninhaber ist berechtigt, an Geldautomaten im In‑ und Ausland, die mit einem auf der Bezugskarte angeführten Symbol gekennzeichnet sind, mit der Bezugskarte und dem persönlichen Code Bargeld bis zu dem vereinbarten Limit zu beziehen.
Warnhinweis: Im Ausland kann an Geldautomaten aus technischen Gründen zeitweise der Bargeldbezug unterbunden sein. Es wird empfohlen, insbesondere auf Reisen auch andere Zahlungsmittel mitzuführen.
Warnhinweis: Kartentransaktionen, insbesondere Bargeldbehebungen, mit der Kontokarte sind ohne gesondertes Entgelt an Geldautomaten der B* sowie jenen Geldautomaten möglich, mit deren Betreiber die B* einen diesbezüglichen Vertrag abgeschlossen hat. Betreiber von Geldautomaten ('Dritte'), mit welchen die B* keinen diesbezüglichen Vertrag abgeschlossen hat, können die Durchführung von Kartentransaktionen, insbesondere Bargeldbehebungen, an Geldautomaten gegen Verrechnung eines gesonderten Entgelts anbieten. In diesem Fall wird dem Karteninhaber vor Durchführung der Kartentransaktion am Geldautomaten vom Betreiber des Geldautomaten die Durchführung der vom Karteninhaber gewünschten Kartentransaktion gegen ein bestimmtes Entgelt angeboten. Im Fall des Einverständnisses des Karteninhabers wird diesem das vereinbarte Entgelt bei Vornahme der jeweiligen Transaktion direkt vom Betreiber des Geldautomaten verrechnet.“
Die Beklagte informierte ihre Kunden über die Änderung der Kundenrichtlinien schriftlich wie folgt:
„Info > Neuerungen für Kontokarten ab 1. 1. 2016
Sehr geehrter Herr […]
Wir informieren Sie über folgende Neuerungen ab 1. 1. 2016:
Neue Kundenrichtlinien für die Kontokarten, die Kontaktlos-Funktion und das Quick-Service
Gemäß der geänderten Rechtslage haben wir die derzeit geltenden 'Kundenrichtlinien für das Maestro-Service, die Maestro Kontaktlos-Funktion und das Quick-Service' zugunsten der Konsumenten angepasst. Dies betrifft zB die Obliegenheiten des Kunden bei der Verwahrung des PIN‑Codes und der Karte, die Transparenz der Umrechnungsklauseln für Transaktionen in Fremdwährung oder die Bezeichnung 'Maestrokarte', die in 'Kontokarte' umbenannt wurde. Ebenso wurden die Leistungs- und Entgeltsänderungsklauseln adaptiert und an die allgemeinen Geschäftsbedingungen unseres Instituts angepasst, sowie die Verwendungsmöglichkeiten der Selbstbedienungsgeräte in den Filialen der B* erweitert. [...]
Eine Gegenüberstellung der neuen 'Kundenrichtlinien für die Kontokarten, die Kontaktlos-Funktion und das Quick-Service' zur bisher geltenden Fassung finden Sie hier zum Download.
Sind Sie mit den vorgeschlagenen Änderungen einverstanden, brauchen Sie nichts weiter zu tun. Die neuen 'Kundenrichtlinien' treten am 1. 1. 2016 in Kraft, wenn Sie nicht bis zum 31. 12. 2015 schriftlich widersprechen. Sie haben das Recht, bis zum 31. 12. 2015 den neuen 'Kundenrichtlinien' zu widersprechen bzw den Kartenvertrag bis zu ihrem Inkrafttreten kostenlos fristlos zu kündigen.
Haben Sie noch Fragen? Unter [...] stehen wir Ihnen [...] gerne zur Verfügung.“
Die Beklagte schließt mit ihren Kunden Vereinbarungen auf Basis eines Kontoeröffnungsantrags, der wiederum (ua) auf die AGB der Beklagten, die Konditionenübersicht und die Kundenrichtlinien verweist. In ihren AGB hat sich die Beklagte ein Recht zur Änderung bzw Einführung von Entgelten mittels Erklärungsfiktion vorbehalten.
Unter „sonstige Entgelte“ findet sich in der Konditionenübersicht vom 4. 2. 2016 der Passus „Kartentransaktionen an Geldautomaten Dritter Allfällige Fremdspesen“ mit einer Fußnote, die auf (den hier klagsgegenständlichen) Punkt 1.9.1. der Kundenrichtlinien verweist.
Die Kontoinhaber können Bargeld entweder beim Kassenschalter in den Filialen während der Öffnungszeiten beheben, bei Geldausgabeautomaten im Selbstbedienungs-bereich im Foyer, das mit einer Bezugskarte rund um die Uhr zugänglich ist, oder grundsätzlich weltweit bei einem mit dem Maestro-Logo gekennzeichneten Geldausgabeautomaten. Ob bzw welche Kosten die Beklagte für Bargeldabhebungen berechnet, hängt vom jeweiligen Kontomodell ab.
In technischer Hinsicht wird bei einem Geldausgabeautomaten im Ausland oder bei Drittanbietern im Inland, wie E*, nach einer Autorisierung der Karte mittels PIN‑Eingabe eine Verbindung über das Kartenschema, in diesem Fall M*, aufgebaut. Diese stellt wiederum die Anbindung zur Beklagten her, die die gewünschte Kartentransaktion bei einer ausreichenden Kontodeckung freigibt. Jene Transaktionen, die von Kunden der Beklagten in den SB‑Foyers der Beklagten durchgeführt werden, wo also die Beklagte Kartenaussteller und Akzeptant ist, werden auch technisch von dieser durchgeführt. Das Gleiche gilt nunmehr auch bei Geldausgabeautomaten des Drittanbieters „F*“ aufgrund eines mit der Beklagten abgeschlossenen Exklusivvertrags.
Bei Geldausgabeautomaten anderer Banken in Österreich kann sich die Beklagte der P* GmbH (kurz P* GmbH) bedienen. Diese fungiert dabei sowohl als Ausgeber als auch als Akzeptant, sodass der Prozess nicht über M* erfolgen muss. Die dafür anfallenden Kosten sind daher deutlich geringer als bei einem Geldausgabeautomaten eines dritten Betreibers. Diese Kosten werden von der P* GmbH direkt der Beklagten verrechnet und von dieser in ihre Kontopakete eingepreist. Für die Kosten der Bankomat-Geräte kommt in Österreich jeweils die aufstellende Bank auf.
Neben dem von M* betriebenen Maestro-System gibt es noch das (technisch vergleichbare) V*-System von V*; die meisten Geldausgabeautomaten sind für beide Systeme konfiguriert, was durch entsprechende Logos am Gerät ausgewiesen ist. Technisch wäre es zwar möglich, Bezugskarten der Beklagten für Geldausgabeautomaten von Drittbetreibern zu sperren. Die Beklagte würde damit aber gegen ihre Vereinbarungen mit M* (und allenfalls auch gegen Wettbewerbs- und Kartellrecht) verstoßen.
Werden die technischen Voraussetzungen und die Bedingungen von M* erfüllt – die seit circa 2015 die Vorschreibung von Gebühren konkret erlauben – und entsprechende Standorte finanziert, kann grundsätzlich jedes Unternehmen örtlich und mengenmäßig unbeschränkt Geldausgabeautomaten in Österreich betreiben.
Seit Juli 2016 betreibt das US-amerikanische Unternehmen E* Limited (kurz: E*) rund siebzig bis hundert Geldausgabeautomaten in Österreich. Auch bei den Geldausgabeautomaten von E* können mit den von der Beklagten ausgegebenen Maestrokarten Bargeldbehebungen durchgeführt werden. Pro Abhebung werden von E* 1,95 EUR als Entgelt (Gebühr) verlangt. Ein entsprechender Hinweis auf dieses Entgelt erfolgt jeweils vor der Bestätigung der Behebung am Display des Geräts. Behebt ein Kunde der Beklagten Bargeld bei einem Geldausgabeautomaten von E*, wird diesem Unternehmen eine Gesamtsumme angewiesen, wovon E* wiederum einen Teil über den Geldausgabeautomaten auszahlt und den Restbetrag als Entgelt einbehält. Das Konto des Kunden wird mit dem ausbezahlten Betrag und dem Entgelt belastet. Die Beklagte hat weder eine unmittelbare vertragliche Vereinbarung mit E* noch kann sie aufgrund ihres Vertrags mit ihren Kunden und/oder M* derartige Behebungen verhindern oder beschränken oder auf die Höhe des Entgelts oder die Art der Verrechnung Einfluss nehmen.
Der klagende Verein begehrt die Beklagte schuldig zu erkennen, es im geschäftlichen Verkehr mit Verbrauchern zu unterlassen, a) in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die sie von ihr geschlossenen Verträgen zugrunde legt und/oder in hierbei verwendeten Vertragsformblättern die Klausel „1.9.1. Warnhinweis: ...(siehe oben)“ oder sinngleiche Klauseln zu verwenden und sich auf diese oder sinngleiche Klauseln zu berufen, und b) Verbrauchern mitzuteilen, dass Änderungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen aufgrund geänderter Rechtslage und zu Gunsten des Konsumenten vorgenommen werden und die Änderung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen mangels fristgerechten Widerspruchs des Konsumenten wirksam werden soll, wenn diese Änderung oder einzelne davon auch nachteilig für den Konsumenten sind, insbesondere nach bisheriger Vertragslage nicht vereinbarte, vom Konsumenten zu leistende Entgelte enthalten.
Der Kläger begründete sein Unterlassungsbegehren damit, dass es sich beim „Warnhinweis“ in den Kundenrichtlinien tatsächlich um eine Klausel iSd § 28 KSchG handle, weil damit die Verrechnung von Kosten für Geldabhebungen bei Bankomaten, die nicht von der Beklagten oder einem ihrer Vertragspartner betrieben würden, in dem Sinne geregelt werden, dass das vom dritten Betreiber verrechnete Entgelt dem Karteninhaber angelastet werde. Die Klausel sei ua intransparent iSd § 6 Abs 3 KSchG, gröblich benachteiligend iSd § 879 Abs 3 ABGB, sie verstoße gegen § 27 Abs 2 iVm § 28 Abs 1 Z 3 lit a ZaDiG und gegen Art 3 Abs 1 Verordnung (EG) Nr 924/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. September 2009 über grenzüberschreitende Zahlungen in der Gemeinschaft und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr 2560/2001 (kurz: VO [EG] 924/2009) und sei überraschend iSd § 864a ABGB. Da E* der Erfüllungsgehilfe der Bank sei, habe die Bank das Entgelt zu übernehmen. Das Informationsschreiben der Beklagten zu den geplanten Änderungen sei ua irreführend und intransparent, weshalb die Beklagte gemäß § 28a KSchG zu deren Unterlassung verpflichtet sei.
Die Beklagte bestritt, beantragte Klagsabweisung und wandte ein, dass sie aufgrund des von ihr den Kunden geschuldeten Leistungsumfangs nicht zur Tragung von allfälligen Fremdspesen verpflichtet sei, die dem Kunden durch die Bargeldbehebung bei einem Betreiber eines Geldausgabeautomaten, mit dem sie keine vertragliche Vereinbarung habe, entstünden. Für jede derartige Transaktion komme ein eigener Vertrag zwischen dem Betreiber und dem Karteninhaber (§ 32 ZaDiG) zustande. An sie selbst als kontoführende Bank sei für derartige Transaktionen kein Entgelt zu entrichten. Lediglich die Belastung des Kontos erfolge aufgrund ihres Rahmenvertrags mit dem Karteninhaber, wobei es sich dabei um einen Sonderfall der bürgerlich-rechtlichen Anweisung handle. Die vom Kläger beanstandete „Klausel“ sei daher im Ergebnis ein berechtigter und zulässiger Warnhinweis für ihre Kunden im Sinne einer Information, aber keine Vertragsbestimmung bzw Willenserklärung (im Sinne einer neuen Verrechnungsmöglichkeit). Der vom Kunden mit ihr geschlossene Rahmenvertrag werde dadurch nicht geändert. Der Warnhinweis unterliege somit auch keiner Klauselkontrolle durch den Kläger.
Beide Parteien stellten ein Veröffentlichungsbegehren.
Das Erstgericht wies sowohl das Klagebegehren zur Gänze als auch das Veröffentlichungsbegehren der Beklagten ab.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers teilweise, jener der Beklagten nicht Folge. Mit Teilurteil wies es das Unterlassungsbegehren der Klägerin betreffend den „Warnhinweis“ und die Verwendung sinngleicher Klauseln und der Berufung auf diese oder sinngleiche Klauseln (Unterlassungsbegehren lit a) sowie das Unterlassungsbegehren im (revisionsgegenständlichen) Umfang der Mitteilung an Verbraucher, dass Änderungen in AGB aufgrund geänderter Rechtslage und zugunsten des Konsumenten vorgenommen werden und die Änderung der AGB mangels fristgerechten Widerspruchs des Konsumenten wirksam werden soll, wenn diese Änderung nach bisheriger Vertragslage nicht vereinbarte, vom Konsumenten zu leistende Entgelte enthält (Teil des Unterlassungsbegehrens lit b), ab. Im Übrigen, also hinsichtlich des Begehrens, es im geschäftlichen Verkehr mit Verbrauchern zu unterlassen, Verbrauchern (allgemein) mitzuteilen, dass Änderungen in AGB aufgrund geänderter Rechtslage und zugunsten des Konsumenten vorgenommen werden und die Änderung der AGB mangels fristgerechten Widerspruchs des Konsumenten wirksam werden soll, wenn diese Änderung oder einzelne davon auch nachteilig für den Konsumenten sind (Teil des Unterlassungsbegehrens lit b), sowie bezüglich des Urteilsveröffentlichungsbegehrens der Klägerin hob es das angefochtene Urteil auf und trug dem Erstgericht insofern die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf. Den Rekurs ließ das Berufungsgericht nicht zu.
Die Abweisung der revisionsgegenständlichen Unterlassungsbegehren begründeten die Vorinstanzen wie folgt: Der Unterlassungsanspruch des § 28 Abs 1 KSchG richte sich nur gegen gesetzwidrige Vertragsbestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder Vertrags-formblättern. Grundlage dafür, dass Kunden der Beklagten mit einer Bezugskarte Bargeld von ihrem Konto bei einem Bankomaten beheben könnten, sei der abgeschlossene Kontovertrag iVm den AGB, der Konditionenübersicht und den Kundenrichtlinien. Dabei handle es sich um einen Rahmenvertrag, auf den ua die Bestimmung des § 27 Abs 2 ZaDiG über die Verrechnung von Entgelten, jene des § 28 Abs 1 Z 3 lit a ZaDiG über die Informationspflichten des Zahlungsdienstleisters im Zusammenhang mit Entgelten und jene der §§ 28 Abs 1 Z 6, 29 Abs 1 ZaDiG über die Anforderungen an die Änderungen des Rahmenvertrags mittels Erklärungsfiktion anzuwenden sei. Die Bestimmung des § 32 ZaDiG, mit der die Art 37 bis 39 der Richtlinie 2007/64/EG über Zahlungsdienste im Binnenmarkt (Zahlungsdienste-Richtlinie) umgesetzt worden seien, regle hingegen Informationspflichten des Zahlungsdienstleisters für Einzelzahlungen außerhalb eines Rahmenvertrags. Darunter fielen nach den Gesetzesmaterialien (ErläutRV 207 BlgNR 24. GP 38) Abhebungen von einem unabhängigen Geldausgabeautomaten oder Barüberweisungen. „Unabhängigkeit“ in diesem Sinn bedeute, dass der Zahlungsdienstleister in keinem Vertragsverhältnis mit dem Zahlungsdienstnutzer stehe. Bei einer Bargeldbehebung mittels Geldausgabeautomat müsse zwischen den einzelnen Leistungen des Zahlungsdienstleisters differenziert werden: Die Leistung, die dem Bankkunden über die Bezugskarte den Zugriff auf sein Kontoguthaben und eine entsprechende Auszahlung unter Belastung seines Kontos ermögliche, werde von der Beklagten im Rahmen ihrer Kontoverträge als Rahmenverträge erbracht und nach den dazu vereinbarten Bedingungen abgerechnet. Davon gesondert sei die Dienstleistung der Aufstellung und des Betriebs eines Geldausgabeautomaten zu sehen. Wolle ein Karteninhaber einen Geldausgabeautomaten nutzen, der nicht von seinem Rahmenvertragspartner oder einem diesem zurechenbaren Aufsteller betrieben werde, komme jeweils ein entgeltlicher Einzelvertrag über die Bargeldbehebung als solche nach den § 27 Abs 2 iVm § 32 Abs 1 ZaDiG zustande. Ob die Bezahlung des Zahlungsdienstleisters aus dem Einzelvertrag durch eine entsprechend reduzierte Auszahlung beim Geldausgabeautomaten erfolge oder durch die Anweisung des Zahlungsdienstnutzers an seine kontoführende Bank, diesem nicht nur den abzuhebenden Betrag, sondern auch die Spesen zu überweisen, sei dabei irrelevant. Daher könnten auch die zwischen der Beklagten und ihren Kunden vereinbarten Bedingungen nicht dahin verstanden werden, dass mit den Kontogebühren Behebungen bei jedem mit der Maestro-Marke von M* gekennzeichneten Geldausgabeautomaten umfasst seien, selbst wenn vor der Durchführung der Transaktion auf deren Entgeltpflicht hingewiesen und diese vom Karteninhaber bestätigt werde. Der erste, dem angegriffenen „Warnhinweis“ unmittelbar vorangehende Teil der Klausel 1.9.1. („Der Karteninhaber ist berechtigt, an Geldautomaten im In- und Ausland, die mit einem auf der Bezugskarte angeführten Symbol gekennzeichnet sind, mit der Bezugskarte und dem persönlichen Code Bargeld bis zu dem vereinbarten Limit zu beziehen.“) drücke daher nichts anderes aus, als die Verpflichtung der Beklagten, dem Karteninhaber Zugang zum System zu verschaffen.
Damit seien selbständige Betreiber von Geldausgabeautomaten, die weder mit der Beklagten noch der P* GmbH in einer vertraglichen Beziehung stünden, auch nicht als Erfüllungsgehilfen oder Vertreter der Beklagten anzusehen. Die Verpflichtungen des kartenausgebenden Kreditinstituts gegenüber den Kunden beschränkten sich daher hinsichtlich fremder Geldausgabeautomaten und POS-Terminals darauf, dem Kunden ganz generell den Zugang zu den von anderen Kreditinstituten im Rahmen der Systeme Bankomat und Maestro aufgestellten Geldausgabeautomaten sowie den POS-Terminals zu verschaffen. Der Vertrag über die Ausgabe der Bezugskarte begründe aber keine Verpflichtung des kartenausgebenden Kreditinstituts, dafür zu sorgen, dass ein anderes Institut an einem bestimmten Standort einen dort einmal aufgestellten Bankomaten auch tatsächlich uneingeschränkt weiterbetreibe oder dass bei einem bestimmten Unternehmer fortdauernd uneingeschränkt die Möglichkeit der Zahlung am POS-Terminal bestehe.
Diese Auslegung stehe auch nicht mit der VO (EG) 924/2009 und der vom Kläger ins Treffen geführten Ansicht der Kommissionsdienststellen in Widerspruch, weil sie von einer – hier nicht vorliegenden – vertraglichen Beziehung zwischen der kontoführenden Bank und jener, die den Geldausgabeautomaten aufstellt, ausgehe. Zudem nehme auch Erwägungsgrund 18 der neuen Richtlinie über Zahlungsdienste im Binnenmarkt vom 25. 11. 2015 (Richtlinie 2015/2366/EU ) auf von kontoführenden Zahlungsdienstleistern unabhängige Aufsteller von Geldausgabeautomaten Bezug.
Wenn nun aber die kostenpflichtige Abhebung bei einem Geldausgabeautomaten eines Drittanbieters als Einzelvertrag iSd § 32 ZaDiG zu verstehen sei und die Beklagte für die von ihr unter dem Rahmenvertrag erbrachte Leistung nur jenes Entgelt verlange, wie sie es allgemein mit ihren Kontopaketen vereinbart habe, dann sei der inkriminierte Warnhinweis (Punkt 1.9.1. der Kunden-richtlinien für die Kontokarten) nicht dazu bestimmt, die vertragliche Beziehung zwischen der Beklagten und ihren Kunden zu regeln, und er habe auf die daraus resultierenden wechselseitigen Rechte und Pflichten keinen Einfluss. Es handle sich beim Warnhinweis somit um keine Willenserklärung der Beklagten. Dieser Warnhinweis sei dann aber nicht der Klauselkontrolle unterworfen, weil die Inhalts- und Geltungskontrolle von AGB (mit Ausnahme von Tatsachenbestätigungen, die eine mit § 6 Abs 1 Z 11 KSchG unvereinbare Beweislastverschiebung enthalten) ausschließlich Willenserklärungen zum Gegenstand habe. Das darauf gestützte erste Unterlassungsbegehren sei daher abzuweisen.
Das Gleiche gelte sinngemäß für das auf § 28a Abs 1 KSchG gestützte zweite Unterlassungsbegehren im Zusammenhang mit der Änderungsmitteilung, weil dieses auf „nach bisheriger Vertragslage nicht vereinbarte, vom Konsumenten zu leistende Entgelte“ abstelle, die aber mit der Änderung der Kundenrichtlinien gerade nicht eingeführt worden sei. Eine zeitgerechte Vorwarnung von Vertragspartnern über allfällige künftige rechtliche Streitfragen beeinträchtige zudem die allgemeinen Interessen der Verbraucher nicht.
Die ordentliche Revision gegen den bestätigenden klageabweisenden Teil der Entscheidung erachtete das Berufungsgericht für zulässig, weil die inkriminierte Klausel eine Vielzahl von Verträgen betreffe, Rechtsfragen im Zusammenhang mit einer „Bankomatgebühr“ von hohem öffentlichen Interesse seien und noch keine höchstgerichtliche Rechtsprechung dazu vorliege.
In seiner gegen den klageabweisenden Teil der Berufungsentscheidung aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung gerichteten Revision beantragt der Kläger die Abänderung des Berufungsurteils im Sinne einer Klagsstattgabe; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Beklagte beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung die Revision des Klägers zurückzuweisen, hilfsweise der Revision keine Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig; sie ist jedoch nicht berechtigt.
Der Oberste Gerichtshof erachtet die Begründung des Berufungsgerichts als zutreffend, sodass gemäß § 510 Abs 3 Satz 2 ZPO auf sie verwiesen werden kann. Zusammenfassend und in Erwiderung der Revision des Klägers ist festzuhalten:
Der Unterlassungsanspruch des § 28 Abs 1 KSchG bezieht sich auf gesetz- oder sittenwidrige Vertragsbestimmungen und erfasst grundsätzlich die Kontrolle von Willenserklärungen (RIS‑Justiz RS0121188). Auch eine durch ein Schreiben oder eine Mitteilung erklärte Änderung eines bestimmten Vertragspunkts unterliegt der Kontrolle von Allgemeinen Geschäftsbedingungen nach § 28 KSchG (9 Ob 14/17z). Dies wird auch in der Revision des Klägers nicht in Frage gestellt.
Eine Klauselprüfung kommt im vorliegenden Fall daher nur dann in Betracht, wenn Bargeldbehebungen mit der Kontokarte an den von Dritten betriebenen Geldausgabeautomaten Teil des zwischen dem Kunden und der (beklagten) Bank abgeschlossenen Rahmenvertrags und damit vereinbarte Zahlungsdienstleistung der Beklagten sind. Dies ist jedoch nicht der Fall.
Ein Rahmenvertrag ist ein Zahlungsdienstvertrag, der die zukünftige Ausführung einzelner und aufeinander folgender Zahlungsvorgänge regelt und die Verpflichtung zur Einrichtung eines Zahlungskontos und die entsprechenden Bedingungen enthalten kann (§ 3 Z 12 ZaDiG).
Bargeldbehebungen von einem „unabhängigen“ Geldausgabeautomaten, also einem Geldausgabeautomaten, der von einem Zahlungsdienstleister betrieben wird, der mit dem Zahlungsdienstnutzer in keinem Vertragsverhältnis steht, werden bereits in den Materialien zum ZaDiG (ErläutRV 207 BlgNR 24. GP 38) ausdrücklich als Einzelzahlungen außerhalb eines Rahmenvertrags (§ 32 ZaDiG) qualifiziert. Auch vom jüngeren, bereits das ZaDiG berücksichtigenden Schrifttum (Weilinger/Knauder in Weilinger, ZaDiG § 26 Rz 30; Weilinger/Gratzl in Weilinger, ZaDiG § 32 Rz 5; Leixner, ZaDiG2 § 32 Rz 2; Gapp/Lanschützer, Zahlungsdienstegesetz II: Informationspflichten, Rahmen-vertrag und Zahlungsvorgänge, ZFR 2009, 176 [178, FN 44]; Caks, Über Mitteilung und Zugang von Informationen auf E-Banking Websites als dauerhafter Datenträger im Lichte der jüngsten EuGH-Rechtsprechung, ÖBA 2017, 316 [317]; vgl auch Haslhofer-Jungwirth/Kaufmann/Ressnik/Zimmermann in Weilinger, ZaDiG § 2 Rz 60 ff; Koch, Der Zahlungsverkehr nach dem Zahlungsdienstegesetz – Ein Überblick, ÖBA 2009, 869 [871]; Schmatzberger, Die Umsetzung der RL 2007/64/EG über Zahlungsdienste im Binnenmarkt und deren Vergleich mit Deutschland [Dissertation WU Wien 2012] 102) wird diese Rechtsauffassung vertreten. Die Verpflichtung des kartenausgebenden Kreditinstituts – hier der Beklagten – erschöpft sich, soweit nicht seine eigenen Geldausgabeautomaten betroffen sind – darin, dem Kunden den Zugang zum Bankomat- bzw Maestro-System zu ermöglichen (Koch in Apathy/Iro/Koziol, Bankvertragsrecht III2 Rz 2/19).
Mit dem ersten Satz in Punkt 1.9.1. der „Kundenrichtlinien“ wird dem Kunden auch kein weltweiter „Auszahlungsanspruch“ eingeräumt, sondern bloß der Zugang zum Maestro-System. Auf die Bedingungen, unter denen der Kunde von diesem Zugang Gebrauch machen kann, hat das die Kontokarte ausgebende Kreditinstitut aber bei unabhängigen Geldausgabeautomaten keinen Einfluss. Der unabhängige Betreiber eines Geldausgabeautomaten ist daher auch nicht Erfüllungsgehilfe des kartenausgebenden Kreditinstituts. Eines näheren Eingehens auf die rechtliche Einordnung der Tätigkeit des unabhängigen Betreibers eines Geldausgabeautomaten bedarf es hier nicht.
Da der vom Kläger beantwortete Warnhinweis somit nicht dazu bestimmt ist, die (rahmen‑)vertragliche Beziehung zwischen der Beklagten und ihren Kunden zu regeln und auf die daraus resultierenden wechselseitigen Rechte und Pflichten keinen Einfluss hat, ist diese Erklärung der Beklagten von der Inhalts- und Geltungskontrolle von AGB im Rahmen des Verfahrens nach den §§ 28 f KSchG nicht umfasst.
Der Revision des Klägers war daher nicht Folge zu geben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 41 Abs 1 und § 50 Abs 1 ZPO (vgl RIS‑Justiz RS0035972).
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)