Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 1.187,28 EUR bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung (darin 197,88 EUR Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Begründung
Rechtliche Beurteilung
Entgegen dem - den Obersten Gerichtshof gemäß § 508a Abs 1 ZPO nicht bindenden - Ausspruch des Berufungsgerichts ist die Revision mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig:
Der Oberste Gerichtshof hat schon wiederholt ausgesprochen, dass die Einhaltung der Vergabebestimmungen auch und vor allem dem Schutz der Bieter vor unlauterer Vorgangsweise bei der Vergabe dienen. Die Vergabebestimmungen legen den Organen der öffentlichen Hand Verhaltenspflichten auf, auf deren Beachtung die Bieter vertrauen dürfen. Die Verletzung solcher "Selbstbindungsnormen" kann im vorvertraglichen Bereich die Verpflichtung des Rechtsträgers zum Schadenersatz nach sich ziehen, wobei ein Verschulden des Organs nach § 1298 ABGB vermutet wird (1 Ob 201/99m = JBl 2000, 519; 1 Ob 284/01y = JBl 2002, 385 ua). Befolgt der Rechtsträger die Vergabebestimmungen, indem er ein Angebot ausscheidet, das den Bestimmungen nicht entspricht, so ist er auch nicht zum Schadenersatz verpflichtet. In diesem Sinn wurde der Schadenersatzanspruch eines Bieters verneint, dessen Angebot ausgeschieden worden war, weil es entgegen den Vergaberichtlinien nicht firmenmäßig unterfertigt war (7
Ob 159/97a = ecolex 1999, 23 [Stephan Heid]; zust Rummel, ÖZW 1999, 1
[5]; 4 Ob 154/02d = ecolex 2002, 814). Der Oberste Gerichtshof hat
die zuletzt zitierte Entscheidung damit begründet, dass mit dem Erfordernis einer firmenmäßigen Unterfertigung von Angeboten von vornherein Klarheit über deren volle Rechtswirksamkeit geschaffen werden soll. Das Angebot muss so abgefasst sein, dass die Leistungsbeschreibung und die sonstigen Bestimmungen in derselben Fassung mit der Auspreisung durch den Bieter ohne weitere Umgestaltung für den abzuschließenden Vertrag verwendet werden können. Durch ein Verbesserungsverfahren zur Behebung des Mangels der nicht ordnungsgemäßen Fertigung des Angebots würde einem Bieter noch nach Anbotseröffnung die faktische Möglichkeit eingeräumt, sanktionslos ein ihn reuendes Angebot wieder ungeschehen zu machen, indem er die Verbesserungsfrist ungenutzt verstreichen lässt. Das hätte eine schwerwiegende Wettbewerbsverzerrung zur Folge. Die Mitbieter dürfen daher darauf vertrauen, dass ein wegen nicht firmenmäßiger Fertigung den Vorgaben nicht entsprechendes Angebot sofort ausgeschieden wird.
Im hier zu beurteilenden Fall hat die Beklagte in ihrer Ausschreibung ausdrücklich ausgeführt, dass das Angebot „nur dann rechtsgültig (sei), wenn das Formular „Angebotsschreiben" auf Seite 4 im letzten Feld bereits bei der Eröffnung der Angebote vom Bieter firmenmäßig unterfertigt ist". Dennoch hat die Klägerin wohl das ihrem Anbot angeschlossene Leistungsverzeichnis, nicht aber das Formular „Angebotsschreiben" unterfertigt. Die Revisionswerberin hält dem entgegen, dass das Leistungsverzeichnis unmittelbar nach der für die Unterfertigung des Angebotsschreibens vorgesehenen Seite 4 zu liegen gekommen sei. Angesichts der Gestaltung der Anbotsunterlagen kann aber die Fertigung des Leistungsverzeichnisses wohl nur auf dieses bezogen werden, während der 6 cm große und daher nicht zu übersehende Raum für die Fertigung des Angebotsschreibens leer blieb. Die Rechtsauffassung des Berufungsgerichts, von einer verbindlichen Unterwerfung unter die zu einem erheblichen Teil nur im Angebotsschreiben enthaltenen Vertragsgrundlagen könne nicht ausgegangen werden, ist daher alles andere als unvertretbar. Unter Berufung auf die oben wiedergegebene Rechtsprechung wertete das Berufungsgericht das Fehlen der verbindlichen Fertigung des Angebotsschreibens als nicht verbesserungsfähigen Mangel des Anbots. Diese Rechtsauffassung trägt der oben wiedergegebenen Rechtsprechung in vertretbarer Weise Rechnung.
Dennoch erachtete das Berufungsgericht die ordentliche Revision als zulässig, weil seine Rechtsauffassung „als den Aussagen in der Entscheidung 7 Ob 307/02a = exolex 2003, 414 widersprechend beurteilt werden könnte".
Tatsächlich steht die Rechtsauffassung des Berufungsgerichts - wovon es im Übrigen selbst ausgeht - mit der von ihm in der Zulassungsbegründung zitierten Entscheidung nicht in Widerspruch: Es trifft zwar zu, dass in der Entscheidung 7 Ob 307/02a das Fehlen der firmenmäßigen Fertigung der der Ausschreibung zugrunde liegenden „Allgemeinen Bedingungen" als verbesserungsfähiger Mangel des Anbots qualifiziert wurde. In diesem Fall hatte aber die Anbieterin die erste Seite des Anbots firmenmäßig unterfertigt, die bereits den ausdrücklichen Hinweis auf diese Allgemeinen Bedingungen enthalten hatte. Damit war aber eine Wettbewerbsverzerrung auszuschließen, für die nach der oben zitierten Rechtsprechung erforderlich gewesen wäre, dass der Anbotstellerin noch nach Anbotseröffnung die faktische Möglichkeit eingeräumt worden wäre, sanktionslos ein sie reuendes Anbot durch Verstreichenlassen der Anbotsfrist ungeschehen zu machen. Der grundsätzliche Bindungswille der Anbotstellerin hinsichtlich des inhaltlich ausreichend bestimmten Anbots (auch hinsichtlich der durch die Unterschrift bereits gedeckten Allgemeinen Bedingungen) war ja bereits zweifelsfrei dokumentiert.
Damit ist aber die Entscheidung 7 Ob 307/02a mit dem hier zu beurteilenden Fall nicht vergleichbar: Hier hat nämlich die Klägerin - wie das Berufungsgericht zutreffend hervorhob - nur den „technischen" Teil des Anbots (das Leistungsverzeichnis), nicht aber den „rechtlichen" Teil (das Formular „Angebotsschreiben") unterfertigt. Nur in letzterem waren aber wesentliche Angebotsbedingungen enthalten, sodass insofern der Bindungswille der Klägerin nicht dokumentiert war. Wäre daher der Klägerin die Möglichkeit einer Verbesserung eingeräumt worden, hätte sie sehr wohl die Möglichkeit gehabt, die verbindliche Anbotstellung noch einmal zu überdenken. Der hier zu beurteilende Fall ist daher viel eher mit jenem vergleichbar, der der Entscheidung 4 Ob 154/02d zugrunde lag. Dort hatte der Bieter nur die Baustellenordnung, nicht aber das gesamte Anbot unterfertigt. In diesem Fall ging daher der Oberste Gerichtshof - wie hier das Berufungsgericht - davon aus, dass die Bindung des Bieters an das Angebot nicht dokumentiert war und dass daher die Rechtsauffassung, das Anbot wäre sofort auszuscheiden gewesen, im Einklang mit der Rechtsprechung stehe.
Der Einwand der Revisionswerberin, all das könne hier nicht gelten, weil hier aufgrund der für die Beklagte geltenden Rechtslage die ÖNORM A 2050 zwingend anzuwenden sei, ist schon deshalb verfehlt, weil auch die „zwingende" und uneingeschränkte Anwendung dieser ÖNORM - subsidiär lag sie der Ausschreibung ohnedies zugrunde - zu keinem anderen Ergebnis führen würde. Auch nach der ÖNORM A 2050 ist nämlich das Fehlen der firmenmäßigen Fertigung des Anbots, die dazu führt, dass diesem die Verbindlichkeit fehlt, ein nicht verbesserungsfähiger Mangel, der zur Ausscheidung des Anbots führen muss (7 Ob 159/97a; Rummel, ÖZW 1991, 1 [5]).
Die Rechtsauffassung der zweiten Instanz, das Angebot der Klägerin sei wegen des Fehlens der Unterfertigung des Anbotschreibens auszuscheiden gewesen, erweist sich daher als jedenfalls vertretbar. Auf die übrigen Einwände der Revisionswerberin, die einen weiteren von der Beklagten im Verfahren geltend gemachten Ausscheidungsgrund betreffen, braucht daher nicht mehr eingegangen zu werden. Da somit weder in der Zulassungsbegründung des Berufungsgerichts noch in der Revision eine iSd § 502 Abs 1 ZPO erhebliche Rechtsfrage aufgezeigt wird, war das Rechtsmittel daher zurückzuweisen. Die Entscheidung über die Kosten der Revisionsbeantwortung gründen sich auf die §§ 41, 50 ZPO; die Beklagte hat in ihrer Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.
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