OGH 9Ob36/10z

OGH9Ob36/10z28.7.2010

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hradil, Dr. Hopf, Hon.-Prof. Dr. Kuras und Dr. Brenn als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei F*****, vertreten durch Kraft & Winternitz Rechtsanwälte GmbH in Wien, wider die beklagte Partei DI Andreas L*****, vertreten durch Pflaum-Karlberger-Wiener-Opetnik, Rechtsanwälte in Wien, wegen 536.332,69 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 25. März 2010, GZ 1 R 222/09p-25, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Beide Vorinstanzen sind übereinstimmend von der mangelnden Berechtigung des Rücktritts des Klägers ausgegangen.

Nach § 918 ABGB kann ein Rücktritt wegen Schuldnerverzug nur unter gleichzeitiger Setzung einer angemessenen Frist zur Nachholung erklärt werden. Der Rücktritt wird erst nach einer angemessenen Nachfrist wirksam (RIS-Justiz RS0018395). Rücktrittserklärung und Nachfristsetzung bilden eine Einheit, die dem Schuldner eine letzte Chance zur Vertragserfüllung geben soll (RIS-Justiz RS0018375). Von der Nachfristsetzung kann dann abgesehen werden, wenn der Schuldner offensichtlich nicht in der Lage ist, die Leistung nachzuholen (RIS-Justiz RS0018400) oder etwa der Schuldner die Leistung bereits ernsthaft und endgültig verweigert hat (vgl dazu P. Bydlinski in KBB3 § 918 Rz 13; RIS-Justiz RS0018428). Grundsätzlich können die Pflichten zur Nachfristsetzung auch abbedungen werden (P. Bydlinski aaO; RIS-Justiz RS0024012).

Die Revision befasst sich nun im Wesentlichen mit der Auslegung verschiedener Erklärungen und des zugrundeliegenden Architektenvertrags. Die Auslegung von Verträgen im Einzelfall stellt aber regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO dar (RIS-Justiz RS0042776 ua).

Den Ausführungen der Revision, wonach von einer endgültigen Weigerung des Beklagten zur Durchführung des Auftrags auszugehen sei, ist entgegenzuhalten, dass der Beklagte bis zuletzt immer wieder erklärte, an der Durchführung des Auftrags interessiert zu sein und auch konkrete Vorschläge zu dessen Realisierung bzw der Analyse der Kostenprobleme machte.

Ein konkreter Rücktritt mit einer konkreten Fristsetzung kann dem Schreiben des Klägers nicht entnommen werden. Im Rücktrittsschreiben vom 24. 10. 2006 findet sich keinerlei Frist. Das Berufungsgericht ist in vertretbarer Weise davon ausgegangen, dass für den Beklagten auch sonst nicht ersichtlich war, dass der Kläger weiter zur Entgegennahme der Leistungen bereit gewesen wäre.

Zutreffend zeigt der Kläger auf, dass der Oberste Gerichtshof etwa in den Entscheidungen zu 5 Ob 166/07h, 9 Ob 35/07y oder 7 Ob 77/06h ausgeführt hat, dass bei einer schweren Erschütterung des Vertrauens in die Person des Vertragspartners ein Rücktritt auch ohne Nachfristsetzung möglich ist (vgl auch RIS-Justiz RS0018286; zum Werkunternehmer RIS-Justiz RS0111147). Jedoch ist nicht ersichtlich, woraus sich die „Vertrauensunwürdigkeit“ des Beklagten in diesem Sinne ergeben soll.

Inwieweit durch die Formulierungen des Vertrags betreffend das Rücktrittsrecht, bei dem ausdrücklich auf § 918 ABGB verwiesen wurde, das Erfordernis der Nachfristsetzung abbedungen werden sollte, kann nur anhand der konkreten Beurteilung des Vertrags im Einzelfall entschieden werden und stellt damit - wie bereits ausgeführt - regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO dar.

Die Ausführungen des Klägers, die sich auf die Gestaltung des Rücktrittsrechts nach Punkt 16.2.c des Vertrags beziehen, übergehen den Umstand, dass es Voraussetzung für den dort geregelten Rücktritt ist, dass das Bauvorhaben zur Gänze oder zum Teil nicht durchgeführt wird. Dass dies der Fall gewesen wäre, legte der Kläger nicht näher dar.

Da es dem Kläger nicht gelingt Argumente darzustellen, warum die Rechtsansicht des Berufungsgerichts hinsichtlich der formellen Voraussetzungen des Rücktritts unvertretbar bzw eine „Vertrauensunwürdigkeit“ gegeben wäre, bedarf es auch keines näheren Eingehens auf die inhaltlichen Ausführungen zu der Qualifikation der verschiedenen Voraussetzungen im Zusammenhang mit den Förderungen. Hier ist auch darauf hinzuweisen, dass der Beklagte bis zuletzt seine Bereitschaft erklärt und daran mitgewirkt hat, die Kostenstruktur und deren Probleme zu analysieren und an Adaptierungen des Projekts zur Erreichung einer Kostenreduktion mitzuwirken.

Insgesamt vermögen jedenfalls die Ausführungen der Revision eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO nicht darzustellen.

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