Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, daß das Urteil des Erstgerichtes wieder hergestellt wird.
Die beklagte Partei ist schuldig, den klagenden Parteien die mit S 10.603,82 bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens (darin enthalten S 1.767,30 Umsatzsteuer) und die mit S 11.978,14 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 893,02 Umsatzsteuer und S 6.620,- Barauslagen) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Mit Kaufvertrag vom 17.4.1941 kauften die Rechtsvorgänger der Kläger von einem Rechtsvorgänger der Beklagten verschiedene Grundstücke darunter einen noch nicht vermessenen Teil des Grundstückes Nr. 907 Wiese der KG Gaishorn. Nach Vorliegen der Endvermessung wurde am 27.12.1941 eine Aufsandungsurkunde zwischen den Parteien errichtet. Darin wurde festgestellt, daß der gekaufte Teil des Grundstückes Nr. 907 Wiese das Trennstück Nr. 907/2 ist. Einverständlich wurde weiters festgestellt, daß Gegenstand des Rechtsgeschäftes auch der halbe Weg, welcher sich vom Flurstück 907/2 über das Flurstück 907/1 längs der Böschung zum Flurstück 967 hinzieht, bildet. Die Parteien vereinbarten weiters die Teilung dieses Weges in der Natur, die wechselseitige Einräumung einer Grunddienstbarkeit am jeweils halben Weg und die grundbücherliche Sicherstellung diese Wegerechte. Das Grundstück 907/2 wurde von den Klägern und ihren Rechtsvorgängern ab dem Kauf immer sehr intensiv als Wiese zur Gewinnung von Grünfutter und Heu und teilweise auch zum Anbau von Kartoffeln genutzt. Die Zufahrt zur Parzelle 907/2 und während der Pachtdauer auch zur Parzelle Nr. 901/2 erfolgte in überwiegenden Ausmaß aus Richtung Norden über einen Weg, der rechtwinkelig von der Schoberpaß-Bundesstraße abzweigend in den Nordbereich der Parzelle Nr. 901/2 verläuft. Regelmäßig und alljährlich insgesamt etwa 20- bis 30-mal wurde von den Klägern und ihren Rechtsvorgängern zur Bewirtschaftung der von ihnen genutzten Parzellen aber auch eine Zufahrt benutzt, die zunächst auf einem damals entlang des Nordufers der Palten verlaufenden Weg (Grundstück Nr.967) verlief. Im Bereich der Südostecke des Grundstückes 907/1 der Beklagten zweigte westlich eines dort aus Richtung Norden in die Palten mündenden Wassergrabens der in der Aufsandungsurkunde bezeichnete Weg ab, der auf der Böschungskrone entlang des Wassergrabens bis zum Grundstück Nr. 907/2 der Kläger verlief. Dieser Weg wurde über seine gesamte Breite von den Klägern und ihren Rechtsvorgängern auch immer wieder ausgemäht. Die Kläger wie auch deren Rechtsvorgänger benutzen den Weg immer im Bewußtsein diesbezüglich berechtigte Eigentümer bzw Dienstbarkeitsberechtigte zu sein. Der Weg war zwar nach Hochwässern manchmal verschlammt und einige Zeit nicht befahrbar. Zeitweise war er recht verwachsen, konnte aber dennoch von landwirtschaftlichen Fuhrwerken befahren werden.
Die Kläger stellten unter Bezugnahme auf den genannten Kaufvertrag aber auch aus dem Rechtstitel der Ersitzung das Begehren auf Einverleibung des Eigentumsrechtes bezüglich der einen Weghälfte und die Einverleibung der Grunddienstbarkeit des Gehens, Fahrens und Viehtreibens bezüglich der weiteren Weghälfte. Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Infolge der eingetretenen Verjährung könnten die Kläger zwar ihre Ansprüche nicht auf den seinerzeitigen Kaufvertrag stützen, hätten aber regelmäßig im Bewußtsein als Eigentümer bzw Dienstbarkeitsberechtigte den Weg benützt und hätten daher die Voraussetzungen der Ersitzung erfüllt.
Das Berufungsgericht wies in Stattgebung der Berufung der Beklagten das Klagebegehren ab.
Die Kläger hätten in erster Instanz nie behauptet, daß die Beklagte die Liegenschaft in Kenntnis des außerbücherlichen Eigentums der Rechtsvorgänger der Kläger am halben Weg erworben habe. Die Tauglichkeit des Erwerbstitels der Beklagten stehe nicht in Frage, sodaß die das nach § 372 ABGB zu beurteilende Klagebegehren nicht berechtigt sei.
Die Kläger hätten durch das Benützen des Weges nicht solche Besitzhandlungen ausgeübt, die die Besitzausübung anderer Personen für jedermann erkennbar ausschlossen, sodaß auch ein außerbücherlicher Eigentumserwerb durch Ersitzung nicht eingetreten sei. Ein Wegerecht zugunsten des herrschenden Grundstückes 907/5 könne schon deshalb nicht begründet werden, weil die Kläger nicht Eigentümer desselben seien.
Gegen dieses Urteil richtet sich die außerordentliche Revision der klagenden Parteien wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung der Sache und dem Antrag, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, daß das erstgerichtliche Urteil wiederhergestellt wird.
Die beklagte Partei stellt den Antrag, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zulässig, weil die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes von der des Obersten Gerichtshofes abweicht.
Die Revision ist auch berechtigt.
Durch Kauf wird eine Sache um eine bestimmte Summe Geldes einem anderen überlassen (§ 1053 ABGB). Es muß nicht nur der Kaufpreis sondern auch das Kaufobjekt zumindest bestimmbar sein (Aicher aaO in Rummel ABGB2 Rz 8 zu § 1054 mwN). Diesen Anforderungen genügt es beim Liegenschaftskauf, wenn eine Einigung über den Kauf eines nach Ausmaß und Lage bestimmten Grundstückteiles zustande kommt, wenn auch dessen genaue Umgrenzung (wie im vorliegenden Fall) erst später durch Vermessung festgestellt wird (Aicher aaO Rz 8 mwN). Die Bestimmtheit ist nicht gegeben, wenn Gegenstand des Kaufvertrages ein halber Weg, ohne nähere Bestimmung der Lage der Weghälfte ist, auf die sich der Kaufvertrag bezieht.
Ob nun im Zweifel mangels Bestimmbarkeit der Weghälfte durch Kauf des halben Weges ideelles Miteigentum vereinbart wurde oder der Kaufvertrag in diesem Teil hinfällig wurde, ist nicht zu prüfen. Ein auf den Vertrag vom 27.12.1941 gegründeter Anspruch könnte infolge Verjährung nicht mehr geltend gemacht werden. Beide Fälle verhindern eine Ersitzung nicht. Die Rechtsprechung hat den Standpunkt vertreten, daß ein Eigentumsrecht am eigenen Grund nicht ersessen werden kann (Schubert in Rummel aaO Rz 2 zu § 1460 ABGB; JBl 1976, 642; 7 Ob 587/76). Im vorliegen den Fall wurde mangels Eintragung im Grundbuch Eigentum nicht erworben (Koziol/Welser10, Grundriß II 107). Die Ersitzung ist der Erwerb eines Rechtes durch qualifizierten Besitz während der gesetzlich bestimmten Zeit. Sie führt zu einem originären Rechtserwerb, der zur Folge hat, daß der bisherige Rechtsinhaber sein Recht verliert (Koziol-Welser aaO 68). Erworben wird das Recht, das inhaltlich dem ausgeübten Recht entspricht. Auch bei gegebenen Miteigentum wäre der Erwerb des ideellen dem Vertragspartner vorbehaltenen Miteigentumsanteiles (= 2.Weg-Hälfte) durch den anderen Vertragspartner möglich, sodaß auch Erwerb durch Ersitzung dadurch eintreten kann, daß die alleinige Besitzausübung, die die volle Zugehörigkeit der Sache zum Ausdruck bringt, durch den bisherigen Hälfteeigentümer im Bewußtsein berechtigter (Hälfte)Eigentümer bzw Dienstbarkeitsberechtigter zu sein, erfolgt. Daß die Beklagte während der Ersitzungszeit Handlungen gesetzt hätte, die sich als Ausübung des Eigentumsrechtes verstehen lassen und den Alleinbesitz der Kläger verhindert hätten (Schubert aaO Rz 2 zu § 1460 ABGB mwH, 7 Ob 528/86), ist nicht hervorgekommen, noch hat die Beklagte Umstände bewiesen, daß der Besitz während der Ersitzungszeit nicht fortgedauert hätte (Schubert aaO Rz 8 zu § 1461 ABGB) oder daß ein die Ersitzung ausschließendes Verhältnis vorliege (1 Ob 3/93 mwN).
Die Ersitzungsvoraussetzungen des redlichen bzw echten Besitzes konnten von der hiefür beweispflichtigen Beklagten (Schubert in Rummel aaO Rz 8 zu § 1461) nicht in Zweifel gezogen werden. Rechtmäßigkeit ist bei der hier vorliegenden uneigentlichen Ersitzung nicht Voraussetzung (Koziol/Welser aaO, 87 mwN).
Für die Ersitzung eines Rechtes an einer fremden Sache ist die Ausübung eines Rechtes im wesentlichen gleichbleibend zu bestimmten Zwecken und im bestimmten Umfang erforderlich. Notwendig ist eine für den Eigentümer des belasteten Gutes erkennbare Rechtsausübung. Auf die positive Kenntnis des Eigentümers der belasteten Sache hingegen kommt es nicht an (7 Ob 637/94).
Die objektive Erkennbarkeit der Besitzausübung ist durch das Befahren und Ausmähen des ganzen Weges gegeben. Diese Benützungshandlungen reichten im vorliegenden Fall auch aus, das Wesen voller Zugehörigkeit der Sache zu den Besitz ausübenden Klägern sichtbar zum Ausdruck zu bringen, sodaß jedermann erkennen konnte, daß ein Besitz der Beklagten oder deren Rechtsvorgänger mangels Mitbesitzerhandlungen ausgeschlossen ist (Spielbüchler in Rummel aaO, Rz 1 zu § 312 ABGB, 7 Ob 36/65,7 Ob 528/86). Das Recht des Alleinbesitzers, das nach § 312 ABGB unter anderem auch im Betreten, dem das Befahren gleichzusetzen ist, bestehen kann, haben die Kläger und ihre Rechtsvorgänger gegen die Beklagte und deren Rechtsvorgänger ausgeübt und diese haben sich gefügt (SZ 55/30, 4 Ob 515/95). Die Behauptung der Revisionsgegnerin ebenfalls Besitzerhandlungen, wie Mähen des Wegstreifens gesetzt zu haben wurde in erster Instanz nicht aufgestellt und ist schon deshalb, weil sie auch nicht in den Feststellungen begründet ist, unbeachtlich. Wenn auch die Rechtsprechung beim bloßen Abmähen einer Wegparzelle die Ersitzung der Eigentumsrechte verneint hat (Schubert aaO Rz 2 zu § 1460; SZ 44/190), so erfolgte im vorliegenden Fall die Benützung des Weges auch noch zusätzlich durch Befahren als typische Art der Ausübung des Sachbesitzes an Wegeparzellen nach § 312 ABGB (SZ 25/76), sodaß dieser Umfang der Benützung zur Ersitzung von Eigentum an einem Weg ausreicht.
Die Kläger haben daher Eigentum an dem von ihnen in der redlichen Meinung Eigentümer zu sein, benützten Wegteil 907/5 erworben. Die Art der Benützung des Wegteiles 907/4 als Wegeservitut deckt sich zwar mit der Art der Benützung des Wegteils 907/5, doch war hier der Wille der Kläger nur ein gegen jedermann wirkendes dingliches Recht in Form einer Dienstbarkeit an einer Weghälfte (JBl 1976, 642).
Daß die Rechte der Kläger zunächst rechtsgeschäftlich erworben wurden, hindert die Ersitzung hier nicht, weil mangels Eintragung der Eigentumserwerb unterblieb und der Grund der Gewahrsame der Kläger nicht eigenmächtig im Sinne des § 319 ABGB verwechselt wurde (SZ 44/41; EvBl 1978/1), sondern die vertraglichen Rechtsansprüche verjährten.
Das Urteil des Erstgerichtes war daher wieder herzustellen.
Da das Grundstück 907/5 im Verhältnis zum dienenden Grundstück 907/4 als herrschendes zu betrachten ist, ist am Klagebegehren nichts auszusetzen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.
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