OGH 9Ob119/06z

OGH9Ob119/06z15.11.2006

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Rohrer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling, Dr. Hradil, Dr. Hopf und Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag. Markus W*****, vertreten durch Kadlec & Weimann Rechtsanwalts KEG, Wien, gegen die beklagten Parteien 1. Mag. Wilhelm H*****, und 2. Dkfm. Hertha H*****, beide vertreten durch Dr. Peter Armstark, Rechtsanwalt in Wien, wegen Aufkündigung, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 12. Juli 2006, GZ 39 R 171/06w-11, womit das Urteil des Bezirksgerichtes Josefstadt vom 10. März 2006, GZ 17 C 994/05t-7, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien die mit EUR 330,11 (darin EUR 55,02 USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen vierzehn Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Begründung

Der Kläger ist Vermieter der von den Beklagten gemieteten Wohnung Top Nr. 21 im Haus *****. Der Erstbeklagte wurde mit Vereinbarung vom 30. Dezember 1988 neben der Zweitbeklagten und dem damaligen Mieter Wilhelm H***** sen. als weiterer Mieter ausdrücklich anerkannt. In dieser Vereinbarung wurde auch festgehalten, dass der Mietvertrag vom 30. Oktober 1972 in der Fassung des vor dem Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien am 26. November 1980 geschlossenen Vergleichs weiter gelten sollte, soweit er nicht durch die Vereinbarung berührt ist. Mit dem besagten Vergleich, der auch eine erhebliche Erhöhung des bisher bezahlten Hauptmietzinses enthielt, wurde festgelegt, dass die klagende Partei (Anmerkung: dies ist der damalige Vermieter) der Nichtbenützung bzw Benützung des Bestandobjekts zu Wohn- oder Geschäftszwecken durch die beklagte Partei (Anmerkung: dies ist der damalige Mieter) und deren Kindern zustimmt.

Mit schriftlichem Untermietvertrag vom 1. Oktober 2003 vermieteten die Beklagten ein Zimmer dieser Wohnung einschließlich Benützung der Nebenräume an Doris D***** als Untermieterin. Die Beklagten benützen selbst die übrigen Teile des Mietobjekts weder derzeit noch in absehbarer Zeit zur Befriedigung eigener Wohnbedürfnisse. Unstrittig ist ferner, dass ein Zimmer des Bestandobjektes nicht vom Untermietvertrag umfasst ist und der vereinbarte Untermietzins nicht überhöht ist.

In der auf § 30 Abs 2 Z 4 MRG gestützten Aufkündigung brachte der Kläger vor, dass die Beklagten das Bestandobjekt nicht zur Befriedigung eigener Wohnbedürfnisse benützten, sondern zur Gänze an eine dritte Person weitergegeben haben bzw allenfalls nicht weitergegebene Teile der Wohnung nicht zur Befriedigung eigener Wohnbedürfnisse benützten, sodass ebenfalls der Kündigungsgrund des § 30 Abs 2 Z 4 erster Fall MRG (in der Variante nach § 30 Abs 2 Z 4 zweiter Satz MRG) vorläge.

Die Beklagten wendeten ein, dass der Vermieter mit dem Vergleich vom 26. November 1980 nicht nur auf den Kündigungsgrund der Nichtbenützung durch die Mieter, sondern auch darauf verzichtet habe, das Mietverhältnis wegen teilweiser Weitergabe des Mietobjekts (ohne gleichzeitige Befriedigung eines eigenen Wohnbedürfnisses der Mieter an den verbliebenen Räumen) aufzukündigen.

Das Erstgericht hob die gerichtliche Aufkündigung auf und wies das Klagebegehren ab. Es vertrat die Rechtsauffassung, dass ein Verzicht auf die Kündigungsgründe des § 30 Abs 2 Z 6 und 7 MRG auch den Verzicht auf den Kündigungsgrund nach § 30 Abs 2 Z 4 erster Fall in der Variante des zweiten Satzes mitumfasse.

Das Berufungsgericht bestätigte das Urteil des Erstgerichtes. Es vertrat die Auffassung, dass ein Verzicht auf die Geltendmachung des Kündigungsgrundes nach § 30 Abs 2 Z 6 MRG zwar nicht ohne Weiteres einen Verzicht auf eine Kündigung nach § 30 Abs 2 Z 4 erster Fall MRG („gänzliche Weitergabe") enthalte, sehr wohl aber auf den Fall der Variante der teilweisen Weitergabe ohne Eigenbenützung des Restobjektes angewendet werden müsse.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass die Revision zulässig sei, weil keine Rechtsprechung dazu bestehe, inwieweit der Verzicht auf den Kündigungsgrund des § 30 Abs 2 Z 6 MRG der Geltendmachung einer auf § 30 Abs 2 Z 4 Satz 2 MRG gestützten Aufkündigung entgegenstehe.

Rechtliche Beurteilung

Entgegen diesem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Zulassungsausspruch (§ 508a Abs 1 ZPO) ist die Revision des Klägers nicht zulässig, da keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO vorliegt.

Auch für den Umfang eines Verzichts auf einen Kündigungsgrund gilt der Grundsatz, dass dieser Frage im Allgemeinen keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt (5 Ob 175/99t ua). Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes kann daher auch nicht generell dahin entschieden werden, dass ein Verzicht auf den Kündigungsgrund des § 30 Abs 2 Z 6 MRG in jedem Fall auch einen Verzicht auf die Geltendmachung des Kündigungsgrundes nach § 30 Abs 2 Z 4 erster Fall MRG in der Variante des Satzes 2 leg. cit. in sich schließt. So ist es denkbar, dass es dem Vermieter nicht auf die Person des faktischen Benützers, sondern nur darauf ankommt, einen bestimmten Vertragspartner zu haben, an den er sich wenden kann. Andererseits ist es aber auch möglich, dass ein Vermieter nicht will, dass tatsächlich nur außenstehende Personen das Mietobjekt benützen. Soweit das Berufungsgericht im speziellen Fall einen weitergehenden Kündigungsverzicht angenommen hat, ist diese Rechtsauffassung als Auslegung im Einzelfall vertretbar. Genauso vertretbar ist die Ansicht, dass auch die Zusatzvereinbarung aus dem Jahr 1988 keine abweichende Beurteilung gebietet.

Da der Kläger keine über diese Erwägungen hinausgehende erhebliche Rechtsfrage aufzuzeigen vermag, erweist sich seine Revision als unzulässig.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 Abs 1 ZPO. Die Revisionsbeantwortung der Beklagten diente der zweckentsprechenden Rechtsverteidigung, weil darin auf die Unzulässigkeit der Revision mangels Geltendmachung einer erheblichen Rechtsfrage hingewiesen wurde.

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