OGH 9Nc3/23z

OGH9Nc3/23z25.1.2023

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Fichtenau als Vorsitzende, den Hofrat Mag. Ziegelbauer und die Hofrätin Mag. Korn als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei T*, vertreten durch Dr. Sebastian Mairhofer, Rechtsanwalt in Linz, gegen die beklagte Partei W* GmbH, *, vertreten durch Hawel, Eypeltauer, Gigleitner, Huber & Partner, Rechtsanwälte in Linz, wegen Kündigungsanfechtung, über den Delegierungsantrag beider Parteien den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0090NC00003.23Z.0125.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Der Akt wird dem Arbeits‑ und Sozialgericht Wien zurückgestellt.

 

Begründung:

[1] Der Kläger begehrt die Rechtsunwirksamerklärung der von der Beklagten ausgesprochenen Kündigung seines Dienstverhältnisses.

[2] Das Landesgericht Linz erklärte sich für örtlich unzuständig und überwies die Rechtssache an das Arbeits‑ und Sozialgericht Wien.

[3] Noch vor der vorbereitenden Tagsatzung stellten die Parteien mit gemeinsamem Schriftsatz „gemäß § 31 Abs 2 JN“ einvernehmlich an den Obersten Gerichtshof den Antrag, die Rechtssache an das Landesgericht Linz als Arbeits‑ und Sozialgericht zu delegieren.

Rechtliche Beurteilung

[4] Der Oberste Gerichtshof ist zur Entscheidung funktionell nicht zuständig.

[5] Nach § 31a Abs 1 Satz 1 JN hat das Gericht erster Instanz in Streitsachen die Sache einem anderen Gericht gleicher Art zu übertragen, wenn die Parteien dies spätestens zu Beginn der mündlichen Streitverhandlung übereinstimmend beantragen.

[6] Der Gesetzgeber hat mit der Regelung des § 31a JN dem Grundsatz der Vermeidung überflüssigen Verfahrensaufwands im Fall eines gemeinsamen Antrags der Parteien die Priorität vor den sonst bei der Delegierung nach § 31 JN erforderlichen Zweckmäßigkeitserwägungen eingeräumt. Im Fall eines gemeinsamen Parteienantrags lässt § 31a Abs 1 JN unabhängig von der Begründetheit dieses Antrags keinen Raum mehr für Zweckmäßigkeitsprüfungen. Das Gericht erster Instanz hat bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 31a Abs 1 JN im Sinne des Parteienantrags zu entscheiden. Die vereinfachte Delegierung nach § 31a Abs 1 JN geht der Delegierung aus Zweckmäßigkeitserwägungen nach § 31 JN vor. Einer Übertragung gemäß § 31a Abs 1 JN können nur die durch die sachliche Eigenzuständigkeit bedingten Prorogationsgrenzen entgegenstehen, nicht aber örtliche Zuständigkeitsgrenzen. Der Oberste Gerichtshof ist für die Erledigung eines solchen auf die direkte Übertragung der Zuständigkeit vom zuständigen Gericht an das andere Gericht gerichteten Antrags unzuständig (RS0107486; RS0107459).

[7] Die Parteien stellten hier inhaltlich einen Antrag nach § 31a Abs 1 JN. Daran ändert nichts, dass sie rechtsirrig davon ausgingen, ihr Antrag wäre ein solcher nach § 31 JN und er fiele wegen der angestrebten OLG‑sprengelübergreifenden Delegierung in die Kompetenz des Obersten Gerichtshofs.

[8] Zur Entscheidung über den Antrag ist deshalb das Arbeits‑ und Sozialgericht Wien berufen.

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Stichworte