OGH 8ObS3/11s

OGH8ObS3/11s22.11.2011

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Dr. Spenling als Vorsitzenden, den Hofrat Hon.-Prof. Dr. Kuras, die Hofrätin Dr. Tarmann-Prentner sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Reinhard Drössler und Mag. Johann Schneller als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei J***** F*****, vertreten durch Puttinger, Vogl & Partner Rechtsanwälte GmbH in Linz, gegen die beklagte Partei IEF Service GmbH, 4910 Ried im Innkreis, Bahnhofstraße 45a, vertreten durch die Finanzprokuratur, wegen Insolvenz-Entgelt (134,23 EUR sA), über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 16. Februar 2011, GZ 12 Rs 135/10z-18, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Der Kläger war als Lehrling beschäftigt und erklärte am 13. 2. 2009 seinen vorzeitigen Austritt nach § 25 KO, nachdem am 4. 2. 2009 der Konkurs über das Vermögen des Dienstgebers eröffnet worden war. Einen Tag nach der Konkurseröffnung legte der Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin die Gewerbeberechtigung zurück. Im Verfahren ist der Anspruch des Klägers auf Lehrlingsentschädigung für den Zeitraum zwischen Beendigung der Gewerbeberechtigung und Austritt strittig.

Rechtliche Beurteilung

Das Klagebegehren war in beiden Vorinstanzen erfolgreich, das Berufungsgericht erklärte die ordentliche Revision für nicht zulässig. Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wirft keine Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO auf.

1. Nach Eröffnung des Konkursverfahrens steht der Konkursmasse nach § 41 Abs 1 Z 4 und Abs 5 GewO (idF BGBl I 111/2002) das Recht zu, den Gewerbebetrieb des Gemeinschuldners fortzuführen, und zwar „auf Grund der Gewerbeberechtigung einer anderen Person“.

Das Fortführungsrecht nach § 41 GewO beginnt mit der Eröffnung des Konkursverfahrens. Ein Verzicht des Masseverwalters wurde im Verfahren nicht behauptet. Durch die nachfolgende Anzeige des Gewerbeinhabers über die Zurücklegung der Gewerbeberechtigung wird aber nach § 86 Abs 3 GewO das bereits entstandene Fortführungsrecht des Masseverwalters nicht berührt.

2. Die Eröffnung des Konkurses über das Vermögen des Lehrberechtigten beendet ein Lehrverhältnis nicht ex lege (RIS-Justiz RS0053027; vgl auch RS0021706), sondern der Masseverwalter wird als Fortbetriebsberechtigter nach § 41 Abs 1 GewO 1973 auch Lehrberechtigter nach § 2 BAG (§ 2 Abs 4 und § 3 Abs 1 Z 3 BAG; 9 ObA 2113/96t mwN).

Die für eine Ausbildung notwendigen einschlägigen Fachkenntnisse und Voraussetzungen muss der Masseverwalter nicht persönlich aufweisen, zumal er nach § 3 Abs 1 Z 3 BAG ohnedies einen geeigneten Ausbilder zu bestellen hat. Entgegen den von der Revisionswerberin geäußerten Bedenken kommt es hier auch nicht darauf an, ob der Masseverwalter tatsächlich eine zweckmäßige Ausbildung des Lehrlings gewährleisten kann. Ist das nicht der Fall oder wird der Betrieb überhaupt eingestellt, handelt es sich dabei um faktische Hindernisse, die nicht zur Beendigung des Lehrverhältnisses ex lege führen, sondern den Lehrling nur zum vorzeitigen Austritt berechtigen (4 Ob 31/83; Preiss in ZellKomm, § 14 BAG Rz 11).

3. Die höchstgerichtliche Rechtsprechung zu den Folgen einer Entziehung der Gewerbeberechtigung (vgl RIS-Justiz RS0052893) ist wegen der Regelung des § 86 Abs 3 GewO für Fälle der freiwilligen Zurücklegung nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht einschlägig.

Trotz Fehlens einer ausdrücklichen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu einer konkreten Fallgestaltung liegt dann keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO vor, wenn das Gesetz selbst eine klare, eindeutige Regelung trifft (RIS-Justiz RS0042656). Die außerordentliche Revision der Beklagten ist daher nicht zulässig.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte