OGH 8ObA217/97p

OGH8ObA217/97p11.12.1997

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Petrag als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Langer und Dr.Rohrer sowie die fachkundigen Laienrichter RegRat Theodor Kubak und MinR Mag.Veronika Bauer als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Dkfm.Dr.Ernst K*****, vertreten durch Dr.Otfried Fresacher, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wider die beklagte Partei K*****gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr.Walter Brunner, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wegen S 856.000,-- brutto sA, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 21.November 1996, GZ 7 Ra 265/96m-20, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Arbeits- und Sozialgericht vom 24.Juli 1996, GZ 31 Cga 5/96f-13, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird mit der Maßgabe bestätigt, daß der Zinsenzuspruch im Punkt 3. des Ersturteiles durch den Beisatz "und zwar aus dem sich jeweils ergebenden Nettobetrag" ergänzt wird.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 22.347,-- (darin S 3.724,50 USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die von der Revisionswerberin behauptete Mangelhaftigkeit und Aktenwidrigkeit liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).

Das Berufungsgericht hat den vom Erstgericht festgestellten Sachverhalt rechtlich richtig beurteilt, sodaß es gemäß § 48 ASGG ausreicht, auf die zutreffende Begründung des angefochtenen Urteiles zu verweisen. Ergänzend ist anzumerken:

Rechtliche Beurteilung

Ausschlaggebend für die Qualifikation der Tätigkeit eines Gesellschafter-Geschäftsführers ist einerseits der Umfang seiner Beteiligung (vgl GesRZ 1994, 136; SZ 68/188) und andererseits der Inhalt des mit ihm geschlossenen schuldrechtlichen Vertrages und die sich daraus für seine Arbeit ergebenden Rechte und Pflichten (ecolex 1990, 434). Je nachdem ist als Grundlage seiner Dienstleistungen ein Arbeitsvertrag, ein arbeitnehmerähnliches Verhältnis oder einn freier Dienstvertrag anzunehmen. Ausreichende Feststellungen zur Beurteilung der Rechtsgrundlage der Arbeitsleistungen des Klägers fehlen. Dies schadet jedoch nicht, weil selbst bei Annahme des Vorliegens eines freien Dienstvertrages, wie dies für Vertragsverhältnisse zwischen der Gesellschaft mbH und ihren Organen oftmals angenommen wird (ArbSlg 10.406; EvBl 1991, 194), die Bestimmung des § 1162b erster Satz ABGB anzuwenden wäre. Die erwähnte Gesetzesstelle geht nämlich nicht von der persönlichen Abhängigkeit des Dienstnehmers aus und ist nicht am Schutz des sozial Schwächeren orientiert, weshalb sie ohneweiteres auch auf freie Dienstverträge anzuwenden ist (Wachter,

Der sogenannte freie Dienstvertrag, DRdA 1984, 405, hier 413 f; Krejci in Rummel ABGB2 Rz 83; EvBl 1991/194). Daß zu den dem Kläger zustehenden vertragsgemäßen Ansprüchen auch die innerhalb der Kündigungsfrist fällig gewordene Sonderzahlung zählt, ist nicht strittig.

Es ist gesicherte Rechtsprechung, daß das Dienstverhältnis durch Entlassung sofort endet und daß der ungerechtfertigt entlassene Dienstnehmer finanziell so zu stellen ist, als wäre sein Arbeitsverhältnis ordnungsgemäß aufgelöst worden (SZ 59/97; ArbSlg 10.873 ua). Es ist weiters zutreffend, daß die Rechtsprechung Ansprüche nach § 1162b ABGB ebenso wie jene nach § 29 AngG im allgemeinen als Schadenersatzansprüche qualifiziert (SZ 49/139; ArbSlg 10.177; SZ 55/148; Krejci in Rummel2 §§ 1162a, 1162b Rz 12), jedoch hat schon das Berufungsgericht zutreffend darauf verwiesen, daß es nicht auf die Benennung des Rechtsgrundes, sondern der diesem zu unterstellenden anspruchserzeugenden Tatsachen in der Klage ankommt. Entgegen den Revisionsausführungen ist das Klagebegehren in diesem Sinne ausreichend substantiiert.

Auch die Auslegung des in der außerordentlichen Generalversammlung der Beklagten am 28.Juni 1993 gefaßten Beschlusses (Beilage Qu) durch das Berufungsgericht ist nicht zu beanstanden. Die Revisionswerberin läßt bei ihren Ausführungen den vom Berufungsgericht als gewichtige Argumentationsstütze herangezogenen Grundsatzbeschluß vom 27.11.1987 (Beilage 9) unbeachtet. Dieser legt in seinem Punkt 2. die Grundsätze über die finanzielle Ausstattung eines Partners sowie die Erklärung fest, daß dessen reine Bruttobezüge im Wert der verrechenbaren Stunden (wenigstens 1200 pro Jahr) Deckung finden sollen. Bei Änderung der Ertragslage einer Betriebsstätte seien die Aktivbezüge der geschäftsführenden Gesellschafter entsprechend zu reduzieren. Könne über diese Reduktion keine Einigung innerhalb der Betriebsstätte zustandegebracht werden, sei die Frage mit dem zuständigen Referenten zu klären und wenn in diesem Gespräch keine Einigung erzielt werde, die Syndikatsleitung als Schlichtungsstelle anzurufen. Es kann nun tatsächlich nicht unterstellt werden, daß der allen Teilnehmern zweifelsohne bekannte Grundsatzbeschluß in der außerordentlichen Generalversammlung vom 28.Juni 1993 auch insoweit abgeändert werden sollte, als das dort vorgesehene dreistufige, den jeweiligen Partner vor Willkür schützende Verfahren ersatzlos beseitigt werden sollte. Punkt 4c des zum Beschluß erhobenen Aktenvermerkes vom 28.6.1993 kann vielmehr nur erläuternd zum Grundsatzbeschluß dahin verstanden werden, daß jeder Partner im Wirtschaftsjahr nicht nur 1250 verrechenbare Stunden zu erbringen habe, sondern daß diese auch tatsächlich verrechnet und einbringlich sein müßten. Die Reduktion sollte schon bei einer 5 %igen Unterschreitung des Stundensolls stattfinden. Bedenkt man, daß in derselben Sitzung eine Reduktion verschiedener Entgeltansprüche des Klägers einvernehmlich vorgenommen wurde, ist die Annahme des Berufungsgerichtes, auch jede weitere Entgeltherabsetzung habe das bisher angewandte Prinzip der Einvernehmlichkeit zur Voraussetzung und Punkt 4c des Aktenvermerkes lege lediglich die Grundlagen dafür fest, durchaus lebensnah und überzeugend.

Was das Vorliegen der behaupteten Entlassungsgründe betrifft, ist auf die diesbezüglich von den Vorinstanzen angestellten überzeugenden Erwägungen zu verweisen, wonach die möglicherweise ungenaue oder fehlerhafte Abfassung von Arbeitsberichten durch den Kläger nicht zum Zwecke der Täuschung der Beklagten erfolgte, sondern der Kläger vielmehr eine jahrezehntelang von ihm geübte Art der Erfassung von Arbeitsstunden beibehielt. Daß er über die Beschlußfassung in der außerordentlichen Generalversammlung vom 28.6.1993 hinaus nachdrücklich dazu aufgefordert worden wäre, seine Aufzeichnungen in anderer Art zu führen, ist im Verfahren nicht hervorgekommen.

Nach ständiger Rechtsprechung ist der Arbeitnehmer berechtigt, den Bruttolohn einzuklagen. Das auf den Bruttolohn gerichtete Klagebegehren ist bestimmt und exequierbar (SZ 54/169; SZ 56/75; SZ 64/35; 9 ObA 45/91 ua). Erst bei Zahlung oder exekutiver Hereinbringung kommt das Recht des Arbeitgebers auf Abzug der Lohnsteuer und der Sozialversicherungsbeiträge zum Tragen und ergibt sich ein entsprechender dem Arbeitnehmer tatsächlich auszuzahlender Nettobetrag. Sieht man mit Klicka (Bestimmtheit des Begehrens bei Leistungsklagen, 83) den "Bruttozusatz" im Urteil lediglich als unverbindliche Rechtsbelehrung an, mit der das Gericht auf allfällige, nach dem Gesetz bestehende, aber erst künftig existent werdende Abzugsmöglichkeiten hinweist, erscheint es auch im Hinblick auf die Vorschrift des § 235 Abs 4 ZPO vertretbar, das Brutto- und das diesem entsprechende Nettobegehren als ident anzusehen (SZ 67/133). Es kann daher auch bei Zuspruch der Zinsen aus dem Bruttobetrag nicht zweifelhaft sein, daß die Berechnung der Zinsen vom Nettobetrag auszugehen hat (vgl 3 Ob 122/93; SZ 67/133). Auch das Ersturteil kann in keinem anderen Sinne verstanden werden, sodaß die diesbezüglichen Ausführungen des Berufungsgerichtes zu billigen sind. Zur Klarstellung war jedoch der erstinstanzliche Zinsenzuspruch durch den Beisatz zu verdeutlichen, daß die Verzinsung nur aus dem sich ergebenden Nettobetrag zusteht (DRdA 1996, 521).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 50, 41 ZPO.

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