Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Kosten des Verfahrens erster Instanz.
Text
Begründung
Der Kläger ist gelernter Schlosser und hat auch immer als Schlosser gearbeitet. Er war bei der beklagten Leiharbeitsfirma von 23. 11. 1998 bis 12. 3. 1999 und dann vom 5. 5. 1999 zumindest bis 31. 12. 2000 beschäftigt. Die Beklagte hat ihren Sitz in Enns, jedoch auch eine Filiale in Wien, für die der Kläger als "Monteur" aufgenommen wurde. Dabei sollte er neben der Schlossertätigkeit auch artverwandte Tätigkeiten verrichten. Es war für 1998 ein Stundenlohn von S 106,50 und für 1999 ein solcher von S 110,- bzw ab November 1999 von S 112,10 vereinbart. Bei Verwendungen beim Beschäftiger wurde der Kollektivvertrag für das metallverarbeitende Gewerbe berücksichtigt. Im Einzelnen festgestellt wurden auch noch die aufgrund einer in Wien in der Industrie durchgeführten Erhebung ermittelten, nach sechs Berufsgruppen gegliederten (Facharbeiter, ........) Durchschnittsentgelte.
Der Kläger begehrt nun letztlich S 41.299,79 samt gestaffelten Zinsen. Er stützt dies darauf, dass er Anspruch auf ein angemessenes ortsübliches Entgelt habe, das in Wien für Facharbeiter 1998 S 21.960 und 1999 S 22.320 sowie 2000 S 22.860 brutto monatlich betragen habe. Dies sei als sein Grundentgelt gemäß § 10 Abs 1 erster Satz AÜG anzusehen und unabhängig vom Entgeltanspruch aufgrund des in einem Beschäftigerbetrieb anzuwendenden Kollektivvertrages zu bezahlen. Dieses Grundentgelt sei ohne Aufsplittung nach Branchen nur nach einer groben Einteilung in Facharbeiter, angelernte Arbeiter und ungelernte Arbeiter zu ermitteln.
Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete im Wesentlichen ein, dass zwischen dem Grundentgelt und dem Entgeltanspruch während der Überlassung zu unterscheiden sei. Das Grundentgelt sei nach dem üblicherweise von den gewerblichen Arbeitskräfteüberlassern bezahlten Entgelt zu ermitteln. Es liege jedenfalls unter den Löhnen der Industrie.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es folgerte rechtlich aus dem einleitend dargestellten Sachverhalt, dass für die Feststellung des Anspruchs auf das Grundentgelt im Falle des Fehlens einer kollektivvertraglichen Entgeltregelung auf das "angemessene, ortsübliche" Entgelt abzustellen sei. Dazu sei ein möglichst sacheinschlägige Kollektivvertrag sowie die ortsübliche Überzahlung in der jeweiligen, einen einheitlichen Arbeitsmarkt bildenden Region heranzuziehen. Ein Kollektivvertrag für Arbeiter von Arbeitskräfteüberlassungsunternehmen fehle. Es sei hier der sacheinschlägige Kollektivvertrag für Arbeiter des eisen- und metallverarbeitenden Gewerbes heranzuziehen. Dessen Lohnansätze lägen jedoch nicht über dem den Kläger bezahlten Entgelt. Die vom Kläger begehrte Überzahlung nach dem Durchschnitt aller Facharbeiter sei nicht gerechtfertigt. Auch wäre dies im Ergebnis nicht praktikabel. Die Anwendung von § 273 ZPO bringe für den Kläger kein günstigeres Ergebnis, da dabei wieder auf den Kollektivvertrag für Arbeiter des eisen- und metallverarbeitenden Gewerbes abzustellen sei. Das Berufungsgericht gab der gegen dieses Urteil erhobenen Berufung des Klägers Folge, behob das angefochtene Urteil und verwies die Rechtssache zur Verfahrensergänzung an das Erstgericht. Es setzte sich ausführlich mit der Meinung von Schindler (Der Entgeltanspruch bei Arbeitskräfteüberlassung RdW 2000/735) auseinander. Es folgerte aber, dass es entgegen der Ansicht von Schindler bei Facharbeitern doch möglich sei, einen sachnächsten Kollektivvertrag für die Feststellung des Anspruches auf das Grundentgelt zu ermitteln. Eine allenfalls vorkommende Beschäftigung etwa eines Elektrikers in einem völlig anderen Bereich, etwa einer Bäckerei, sei keine Frage der Bestimmung des Grundentgeltes, sondern für die Ermittlung des Entgeltanspruches während der Überlassung relevant. Im Hinblick auf die Unterschiede zwischen den Gewerbe- und Industriekollektivverträgen sei ein Durchschnittsverdienst zu ermitteln. Ausgangspunkt für die Ermittlung des sachnächsten Kollektivvertrages sei bei Facharbeitern deren Berufsausbildung, hier also nach welchem Kollektivvertrag Schlosser üblicherweise entlohnt werden. Dies treffe auf die Kollektivverträge für Arbeiter des eisen- und metallverarbeitenden Gewerbes aber auch der Industrie zu, weshalb entgegen der Ansicht des Erstgerichtes nicht nur der Kollektivvertrag für das Gewerbe herangezogen werden könne. Eine Vereinbarung dazu liege auch nicht vor. Ferner werde unter Heranziehung eines Sachverständigen jeweils die ortsübliche Überzahlung und daraus dann der Durchschnitt festzustellen sein.
Den Rekurs an den Obersten Gerichtshof erachtete das Berufungsgericht als zulässig, da eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Auslegung des Begriffes des "sachnächsten Kollektivvertrages" fehle.
Rechtliche Beurteilung
Der gegen den Beschluss des Berufungsgerichtes erhobene Rekurs der beklagten Partei ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig, aber nicht berechtigt. Zum Zeitpunkt der Erhebung des Rechtsmittels lag noch keine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes zu dieser Frage vor.
Der erkennende Senat hat allerdings am 13. 12. 2001 in seiner zu einem ähnlichen Sachverhalt ergangenen Entscheidung zu 8 ObA 226/01w bereits folgendes ausgeführt:
"Nach § 11 Abs 1 AÜG hat der Arbeitgeber mit dem Arbeitnehmer im Falle von Arbeitskräfteüberlassungen neben der Höhe des Entgeltes (Z 1) unter anderem die voraussichtliche Art der Arbeitsleistung (Z 4) zu vereinbaren.
§ 10 Abs 1 AÜG legt zu den Ansprüchen des Arbeitnehmers folgendes fest:
Satz 1: "Die Arbeitskraft hat Anspruch auf ein angemessenes, ortsübliches Entgelt, das mindestens einmal monatlich auszuzahlen und schriftlich abzurechnen ist."
Satz 2: "Normen der kollektiven Rechtsgestaltung, denen der Überlasser unterworfen ist, bleiben unberührt."
Satz 3: "Bei der Beurteilung der Angemessenheit ist für die Dauer der Überlassung auf das im Beschäftigerbetrieb vergleichbaren Arbeitnehmern für vergleichbare Tätigkeiten zu zahlende kollektivvertragliche Entgelt Bedacht zu nehmen."
Der Oberste Gerichtshof hat dies nun in seinen Entscheidungen vom 20. 11. 1991 zu 9 ObA 196/91 (= SZ 64/161 = Arb 10.977 = JBl 1992, 265 = DRdA 1992/45 ua) sowie 9 ObA 602/91 (Arb 10.979 = 64/162 = DRdA 1992/46) und auch in den nachfolgenden Entscheidungen (vgl etwa zuletzt OGH 5. 9. 2001, 9 ObA 195/01v und OGH 25. 10. 2001, 8 ObA 28/01b) dahin ausgelegt, dass mit Satz 1 und 2 der Bestimmung der gemäß § 10 Abs 1 AÜG schon vor Überlassung zwischen Überlasser und Arbeitskraft unabhängig von der einzelnen Überlassung zu vereinbarende Anspruch inhaltlich geregelt wird (Grundentgelt), während Satz 3 eine ergänzende Regelung für die Zeit der Überlassung trifft (Beschäftigerentgelt). Weiters wurde dabei stets daran festgehalten, dass für das Grundentgelt außerhalb der Überlassungszeiten, sowie jenes im Sinne der Sätze 1 und 2 in erster Linie ein für den Überlasserbetrieb geltender Kollektivvertrag im Sinne des Satzes 2 maßgeblich ist. Dann ist auch dessen Zugehörigkeit in der Wirtschaftskammer (Gewerbe) entscheidend. Nur dann, wenn - so wie hier - kein Kollektivvertrag für den Überlasserbetrieb besteht, ist der Grundanspruch nach Satz 1 zu bestimmen. Dabei ist dann nicht nur auf einen "möglichen sacheinschlägigen Kollektivvertrag", sondern auch auf eine ortsübliche Überzahlung des kollektivvertraglichen Mindestentgeltes zur Feststellung des angemessenen, ortsüblichen Entgeltes im Sinne des Satzes 1 abzustellen. Für die Ortsüblichkeit wurde dabei auch bereits wiederholt festgehalten, dass es nicht auf die Ortsgemeinde, sondern auf die als einheitlicher Arbeitsmarkt in Betracht kommende Region abzustellen ist. Dieser - so - festgestellte Grundentgeltanspruch ist dem Arbeitnehmer als Untergrenze jedenfalls gesichert, und zwar auch dann, wenn er in einem Beschäftigerbetrieb eingesetzt wird, bei dem ein Kollektivvertrag ein niedrigeres Mindestentgelt vorsieht (vgl OGH 9. 3. 2000, 8 ObA 332/99b = DRdA 2001/4 [Schindler]).
Da sich der Kläger gar nicht auf allfällige Kollektivverträge in den Beschäftigerbetrieben im Sinne des § 10 Abs 1 Satz 3 stützt, ist also die von den Arbeitsvertragsparteien festgelegte Entgeltbestimmung unter dem Blickwinkel des § 10 Abs 1 Satz 1und 2 AÜG zu überprüfen....................................
Ausgehend davon, dass der Grundanspruch sich nicht aus der Regelung einer "Norm der kollektiven Rechtsgestaltung, der der Überlassung unterworfen ist" im Sinne des § 10 Abs 1 zweiter Satz ergibt, ist also entsprechend der dargestellten Judikatur der Grundanspruch nach Satz 1 unter Heranziehung eines möglichst sacheinschlägigen Kollektivvertrages und einer ortsüblichen Überzahlung des kollektivvertraglichen Mindestentgeltes in der als einheitlicher Arbeitsmarkt in Betracht kommenden Region zu prüfen. Die Literatur hat nun gegen dem in der ständigen Judikatur des Obersten Gerichtshofes festgehaltenen Ansatz, dass für die Angemessenheit vorweg auf die Kollektivverträge für vergleichbare Arbeiten abzustellen wäre (vgl dazu auch schon Ritzberger-Moser, Der Entgeltanspruch der überlassenen Arbeitskraft nach § 10 Abs 1 AÜG, DRdA 1992, 330 ff) Bedenken aufgezeigt.
Schindler (Der Entgeltanspruch bei Arbeitskräfte-Überlassung RdW 2000/735) problematisiert dabei, dass sich der "sacheinschlägige" Kollektivvertrag auf die Tätigkeit in Branchen- und Arbeitsorten beziehe, die zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses noch gar nicht bekannt seien. Auch bezögen sich die Kollektivverträge nicht auf Tätigkeiten, wie etwa die Berufstätigkeit als Elektriker, sondern auf Branchen. Ein Elektro-Installateur könne genauso mit der Instandhaltung einer Textilfabrik wie eines Handelsunternehmens befasst sein. Noch weniger Anhaltspunkte gebe es bei ungelernten Arbeitern. Für die überwiegende Mehrzahl der Leiharbeiter sei es unmöglich, einen "sacheinschlägigen" Kollektivvertrag ausfindig zu machen. Regelmäßig sei auch nicht die Verwendung in einer bestimmten Branche vereinbart. Im Ergebnis müsse daher von vornherein eine Kategorisierung der Tätigkeiten relativ grob vorgenommen werden und zwar im Arbeiterbereich überhaupt nur in ungelernte, angelernte und Facharbeitertätigkeiten. Für diese drei Gruppen seien auch entsprechende Lohnstatistiken vorhanden. Da das Lohnniveau in den Gewerbebetrieben im Durchschnitt um 20 % niedriger sei als in der Industrie, wäre von den Werten bei einem ausschließlich vereinbarten Arbeitseinsatz im Gewerbe dieser Prozentsatz, bei einer Mischverwendung jedoch jener von 10 % abzuziehen.
Auch Schrammel (Zum Grundlohnanspruch überlassener Arbeitskräfte, ecolex 2001, 252) zeigt das Problem bei der Ermittlung der "sacheinschlägigen" Vergleichskollektivverträge auf, da das Kollektivvertragssystem auf dem "Industrieverbandssystem" beruhe und sich außerdem noch die Frage der konkreten Einordnung in den Kollektivvertrag stelle. Der gleiche Arbeitnehmer könne für unterschiedlich einzustufende Tätigkeiten und auch in unterschiedlichen Branchen eingesetzt werden. Ansatzpunkt müsse daher nicht die Tätigkeit des Leiharbeitnehmers, sondern der Überlasser sein, und zwar welcher Lohn in Überlasserbetrieben dieser Region gewöhnlich bezahlt werde. Sollte aber doch auf die sacheinschlägigen Kollektivverträge abgestellt werden, so wäre auf die einschlägigen Gewerbekollektivverträge abzustellen, da auch die Überlasser der Sektion Gewerbe in der Wirtschaftskammer angehören. Die Kollektivverträge für Industriebetriebe oder Spezialbranchen, wie Brauereien und Erdölverarbeitung seien von vornherein auszuscheiden, da das angemessene und ortsübliche Entgelt nur auf Grundlage von Gewerbebetrieben ermittelt werden könnte. Als "sacheinschlägig" könnten zwar die Kollektivverträge der Beschäftigerbetriebe herangezogen werden, jedoch würde dies in Widerspruch zu Satz 3 den Unterschied zwischen angemessenen Grundlohn nach Satz 1 und 2 einerseits und dem Beschäftigerlohn im Satz 3 andererseits verwischen. Dies würde auch nicht darauf Bedacht nehmen, dass die Überlassung ja in verschiedenste Branchen erfolgen könne. Ein allfälliger Durchschnittslohn aus diesen Branchen könne zu Beginn nicht ermittelt werden. Daher sei auf die tatsächlichen Lohnverhältnisse im Gewerbe der Arbeitskräfteüberlasser abzustellen. Müsse doch davon ausgegangen werden, dass in einem funktionierenden Markt angemessene und ortsübliche Löhne gezahlt werden. Eine gewisse Richtschnur biete der für den Überlasser anzuwendende Kollektivvertrag für Angestellte des Gewerbes. Der unter Zugrundelegung der vereinbarten Arbeitsgebiete ermittelte Grundlohn sei ex post unter Heranziehung der tatsächlichen Einsatzbereiche zu überprüfen.
Der Oberste Gerichtshof hält trotz der geltend gemachten Bedenken an seiner Rechtsprechung fest, dass bei Ermittlung des angemessenen ortsüblichen Entgeltes im Sinne des § 10 Abs 1 erster Satz AÜG auf einen möglichst sacheinschlägigen Kollektivvertrag sowie die ortsübliche Überzahlung des kollektivvertraglichen Mindestentgeltes abzustellen ist. Den übereinstimmenden Bedenken, dass die Ermittlung des Entgeltes schwierig sein könnte, ist entgegenzuhalten, dass der Oberste Gerichtshof bereits in der vorliegenden Entscheidung vom 20. 11. 1991 zu 9 ObA 196/91 (= SZ 64/161 = Arb 10.977 = JBl 1992, 265 = EvBl 1992/67 = DRdA 1992/45 uva) die Schwierigkeit aufgezeigt hat und folgendes ausgeführt hat:
"Erscheint dem Gesetzgeber die im Übrigen auch wesentlich praktikablere Regelung durch Kollektivverträge im Sinne des Vorranges der Tarifautonomie wünschenswert, dann kann ihm auch unterstellt werden, dass er durch eine entsprechende Höhe des subsidiären Entgeltanspruches insbesondere für die Arbeitgeber (Überlasser) einen Anreiz zum Abschluss von unmittelbar anzuwendenden Kollektivverträgen im Sinne des Satzes 2 geben wollte."
Dass aber die Ermittlung des angemessenen Entgeltes ohne Kollektivvertrag auf Grundlage des § 10 Abs 1 Satz 1 AÜG auch mit den Mitteln des Verwaltungsverfahrens möglich ist, zeigt sich etwa aus der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. 11. 1995 zu Zl 93/08/208 = RdW 1996, 589 = ARD 4790/20/96; vgl auch Andexlinger, ecolex 1997, 183).
Auch sonst erachtet der Gesetzgeber ja das durch die Kollektivverträge erarbeitete Entgeltsystem als geeigneten Ausgangspunkt für die Erstreckung auf nicht erfasste Bereiche. So sieht doch etwa § 18 ArbVG vor, dass das Bundeseinigungsamt auf Antrag einer kollektivvertragsfähigen Körperschaft einen Kollektivvertrag durch Erklärung zur Satzung auch außerhalb seines räumlichen, fachlichen und persönlichen Geltungsbereiches rechtsverbindliche Wirkung zuerkennen kann, wenn der gehörig kundgemachte Kollektivvertrag eine überwiegende Bedeutung erlangt hat und die durch die Satzung zu erfassenden Arbeitsverhältnisse jenen, die dem Kollektivvertrag unterliegen, im Wesentlichen gleichartig sind.
War doch auch einer der Ausgangspunkte bei der Schaffung des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes überhaupt der Umstand, dass die überlassenen Arbeitskräfte in der Regel nicht durch kollektivvertragliche Arbeitsbedingungen oder Löhne geschützt sind (vgl S 13 der RV 450 der Beil Nr 17. GP).
Es ist nun zutreffend, dass in Österreich seit langem das System der Branchen- und Flächen- Kollektivverträge (vgl dazu etwa Firlei, Flucht aus dem Kollektivvertrag DRdA 2001, 221 [234] zur "Krise des Flächen-Kollektivvertrages") vorherrscht und dies die allein berufsbezogene und an der "voraussichtlichen Art der Arbeitsleistung" (vgl § 11 Abs 1 Z 4 AÜG) anknüpfende Feststellung eines "sacheinschlägigen" Kollektivvertrages nicht einfach macht. Auszugehen ist vom wahren Willen der Parteien über die in Aussicht genommene Art der Arbeitsleistung, die der Leiharbeitnehmer zu erbringen hat. Dabei wird zu berücksichtigen sein, inwieweit entsprechende Berufsausbildungen, Berufserfahrungen und Vorkenntnisse Bedeutung haben und ob eine Einschränkung auf die Tätigkeit in bestimmten Branchen vorgesehen ist.
Auf dieser Grundlage ist dann festzustellen, von welchen Kollektivverträgen - sei es im Bereich des Gewerbes oder der Industrie (ist doch hier im Überlasserbetrieb [Gewerbe] typischerweise keine Tätigkeit zu verrichten, die ein geeigneter Anknüpfungspunkt sein könnte) - diese "Art der Arbeitsleistung" so erfasst ist, dass die größtmögliche Übereinstimmung der aufgezählten Parameter festgestellt werden kann. Bezogen auf den vorliegenden Fall ist nur festgestellt, dass der Kläger als Elektromonteur unter Berücksichtigung seiner facheinschlägigen Ausbildung beschäftigt werden sollte. Eine Einschränkung auf bestimmte Branchen der Verwendung wurde nicht festgestellt. Daher wird im Folgenden zu beurteilen sein, in welchen Kollektivverträgen auf die Tätigkeit von Elektromonteuren überhaupt konkret abgestellt wird. Primär ist auf diese speziell auf den Typus und die Art der Arbeitsleistung abstellende Kollektivverträge Bedacht zu nehmen (typische Kollektivverträge). Nur dann, wenn diese nicht vorhanden oder nicht repräsentativ sind, auf jene Kollektivverträge, die diese Art der Arbeitsleistung nur indirekt erfassen. Das bedeutet, dass also etwa dann, wenn die Leiharbeitskraft allgemein für Reinigungsarbeiten aufgenommen wird, primär auf den Kollektivvertrag für das Reinigungsgewerbe abzustellen ist und nur dann, wenn kein solcher bestehen würde, auf andere Kollektivverträge, die diese Tätigkeit ebenfalls (indirekt) erfassen.
Bestehen auf einer dieser beiden Ebenen (typische Kollektivverträge oder nur indirekt diese Art der Tätigkeit erfassende Kollektivverträge) mehrere Kollektivverträge, so ist darauf abzustellen, ob einer dieser Kollektivverträge deutlich mehr Arbeitnehmer mit dieser "Art der Arbeitsleistung" erfasst als die anderen Kollektivverträge; dann ist dieser maßgeblich. Sollte dies nicht der Fall sein, so ist der Durchschnitt aus diesen kollektivvertraglichen Ansätzen zu bilden. Eine analoge Heranziehung der Regelungen des § 9 ArbVG - auch dies wurde als eine Möglichkeit in der Literatur erörtert (vgl Schindler aaO) - kommt nicht in Betracht. Von einer entsprechend klaren Gliederung, wie sie § 9 ArbVG für Betriebe oder Unternehmen voraussetzt, kann hier nicht ausgegangen werden. Auch kann es nicht auf die Zufälligkeit geringfügiger Schwankungen auf dem einschlägigen Arbeitsmarkt ankommen, sodass dann im Sinne der "Maßgeblichkeit" nach § 9 Abs 3 ArbVG einmal der eine und dann der andere Kollektivvertrag heranzuziehen wäre. Es ist also nur dann auf "einen" Kollektivvertrag abzustellen, wenn dieser in seiner Bedeutung deutlich überwiegt. Sind in einem Kollektivvertrag mehrere Einstufungen möglich, so ist sinngemäß vorzugehen.
Bei dieser Auslegung behält auch Satz 3 des § 10 Abs 1 AÜG weiter seinem Anwendungsbereich, da etwa dann, wenn bei einer Reinigungskraft für den Grundlohn nach § 10 Abs 1 Satz 1 AÜG nach der dargestellten Vorgangsweise auf den Kollektivvertrag für die Reinigungsunternehmen abzustellen ist, für den Zeitraum der Überlassung an ein erdölverarbeitendes Industrieunternehmen im Sinne der Z 3 des § 10 Abs 1 AÜG der dort maßgebliche Kollektivvertrag des Beschäftigerbetriebes als Untergrenze Bedeutung erlangt. Allein auf den Markt der Arbeitnehmer bei Arbeitskräfteüberlassungsunternehmen kann nicht abgestellt werden, da es ja gerade Ziel des § 10 Abs 1 AÜG ist, die Festlegung des Entgeltes nicht von dem Willensentschluss der einzelnen Arbeitnehmer abhängig zu machen. Wird es doch in der arbeitsrechtlichen Lehre geradezu als typisch für die Verhandlungssituation des potentiellen Arbeitnehmers mit dem Arbeitgeber angesehen, dass dem Arbeitnehmer bei der Vertragsgestaltung weniger Einflussmöglichkeiten zukommen, weshalb auch regelmäßig einseitig zwingende, an tatsächliche Umstände, anknüpfende Regelungen vorgesehen werden (vgl dazu etwa OGH 9. 11. 2000, 8 ObS 204/00h = RdW 2001/463 = WBl 2001/118 mwN = Tomandl in Tomandl/Schrammel, Arbeitsrecht4 1, 109; Tomandl, Wesensmerkmale des Arbeitsverhältnisses, 76;
Spielbüchler/Grillberger, Arbeitsrecht I4 250; Firlei, Flucht aus dem Arbeitsrecht, DRdA 1987, 271; Schauer, Rechtsmissbräuchliche Geltendmachung der Arbeitnehmereigenschaft, RdW 1997, 732 ff). Im Bereich der Festsetzung des Entgeltes wird dieses Verhandlungsdefizit durch die Übertragung der Möglichkeit der Festsetzung von Mindestentgelten auf die Kollektivvertragsparteien ausgeglichen. Das von diesen festgelegte Entgelt wird regelmäßig als angemessen beurteilt (vgl dazu OGH 20. 11. 1991, 9 ObA 196/91 mit den oben zitierten Fundstellen mwN).
Wurde nun in der oben dargestellten Weise der oder die sacheinschlägigen Kollektivverträge ermittelt, so ist das ortsübliche Entgelt, also die Frage der ortsüblichen Überzahlung, zu ermitteln. Dafür ist in der als einheitlicher Arbeitsmarkt in Betracht kommenden Region festzustellen, wie jene Arbeitnehmer, die in diesen Kollektivverträgen Tätigkeiten der "Art der Arbeitsleistung" der Leiharbeitnehmer verrichten, über den Kollektivvertrag entlohnt werden. Dabei ist jedoch nicht nur ein Durchschnittswert festzustellen, sondern unter Ausschaltung von extremen Abweichungen, die Bandbreite, in der diese Überzahlung erfolgt. Diese Bandbreite bildet dann die Untergrenze des angemessenen Entgeltes im Sinne des § 10 Abs 1 Satz 1 AÜG, die bei der gemeinsamen Festlegung des Entgeltes entsprechend § 11 Abs 1 Z 1 AÜG zu beachten ist. Soweit das nach § 11 Abs 1 Z 1 AÜG festgelegte Entgelt gegen diese Untergrenze verstößt, steht dem Arbeitnehmer die Möglichkeit offen, diese Vereinbarung gemäß § 879 ABGB anzufechten, indem er den Beweis dafür antritt, dass das festgelegte Entgelt außerhalb der Bandbreite im Sinne des § 10 Abs 1 erster Satz AÜG liegt. Zur Vermeidung der Schwierigkeiten bei dieser Entgeltermittlung werden beide Vertragsparteien bei der Einschätzung dieser Bandbreite regelmäßig nicht nur auf die eigenen Erfahrungen, sondern auch auf die Erfahrungen der gesetzlichen und freiwilligen kollektivvertragsfähigen Interessenvertretungen zurückgreifen können."
Auf diese Entscheidung ist die Beklagte mit ihrem Rekurs zu verweisen, da ja gerade zu den von der Beklagten relevierten Frage der Berücksichtigung der Industrie-Kollektivverträge und der ortsüblichen Überzahlung darin ausführlich Stellung bezogen wurde. Auch hier wird im fortgesetzten Verfahren das Erstgericht vorweg mit dem Kläger zu erörtern haben, auf welche sacheinschlägigen Kollektivverträge er sich beruft und welche regionale Überzahlung er - ausgehend von der Wiener Niederlassung - geltend macht; dies wird dann im Sinne der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 13. 12. 2001 zu 8 ObA 226/01w zu beurteilen sein.
Dem Rekurs des Beklagten war daher nicht Folge zu geben. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 2 ASGG und 52 ZPO.
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