OGH 8ObA12/05f

OGH8ObA12/05f16.11.2005

Der Oberste Gerichtshof hat in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Langer als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling und Dr. Kuras sowie durch die fachkundigen Laienrichter Dr. Ernst Galutscheck und Thomas Albrecht als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Alois H*****, vertreten durch Dr. Gerhard Hiebler und Mag. Gerd Grebenjak, Rechtsanwälte in Leoben, wider die beklagte Partei Land Steiermark, als Rechtsträger der Steiermärkischen Landesbahnen, 8020 Graz, Eggenbergerstraße 20, vertreten durch Griss & Partner, Rechtsanwälte in Graz, wegen EUR 25.047,23 sA, infolge Rekurses der beklagten Partei (Rekursinteresse EUR 7.157,69 sA), gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 15. Dezember 2004, GZ 8 Ra 62/04f-15, mit dem infolge Berufung der klagenden Partei das Teilurteil des Landesgerichtes Leoben als Arbeits- und Sozialgericht vom 12. Dezember 2003, GZ 23 Cga 147/03i-9, aufgehoben wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten des Verfahrens erster Instanz.

Text

Begründung

Der seit 1974 bei der Beklagten beschäftigte Kläger hat ein „pragmatisiertes" Arbeitsverhältnis als „Beamter". Auf dieses kamen zufolge eines Kollektivvertrages aus dem Jahre 1954 („Gleichstellungsvertrag") im Wesentlichen die jeweils bei den Österreichischen Bundesbahnen oder deren Rechtsnachfolgern geltenden dienst- und besoldungsrechtlichen Bestimmungen zur Anwendung. Er wurde bereits mehrmals krankheitshalber in den zeitlich befristeten „Ruhestand versetzt" (1. 11. 1999 bis 31. 5. 2000, 1. 10. 2000 bis 31. 10. 2003 und dann Verlängerung bis 31. 7. 2005). Er hat in diesen Zeiten auch Pensionszahlungen von der Beklagten erhalten:

Jahr 2000 ATS 25.000,--

Jahr 2001 ATS 26.204,--

Jahr 2002 ATS 25.481,--

Jahr 2003 ATS 25.608,--.

Bereits mit Schreiben vom 30. 10. 2001 ersuchte er die Beklagte um Zuerkennung einer Zulage nach § 9 der Pensionsordnung für Beamte der Steiermärkischen Landesbahnen. Dies lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 9. 11. 2001 ab. Mit einem weiteren Schreiben vom 26. 11. 2003 hat der Kläger erneut diese Begünstigung der Beklagten gegenüber geltend gemacht. Die Beklagte antwortete mit ihrem Schreiben vom 5. 12. 2003 dahin, dass die Versicherungsanstalt der Eisenbahnen erneut die Berufsunfähigkeit nur befristet bis 31. 7. 2005 zuerkannt habe. Da sich der Zuschuss aus einer Differenzrechnung ergebe, könne die Beklagte die Pensionsberechnung erst nach Einlangen des Bescheides der Versicherungsanstalt der Eisenbahnen durchführen und werde danach eine ärztliche Stellungnahme hinsichtlich der Zurechnung der Zeiten nach § 9 der Pensionsordnung einholen. Nach Vorliegen aller Berechnungsgrundlagen werde die neue Zuschussleistung mitgeteilt und eine Abrechnung für die Zeit seit 1. 8. 2003 übermittelt werden. Mit seiner Klage begehrt der Kläger an Differenz zu dem nach der Pensionsordnung für die Beamten der Steiermärkischen Landesbahnen zustehenden Pensionszuschuss für die Jahre 2000 bis 2003 insgesamt von EUR 8.742,-- und begehrt weiters, die Beklagte schuldig zu erkennen, ihm beginnend mit 1. 7. 2003 monatlich einen Betrag zu bezahlen, der sich aus der Differenz zwischen der tatsächlich ihm gewährten Pensionsleistung zu den ihm zustehenden Pensionsleistungen unter Zurechnung eines Zeitraumes, der für die Erlangung der vollen Pensionsbemessungsgrundlage erforderlich ist - jedoch höchstens 10 Jahre -, ergibt. Er stellt dann auch noch ein Eventualbegehren betreffend eine bestimmte monatliche Differenz ab 1. 7. 2003. Der Kläger gründet sein Klagebegehren zusammengefasst darauf, dass nach § 9 der Pensionsordnung einem Beamten, der ohne sein vorsätzliches Verschulden zu einem zumutbaren Erwerb unfähig geworden ist, aus Anlass der Versetzung in den Ruhestand zu seiner ruhegenussfähigen Beamtendienstzeit ein Zeitraum, der für die Erlangung der vollen Ruhegenussbemessungszulage erforderlich ist - jedoch höchstens 10 Jahre -, hinzuzurechnen sei. Unter Zugrundelegung der Hinzurechnung ergebe sich die begehrte Differenz. Diese Ansprüche seien auch noch nicht verjährt oder verfristet, da es sich um pensionsrechtliche Ansprüche handle, für die die Pensionsordnung maßgeblich sei und nicht die Dienst- und Besoldungsordnung. Der Kläger habe seine Ansprüche ja bereits mit Schreiben vom 30. 10. 2001 geltend gemacht. Der Einwand der Verfristung sei auch rechtsmissbräuchlich, da die Beklagte in ihrem Antwortschreiben nicht auf den Verfall hingewiesen habe. Dem Grunde nach könne der Anspruch nicht verfallen sein. Auch rückwirkend könne ein Verfall oder eine Verjährung nicht eintreten. Der Anspruch ergebe sich aus seiner dauernden Berufsunfähigkeit. Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete zusammengefasst ein, dass die Bestimmungen der Dienst- und Besoldungsordnung hinsichtlich des Verfalles auch für die Ansprüche aus der Pensionsordnung anzuwenden seien. In § 41 der Dienst- und Besoldungsordnung sei vorgesehen, dass Ansprüche aus dem Dienstverhältnis bei sonstigem Verfall binnen 9 Monaten nach Fälligkeit bzw Bekanntwerden schriftlich geltend gemacht werden müssten. Drei Monate nach der Ablehnung hätte der Kläger danach die Ansprüche einklagen müssen. Vergleichbare Regelungen seien auch in staatlichen Pensionsordnungen vorhanden und dementsprechend zulässig. Dass die Beklagte auf den Verfall nicht hingewiesen habe, sei nicht rechtsmissbräuchlich. Der früher bestehende Gleichstellungsvertrag sei durch das Inkrafttreten der Dienst- und Besoldungsordnung außer Kraft gesetzt worden.

Dem Grunde nach wendete die Beklagte auch ein, dass der Kläger noch fähig sei, einen ihm zumutbaren Erwerb auszuüben.

Das Erstgericht wies mit seinem Teilurteil das Klagebegehren, soweit es sich auf Differenzbeträge aus den Jahren 2000 bis 2002 in Höhe von EUR 7.157,69 sA handelt, als verjährt ab. Es ging rechtlich davon aus, dass nach § 41 der Dienst- und Besoldungsordnung Ansprüche aus dem Dienstverhältnis innerhalb von 9 Monaten schriftlich geltend zu machen und dann nach der Ablehnung binnen drei Monaten gerichtlich einzuklagen sind. Auch das Dienstverhältnis des Klägers sei erfasst.

§ 4 Abs 5 lit l halte ausdrücklich fest, dass es sich auch beim Ruhegenuss um einen Anspruch aus dem Dienstverhältnis handle. Nach § 3b der Pensionsordnung müssten alle Ansprüche fristgerecht geltend gemacht werden. Dies umfasse auch die Frist des § 41 der Dienst- und Besoldungsordnung. Eine abweichende Regelung finde sich auch nicht in den Übergangsbestimmungen des § 44 der Dienst- und Besoldungsordnung. Auch wenn die frühere kollektivvertragliche Regelung des Gleichstellungsvertrages eine solche Verfallsbestimmung nicht enthalten habe, könne in der neueren kollektivvertraglichen Regelung keine den verfassungsrechtlichen Gleichheitssatz verletzende Veränderung gesehen werden.

Das Berufungsgericht gab der gegen dieses abweisende Teilurteil erhobenen Berufung des Klägers Folge, hob die angefochtene Entscheidung auf und verwies die Arbeitsrechtssache zur neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurück. Rechtlich führte es im Wesentlichen aus, dass die seit dem Jahr 2000 geltende Dienst- und Besoldungsordnung in § 41 zwar eine Verfallsregelung enthalte, dass sich diese aber nur auf die Ansprüche während des Dienstverhältnisses beziehe. Die Pensionsordnung für die Beamten der Steiermärkischen Landesbahnen kenne keine dahingehende Verfallsfrist. Sie regle die Ruhestandsversetzung, die Pensionssicherungsbeiträge und die Pensionsansprüche der Beamten. Die Bestimmung des § 3b der Pensionsordnung über die Verpflichtung zur rechtzeitigen Einbringung der Anträge beziehe sich nicht auf die Ansprüche des Bediensteten gegenüber der Beklagten. Dass zwischen den Ansprüchen während des Dienstverhältnisses einerseits und den Pensionsansprüchen andererseits unterschieden werde, ergebe sich auch aus § 44 Abs 5 lit c der Dienst- und Besoldungsordnung, der festlege, dass der Anspruch auf Monatsentgelt mit der Versetzung in den dauernden oder zeitlichen Ruhestand ende.

Da die geltend gemachten Ansprüche nach § 9 Abs 1 der Pensionsordnung für die Beamten der Steiermärkischen Landesbahnen dementsprechend noch nicht verfallen seien, habe das Erstgericht das Verfahren zu ergänzen.

Den Rekurs gegen diesen Aufhebungsbeschluss erachtete das Berufungsgericht im Hinblick auf die erhebliche Bedeutung der Auslegung der Bestimmungen der Dienst- und Besoldungsordnung im Zusammenhang mit der Pensionsordnung für die Beamten der Steiermärkischen Landesbahnen als zulässig.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen diesen Beschluss erhobene Rekurs der Beklagten ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig, aber nicht berechtigt. Der Auslegung von Kollektivvertragsbestimmungen kommt regelmäßig wegen des größeren Personenkreises der betroffenen Arbeitgeber und Arbeitnehmer erhebliche Bedeutung zu, es sei denn, die Auslegung wäre völlig klar und eindeutig (vgl RIS-Justiz RS0109942 mwN; OGH 8. 9. 2005, 8 ObA 42/05t; OGH 25. 6. 2003, 9 ObA 74/03b). Dass die Auslegung hier völlig klar und eindeutig wäre, kann aber schon im Hinblick auf die komplexe Entstehungsgeschichte der vorliegenden Kollektivvertragsregelungen und deren Zusammenspiel nicht angenommen werden.

Die Dienst- und Besoldungsordnungen für die Bediensteten der Österreichischen Privatbahnen ist ein zwischen der Wirtschaftskammer Österreich, Sektion Verkehr, Fachverband der Schienenbahnen einerseits und dem Österreichischen Gewerkschaftsbund, Gewerkschaft der Eisenbahner, andererseits abgeschlossener Kollektivvertrag. Von diesen waren bis zum 1. 1. 2000 die Bediensteten der Steiermärkischen Landesbahnen ausgeschlossen. Für sie galt der zwischen dem Fachverband der österreichischen Privatbahnen einerseits und dem österreichischen Gewerkschaftsbund, Gewerkschaft der Eisenbahner andererseits im Jahre 1954 abgeschlossene sogenannte „Gleichstellungsvertrag". Danach sollten die jeweils bei den österreichischen Bundesbahnen geltenden dienst- und besoldungsrechtlichen Vorschriften und Bestimmungen auch auf die Bediensteten der Steiermärkischen Landesbahnen so angewendet werden, wie wenn diese Bedienstete einer gleichwertigen Lokalstrecke der Österreichischen Bundesbahnen wären. Im Detail waren noch verschiedene Abweichungen vorgesehen. Ausdrücklich unterschieden wurde zwischen den Bediensteten einerseits sowie zwischen den Ruhegenuss und Versorgungsempfängern andererseits, die aber ebenfalls wie Bedienstete der Österreichischen Bundesbahnen oder deren Rechtsnachfolger behandelt werden sollten (vgl Pkt 2 des Gleichstellungsvertrages). Die Bediensteten hatten sich auch um entsprechende Pensionsleistungen nach den gesetzlichen Sozialversicherungsvorschriften zu bemühen und die an sie ergangenen Bescheide vorzulegen.

Mit Wirksamkeit vom 1. 1. 2000 wurden die Bediensteten der Steiermärkischen Landesbahnen aus dem Verzeichnis der von der Dienst- und Besoldungsordnung für die Bediensteten der Österreichischen Privatbahnen (im Folgenden DBO) ausgenommenen Verkehrsbetriebe gestrichen, sodass nunmehr ab 1. 1. 2000 auch für diese Bedienstete dieser Kollektivvertrag zur Anwendung gelangt. Er hat nunmehr als eine Anlage (Nr 6) auch die Pensionsordnung für die Beamte der Steiermärkischen Landesbahnen (STLB-PO).

In der DBO selbst findet sich in § 41 unter der Überschrift „Verfall von Ansprüchen" folgende Regelung:

Abs 1: „Alle Ansprüche aus dem Dienstverhältnis müssen bei sonstigen Verfall innerhalb von 9 Monaten nach Fälligkeit bzw Bekanntwerden schriftlich geltend gemacht werden." ...

Abs 3: „Nach Lösung des Dienstverhältnisses sind Forderungen jedweder Art spätestens binnen drei Monaten gerechnet vom Zeitpunkt der Auflösung bei sonstigem Erlöschen beim Unternehmen geltend zu machen. Handelt es sich um einen Abfertigungsanspruch gegenüber dem Unternehmen, gilt die gesetzliche Verjährungsfrist von drei Jahren ab Beendigung des Dienstverhältnisses."

Abs 4: „Lehnt das Unternehmen den Anspruch ab, verfällt er, wenn er nicht innerhalb von drei Monaten nach der Ablehnung gerichtlich geltend gemacht wird."

§ 44 der DBO enthält die Übergangsbestimmungen ua für die Steiermärkischen Landesbahnen und legt in seinem Abs 5 lit c fest, dass der Anspruch auf Monatsentgelt auch mit der Versetzung in den dauernden oder zeitlichen Ruhestand endet. Ferner hält § 44 Abs 5 lit l fest, dass von den in § 36 DBO genannten Auflösungsgründen betreffend das Dienstverhältnis nur die einvernehmliche Auflösung, der Austritt, bestimmte Entlassungen, der Tod und die Auflösung mit dem 65. Lebensjahr bei Bediensteten in Betracht kommen. Nicht erfasst ist also die in § 38 DBO vorgesehene Kündigungsmöglichkeit, die ua auch für den Fall der Dienstunfähigkeit festgelegt wurde. Weiters vorgesehen ist jedoch die Möglichkeit des freiwilligen Dienstaustrittes, wobei dabei jedoch der Dienstnehmer alle Ansprüche auf das weitere Entgelt, die Abfertigung, aber auch einen Ruhegenuss verlieren soll.

Ausdrücklich festgelegt ist in § 44 Abs 5 lit n DBO, dass hinsichtlich der Ruhestandsversetzung und des Pensionsrechtes die STLB-PO zur Anwendung gelangt.

In der STLB-PO werden nun die Ruhestandsversetzung aber auch Pensionssicherungsbeiträge und die Pensionsansprüche der „Beamten" geregelt. Es werden den Beamten Rechte auf Versetzung in den dauernden Ruhestand eingeräumt (vgl § 3a Abs 1 der STLB-PO), aber auch dem Arbeitgeber Möglichkeiten für die Versetzung in den dauernden und in den zeitlichen Ruhestand eröffnet (vgl § 3a Abs 2 und 3 StLB-PO). Die in den zeitlichen Ruhestand versetzten Beamten können unter bestimmten Voraussetzungen auch wieder zu aktiven Dienstleistungen herangezogen werden. Als ein Grund für die Versetzung in den zeitlichen Ruhestand wird der Fall festgelegt, dass dem Beamten von der gesetzlichen Pensionsversicherung bescheidmäßig eine befristete Pensionsleistung zuerkannt wurde, wobei dann eine „Aktivierung" zur Dienstleistung mit dem Zeitpunkt des Wegfalls der gesetzlichen Pensionsleistung erfolgen kann.

Die STLB-PO enthält dann eigene Regelungen über die Berechnung des Ruhebezuges (§ 3c ff), wobei der konkrete Pensionszuschuss dann auf Grund einer Gegenüberstellung zwischen diesen Leistungen und den Leistungen nach dem ASVG bzw gleichgelagerten gesetzlichen Regelungen bestimmt wird. In diesem Zusammenhang wird auch festgelegt, dass die Beamten bzw deren Angehörige verpflichtet sind, alle Anträge und Ansuchen auf ihnen etwa zustehende Pensionen, Pensionszuschüsse udgl ohne Verzug und rechtzeitig vor Ablauf der gesetzlich, satzungsmäßig oder sonst wie vorgeschriebenen Fristen im Wege der steiermärkischen Landesbahnen einzubringen und etwa auch an sie ergangene Bescheide vorzulegen und über Auftrag der Steiermärkischen Landesbahnen etwa auch eine Anfechtung der Bescheide vorzunehmen.

Im Rahmen der Bemessung des Ruhebezuges findet sich in § 9 dann die hier in der Sache maßgebliche Regelung über eine „Begünstigung bei Erwerbsunfähigkeit", wonach den Beamten aus Anlass der Versetzung in den Ruhestand zu seiner ruhegenussfähigen Beamtendienstzeit jener Zeitraum, der für die Erlangung der vollen Ruhegenussbemessungsgrundlage erforderlich ist - jedoch höchstens 10 Jahre -, zuzurechnen ist. Eine eigene Antragstellung in diesem Zusammenhang ist nicht vorgesehen.

Die Kernfrage liegt nun in der Anwendbarkeit der Verfallsklausel des § 41 DBO auf die geltend gemachten Berechnungsdifferenzen beim Pensionszuschuss. Grundsätzlich zutreffend zeigt die Beklagte auf, dass die STLB-PO als Anlage zur DBO als Kollektivvertrag zu sehen ist. Dies ändert aber nichts daran, dass sie ebenso einen Teil des Kollektivvertrages darstellt, wie die übrigen Bestimmungen. Es geht also im Ergebnis um eine reine Auslegungsfrage. Kollektivverträge sind entsprechend den §§ 6 und 7 ABGB wie Gesetze nach dem objektiven Inhalt, wie sie der Leser den Texten entnehmen kann, auszulegen (vgl RIS-Justiz RS0008807; RS0010088; zuletzt etwa OGH 8. 9. 2005, 8 ObA 42/05t). Dabei ist den Kollektivvertragsparteien grundsätzlich zu unterstellen, dass sie eine vernünftige, zweckentsprechende und praktisch durchführbare Regelung treffen und einen gerechten Ausgleich der sozialen und wirtschaftlichen Interessen anstreben, sodass bei mehreren in Betracht kommenden Lösungsmöglichkeiten letztlich jener Auslegung der Vorzug zu geben ist, der diesen Anforderungen am Meisten entspricht (vgl RIS-Justiz RS0008828; RS0008897; zuletzt etwa OGH 8 ObA 42/05z).

Ausgehend vom Wortlaut spricht nun schon § 44 Abs 5 lit n DBO gegen eine unmittelbare Anwendung der Verfallsbestimmungen, da danach ja hinsichtlich der Ruhestandsversetzungen und des Pensionsrechtes die STLB-PO zur Anwendung gelangt. In diesem Zusammenhang ist in Erinnerung zu rufen, dass diese besonderen Regelungen ja nur für einen bestimmten Teil der von der DBO erfassten Dienstnehmer gelten und auch ein anderes „Auflösungs- und Pensionsrecht" bewirken. Diesem liegt noch mehr das Verständnis des „Beamtendienstverhältnisses" als Rechtsverhältnis auf Lebzeiten zugrunde, bei dem zwischen dem „aktiven Dienst" und dem „Ruhestand" unterschieden wird, das „Rechtsverhaltens" aber dem Grunde nach aufrecht bleibt. Dementsprechend wird auch in Lehre und Rechtsprechung zwar allgemein die in einem Kollektivvertrag oder einer Betriebsvereinbarung festgelegte einseitige Ruhestandsversetzung in der Regel als Arbeitgeberkündigung qualifiziert, jedoch bei den den öffentlich-rechtlichen Beamtendienstverhältnis angeglichenen Dienstverhältnissen die auf „Lebenszeit" begründet werden, dies differenziert betrachtet (vgl allgemein etwa Martinek/Schwarz, AngG 20 Erl 26; Marhold, Die Versetzung in den Ruhestand RdW 1986, 275; OGH 7. 6. 2001, 9 ObA 94/01s = DRdA 2002/28; OGH 21. 1. 2004, 9 OBA 19/03i).

Betrachtet man nun die - hier nur für eine bestimmte Arbeitnehmergruppe - vorgesehene Unterscheidung zwischen dem aktiven Dienstverhältnis und der „Ruhestandsversetzung" im Bereich der STLB-PO einerseits und der allgemeinen Verfallsregeln des § 41 der DBO andererseits, die im Wesentlichen Dienstverhältnisse erfasst, die einem anderen Beendigungsrecht unterliegen, so zeigt sich ebenfalls, das eine Erstreckung der Verfallsregelungen des § 41 DBO auf die Pensionsansprüche von den Kollektivvertragsparteien offensichtlich nicht beabsichtigt war. Wird doch auch in § 41 DBO zwischen den Ansprüchen „aus dem Dienstverhältnis" - nicht aber dem Ruhestand (vgl § 1 STLB-PO) und den Ansprüchen aus der Beendigung des Dienstverhältnisses unterschieden. Das zeigt aber, dass die Kollektivvertragsparteien offensichtlich an die Ansprüche während des aufrechten aktiven Dienstverhältnisses und der Beendigung dachten, nicht aber an Ansprüche aus einem „Ruhestandsverhältnis", das eben auch nur bei einem bestimmten Teil der Dienstnehmer in einem Anhang vorgesehen ist.

Die STLB-PO selbst kennt - wie bereits ausgeführt - keine besonderen Verfallsregeln für die Ansprüche auf den Pensionszuschuss. Dies erklärt sich wohl daraus, dass regelmäßig derartige Ansprüche, nachdem sie erstmals berechnet wurden, weniger häufig strittig werden. Soweit die Beklagte aus der STLB-PO selbst einen Verweis auf § 41 DBO abzuleiten versucht, in dem sie auf § 3b der STLB-PO hinweist, vermag dies nicht zu überzeugen. Wird darin doch im Wesentlichen die „Obliegenheit" der Beamten festgelegt, andere Ansprüche auf Pensionen, Pensionszuschüsse und Zusatzleistungen geltend zu machen, die dann den Anspruch gegen die Beklagte auf den Pensionszuschuss als Differenzleistung zwischen dem nach der STLB-PO ermittelten Ruhebezug und diesen anderen Leistungen mindern. Abschließend ist daher davon auszugehen, dass die in § 41 DBO vorgesehene Verfallsregelung nicht auf die Pensionsansprüche nach der STLB-PO anzuwenden ist.

Der Kostenvorbehalt fußt auf § 2 ASGG iVm § 52 ZPO.

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