OGH 8Ob86/22p

OGH8Ob86/22p30.8.2022

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden, die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Tarmann‑Prentner, Mag. Korn, Dr. Stefula und Dr. Thunhart als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei B*, vertreten durch Dr. Hannes Paulweber, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagte Partei T*, vertreten durch Dr. Roland Gabl Rechtsanwalts KG in Linz, wegen Unterhalt, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 2. Juni 2022, GZ 4 R 93/22p‑66, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0080OB00086.22P.0830.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

 

Begründung:

[1] 1. Ein Anspruch auf Zahlung des laufenden Unterhalts ist gemäß § 58 JN mit dem Dreifachen der Jahresleistung zu bewerten. Zusätzlich begehrte, bereits fällige, Ansprüche führen hier zu keiner Erhöhung dieser Bewertung (RIS‑Justiz RS0103147). Strittige Unterhaltsansprüche für die Vergangenheit haben unberücksichtigt zu bleiben (7 Ob 160/12y). Einer Bewertung durch das Berufungsgericht bedarf es nicht (RS0110920). Ausgehend von dem zwischen den Parteien noch strittigen monatlichen Unterhalt von 953,87 EUR liegt der Streitgegenstand, über den das Berufungsgericht entschieden hat, über 30.000 EUR. Zu Recht wurde daher die Revision des Beklagten direkt dem Obersten Gerichtshof vorgelegt.

Rechtliche Beurteilung

[2] Der außerordentlichen Revision des Beklagten gelingt es jedoch nicht eine Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO aufzuzeigen, weshalb sie zurückzuweisen ist.

[3] 2. Der Oberste Gerichtshof ist nicht Tatsacheninstanz. Eine mangelhafte und unzureichende Beweiswürdigung kann im Revisionsverfahren nicht angefochten werden. Nur wenn sich das Berufungsgericht mit der Beweisfrage überhaupt nicht befasst, ist sein Verfahren mangelhaft (RS0043371). Das Berufungsgericht muss sich aber nicht mit jedem einzelnen Beweisergebnis und jedem Argument des Berufungswerbers auseinandersetzen. Auch eine knapp gehaltene Begründung, die noch erkennen lässt, dass eine Prüfung stattgefunden hat, genügt (RS0043371 [T4, T18]). Diese Rechtsmittelbeschränkung kann auch nicht dadurch umgangen werden, dass ein unerwünschtes Ergebnis der Behandlung der Beweisrüge als Mangel des Berufungsverfahrens releviert wird. Vom Revisionsgericht ist nicht zu prüfen, ob eine vom Berufungsgericht gezogene Schlussfolgerung richtig oder fehlerhaft ist (RS0043150 [T5]).

[4] Entgegen den Ausführungen in der Revision hat das Berufungsgericht nicht nur darauf verwiesen, dass die Beweisrüge teilweise nicht gesetzmäßig ausgeführt ist, sondern sich auch inhaltlich damit auseinandergesetzt und dargelegt, warum es die Beweiswürdigung des Erstgerichts für überzeugend erachtet. Eine Mangelhaftigkeit liegt insoweit nicht vor.

[5] Wenn der Kläger weiters geltend macht, dass er „in seiner Tatsachenrüge das Fehlen von Feststellungen gerügt habe, worauf das Berufungsgericht nicht eingegangen sei“, so ist er zunächst darauf zu verweisen, dass das Fehlen von Feststellungen zu einem rechtlich relevanten Thema nicht der Tatsachen-, sondern der Rechtsrüge zuzuordnen ist. Tatsächlich stehen aber die in der Berufung gerügten „fehlenden Feststellungen“ ohnehin in Widerspruch zu den bekämpften getroffenen Feststellungen, stellen also insoweit keine zusätzlichen Feststellungen dar. Mit der Verwerfung der Tatsachenrüge hat das Berufungsgericht daher auch darüber abgesprochen.

[6] 3. Da das Berufungsgericht nicht von den Feststellungen des Erstgerichts abgewichen ist, liegt inder Unterlassung einer Beweiswiederholung kein Verfahrensmangel. Entgegen den Ausführungen in der Revision hat das Erstgericht ausdrücklich festgestellt, dass der Beklagte der Klägerin gegenüber seine wirtschaftlichen Verhältnisse verschleiert hat (US 10). Darüber hinaus hat das Berufungsgericht darauf verwiesen, dass die Berufung im Zusammenhang mit der behaupteten schlüssigen Unterhaltsvereinbarung zwar das Fehlen von Feststellungen rügt, jedoch offen lässt, welche konkreten Feststellungen zu treffen gewesen wären, aus denen sich eine andere Beurteilung hätte ableiten lassen. Mit diesen Argumenten setzt sich die Revision nicht auseinander.

[7] 4. Auch zur Unterhaltsbemessungsgrundlage wiederholt der Kläger nur seine Ausführungen in der Berufung ohne auf die Beurteilung durch das Berufungsgericht einzugehen. Das Erstgericht hat seiner Berechnung, worauf schon das Berufungsgericht hingewiesen hat, nicht das „Einkommen laut Einkommenssteuerbescheid“ zugrunde gelegt, sondern das ebenfalls festgestellte, infolge Schwarzarbeit weit höhere durchschnittliche monatliche Nettoeinkommen. Außerdem konnte nicht festgestellt werden, dass sich dieses Einkommen durch eine Aufgabe der Laserbehandlungen oder die Einstellung der Tätigkeit als selbstständiger Handelsvertreter wesentlich verringert hätte. Soweit die Revision daher von einer anderen Bemessungsgrundlage ausgeht, weicht sie in ihren Ausführungen unzulässig vom festgestellten Sachverhalt ab und ist darauf schon deshalb nicht weiter einzugehen.

[8] 5. Mangels einer Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO ist die außerordentliche Revision des Beklagten zurückzuweisen. Einer weiteren Begründung bedarf diese Zurückweisung nicht (§ 510 Abs 3 Satz 3 ZPO).

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