OGH 8Ob85/17h

OGH8Ob85/17h24.8.2017

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Spenling als Vorsitzenden, die Hofrätin Dr. Tarmann‑Prentner, die Hofräte Mag. Ziegelbauer und Dr. Brenn sowie die Hofrätin Mag. Korn als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. C* L*, vertreten durch Mag. Wolfgang Doppelhofer, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagten Parteien 1) M * GmbH, *, vertreten durch Mag. Gregor Michalek, Rechtsanwalt in Wien, und 2) C* B*, vertreten durch Dr. Reinhard Rosskopf, Rechtsanwalt in Wien, und die Nebenintervenientin auf Seite der beklagten Parteien C* GmbH, *, vertreten durch die Stock Rafaseder Gruszkiewicz Rechtsanwälte OG in Wien, wegen 38.234,27 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 5. April 2017, GZ 39 R 14/17y‑51, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:E119192

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Zu der in der außerordentlichen Revision aufgeworfenen Frage der Mietzinsminderung bei einer mangelhaften elektrischen Anlage in einer Altbauwohnung ist das Berufungsgericht – unter Hinweis auf die Entscheidung 8 Ob 90/10h – von den zutreffenden Rechtsgrundsätzen ausgegangen. Danach steht gemäß § 1096 Abs 1 ABGB eine Mietzinsminderung für die Dauer und in dem Maß der Unbrauchbarkeit des Bestandobjekts zu, wenn dieses bei der Übergabe derart mangelhaft ist oder während der Bestandzeit ohne Schuld des Bestandnehmers derart mangelhaft wird, dass es zum bedungenen Gebrauch nicht (mehr) taugt. Maßstab für die Beurteilung, ob ein Mangel vorliegt, ist der Zweck des Mietvertrags. Es ist – nach den allgemeinen Grundsätzen des Gewährleistungsrechts – zu fragen, ob die erbrachte Leistung objektiv von der vertraglich geschuldeten Leistung abweicht.

2.1 Nicht einzustehen hat der Bestandgeber für solche Mängel, die objektiv zu keiner Gebrauchsbeeinträchtigung führen. Anderes gilt aber für Mängel, die zwar – mangels Kenntnis des Bestandnehmers – von diesem subjektiv nicht wahrgenommen werden, aber an sich gebrauchsbeeinträchtigend wären. Dies bedeutet, dass der fehlende bedungene Gebrauch nicht zwingend bemerkbar sein muss. Bei alten elektrischen Anlagen in Altbauwohnungen hängt das Ausmaß einer allenfalls dafür zuzuerkennenden Zinsminderung davon ab, inwiefern der Gebrauch tatsächlich beeinträchtigt gewesen wäre, wäre die Mangelhaftigkeit bekannt gewesen. Liegt die Gebrauchsbeeinträchtigung etwa nur darin, dass in Nassräumen keine Elektrogeräte (zB Fön) verwendet werden dürfen, oder dass bestimmte Stromverbraucher ungeeignet sind, wirkt sich eine solche Beeinträchtigung angesichts der Tatsache, dass ein Mieter das Objekt mit einer erkennbar alten Anlage gemietet hat, unter Umständen überhaupt nicht zinsmindernd aus.

2.2 Nach diesen Grundsätzen muss die Mangelhaftigkeit, wäre sie bekannt, bei objektiver Betrachtungsweise und vernünftigem Handeln des Mieters zu einer konkreten Gebrauchsbeeinträchtigung führen oder eine objektive reale und unzumutbare Gefahr darstellen.

3. Ausgehend von der ermittelten Sachverhaltsgrundlage hält das Berufungsgericht fest, dass– vor der Sanierung im April 2013 – die Mängel an der elektrischen Anlage die allgemeinen Teile der Liegenschaft (vor allem Sicherungskästen) betrafen. Aufgrund des vorhandenen Fehlerstromschutzschalters in Verbindung mit der Versorgung der Schukosteckdosen mit einem Schutzleiter war eine Minderung des elektrotechnischen Sicherheitsrisikos gegeben. Sonst, also in der Wohnung des Klägers, fehlten nur bei den fest angeschlossenen Leuchten entsprechende Schutzleiter. Dieses Problem war aber durch den Anschluss von schutzisolierten Leuchten lösbar.

Wenn das Berufungsgericht in dieser Situation den Schluss zieht, dass abgesehen von den fest angeschlossenen Leuchten in der Wohnung des Klägers keine elektrischen Mängel festgestellt worden seien und der Kläger auch nicht vorgebracht habe, weshalb er von den Mängeln am Vorzählersicherungskasten und Hausanschlusskasten betroffen gewesen sei, weshalb ihm aufgrund dieser Mängel kein Anspruch auf Mietzinsminderung zustehe, stellt dies keine korrekturbedürftige Fehlbeurteilung dar. Eine konkrete Gebrauchsbeeinträchtigung für den Kläger hat sich nicht ergeben. Auch eine konkrete aktuelle Gefahr bestand nicht. Die Probleme betrafen vielmehr die Divergenz zu den aktuellen gesetzlichen Vorschriften. Dieser umfassenden Beurteilung des Berufungsgerichts kann der Kläger nicht lediglich mit dem Argument entgegentreten, die Anforderungen des Berufungsgerichts an sein Vorbringen würden vom Mieter eine elektrotechnische Expertise abverlangen, die nur elektrotechnischen Sachverständigen zukomme. Auch als Laie muss der Kläger in der Lage sein, die konkreten Gebrauchsbeeinträchtigungen darzustellen. In dieser Hinsicht liegt auch keine Überraschungsentscheidung vor.

4. Insgesamt vermag der Kläger mit seinen Ausführungen keine erhebliche Rechtsfrage aufzuzeigen. Die außerordentliche Revision war daher zurückzuweisen.

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