OGH 8Ob73/01w

OGH8Ob73/01w28.5.2001

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Langer, Dr. Rohrer, Dr. Spenling und Dr. Kuras als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Gerwalt R*****, vertreten durch Dr. Roland Kometer, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte Partei Edith R*****, vertreten durch Dr. Klaus Nuener, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen Feststellung der (teilweisen) Unwirksamkeit eines Vergleiches, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom 21. Juni 2000, GZ 2 R 190/00f-21, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Zwar ist auch in einem singulären, in seiner Tragweite über die Regelung der Rechtsverhältnisse der Streitteile nicht hinausgehenden Fall (hier Unwirksamkeit eines Vergleiches) zur Wahrung der Rechtssicherheit der Einzelfallgerechtigkeit insoweit Rechnung zu tragen und die Revision als zulässig zu erachten, wenn die Entscheidung des Berufungsgerichtes auf einer wesentlichen Verkennung der Rechtslage beruht (1 Ob 795/83 uva); dies gilt auch für Scheidungsvergleiche (9 Ob 340/97h ua). Ein solcher Fall liegt hier aber nicht vor.

Liegt bei einem Scheidungsfolgenvergleich ein auffallendes Missverhältnis der beiderseitigen Leistungen vor, fehlt es aber an einem der subjektiven Elemente von Wucher, so liegt dennoch Sittenwidrigkeit nach § 879 Abs 1 ABGB vor, wenn ein zusätzliches, dieses ausgleichendes Element der Sittenwidrigkeit hinzutritt. Das kann dann vorliegen, wenn die Erfüllung des Vergleiches die wirtschaftliche Existenz des Anfechtenden bedroht (SZ 58/43). Dies gilt grundsätzlich auch dann, wenn der Anfechtende dies bei Vertragsabschluss gewusst hat (SZ 52/52).

Dennoch ist dem Berufungsgericht im Ergebnis keine grobe Fehlbeurteilung unterlaufen, wenn es die Anfechtungsmöglichkeit des Vergleiches im vorliegenden Fall verneinte. Festgestellt ist, dass der die Scheidung anstrebende Kläger, ein Innenarchitekt, schon seit Jahren vor der Scheidung nicht mehr arbeitete, sondern von einer Erbschaft der Beklagten lebte, bis diese aufgebraucht war, und dass der Unterhaltsbetrag nicht nach dem damaligen Einkommen des Klägers, sondern nach den (eher bescheidenen) Bedürfnissen der Beklagten vereinbart worden war. Dass der Kläger kein Einkommen hätte erzielen können, mit dem er den versprochenen Unterhaltsbetrag hätte bezahlen können, hat er nicht einmal behauptet. Bei der Beurteilung, ob in der Unterhaltsvereinbarung ein grobes Missverhältnis zu sehen ist, das zur Sittenwidrigkeit der Vereinbarung führen müsste, ist schon unter Berücksichtigung des Umstandes, dass auch der Beklagten bekannt war, dass der Kläger damals nichts verdiente, der Vergleich nur dahin zu verstehen, dass nicht auf das damals vom Kläger erzielte, sondern auf das von ihm erzielbare Einkommen abzustellen ist (Anspannungstheorie).

Bei dem Vorbringen des Klägers, er sei während des Verfahrens in Pension gegangen und erhalte nunmehr nur eine niedrige Rente, handelt es sich um eine im Revisionsverfahren nicht zulässige Neuerung, die schon deshalb nicht zur Zulässigkeit der außerordentlichen Revision führen kann.

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