Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben.
Die Rechtssache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung an
das Erstgericht zurückverwiesen.
Die Kosten der Rechtsmittelverfahren sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Die klagenden Parteien sind je zur Hälfte Miteigentümer der Liegenschaft EZ 52 KG Stifting. Auf der Nachbarliegenschaft, Graz, Stiftingtalstraße 322, unterhält die erstbeklagte Partei einen Tischlereibetrieb. Der Zweit- und der Drittbeklagte sind persönlich haftende Gesellschafter der erstbeklagten Partei. Im Bescheid des Magistrates Graz, Gewerbeamt, vom 22.7.1974, GZ A 4-K 628/b/174/8, wurde (für den Betrieb der erstbeklagten Partei) ausdrücklich angeordnet, daß im Freien lärmerzeugende und geruchsbelästigende Arbeiten unzulässig sind.
Mit der am 24.5.1985 erhobenen Klage begehrten die klagenden Parteien von den beklagten Parteien die sofortige Unterlassung jeder Lärmentwicklung auf der Liegenschaft Graz, Stiftingtalstraße 322, die das nach den örtlichen Verhältnissen gewöhnliche Maß überschreite und die Benützung der Liegenschaft der klagenden Parteien beeinträchtige, insbesondere durch Benützung einer im Freien gegenüber der Liegenschaft der klagenden Parteien aufgestellten Kreissäge, soweit sie nicht durch eine rechtskräftige gewerbebehördliche Bewilligung gedeckt sei, sowie durch Glattschleifen von Metallstücken, ebenfalls im Freien gegenüber der Liegenschaft der klagenden Parteien. Die beklagten Parteien ließen im Rahmen ihres Gewerbebetriebes im Freien arbeiten, wodurch Lärm erzeugt werde, der die klagenden Parteien beeinträchtige und das nach den örtlichen Verhältnissen gewöhnliche Maß überschritten werde. So hätten die beklagten Parteien am 14.5.1985 Metallprofile mittels einer Metallkreissäge zugeschnitten und sodann nach Schweißarbeiten glattgeschliffen.
Die beklagten Parteien beantragten die Abweisung des Klagebegehrens. Am 14.5.1985 seien nur ausnahmsweise infolge geschäftlichen Zeitdruckes diese Arbeiten durchgeführt worden; die Kreissäge sei lediglich im Zuge von Aufräumungsarbeiten nach einem Brand für die Verkleinerung des verbrannten Holzes verwendet worden. Die beklagten Parteien hätten sich dabei in einem Art Notstand befunden, Wiederholungsgefahr bestehe nicht.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren - ohne auf die bereits abgeführten und noch angebotenen Beweise einzugehen - ab. Es ging davon aus, daß das Gericht an das Klagebegehren gebunden sei und im Urteil nur das zusprechen dürfe, was der Kläger begehre. Das Klagebegehren müsse bestimmt sein. Das hier gestellte Klagebegehren umfasse die Verpflichtung, jede Lärmentwicklung, die das gewöhnliche Maß überschreite, zu unterlassen. Diese allgemeine Fassung könne nur so aufgefaßt werden, daß sich die beklagten Parteien gesetzmäßig und gesetzentsprechend verhalten sollten, da ja solche Lärmentwicklungen, die das gewöhnliche Maß überschritten, den entsprechenden gesetzmäßigen Vorschriften widersprächen. Ausgehend von einem solchen Klagebegehren käme man konsequenterweise zur Ansicht, daß praktisch jedermann dahingehend geklagt werden könnte, jedes gesetzwidrige Verhalten zu unterlassen. Da die klagenden Parteien bei Erörterung ihres Begehrens nicht erklärt hätten, ob der zweite Satz des Klagebegehrens "insbesondere ...." also die Benützung einer Kreissäge im Freien oder das Abschleifen von Metall im Freien nur einen Teil des allgemeinen Begehrens (erster Satz) bilde oder ein vom ersten Satz abgetrenntes selbständiges Begehren, und sie ihr Klagebegehren unverändert aufrecht erhalten hätten, erfülle dieses nicht die im § 226 Abs 1 ZPO geforderte Bestimmtheit. Der Oberste Gerichtshof vertrete schon seit langer Zeit in ständiger Rechtsprechung die Ansicht, daß der Eigentümer des gefährdeten Besitzes seinem Gegner die zur Unterlassung oder Verhinderung von Immissionen erforderlichen Schutzmaßnahmen überlassen müsse, und daher nicht berechtigt sei, von ihm bestimmte Vorkehrungen zu deren Vermeidung zu begehren. Es sei lediglich das Begehren auf Unterlassung der Immission zu richten. Dieser Unterlassungstitel dürfe wohl nicht eng ausgelegt werden, doch müsse in ihm dennoch die dem Verpflichteten auferlegte Unterlassung so genau wie möglich umschrieben werden. Der Oberste Gerichtshof fordere insbesonders bei einem Verbot von Lärmentwicklung, soweit sie den zumutbaren Geräuschspiegel überschreite, die Angabe einer Maßeinheit, damit ein solcher Exekutionstitel auch nach § 355 EO vollstreckbar sei.
Das Gericht zweiter Instanz gab der Berufung der klagenden Parteien nicht Folge. Es sprach aus, daß der von der Bestätigung betroffene Wert des Streitgegenstandes, über den es entschieden habe, 60.000 S, aber nicht 300.000 S übersteige und die Revision gemäß § 502 Abs 4 Z 1 ZPO zulässig sei. Der Eigentümer eines Grundstückes könne dem Nachbarn die von dessen Grund ausgehenden Einwirkungen durch Geräusch insoweit untersagen, als sie das nach den örtlichen Verhältnissen gewöhnliche Maß überschritten und die ortsübliche Benützung des Grundstückes wesentlich beeinträchtigten (§ 364 Abs 2 ABGB). Die örtlichen Verhältnisse seien sowohl für das Maß der Immissionen als auch für das Maß der Beeinträchtigung zu beachten. Wesentlich seien neben dem Grad der Einwirkung und ihrer Störungseignung auch das Herkommen und das öffentliche Interesse. Das Begehren gehe auf Unterlassung der Immission (Spielbüchler in Rummel Rdz 11 und 17 zu § 364 ABGB). Gemäß § 226 ZPO müsse die Klage ein bestimmtes Begehren enthalten. Dieses müsse zweifelsfrei und nach objektiven, allgemein erkennbaren Merkmalen erkennen lassen, welche Handlungen zu unterlassen seien. Das Begehren müsse die Unterlassungspflicht so deutlich kennzeichnen, daß daraus für den Exekutionsrichter Gegenstand, Art, Umfang und Zeit der geschuldeten Unterlassung zu entnehmen seien (Fasching II, 18, 29; SZ 33/46). Bei Unterlassungsansprüchen sei eine gewisse allgemeine Fassung des Begehrens erforderlich, verbunden mit Einzelverboten, um die Umgehung des Verbotes hintanzuhalten (ÖBl 1960, 76; JBl 1964, 609 ua). Der Begriff der Bestimmtheit der bezeichneten Unterlassungspflicht dürfe auch nicht zu eng ausgelegt werden, denn es sei praktisch unmöglich, alle nur denkbaren Angriffshandlungen zu beschreiben. So sei das Verbot der Verursachung unzumutbarer Einwirkungen von Lärm und Geruch eines Autolackier- und Spenglereibetriebes für ausreichend bestimmt erachtet worden (EvBl 1971/154, ähnlich MietSlg 28.582, 37.744). Das Erfordernis aber, daß aus dem Exekutionstitel selbst mit Bestimmtheit hervorgehen müsse, ob eine Handlung zu unterlassen sei (Heller-Berger-Stix 2583), erfülle ein Urteilsbegehren mit dem in diesem Verfahren gestellten Wortlaut nach Ansicht des Berufungsgerichtes nicht. Im besonderen Fall wollten die klagenden Parteien jede Lärmentwicklung auf der Liegenschaft der beklagten Parteien verboten wissen, die das nach den örtlichen Verhältnissen gewöhnliche Maß überschreite und die Benützung ihrer Liegenschaft beeinträchtige, beispielsweise durch Verwendung einer im Freien aufgestellten Kreissäge (eingeschränkt durch eine allfällige rechtskräftige gewerbebehördliche Bewilligung) oder durch Abschleifen von Metallstücken, sofern eben bei diesen Tätigkeiten Lärm in einem die Ortsüblichkeit übersteigenden Maß hervorgerufen werde. Ortsüblichkeit sei aber kein unveränderlicher Wertmaßstab; ob eine Geräuschentwicklung die Ortsüblichkeit übersteige, hänge von vielen Umständen ab und sei nach den Umständen des Einzelfalles zu beurteilen (vgl. SZ 25/221; SZ 28/222; MietSlg 24.029 ua). Das Exekutionsbewilligungsgericht habe die Verpflichtung nur aufgrund des Titels festzustellen, der bei Entscheidungen nur der Spruch sei. Im Zweifel über den Sinn des Spruches könnten allerdings die Entscheidungsgründe zur Auslegung herangezogen werden (Heller-Berger-Stix 187 f). Nun wäre wohl in diesem Verfahren zu prüfen, ob die von den klagenden Parteien behauptete Lärmentwicklung auf der Liegenschaft der Beklagten das ortsübliche Ausmaß überschritten habe und geeignet sei, die Benützung der Liegenschaft zu beeinträchtigen. Damit müsse aber noch nicht die Grenze der Ortsüblichkeit und Verträglichkeit bestimmt sein. Sei aber der Exekutionstitel zu ungenau und unbestimmt, müßte aufgrund jeder ebensolchen Behauptung der betreibenden Partei die Exekution bewilligt werden und in einem von den Verpflichteten eingeleiteten Verfahren nach § 36 EO wiederum geprüft werden, ob die behauptete Störungshandlung unter die Bestimmung des § 364 ABGB zu subsumieren sei, insbesondere wenn die Störungshandlungen von geringerer Intensität gewesen seien als jene, die dem Exekutionstitel zugrunde gelegen seien. In § 7 EO werde aber nicht gestattet, im Exekutionsverfahren den Nachweis zu erbringen, ob eine Handlung überhaupt unter den Exekutionstitel fällt oder nicht; es müsse vielmehr aus dem Exekutionstitel selbst hervorgehen, ob eine Handlung zu unterlassen sei (SZ 24/314). So sei auch bei der Präzisierung des Urteilsbegehrens die Festsetzung einer Lärmintensivitätsgrenze oder anderer objektiver Kriterien für notwendig erachtet worden, um die für eine Exekutionsführung nötige Bestimmtheit des Urteilsspruches zu erreichen (MietSlg 29.041; SZ 50/99). Daß eine solche Präzisierung notwendig sei, bestätigten die Ausführungen in der Berufung, wonach nicht nur Geräusche ab einer gewissen Lautstärke, sondern auch bei einer gewissen Unannehmlichkeit vom Unterlassungsbegehren umfaßt sein sollten. Dies zu klären, sei aber nicht der Zweck einer Klage nach § 36 EO. Bei Unbestimmtheit des Klagebegehrens sei der Kläger zur Präzisierung aufzufordern. Dies sei auch in diesem Verfahren geschehen, doch hätten die klagenden Parteien eine Präzisierung nicht für notwendig erachtet. Wenn die Aufforderung zur Präzisierung des Klagebegehrens erfolglos bleibe, habe das Gericht zu prüfen, ob es nicht schon aus dem ganzen Klagsvorbringen und dem vorliegenden Wortlaut des Begehrens mit hinlänglicher Sicherheit erkennen könne, daß bei der Entscheidung in der Sache ohne Verstoß gegen die Vorschrift des § 405 ZPO das Begehren des Urteilsspruches zu einem bestimmten Ausspruch verdeutlicht und umgeformt werden könne. Nur wenn eine solche Verdeutlichung nicht möglich erscheine, sei die Klage zurückzuweisen (Fasching III 24). Dies müsse auch in diesem Fall angenommen werden, da z.B. eine aufgrund von Verfahrensergebnissen angenommene Belastungsgrenze die von den Klägern für angestrebt erachtete unterschreiten könne. Die Zulassung der Revision begründete das Berufungsgericht damit, daß die hier wesentlichen Rechtsfragen in der Judikatur unterschiedlich gelöst worden seien. Gegen dieses Urteil des Gerichtes zweiter Instanz richtet sich die auf den Revisionsgrund des § 503 Abs 2 ZPO gestützte Revision der klagenden Parteien mit dem Antrag, die Entscheidungen der Vorinstanzen im Sinne der Stattgebung des Klagebegehrens abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die beklagten Parteien beantragten in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision keine Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist wegen der über den Einzelfall hinausgehenden Bedeutung der Frage der Bestimmtheit von Unterlassungsbegehren zulässig und im Sinne des hilfsweise gestellten Aufhebungsbegehrens auch berechtigt.
Die Vorinstanzen haben zutreffend erkannt, daß bei Unterlassungsklagen die Unterlassungspflicht so deutlich gekennzeichnet sein muß, daß ihre Verletzung gemäß § 355 EO exekutiv getroffen werden kann, der Begriff der Bestimmtheit eines Unterlassungsbegehrens aber doch nicht allzu eng ausgelegt werden darf, weil es praktisch unmöglich ist, alle nur denkbaren Eingriffshandlungen zu beschreiben (SZ 50/99; ÖBl 1978, 75 ua). Bei Unterlassungsansprüchen wurde daher eine gewisse allgemeine Fassung des Begehrens in Verbindung mit Einzelverboten als zulässig und zweckmäßig erachtet, um auch nicht die Umgehung des erwähnten Verbotes allzu leicht zu machen (ÖBl 1970, 28 und 80; ÖBl 1983, 111 und 134; ÖBl 1986, 346 ua). Anderseits darf die allgemeine Fassung des Unterlassungsbegehrens allerdings auch nicht so weit gehen, daß dem Beklagten eine generelle Verpflichtung zur Unterlassung auferlegt würde, etwa ganz allgemein Lärmentwicklung zu unterlassen; es reicht aber auch nicht aus, das zulässige Maß der Lärmentwicklung bloß durch Anführung des Wortlautes der Verbotsnorm anzugeben, es muß vielmehr die dem Beklagten aufzuerlegende Verpflichtung so genau wie möglich umschrieben werden, etwa durch Angabe des den klagenden Parteien zumutbaren Geräuschpegels (vgl. SZ 50/90 = MietSlg 29.040). Es muß aber auch berücksichtigt werden, daß beim Arbeitseinsatz bestimmter Maschinen jedenfalls und unvermeidbar Lärm hervorgerufen wird, der wegen seiner Art und Intensität nur kurzfristig und mit deutlichem Unbehagen von den davon betroffenen Menschen ertragen werden kann, so daß das Begehren auf Unterlassung derartigen Lärms im Rahmen des § 364 Abs 2 ABGB hinreichend bestimmt ist, wenn dabei die Lärmerzeugungsquelle deutlich bezeichnet ist. Nach Ansicht des Obersten Gerichtshofes haben hier die Kläger - zwar in beispielsweiser Anführung - dieses Erfordernis insoferne erfüllt, als sie zwei Lärmerzeugungsquellen in ihrem Klagebegehren bezeichnet haben, nämlich den Betrieb einer im Freien aufgestellten Kreissäge und das Glattschleifen von Metallstücken im Freien, letzteres offenbar, wie der Klageerzählung entnommen werden kann, mittels einer Schleifmaschine, denn es wird angeführt, daß Schweißstellen geschliffen worden seien. Bei dem solcherart herbeigeführten Lärm handelt es sich schon nach allgemeiner Lebenserfahrung und ohne Messung der Lautstärke und Frequenz um Lärm im eben aufgezeigten Sinne, so daß beim Vollzug des Unterlassungsurteiles keine Schwierigkeiten entstehen können, weil es genügt, daß Lärm dieser Art überhaupt verursacht wurde. Der allgemein gehaltene Ausspruch, wie ihn die Kläger begehren, daß jede Lärmentwicklung untersagt werde, die das nach den örtlichen Verhältnissen gewöhnliche Maß überschreitet und die Benützung der Liegenschaft der Kläger beeinträchtige, ist in dieser Fassung aber nicht ausreichend bestimmt, um vollzogen zu werden. Es ist jedoch dieses Begehren aufgrund der beispielsweise aufgezählten zwei konkreten Lärmerregungsquellen immerhin derart einschränkend zulässig, daß an Hand der beiden Beispielfälle generalisiert wird, die Beklagten seien schuldig, den beiden konkret bezeichneten Fällen gleichartige Lärmentwicklungen zu unterlassen.
Es sind deshalb die Vorinstanzen zu Unrecht zu der Annahme gelangt, das hier gestellte Klagebegehren sei völlig unbestimmt iS des § 226 Abs 1 ZPO.
Damit erweist sich aber die Revision als berechtigt. Im Hinblick darauf, daß es die Vorinstanzen unterlassen haben, auf die Frage der materiellen Berechtigung des Unterlassungsbegehrens einzugehen und entsprechende Feststellungen zu treffen, mußten die Urteile der Vorinstanzen aufgehoben und die Rechtssache an das Erstgericht zurückverwiesen werden. Der Vorbehalt der Entscheidung über die Kosten der Rechtsmittelverfahren beruht auf § 52 ZPO.
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