OGH 1Ob754/51

OGH1Ob754/5121.11.1951

SZ 24/314

Normen

ABGB §91
ABGB §92
ABGB §93
AußStrG §§1 ff
EO §7
EO §355
JN §50 Abs1 Z3
ZPO §226
ABGB §91
ABGB §92
ABGB §93
AußStrG §§1 ff
EO §7
EO §355
JN §50 Abs1 Z3
ZPO §226

 

Spruch:

Das Klagebegehren auf Unterlassung ehewidriger Beziehungen gehört, auch wenn es sich gegen den anderen Ehegatten richtet, auf den Rechtsweg.

Keine genügende Bestimmtheit des Klagebegehrens auf "Unterlassung ehewidriger Beziehungen, soweit es Ehe- und Gesundheitsstörungen mit sich bringt".

Entscheidung vom 21. November 1951, 1 Ob 754/51.

I. Instanz: Landesgericht Feldkirch; II. Instanz: Oberfandesgericht Innsbruck.

Text

Die Klägerin erhob Klage gegen ihren Gatten, den Erstbeklagten, und die Zweitbeklagte, die angeblich ehewidrige Beziehungen unterhalten. Sie verlangt Fällung des Urteiles, der Erstbeklagte sei schuldig, das persönliche Aufsuchen und das absichtliche Zusammentreffen mit der Zweitbeklagten sowie überhaupt das Betreten der Wohnung der Zweitbeklagten bzw. ihres Vaters zu unterlassen, ferner die Zweitbeklagte zu verurteilen, Besuchsempfänge des Erstbeklagten sowie das absichtliche Zusammentreffen mit diesem zu unterlassen, soweit es Ehe- und Gesundheitsstörungen mit sich bringt.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren Folge.

Das Berufungsgericht hob rücksichtlich des Erstbeklagten das angefochtene Urteil und das vorangegangene Verfahren als nichtig auf und wies die Klage mit der Begründung zurück, daß der gegenständliche Anspruch im Außerstreitverfahren hätte geltend gemacht werden müssen. Hinsichtlich der Zweitbeklagten änderte das Berufungsgericht das erstrichterliche Urteil dahin ab, daß es das Klagebegehren abwies, weil dritte Personen, die sich in die Ehe einmengen, nicht auf Unterlassung der Fortsetzung ehestörender Beziehungen geklagt werden könnten und weil das Klagebegehren nicht genügend konkretisiert und substantiiert sei. Überdies sei die Vollstreckbarkeit des Unterlassungsbegehrens in der vorliegenden Fassung zu verneinen, da die Exekutionsführung nach § 355 EO. eine Vorprüfung des Exekutionsrichters voraussetzen würde, zu der er nicht berufen sei. Ein auf Grund des dem Klagebegehren entsprechenden Spruches nicht durchsetzbarer Anspruch bedinge aber seine Abweisung.

Der Oberste Gerichtshof hat der Revision der Klägerin, soweit ihre gegen die Zweitbeklagte gerichtete Klage abgewiesen wurde, nicht Folge gegeben, dagegen den in das Urteil aufgenommenen Beschluß auf Nichtigerklärung des Verfahrens gegen den Erstbeklagten aufgehoben.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Die Revision gegen die Abweisung der Klage gegen die Zweitbeklagte ist nicht begrundet. Nach § 226 ZPO. muß jede Klage ein bestimmtes Begehren enthalten. Bei einem Unterlassungsbegehren muß der Klagsantrag nach Art und Umfang so genau umrissen sein, daß jede Ungewißheit vermieden wird. Demgemäß ist das Begehren auf Unterlassung bestimmter Rechtsverletzungen oder Verbotsübertretungen auf Unterlassung bestimmter Handlungen zu richten. Das Verbot hat ausdrücklich zu sagen, welche Handlungen unterlassen werden sollen. Das Verbot muß bestimmt sein und kann nicht von Bedingungen abhängig gemacht werden, deren Vorhandensein erst im Exekutionsverfahren geprüft werden sollen. Diesen Vorschriften entspricht das von der Klägerin gestellte Begehren nicht, weil sie die von ihr beanständeten Handlungen nicht schlechthin verboten wissen will, sondern nur dann, wenn sie "Ehe- und Gesundheitsstörungen" (für wen?) mit sich bringen. Damit wird tatsächlich die Feststellung des Inhaltes des Verbotes dem Exekutionsverfahren überlassen, weil der Klagsantrag die beanständeten Handlungen nicht schlechthin untersagt, sondern nur bedingungsweise und die Feststellung, ob diese Bedingungen gegeben sind, im Exekutionsverfahren nicht getroffen werden kann.

Das Berufungsgericht hat daher mit Recht das Klagebegehren schon aus dem Gründe abgewiesen, weil es nicht genügend bestimmt ist.

Der Oberste Gerichtshof hat allerdings in der Entscheidung vom 12. September 1935, ZBl. 1935, Nr. 430, das Klagebegehren, das auf Unterlassung ehewidriger Beziehungen gerichtet war, soweit es Ehe- und Gesundheitsstörungen mit sich bringe, für zulässig und genügend bestimmt erachtet. Der Oberste Gerichtshof hat sich damals auf § 7 Abs. 2 EO. berufen welcher es zulasse, daß im Exekutionsverfahren der Nachweis erbracht werde, daß die vom Exekutionstitel geforderten subjektiven Merkmale (Ehe- und Gesundheitsstörung) vorliegen. Der Oberste Gerichtshof kann diese Auffassung nicht aufrechthalten, da im § 37 Abs. 2 EO. nur der Nachweis des Eintrittes von Tatsachen, von der die Fälligkeit oder Vollstreckbarkeit des Anspruches abhängig gemacht wurde, zugelassen ist, aber nicht gestattet wird, im Exekutionsverfahren den Nachweis zu erbringen, ob eine Handlung überhaupt unter den Exekutionstitel fällt oder nicht. Ob eine Handlung zu unterlassen ist, muß aus dem Exekutionstitel selbst hervorgehen. Ein solcher Nachweis kann auch niemals durch öffentliche Urkunden erbracht werden, wie es vom § 7 Abs. 2 EO. verlangt wird, weil es sich um Tatsachen handelt, die von der richterlichen Wertung und Würdigung abhängig sind. Wenn aber schon bei der Urteilsfällung klar ist daß der Titel nicht exekutionsfähig wäre, so darf das begehrte Urteil wegen Unbestimmtheit des Begehrens von vorneherein nicht gefällt werden.

Schon aus diesem formalrechtlichen Gründe war das Berufungsurteil zu bestätigen.

Dagegen ist der Rekurs gegen die Nichtigerklärung des Verfahrens gegen den Erstbeklagten und gegen die Zurückweisung der Klage, weil die Sache ins Außerstreitverfahren gehöre, begrundet.

Nach § 1 AußStrG. hat das Gesetz in nichtstreitigen Rechtsangelegenheiten nur insoweit vorzugehen, als es die Gesetze anordnen. Daraus folgt, daß das außerstreitige Verfahren nur dann zur Anwendung gelangt, wenn eine privatrechtliche Vorschrift dies anordnet. Grundsätzlich gehören alle Sachen, die in die Zuständigkeit des Gerichtes fallen, auf den Prozeßweg. Die Behauptung des Rekursgerichtes, daß alle aus dem ehelichen Verhältnisse entspringenden Streitigkeiten grundsätzlich dem Außerstreitverfahren zugewiesen sind, ist rechtsirrig. Auch in Ehesachen gilt der Grundsatz, daß sie auf den Prozeßweg gehören, wofern das Gesetz nicht ausnahmsweise etwas anderes bestimmt (§ 50 Abs. 1 Z. 3 JN.). Da eine Rechtsnorm, die den Außerstreitrichter ermächtigen wurde, auf Verlangen des einen Eheteiles den anderen zur Unterlassung ehewidriger Handlungen zu veranlassen, nicht existiert, so gehören derartige Unterlassungsklagen auf den Rechtsweg und nicht auf den Außerstreitweg, wie das Berufungsgericht angenommen hat. Wie der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung vom 14. Juni 1899, Pravnik 1899, S. 676, dargelegt hat, gehören alle aus §§ 91 bis 93 ABGB. abgeleiteten Ansprüche - und dazu gehört auch der Klagsanspruch gegen den Erstbeklagten - auf den Rechtsweg, weil das Außerstreitgesetz eine gegenständliche Bestimmung nicht enthält.

Es war daher dem als Revision bezeichneten Rekurs des Erstbeklagten Folge zu geben.

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