Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 19.760,40 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (einschließlich 1.796,40 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Zwischen den Streitteilen wurde im Jahre 1982 ein Werkvertrag über die Herstellung eines Kochermantels für Kamyrkocher und eines HT-Imprägnierturms gegen ein Entgelt von 9,350.000 S zuzüglich Umsatzsteuer geschlossen. Die klagende Partei trat als Bestellerin von diesem Vertrag zurück, worauf die beklagte Partei zu 3 Cg 74/83 des Kreisgerichtes Wiener Neustadt gemäß § 1168 Abs. 1 ABGB das (verminderte) vereinbarte Entgelt in schließlich restlicher Höhe von 4,358.243,63 S sA begehrte. Dieser Betrag wurde ihr mit rechtskräftigem Urteil vom 31. März 1984 zugesprochen. In der vorliegenden, am 15. Jänner 1987 eingebrachten Klage brachte die klagende Partei vor, nach Schluß der mündlichen Verhandlung des Vorprozesses seien der nunmehr beklagten Partei aus Materialverkäufen an die Firmen W*** & Co GesmbH und E*** Zahlungen in Höhe von 1,700.200 S und 420.856 S zugeflossen. Gemäß § 1168 Abs. 1 ABGB müsse sich die beklagte Partei diese Erlöse anrechnen lassen. Die Anrechnungsregel dieser Bestimmung sei aus Gründen der Billigkeit in das Gesetz aufgenommen worden und es könne nicht Sinn dieser Bestimmung sein, daß der Unternehmer die anderweitige Verwendung des bereits geschaffenen Werkes bis zum Vorliegen eines rechtskräftigen Urteiles aufschiebe und dem Besteller damit die Möglichkeit nehme, die eingetretene Ersparnis und Anrechnungspflicht nachzuweisen. Unter dem Druck der Exekutionsdrohung habe sich die klagende Partei seinerzeit bereitgefunden, mit der beklagten Partei eine Ratenvereinbarung über die Abstattung der vorgenannten Judikatsschuld zu schließen. Unter Anrechnung der Erlöse aus den Verkäufen an die Firmen W*** und E*** habe sich diese Schuld auf 3,299.360,32 S zuzüglich Zinsen vermindert und sei per 27. Juni 1986 zur Gänze bezahlt worden. Seitdem habe die beklagte Partei die klagende Partei unter Androhung sonstiger Exekution zu weiteren Ratenzahlungen in Höhe von 250.000 S pro Monat, insgesamt bis zur Klageführung somit 1,565.008,89 S, gezwungen, so daß insoweit eine rechtsgrundlose Überzahlung vorliege, deren Rückforderung sich die klagende Partei bereits am 4. Juli 1985 ausdrücklich vorbehalten habe. Demgemäß stelle die klagende Partei ein Feststellungsbegehren, wonach der Teil des Entgeltanspruches der beklagten Partei, der durch diese Ersparnisse abgedeckt erscheine, erloschen sei, und hinsichtlich des Rückforderungsanspruches ein Leistungsbegehren über 1,565.008,89 S sA.
Der von der beklagten Partei erhobenen Einrede der rechtskräftig entschiedenen Streitsache gab das Erstgericht Folge. Das Rekursgericht hob diesen Beschluß auf und trug dem Erstgericht die Fortsetzung des Verfahrens auf. In der Sache brachte die beklagte Partei vor, von der Judikatsschuld sei zum 31. Dezember 1986 noch ein Betrag von 1,504.800,16 S unbeglichen gewesen. Zwar habe die Firma W*** am 22. Mai 1984 für einen von ihr gekauften Teil der Waren, die zur Herstellung des bestellten Werkes angeschafft worden seien, einen Betrag von 1,660.200 S, und die Firma E*** am 11. Mai 1984 für solche Waren einen Betrag von 377.520 S bezahlt; diese Beträge könnten jedoch nicht zurückgefordert werden, weil die begehrte Anrechnung von Erlösen unter die von der klagenden Partei im Vorprozeß bereits erhobene Einwendung von Ersparnissen von 3,704.000 S falle. Die nunmehr beklagte Partei habe im Vorprozeß bereits folgende Positionen angerechnet:
für anderweitig verwendbare Waren
und Verbrauchsmaterialien S 1,180.000,--
für anderweitig nicht verwendbare
Waren S 500.000,--
für bestimmte ersparte Aufwen-
dungen S 1,609.000,--
"aus Gründen der Vorsicht" S 1,061.000,--
S 4,350.000,--
Die "Vorsicht" sei geboten gewesen, um bei einer günstigeren Verwertung der für das Werk angeschafften Waren Kostenfolgen zu vermeiden. Tatsächlich habe die nun klagende Partei diese Waren sodann durch andere Firmen für sich ankaufen lassen, wodurch bei den "anderweitig nicht verwendbaren Waren" wesentlich bessere Erlöse erzielt worden seien als dem angerechneten Betrag von 500.000 S entsprochen habe. Insgesamt seien an die Firma W*** Waren im Betrage von 1,386.937 S geliefert und fakturiert worden. Diese Erlöse seien im Vorprozeß abzüglich 5 % Verwertungsaufwand angerechnet worden. Die Nettoerlöse aus den Verkäufen an die Firmen W*** und E*** betrügen insgesamt 1,698.100 S abzüglich 5 % Verwertungsaufwand und es stünden diesen folgende im Vorprozeß angerechnete Beträge gegenüber:
für anderweitig verwendbare Waren S 1,180.000,--
für anderweitig nicht verwendbare
Waren S 150.000,--
"aus Gründen der Vorsicht" S 1,061.000,--
S 2,391.000,--
Es sei daher für "Erwerb durch anderweitige Verwendung" bereits
wesentlich mehr angerechnet worden als durch die Verkäufe an
W*** und E*** nachträglich erzielt worden sei.
Mit Beschluß des Kreisgerichtes Wiener Neustadt vom 21. September 1987 (AZ S 52/87) wurde über das Vermögen der klagenden Partei der Konkurs eröffnet. Nach Unterbrechung dieses Streitverfahrens gemäß § 7 Abs. 1 KO trat der Masseverwalter innerhalb der ihm gemäß § 8 KO gesetzten Frist nicht in den Rechtsstreit ein, worauf das Verfahren von der klagenden Partei fortgesetzt wurde.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren zur Gänze ab. Es stellte fest:
Im Verfahren zu AZ 3 Cg 74/83 des Kreisgerichtes Wiener Neustadt errechnete die nunmehr beklagte Partei den eingeschränkten Entgeltanspruch nach § 1168 Abs. 1 ABGB so, daß sie vom vereinbarten Entgelt von 9,350.000 S (zuzüglich Umsatzsteuer) den Wert anderweitig verwendbarer Waren von 1,180.000 S, weiters den Wert anderweitig nicht verwendbarer Waren von 500.000 S und schließlich ersparte Aufwendungen von 1,609.000 S abzog, so daß sich ein vermindertes Entgelt von 6,061.000 S (ohne Umsatzsteuer) ergab. Diesen Anspruch beschränkte sie "aus Gründen der Vorsicht" auf 5,000.000 S zuzüglich Umsatzsteuer, somit auf 5,900.000 S ein. Infolge von Verkäufen von auftragsgegenständlichen Waren an die Firma W*** sowie unter Anrechnung einer Teilzahlung von 400.000 S erfolgte eine weitere Klageeinschränkung auf 4,358.243,63 S. Die nunmehr klagende Partei behauptete demgegenüber aber Warenverkäufe im Werte von mindestens 3,704.000 S sowie, daß die nunmehr beklagte Partei aus Warenerlösen und auf Grund des gemeinen Wertes der noch vorhandenen Waren bereits mehr als den eingeschränkten Werklohn erhalten und demnach aus dem Vertragsrücktritt keinen Schaden erlitten habe. Sie kam jedoch ihrer Beweispflicht für diese Behauptungen nicht nach, so daß dem Klagebegehren des Vorprozesses stattgegeben wurde (siehe hiezu S 20 f. der im Vorprozeß ergangenen Entscheidung des Obersten Gerichtshofes 1 Ob 506/85). Die von der nunmehr beklagten Partei an die Firmen W*** und E*** gelieferten Waren hätten nach den erstgerichtlichen Feststellungen alle bereits von der Firma W*** abgenommen werden sollen, doch gab es mit dieser Firma im Jahre 1983 Schwierigkeiten, so daß es nicht zur vollständigen Durchführung des Geschäfts kam. Die Firma W*** verfiel später in Konkurs.
In seiner rechtlichen Beurteilung verwies das Erstgericht auf die Behauptungs- und Beweispflicht des Bestellers hinsichtlich des nach § 1168 Abs. 1 ABGB Ersparten und darauf, daß sich die nunmehr beklagte Partei im Vorprozeß u.a. den Betrag von 2,391.000 S habe anrechnen lassen, welcher über die späteren Verkaufserlöse aus Verkäufen an die Firmen W*** und E*** in Höhe von
1,698.100 S hinausgehe, so daß sie keinesfalls bereichert sei. Das Berufungsgericht bestätigte das erstgerichtliche Urteil. Es sprach aus, daß der von der Bestätigung betroffene Wert des Streitgegenstandes den Betrag von 60.000 S und der Streitgegenstand insgesamt den Betrag von 300.000 S übersteige. Eine Behandlung der Verfahrens- und Beweisrüge der klagenden Partei hielt es nicht für erforderlich. Zur Rechtsrüge führte es aus:
Der vom Unternehmer eingeklagte Entgeltanspruch nach § 1168 Abs. 1 ABGB werde im darüber ergehenden Urteil ebenso endgültig bemessen wie der volle Werklohnanspruch. Von diesem werde nach der gesetzlichen Regelung abgezogen, was sich der Unternehmer zufolge Unterbleibens des Werkes erspart, aber auch "was er zu erwerben absichtlich versäumt" habe. Daß die beklagte Partei die Verkäufe an die Firmen W*** und E*** absichtlich bis über den Schluß der Verhandlung erster Instanz des Vorprozesses hinausgeschoben habe, werde von der klagenden Partei weder behauptet noch sei dies erwiesen. Davon abgesehen könne selbst ein daraus resultierender allfälliger Anspruch der klagenden Partei nach rechtskräftigem Abschluß des über den Entgeltanspruch nach § 1168 Abs. 1 ABGB geführten Verfahrens nicht mehr auf § 1168 Abs. 1 ABGB, sondern nur noch auf Schadenersatz gestützt werden, was im gegenständlichen Prozeß nicht geschehen sei. Bis zum Schluß der mündlichen Streitverhandlung des Vorprozesses wäre es Sache der nunmehr klagenden Partei gewesen, zu behaupten und zu beweisen, was sich die nunmehr beklagte Partei infolge Unterbleibens der Arbeit erspart oder durch dieses Unterbleiben der Arbeit anderweitig erworben habe. In diesem Sinne habe sie damals ohnehin behauptet, daß sich die nunmehr beklagte Partei jedenfalls mehr als der ursprünglich vereinbarte Werklohn betrug, eingespart und für das bereits ausgeführte Werk mehr erlöst habe bzw., daß ihr mehr an gemeinem Wert verblieben sei, soweit keine Abverkäufe erfolgten. Diese Behauptungen seien aber, wie die klagende Partei im vorliegenden Verfahren selbst zugestehe, nicht bewiesen worden. Hinsichtlich der von der nunmehr beklagten Partei als Unternehmer allenfalls später durch geschäftliche Tüchtigkeit bei der Verwertung erzielten Gewinne bestehe aber keine Anrechnungspflicht, da sie nur anzurechnen seien, wenn die Möglichkeit hiezu bereits vor Schluß der Verhandlung erster Instanz bestanden habe, diese Möglichkeit vom Unternehmer aber absichtlich nicht wahrgenommen worden sei. Wenn für die Erbringung des Werkes angeschaffte Materialien zum Zeitpunkt der Bestimmung des geminderten Entgelts nach § 1168 Abs. 1 ABGB noch nicht verkauft gewesen seien, habe eine Anrechnung ihres gemeinen Wertes zu erfolgen, weil es sich hiebei um potentielle Ersparnisse handle. Auf dem Wege dieser Berücksichtigung des gemeinen Wertes der für die Herstellung des Werkes angeschafften Materialien sei es also durchaus möglich, das geminderte Entgelt zu bestimmen. Da somit im Vorprozeß keine grundsätzlichen Hindernisse für eine endgültige Bestimmung des geminderten Entgelts vorgelegen seien, bestehe kein Bedürfnis und auch kein Raum für eine nach Rechtskraft der Entscheidung über diesen Entgeltanspruch vorzunehmende Änderung. Die in der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes JBl. 1981, 594 für möglich angesehene spätere Entscheidung betreffe den ganz anders gelagerten Fall, daß bei Aufrechterhaltung des Vertragsverhältnisses wegen fehlender Mitwirkung des Bestellers an der Herstellung des Werkes vorerst dem Unternehmer der Anspruch auf das geminderte Entgelt ohne Ausschluß der späteren Geltendmachung des gesamten Entgelts für den Fall der nachträglichen gänzlichen Erfüllung eingeräumt wurde. Die Ansicht der klagenden Partei, es sei ihr im gegenständlichen Fall dadurch, daß die Verkäufe an die Firmen W*** und E*** erst nach Schluß der Verhandlung erster Instanz getätigt worden seien, die Möglichkeit genommen worden, die eingetretene Ersparnis und die Anrechnungspflicht nachzuweisen, sei demnach unrichtig. Hinsichtlich des damals naturgemäß nicht nachweisbaren, über den gemeinen Wert der Materialien hinausgehenden nunmehrigen Gewinnes der beklagten Partei gebe das Gesetz keine Anrechnungsmöglichkeit, solange der Unternehmer ihn zu erzielen nicht absichtlich versäumt habe. Das Klagebegehren müsse daher ganz unabhängig von der Frage abgewiesen werden, ob die an die Firmen W*** und E*** verkauften Materialien der einen oder der anderen von der beklagten Partei im Vorprozeß kalkulierten Anrechnungsposition zuzuordnen seien.
Gegen die berufungsgerichtliche Entscheidung erhebt die klagende Partei eine auf die Anfechtungsgründe der Aktenwidrigkeit und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung, hilfsweise auch der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens, gestützte Revision mit dem Hauptantrag auf Aufhebung und Rückverweisung der Rechtssache an eine der Vorinstanzen, und dem Hilfsbegehren auf Abänderung im Sinne der Klagestattgebung.
Rechtliche Beurteilung
Als aktenwidrig bezeichnet die Revisionswerberin die berufungsgerichtliche Rechtsausführung, daß auf die besondere Geschäftstüchtigkeit zurückzuführende Gewinne aus nachträglichen Veräußerungen von Waren bei der Berechnung des Entgeltes nach § 1168 Abs. 1 ABGB nicht anzurechnen seien. Vorliegendenfalls habe es sich nach dem festgestellten Sachverhalt nämlich um keine solche verdienstliche Tätigkeit der klagenden Partei gehandelt. Ob auf der Grundlage des festgestellten Sachverhaltes eine Verwertung im Wege besonderer Verdienstlichkeit vorliegt oder nicht und ob diese Frage überhaupt rechtlich erheblich ist, stellt eine Frage der rechtlichen Beurteilung dar, so daß insoweit eine Aktenwidrigkeit von vornherein nicht in Frage kommt. Der Anfechtungsgrund des § 503 Abs. 1 Z 3 aF ZPO ist daher nicht gegeben.
In ihrer "nur vorsichtshalber" erhobenen Verfahrensrüge verweist die Revisionswerberin ausschließlich auf den Inhalt ihrer Rechtsrüge. In dieser vertritt sie die Ansicht, nach dem Zwecke der Regelung des § 1168 Abs. 1 ABGB sei es gleichgültig, wann dem Unternehmer eine "anderweitige Verwendung" möglich gewesen sei. Finde eine solche, wann immer, statt, so habe die Anrechnung zu erfolgen, damit er nicht aus dem Unterbleiben der Werkherstellung über seinen "reinen Verdienst" hinaus Nutzen ziehe und solcherart bereichert sei. Aus diesem Grunde seien auch nach Rechtskraft eines den Entgeltanspruch nach § 1168 Abs. 1 ABGB zuerkennenden Urteiles erzielte Erlöse anzurechnen und daher dem Besteller als Bereicherung herauszugeben. In diesem Sinne ergebe sich auch aus der Entscheidung JBl. 1981, 594, daß der Unternehmer bei einem in der Sphäre des Bestellers gelegenen vorübergehenden Leistungshindernis nur Anspruch auf das eingeschränkte Entgelt nach § 1168 Abs. 1 ABGB habe. Bei nachträglicher Änderung des Sachverhaltes, nämlich nachträglich eingetretener Ersparnis oder "anderweitiger Verwendung", sei demnach auch eine nachträgliche Änderung der rechtskräftigen Entgeltbemessung durchaus zulässig. Anders sei dies nur, wenn die nachträgliche Erzielung weiterer Erlöse auf die besondere Tüchtigkeit des Unternehmers zurückzuführen sei, wovon hier keine Rede sein könne. Der Umstand, daß die klagende Partei im Vorprozeß andere, schließlich nicht beweisbare Einwendungen vorgetragen habe, könne nicht schaden. Im Vorprozeß sei die Wertberechnung der Materialien auf Grund der Angaben der nunmehrigen beklagten Partei erfolgt. Die Änderung, welche durch in der Folge über diese Wertberechnung hinaus erzielte Erlöse eingetreten sei, müsse nunmehr berücksichtigt werden, um eine Bereicherung der beklagten Partei zu vermeiden.
Diese Ausführungen sind insgesamt nicht stichhältig. Der Klageanspruch wurde ausdrücklich darauf gegründet, daß die beklagte Partei nach Schluß der mündlichen Verhandlung des Vorprozesses noch Erlöse aus Materialverkäufen des bestellten, aber nicht abgenommenen Werkes erzielt habe, die sie sich auf ihren im Vorprozeß gemäß § 1168 Abs. 1 ABGB geltend gemachten Entgeltanspruch nun nachträglich anrechnen lassen müsse. Diese Anrechnungspflicht sei nach Ansicht der Revisionswerberin zeitlich unbeschränkt, denn es könne nicht Sinn der vorgenannten Bestimmung sein, daß der Unternehmer die anderweitige Verwendung des bereits geschaffenen Werkes bis zum Vorliegen eines rechtskräftigen Urteiles aufschiebe und dem Besteller damit die Möglichkeit nehme, die eingetretene Ersparnis und Anrechnungspflicht nachzuweisen.
Damit wirft die klagende Partei der beklagten Partei zwar
allgemein auch vor, sie habe bereits während des Vorprozesses die
Möglichkeit einer sodann später vorgenommenen, der klagenden Partei
nicht bekannten und von dieser daher nicht eingewendeten Verwertung
gehabt. Sie führt hiezu aber weder aus, welche damals bereits
konkret gegebene Möglichkeit einer gegenüber dem bloßen Warenwert
besseren Verwertung von der beklagten Partei bewußt zum Nachteil der
klagenden Partei vorerst nicht genutzt, sondern hinausgeschoben
worden sei, noch erhebt sie einen aus einem solchen Verhalten
allenfalls resultierenden Schadenersatzanspruch. Vielmehr leitet sie
die Klageansprüche unmittelbar aus einer angeblich in der Bestimmung
des § 1168 Abs. 1 ABGB zeitlich unbegrenzt normierten
Anrechnungspflicht ab, aus der sie ableitet, daß auch eine nach
Rechtskraft des Urteiles über den beschränkten Entgeltanspruch nach
§ 1168 Abs. 1 ABGB erfolgte Verwertung anrechenbar sei. Dieser
Ansicht kann nicht zugestimmt werden:
Nach der Anordnung des § 1168 Abs. 1 ABGB und der ständigen
Rechtsprechung hiezu gebührt dem Unternehmer das vereinbarte Entgelt
auch dann, wenn die Ausführung oder die Übernahme des Werkes aus
Gründen, die auf der Seite des Bestellers liegen, unterbleibt, doch
muß der Unternehmer sich hierauf u.a. anrechnen lassen, was er durch
anderweitige Verwendung des Werkes erworben oder zu erwerben
absichtlich versäumt hat. Dieser beschränkte Entgeltanspruch
ist - mangels anderer Vereinbarung - in dem Zeitpunkt fällig, in
welchem das endgültige Unterbleiben der Herstellung oder der
Übernahme des Werkes durch den Besteller feststeht (Krejci in
Rummel, ABGB, Rz 22 zu § 1168; Adler-Höller in Klang2 V 403;
EvBl. 1961/342; 2 Ob 511/81; 7 Ob 529/88 ua). Wendet der Besteller
dem fälligen Entgeltanspruch eine nach Art und Umfang von ihm
konkret zu behauptende und zu beweisende (Krejci aaO Rz 19;
Adler-Höller aaO FN 18; SZ 24/324; EvBl. 1962/64; SZ 54/173 ua) Anrechnungspflicht des Unternehmers ein, dann kann sich ein entsprechend verkürzter Entgeltanspruch ergeben, dessen Bestand oder Nichtbestand im Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung erster Instanz gemäß § 406 ZPO den gerichtlichen Entscheidungsgegenstand bildet. Entsprechend der in diesem Zeitpunkt gegebenen Sachlage wird somit über den verkürzten Entgeltanspruch nach § 1168 Abs. 1 ABGB grundsätzlich - vergleiche die strengen Voraussetzungen des § 530 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 ZPO über die Wiederaufnahmsklage - endgültig entschieden. Für die Anrechnung maßgeblich sind daher die zu diesem Zeitpunkt erwiesenermaßen bereits konkret gegebenen Verwertungsmöglichkeiten des Werkes bzw. der gemeine Wert der zur Herstellung des Werkes vom Unternehmer angeschafften Stoffe. Zukünftige Änderungen der Sachlage zB spätere Werterhöhungen des Materials oder in der Folge sich eröffnende Verwertungsmöglichkeiten müssen ebenso außer Betracht bleiben wie umgekehrt die nachträgliche Verminderung des dem Unternehmer angerechneten gemeinen Wertes der ihm verbliebenen Rohstoffe oder gar deren spätere Unverkäuflichkeit. Inwieweit ein die Festsetzung des Entgeltes nach § 1168 Abs. 1 ABGB (mit-)bestimmendes deliktisches Verhalten des Unternehmers schadenersatzpflichtig macht und auch nachträglich - wenngleich nicht "wann immer", sondern nur innerhalb der gesetzlichen Verjährungsfristen - geltend gemacht werden kann, ist hier, wie bereits oben ausgeführt, nicht zu erörtern, weil die Klage nicht auf einen solchen Anspruch gestützt wurde. Für die gegenteilige Rechtsansicht der Revisionswerberin gibt auch die von ihr genannte, den Umfang und Zeitpunkt der Anrechnungspflicht gar nicht behandelnde Entscheidung JBl. 1981, 594 nicht den geringsten Anhaltspunkt.
Da die Bestimmung des § 1168 Abs. 1 ABGB somit grundsätzlich eine endgültige Entgeltbemessung vorsieht, ohne auf danach folgende Entwicklungen Bedacht zu nehmen, kann auf sie ein Anspruch aus nachträglicher "Bereicherung" des einen oder anderen Teiles des Werkvertrages nicht gestützt werden.
Der Revision der klagenden Partei war daher ein Erfolg zu versagen.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.
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