OGH 8Ob62/09i

OGH8Ob62/09i19.5.2009

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Spenling und Dr. Kuras, die Hofrätin Dr. Glawischnig und den Hofrat Mag. Ziegelbauer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Franz Georg B*****, vertreten durch Dr. Peter Lechenauer und Dr. Margrit Swozil, Rechtsanwälte in Salzburg, gegen die beklagte Partei Rosa P*****, vertreten durch DDr. Manfred Walter, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen 6.361,45 EUR sA, über die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Berufungsgericht vom 4. Februar 2009, GZ 22 R 6/09z-40, womit infolge Berufung des Klägers das Urteil des Bezirksgerichts Salzburg vom 6. Oktober 2008, GZ 17 C 28/07s-34, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 557 EUR (darin 92,84 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Die Streitteile schlossen einen Kaufvertrag über eine in Spanien gelegene Wohnung, wobei der Kläger im Vollmachtsnamen seiner Tochter, der die Wohnung gehörte, handelte. Der Kläger forderte die Klägerin unmittelbar vor dem Notariatstermin in Spanien auf, ihm eine „Zusatzvereinbarung" zum Kaufvertrag sowie die beiden klagegegenständlichen Blankowechsel zu unterfertigen, widrigenfalls er die notarielle Durchführung des Kaufvertrags verhindern werde. „Aus Angst", ihre bis dahin geleisteten Zahlungen zu verlieren - vom Kaufpreis waren zu diesem Zeitpunkt nur mehr 4.000 EUR offen - leistete die Beklagte die geforderten Unterschriften. Aufgrund der „Zusatzvereinbarung" scheint ein über den vereinbarten Kaufpreis hinausgehender Betrag von 2.345 EUR als unberichtigt aushaftend auf. Grundlage für die Ausstellung der Blankowechsel war diese Zusatzvereinbarung.

Mit der am 6. 4. 2006 beim Bezirksgericht Tamsweg eingelangten Klage - die Rechtssache wurde in der Folge einvernehmlich an das Erstgericht delegiert - begehrte der Kläger die Erlassung eines Wechselzahlungsauftrags über insgesamt 6.361,45 EUR sA unter Vorlage zweier von ihm ausgefüllter Blankowechsel samt Wechselspesen- und Kosten.

Das Erstgericht erließ zunächst den beantragten Wechselzahlungsauftrag und wies nach Verhandlung über die rechtzeitigen Einwendungen der Beklagten das Klagebegehren ab. Rechtlich ging es davon aus, dass der Kläger die Beklagte durch ungerechtfertigte und gegründete Furcht (§ 870 ABGB) zur Unterfertigung der Zusatzvereinbarung, die die Grundlage für die Unterzeichnung der Wechsel gewesen sei, veranlasst habe.

Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil mit der Maßgabe, dass der am 10. 4. 2006 erlassene Wechselzahlungsauftrag aufgehoben werde, und sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei.

In rechtlicher Hinsicht verwies es darauf, dass in der Berufung die Anwendung österreichischen Rechts nicht in Zweifel gezogen worden sei. Es billigte die Rechtsansicht des Erstgerichts, wonach die Zusatzvereinbarung gemäß § 870 ABGB unwirksam sei. Dem Aussteller gegenüber, der zugleich erster Wechselnehmer gewesen sei, habe sich die Beklagte daher auf das Fehlen eines entsprechenden Rechtsverhältnisses berufen können. Eine Änderung der Klage vom Wechselanspruch auf das Grundgeschäft sei nicht erfolgt. Die ordentliche Revision sei zuzulassen, weil zur Frage, ob auf die Frage der Rechtswahl mangels Relevierung in der Berufung auch dann nicht mehr eingegangen werden müsse, wenn in erster Instanz eine Vereinbarung über die Anwendung ausländischen Rechts behauptet worden sei, keine höchstgerichtliche Rechtsprechung bestehe.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem (erkennbaren) Antrag, das Urteil im klagsstattgebenden Sinn abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Beklagte beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, die Revision mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichts unzulässig (§ 508a Abs 1 ZPO).

Über Aufforderung des Erstgerichts, eine allfällige Rechtswahl hinsichtlich des anzuwendenden Sachrechts bekannt zu geben, teilte der Kläger mit Schriftsatz vom 25. 9. 2006 (ON 14) mit, dass hinsichtlich der Anwendung des Wechselrechts „die österreichischen Gesetze/Normen" anzuwenden seien, hinsichtlich des Abschlusses des Kaufvertrags und der Übergabe des Kaufobjekts infolge der Lage des Kaufobjekts in Spanien und der Vereinbarung zu Punkt 8. des Kaufvertrags hingegen spanisches Recht, und beantragte die entsprechende „prozessuale/verfahrensmäßige Vorgangsweise". Das Erstgericht legte seiner Entscheidung österreichisches Sachrecht zugrunde. In seiner Berufung bekämpfte der Kläger mit Rechtsrüge ausschließlich die Rechtsansicht des Erstgerichts, dass der Kläger die Beklagte durch ungerechte und gegründete Furcht (Drohung) zur Unterfertigung der Zusatzvereinbarung und Begebung der Wechsel veranlasst habe. Die Frage des anzuwendenden Sachrechts wurde vom Kläger in seiner Berufung mit keinem Wort thematisiert.

Der Rechtsmittelwerber erklärt in der Einleitung seiner Revision zwar zunächst, ebenfalls die Auffassung zu vertreten, dass die vom Berufungsgericht als erheblich relevierte Rechtsfrage eine solche von erheblicher Bedeutung darstelle, bekämpft aber im Rahmen seiner Rechtsrüge abermals (und zwar vorrangig mit im Revisionsverfahren unzulässigen und gegen das Erstgericht gerichteten Beweiswürdigungsargumenten) ausschließlich das Vorliegen der Voraussetzungen für die Anwendung des § 870 ABGB. Der Umstand, dass die Vorinstanzen (übereinstimmend) von der Anwendung österreichischen Rechts ausgegangen sind, wird erneut in keiner Weise bekämpft und die Frage des anzuwendenden Sachrechts überhaupt nicht angeschnitten.

Zwar trifft zu, dass in Fällen, in denen fremdes Recht maßgeblich ist, dieses von Amts wegen anzuwenden ist, und dass seine fehlerhafte Anwendung den Rechtsmittelgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung darstellen kann (RIS-Justiz RS0040189; RS0045126; 1 Ob 163/05k mwN). Doch hängt die amtswegige Prüfung der Rechtsanwendungsfrage im Rechtsmittelverfahren von der Erhebung eines zulässigen Rechtsmittels ab.

Die Geltendmachung zumindest einer erheblichen Rechtsfrage ist auch dann entscheidend, wenn die zweite Instanz die Revision, den Rekurs gegen einen Aufhebungsbeschluss oder den Revisionsrekurs an sich zutreffend zuließ, der Rechtsmittelwerber dann jedoch nur Gründe geltend macht, deren Erledigung keine erheblichen Rechtsfragen aufwirft. Dann ist das Rechtsmittel gleichfalls zurückzuweisen, ohne dass es einer Erörterung bedarf, ob die Rechtsfrage, deretwegen die zweite Instanz etwa eine ordentliche Revision zuließ, nach § 502 Abs 1 ZPO erheblich gewesen wäre (RIS-Justiz RS0048272; 1 Ob 85/03m uva Zechner in Fasching/Konecny2 § 502 ZPO Rz 11 mwN).

Da der Rechtsmittelwerber die vom Berufungsgericht als erheblich relevierte Rechtsfrage inhaltlich in keiner Weise anspricht und die von ihm ausschließlich bekämpfte Anwendbarkeit des § 870 ABGB - für die es maßgeblich auf die Umstände des jeweiligen Einzelfalls ankommt (zur „List" 6 Ob 7/06g = SZ 2006/22; zur „Drohung" 9 Ob 132/99y; 1 Ob 118/00k; 9 ObA 117/04b) - von den Vorinstanzen vertretbar bejaht wurde, erweist sich die Revision mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO als unzulässig.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.

Die Beklagte hat auf die Unzulässigkeit des gegnerischen Rechtsmittels ausdrücklich hingewiesen.

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