Spruch:
Der „außerordentliche Revisionsrekurs" wird zurückgewiesen.
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Der Kläger hat die Kosten des Revisionsrekurses selbst zu tragen.
Die Revisionsrekursbeantwortung wird zurückgewiesen.
Text
Begründung
Das Erstgericht erließ am 18. 3. 2002 antragsgemäß einen Wechselzahlungsauftrag über 218.018,50 EUR.
In den dagegen erhobenen Einwendungen bestritt der Beklagte einerseits die örtliche Zuständigkeit, weil der im Wechsel aufscheinende Zahlungsort zwischen den Streitteilen nicht vereinbart worden sei. Andererseits bestritt der Beklagte seine Passivlegitimation und den Bestand der dem Wechsel zugrunde liegenden Forderung.
Die Zuständigkeit des Erstgerichtes wurde in mehreren durchgeführten Verhandlungstagsatzungen, die niemals zur Verhandlung über die Einrede der örtlichen Unzuständigkeit abgesondert wurden, nicht erörtert. Die Klägerin nahm zu dem entsprechenden Einwand des Beklagten in seinen Einwendungen auch nie Stellung.
In der letzten Verhandlungstagsatzung am 18. Mai 2005 fasste das Erstgericht nach Legung der Kostenverzeichnisse der Parteienvertreter den Beschluss auf Schluss der Verhandlung, wobei den Parteienvertretern mitgeteilt wurde, dass das Urteil schriftlich ergehen werde.
Mit Beschluss vom 28. Mai 2004 hob das Erstgericht den erlassenen Wechselzahlungsauftrag auf und wies die Wechselklage wegen örtlicher Unzuständigkeit mit der Begründung zurück, dass die nachträgliche Domizilierung des Blankowechsels im konkreten Fall als nicht verkehrsüblich anzusehen sei. Das Erstgericht verpflichtete die Klägerin zum Kostenersatz.
Das Rekursgericht gab dem dagegen von der Klägerin erhobenen Rekurs, in welchem die Klägerin in Punkt 3. den Eventualantrag an das Erstgericht stellte, die Rechtssache an das nicht offenbar unzuständige Landesgericht Wels zu überweisen, nicht Folge. Es sprach aus, dass das Erstgericht über den Überweisungsantrag gemäß § 230a ZPO zu entscheiden habe.
Das Rekursgericht ging dabei zusammengefasst davon aus, dass § 230a ZPO auch noch nach Eintritt der Streitanhängigkeit einer Rechtssache dann anwendbar sei, wenn dem Kläger vor Zurückweisung der Klage keine Gelegenheit zur Antragstellung nach § 261 Abs 6 ZPO geboten worden sei.
Das Erstgericht überwies die Rechtssache mit Beschluss vom 15.10.2004 an das nicht offenbar unzuständige Landesgericht Wels und hob mit dem Berichtigungsbeschluss vom 10. 11. 2004 seinen Zurückweisungsbeschluss zur Gänze, also auch im Umfang der Kostenentscheidung, auf.
Das Rekursgericht wies die Rekurse des Beklagten gegen den Überweisungsbeschluss des Erstgerichtes und gegen den Berichtigungsbeschluss in der Hauptsache zurück. Soweit sich der Rekurs des Beklagten dagegen richtete, dass das Erstgericht mit seinem Berichtigungsbeschluss auch die im ursprünglichen erstgerichtlichen Klagezurückweisungsbeschluss enthaltene Kostenentscheidung ersatzlos aufhob, gab das Rekursgericht dem Rekurs teilweise Folge und nahm in die Rekursentscheidung den Kostenausspruch auf, dass die Klägerin schuldig sei, dem Beklagten 499,36 EUR (darin enthalten 83,22 EUR Umsatzsteuer) an Kosten infolge der Einbringung der Klage beim unzuständigen Gericht zu ersetzen.
Das Rekursgericht sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs gegen die Zurückweisung der Rechtsmittels zulässig, gegen die Entscheidung über den Kostenrekurs jedoch jedenfalls unzulässig sei (§ 528 Abs 2 Z 3 ZPO).
Die Zurückweisung der Rekurse begründete das Rekursgericht damit, dass im konkreten Fall eine Überweisung nach § 230a ZPO grundsätzlich möglich sei. Der dort normierte Rechtsmittelausschluss sei daher anwendbar.
Gegen diesen Beschluss richtet sich der Revisionsrekurs und der „außerordentliche Revisionsrekurs" des Beklagten.
Rechtliche Beurteilung
Der „außerordentliche" Revisionsrekurs ist unzulässig.
Der Ausschluss eines Rekurses gegen Entscheidungen der zweiten Instanz über den Kostenpunkt erstreckt sich auf sämtliche Entscheidungen, mit denen in irgendeiner Form über Kosten abgesprochen wird. Das Gericht zweiter Instanz entscheidet daher in allen mit Kostenansprüchen zusammenhängenden Fragen endgültig (RIS-Justiz RS0044233).Das gilt somit auch für die in die Rekursentscheidung aufgenommene Kostenentscheidung über den Unzuständigkeitsstreit.
Im Übrigen ist der Revisionsrekurs zulässig, weil es einer Klarstellung der Reichweite des Rechtsmittelausschlusses des § 230a ZPO 2. Satz in den Fällen der Klagezurückweisung nach Eintritt der Streitanhängigkeit bedarf. Der Revisionsrekurs ist jedoch nicht berechtigt:
Es entspricht der mit dem Wortlaut des § 230a ZPO korrespondierenden herrschenden Auffassung in Lehre und Rsp, dass der Kläger, wenn ihm entgegen § 182 Abs 2 ZPO keine Gelegenheit zur Stellung eines Überweisungsantrages gemäß § 261 Abs 6 ZPO eingeräumt wurde, einen nachträglichen Überweisungsantrag (auch kumuliert mit einem Rekurs) gemäß § 230a ZPO stellen kann (Ballon, Die Rechtsprechung in Zuständigkeitsfragen, Fasching-FS 55 [60]; Fasching, Lehrbuch² Rz 225; Simotta, Der Überweisungsantrag nach § 230a ZPO, JBl 1988, 359 [361]; Rechberger/Frauenberger in Rechberger, ZPO² § 230a Rz 1; Kodek in Fasching/Konecny³ III § 261 ZPO Rz 133; EvBl 1993/100; SZ 68/37; 1 Ob 143/03s).
Es entspricht ebenfalls der herrschenden Meinung, dass der in § 230a ZPO 2. Satz verfügte Rechtsmittelausschluss ebenso wie jener des § 261 Abs 6 ZPO 4. Satz nur dann nicht gilt, wenn die Überweisung den einschlägigen Bestimmungen in einem solchen Maß widerspricht, dass der Sinn des Rechtsmittelausschlusses nicht mehr gegeben ist (Mayr in Fasching/Konecny² III § 230a Rz 18 ff; Kodek aaO Rz 167 ff; Simotta, aaO 366 f; RIS-Justiz RS0039091; zuletzt 10 Ob 59/03d). Das ist etwa der Fall, wenn der Kläger keinen Überweisungsantrag stellte, wenn der Kläger das Gericht, an das überwiesen wurde, gar nicht bezeichnet hat, wenn die Überweisung gegen die Bindungswirkung einer Zuständigkeitsentscheidung verstößt oder wenn das Gericht ohne Antrag einer Partei eine bereits geheilte Unzuständigkeit aufgegriffen hat oder schließlich dann, wenn eine Überweisung erfolgte, obwohl sich das Gericht nicht ausdrücklich oder zumindest aus der Begründung erkennbar für unzuständig erklärte (vgl die Nachweise aus der Rsp bei Kodek aaO Rz 173). Der in der Rechtsprechung zu § 261 Abs 6 ZPO behandelte Fall, dass der Überweisungsantrag erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung gestellt wurde (vgl dazu 4 Ob 1639/95; siehe aber auch SZ 68/37), ist hier deshalb nicht einschlägig, weil der Kläger keinen Überweisungsantrag nach § 261 Abs 6 ZPO, sondern einen solchen nach § 230a ZPO stellte.
Berücksichtigt man nun, dass nach herrschender Ansicht die generelle Zulässigkeit eines „nachträglichen" Überweisungsantrages nach § 230a ZPO nicht strittig ist, sondern nur Auffassungsunterschiede darüber bestehen, in welchen Fällen davon auszugehen ist, dass dem Kläger keine Gelegenheit zur Stellung eines Überweisungsantrages eingeräumt wurde (vgl dazu einerseits zB EvBl 1993/100; 1 Ob 143/03s; andererseits 3 Ob 164/00i), könnte selbst eine zu Unrecht erfolgte Bejahung des Vorliegens der Voraussetzungen nicht als derart gravierender Verstoß angesehen werden, dass ein gegen den Überweisungsbeschluss erhobenes Rechtsmittel ausnahmsweise als zulässig zu betrachten wäre. Um nämlich dem Zweck des Rechtsmittelausschlusses gerecht zu werden, kann dieser nicht dahin ausgelegt werden, dass er nur dann gilt, wenn die vom Erstgericht beschlossene Überweisung inhaltlich richtig ist: Andernfalls machte der Rechtsmittelausschluss keinerlei Sinn, bedürfte es doch für die Prüfung der Zulässigkeit des Rekurses dann immer auch einer Prüfung der inhaltlichen Richtigkeit. Im Ergebnis liefe das darauf hinaus, dass alle Überweisungsbeschlüsse nach § 230a ZPO (bzw nach § 261 Abs 6 ZPO) immer dann anfechtbar wären, wenn sie den Verfahrensvorschriften nicht entsprechen. Es hat daher dabei zu bleiben, dass nur bei den dargestellten gravierenden Verstößen der Rechtsmittelausschluss nicht gilt. Diese Auslegung steht im Einklang mit dem Zweck des § 230a ZPO, Unzuständigkeitsstreitigkeiten und die Frustrierung von Verfahrensaufwand zu vermeiden: Der Kläger soll durch die Zurückweisung der Klage aus einem formalen Grund keine materiellen Nachteile erleiden (EvBl 1993/100 mH auf die Gesetzesmaterialien).
Damit ist aber dem Revisionsrekurswerber zu entgegnen, dass es für die hier vorzunehmende Prüfung der Zulässigkeit seines Rekurses gegen den erstgerichtlichen Überweisungsbeschluss gerade nicht darauf ankommt, ob dieser erstgerichtliche Überweisungsbeschluss inhaltlich richtig ist. Vielmehr gilt - wie das Rekursgericht zutreffend erkannte - der Rechtsmittelausschluss des § 230a ZPO 2. Satz.
Zwar ist dort, wo ein Rekurs gegen einen Überweisungsbeschluss (ausnahmsweise) zulässig ist, das Rekursverfahren in Analogie zu § 521a Abs 1 Z 3 ZPO zweiseitig (Kodek aao Rz 173). Dieser Fall liegt hier aber nicht vor, weil nicht ein Revisionsrekurs gegen einen Überweisungsbeschluss, sondern ein solcher gegen einen Zurückweisungsbeschluss des Rekursgerichtes zu behandeln war.
Der Kostenausspruch gründet sich auf §§ 40, 50 ZPO.
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