Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei zu Handen des Klagevertreters die mit EUR 2.121,84 bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens (darin EUR 353,64 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung
Gegen das beim Landesgericht Ried im Innkreis erhobene Klagebegehren auf Zahlung von zuletzt EUR 162.261 sA und auf Feststellung der Haftung der beklagten Partei für alle Schäden, die der klagenden Partei aus der mangelhaften Herstellung und verspäteten Lieferung näher bezeichneter Werkzeuge in Zukunft entstehen sollten, wendete die beklagte Partei in ihrer Klagebeantwortung die örtliche Unzuständigkeit des angerufenen Gerichtes ein. Entgegen dem Vorbringen in der Klage sei zwischen den Parteien eine Übereinkunft über den Gerichtsstand des Erfüllungsortes nicht getroffen worden und die beklagte Partei habe sich auch nicht der Zuständigkeit des angerufenen Gerichtes unterworfen.
Der Erstrichter nahm in den Tagsatzungen am 8. 4. 2003 und 24. 6. 2003 zur Frage der Zuständigkeit Beweise auf und die Parteienvertreter erstatteten dazu weiteres Prozessvorbringen. Nach Durchführung der Beweisaufnahme kündigte der Erstrichter in der Tagsatzung am 24. 6. 2003 an, über die Frage der Zuständigkeit gesondert zu entscheiden. Die Parteienvertreter legten daraufhin Kostennoten und es wurde die Verhandlung beendet, ohne dass allerdings der Schluss der Verhandlung ausdrücklich protokolliert worden wäre.
In einem am 30. 6. 2003 beim Erstgericht eingelangten Schriftsatz beantragte die klagende Partei die Wiedereröffnung des Verfahrens und gleichzeitig die Überweisung der Rechtssache an das nicht offenbar unzuständige Landesgericht Eisenstadt gemäß § 261 Abs 6 ZPO. Die klagende Partei erklärte in diesem Schriftsatz, sie habe sich entschlossen, einen langwierigen Zuständigkeitsstreit nach Möglichkeit zu vermeiden. Da nach einzelnen Entscheidungen eine Überweisung gemäß § 261 Abs 6 ZPO nur bis zum Schluss der Verhandlung über die Unzuständigkeitseinrede beantragt werden könne, beantrage sie die Wiedereröffnung des Verfahrens. Der Überweisungsantrag werde aber auch unabhängig von der beantragten Wiedereröffnung des Verfahrens gestellt.
Mit Beschluss vom 7. 7. 2003 sprach das Erstgericht aus, örtlich unzuständig zu sein, und überwies die Rechtssache gemäß § 261 Abs 6 ZPO an das nicht offenbar unzuständige Landesgericht Eisenstadt. Es führte in rechtlicher Hinsicht im Wesentlichen aus, dass in der Tagsatzung am 24. 6. 2003 die Verhandlung über die Unzuständigkeitseinrede geschlossen und die Entscheidung der schriftlichen Ausfertigung vorbehalten worden sei. In der Bestimmung des § 261 Abs 6 ZPO finde sich keine zeitliche Beschränkung zur Stellung eines Überweisungsantrages. Ein derartiger Antrag könne jedenfalls nicht mehr im Rekurs gegen einen Beschluss über die Zurückweisung der Klage oder nach Rechtskraft eines solchen Beschlusses nachgetragen werden. Es sei aber die Absicht des Gesetzgebers insbesondere im Zusammenhang mit der Zivilverfahrens-Novelle 1983 gewesen, Streitigkeiten über Unzuständigkeiten möglichst zu vermeiden und Überweisungen zu erleichtern. Ein Überweisungsantrag dürfe jedenfalls solange gestellt werden, als nicht bereits über die Frage der Unzuständigkeit entschieden worden sei. Eine Wiedereröffnung der Verhandlung sei daher nicht notwendig und sei auch nicht dafür bestimmt, Parteien die Möglichkeit zu geben, etwas nachzutragen, was sie schon früher wahrzunehmen gehabt hätten.
Gegen diese Entscheidung erhob die beklagte Partei Rekurs mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss ersatzlos aufzuheben, die Klage zurückzuweisen und die klagende Partei zum Ersatz der Kosten des Verfahrens zu verpflichten.
Das Rekursgericht wies diesen Rekurs zurück. Gegen den Überweisungsbeschluss sei nach § 261 Abs 6 ZPO mit Ausnahme der Entscheidung über die Kosten des Zuständigkeitsstreites ein Rechtsmittel nicht zulässig. Dieser Rechtsmittelausschluss diene der Verhinderung eines Zwischenstreites über die Zuständigkeit, wenn die angeordnete Überweisung die umgehende Verfahrensfortführung ermögliche. Der Rechtsmittelausschluss sei aber nur dann sinnvoll und seiner Zielsetzung entsprechend, wenn die Frage der Zuständigkeit endgültig erledigt werden könne, gleichgültig, ob der Entscheidung ein Fehler anhafte oder nicht. Von der Rechtsprechung werde eine Ausnahme von diesem Rechtsmittelausschluss nur in jenen Fällen anerkannt, in denen die vom Erstgericht ausgesprochene Überweisung den Bestimmungen des § 261 Abs 6 ZPO derart widerspreche, dass der Zweck des dort verfügten Rechtsmittelausschlusses nicht mehr erfüllt werde. Dies sei dann der Fall, wenn die Überweisung ohne Antrag erfolgt wäre, wenn die Klage an ein vom Kläger gar nicht bezeichnetes Gericht überwiesen worden wäre, wenn die Überweisung gegen die Bindungswirkung einer Zuständigkeitsentscheidung verstieße oder wenn das Gericht eine längst geheilte Unzuständigkeit aufgreifen wollte. Hingegen sei ein Rekurs gegen den Überweisungsbeschluss nach ständiger Rechtsprechung insbesondere auch dann unzulässig, wenn der Überweisungsbeschluss ohne mündliche Verhandlung gefasst worden und daher nichtig sei. Letzteres müsse jedenfalls auch für die Überweisung aufgrund eines nicht mehr in der Verhandlung aber noch vor der Beschlussfassung über die Unzuständigkeitseinrede gestellten Überweisungsantrages gelten. Dem Rekursgericht sei daher die inhaltliche Überprüfung der Frage, ob das Erstgericht dem nach Schluss der Verhandlung über die Unzuständigkeitseinrede, aber vor der Entscheidung über diese Einrede eingebrachten Überweisungsantrag noch stattgeben durfte, verwehrt.
Ein - zulässiger - Rekurs gegen die vom Erstgericht unterlassene Kostenentscheidung sei von der beklagten Partei nicht erhoben worden. Die beklagte Partei nehme in ihren Rekursausführungen auf die Kosten des Zuständigkeitsstreites nur insofern Bezug, als sie geltend mache, das Erstgericht hätte die Rechtssache nicht überweisen dürfen und selbst wenn es das berechtigterweise getan hätte, hätte es der beklagten Partei die Kosten des Zuständigkeitsstreites zuerkennen müssen. Da die beklagte Partei in ihren Rekursausführungen von der Zulässigkeit ihres Rechtsmittels trotz des Rechtsmittelausschlusses des § 261 Abs 6 ZPO ausgehe und ihr Rekurs daher weder als Kostenrekurs bezeichnet sei noch eine darauf abzielende Anfechtungserklärung und auch keinen Rekursantrag enthalte, sei davon auszugehen, dass die beklagte Partei einen Kostenrekurs nicht erheben wollte, weshalb für die Einleitung eines Verbesserungsverfahrens keine Veranlassung bestanden habe.
Das Rekursgericht erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs mit der Begründung für zulässig, die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Frage der Zulässigkeit eines Rekurses im Fall der Überweisung aufgrund eines nach Schluss der Verhandlung über die Unzuständigkeitseinrede gestellten Überweisungsantrages sei nicht einheitlich und die Entscheidung des Rekursgerichtes weiche von der in der Entscheidung 4 Ob 1639/95 vom Obersten Gerichtshof geäußerten Rechtsansicht, wonach ein nach Schluss der mündlichen Verhandlung über die Unzuständigkeitseinrede gestellter Überweisungsantrag dem Fehlen des Überweisungsantrages gleichzuhalten sei und deshalb der Rechtsmittelausschluss des § 261 Abs 6 ZPO nicht zur Anwendung komme, ab.
Dagegen richtet sich der Revisionsrekurs der beklagten Partei mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss dahingehend abzuändern, dass ihrem Rekurs stattgegeben werde. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die klagende Partei beantragt in ihrer Revisionsrekursbeantwortung, das Rechtsmittel der beklagten Partei als unzulässig zurückzuweisen bzw dem Rechtsmittel keine Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Das Rechtsmittel ist aus den vom Rekursgericht genannten Gründen zulässig, aber nicht berechtigt.
Nach § 261 Abs 6 ZPO kann der Kläger, wenn der Beklagte die Unzuständigkeit einwendet oder das Gericht seine Zuständigkeit von Amts wegen prüft, den Antrag stellen, dass das Gericht für den Fall, dass es seine Unzuständigkeit ausspricht, die Klage an das vom Kläger namhaft gemachte Gericht überweise. Diesem Antrag hat das Gericht stattzugeben, wenn es das andere Gericht nicht für offenbar unzuständig erachtet. Die Überweisung ist mit dem Beschluss über die Unzuständigkeit zu verbinden. Gegen diesen Beschluss ist mit Ausnahme der Entscheidung über die Kosten des Zuständigkeitsstreites ein Rechtsmittel nicht zulässig. Die Streitanhängigkeit wird durch diese Überweisung nicht aufgehoben. Die neue Verhandlung ist mit Benützung des über die erste Verhandlung aufgenommenen Verhandlungsprotokolls und aller sonstigen Prozessakten durchzuführen und im Sinne des § 138 ZPO einzuleiten.
Der Kläger, der einen Antrag gemäß § 261 Abs 6 ZPO stellt, hat sich damit für den Fall, dass der Einrede der Unzuständigkeit und dem Überweisungsantrag stattgegeben wird, diesem Beschluss im Vorhinein unterworfen. Im Zusammenhang damit soll der im § 261 Abs 6 ZPO geregelte Rechtsmittelausschluss aus Gründen der Prozessökonomie einen Zwischenstreit über die Zuständigkeit verhindern, wenn durch die erfolgte Überweisung die Grundlagen für die umgehende Fortführung des Verfahrens geschaffen sind. Nur wenn die vom Erstgericht ausgesprochene Überweisung den Bestimmungen des § 261 Abs 6 ZPO derart widerspricht, dass der Zweck des dort verfügten Rechtsmittelausschlusses nicht mehr erfüllt wird, ist der Überweisungsbeschluss - ausnahmsweise - anfechtbar (JBl 1999, 255; JBl 1997, 326; SZ 61/265 mwN ua; RIS-Justiz RS0039091). Letzteres ist nach der Rechtsprechung insbesondere dann der Fall, wenn die Überweisung ohne gesetzliche Grundlage erfolgt ist, weil der Kläger gar keinen Überweisungsantrag gestellt hat, oder der Kläger das Gericht, an das überwiesen wurde, nicht bezeichnet hat, wenn die Überweisung gegen die Bindungswirkung einer Zuständigkeitsentscheidung verstößt oder wenn das Gericht eine bereits geheilte Unzuständigkeit zum Entscheidungsgegenstand gemacht hat (6 Ob 99/02f; 1 Ob 37/01z mwN ua; Simotta, Der Überweisungsantrag nach § 230a ZPO, JBl 1988, 359 ff [366 f] mwN ua). Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes ist ein Rekurs jedoch auch dann unzulässig, wenn die Entscheidung nicht nach mündlicher Verhandlung erfolgte. Auch wenn daher das Gericht entgegen der Vorschrift des § 261 Abs 1 ZPO ohne mündliche Verhandlung über die vom Beklagten erhobene Einrede der Unzuständigkeit entscheidet und mit Rücksicht auf den erst nachher, aber noch vor der Entscheidung über die Unzuständigkeitseinrede schriftlich gestellten Überweisungsantrag die Unzuständigkeit und die Überweisung an das offenbar nicht unzuständige Gericht ausspricht, ist ein Rekurs gegen diesen Beschluss mit Ausnahme der Entscheidung über die Kosten des Zuständigkeitsstreites nach § 261 Abs 6 ZPO nicht zulässig (RIS-Justiz RS0040250). Wenn nämlich das Gesetz das Rechtsmittel des Rekurses ausdrücklich versagt, kann dieser auch nicht deshalb zulässig werden, weil gegen eine verfahrensrechtliche Bestimmung verstoßen wurde; dies nicht einmal dann, wenn der Verstoß die Bedeutung einer Nichtigkeit hat (JBl 1979, 547 mwN; RIS-Justiz RS0040279).
Im Sinne dieser Erwägungen hat der Oberste Gerichtshof in der bereits vom Rekursgericht zitierten Entscheidung 8 Ob 607/91 die Auffassung vertreten, dass die Prüfung der Frage, ob in einem bestimmten Stadium des Verfahrens erster Instanz dem Überweisungsantrag noch stattgegeben werden durfte, durch das Rekursgericht aufgrund des im Wesentlichen gleichlautenden Rechtsmittelausschlusses des § 230a ZPO nicht zulässig sei. Andernfalls wäre nämlich der vom Gesetzgeber angeordnete Rechtsmittelausschluss sinn- und zwecklos, weil anlässlich eines jeden dennoch erhobenen Rekurses jeweils zu prüfen wäre, ob er sachlich begründet ist. Wäre er dies, so wäre nach dieser Ansicht der Rekurs zulässig und zugleich auch berechtigt. Zweck eines Rechtsmittelausschlusses sei es aber, eine Frage endgültig zu erledigen, gleichgültig, ob der Entscheidung ein Fehler anhafte oder nicht (vgl auch 8 Ob 2237/96w). Der erkennende Senat schließt sich diesen am geschilderten Zweck des Rechtsmittelausschlusses orientierten Ausführungen an und teilt daher nicht die in der Entscheidung 4 Ob 1639/95 ohne nähere Begründung und - wie in der Revisionsrekursbeantwortung zutreffend aufgezeigt wird - auch ohne Anführung von einen vergleichbaren Sachverhalt betreffenden Belegstellen vertretene Ansicht, ein erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung über die Unzuständigkeitseinrede gestellter Überweisungsantrag sei dem Fehlen eines solchen Antrages gleichzuhalten, weshalb die Überweisung ohne gesetzliche Grundlage erfolgt sei und der Rechtsmittelausschluss des § 261 Abs 6 ZPO daher nicht zum Tragen kommen könne. Der erkennende Senat ist vielmehr der Auffassung, dass die Beachtung des von der klagenden Partei zwar nicht mehr in der Verhandlung über die Unzuständigkeitseinrede, aber noch vor der Beschlussfassung des Erstgerichtes über diese Einrede gestellten schriftlichen Überweisungsantrages durch das Erstgericht den Bestimmungen des § 261 Abs 6 ZPO nicht derart widerspricht, dass der Zweck des dort verfügten Rechtsmittelausschlusses nicht mehr erfüllt wird (vgl SZ 68/37). Nur wenn die Überweisung ohne gesetzliche Grundlage erfolgt wäre also etwa dann, wenn der Kläger gar keinen entsprechenden Antrag gestellt hätte, hätte der Überweisungsbeschluss ausnahmsweise bekämpft werden können. Davon kann im vorliegenden Fall aber keine Rede sein. Das Rekursgericht hat daher zutreffend ohne Eingehen auf die sachliche Berechtigung des erstgerichtlichen Überweisungsbeschlusses den dagegen erhobenen Rekurs zurückgewiesen. Zutreffend ist auch die weitere Rechtsansicht des Rekursgerichtes, die Anfechtungserklärung, der Rekursantrag und die übrigen Rechtsmittelausführungen reichten zur Annahme, die beklagte Partei habe mit ihrem Rekurs die Entscheidung des Erstgerichtes auch in Bezug auf die Unterlassung einer Kostenentscheidung zu bekämpfen beabsichtigt, nicht hin. Die Voraussetzungen für die Einleitung eines Verbesserungsverfahrens lagen daher nicht vor.
Dem Revisionsrekurs war somit der Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41 und 50 ZPO.
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