OGH 8Ob267/01z

OGH8Ob267/01z7.3.2002

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Langer, Dr. Rohrer, Dr. Spenling und Dr. Kuras als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei H***** Gemeinnützige Wohnungs- und Siedlungsgesellschaft mbH, *****, vertreten durch Ploil, Krepp & Partner, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Dr. Christian Bachmann als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der Unternehmen für S*****, vertreten durch Bachmann & Bachmann, Rechtsanwälte in Wien, wegen Feststellung von Konkursforderungen (Streitwert EUR 14.534,57), infolge außerordentlichen Revisionrekurses und Rekurses des Beklagten gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungs- und Rekursgericht vom 1. August 2001, GZ 3 R 13/01f-9, womit der Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom 25. Oktober 2000, GZ 26 Cg 100/00d-5 abgeändert und das Urteil dieses Gerichtes vom selben Tag und mit der gleichen Geschäftszahl aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs und der Rekurs werden zurückgewiesen.

Die Parteien haben ihre Kosten selbst zu tragen.

Text

Begründung

Die Klägerin begehrte zuerst die Feststellung, dass sie im Konkurs über das Vermögen der Gemeinschuldnerin eine Konkursforderung in der Höhe der von ihr aufgrund des im Verfahren zu 26 C 1833/97w des Bezirksgerichtes Floridsdorf erwarteten Urteiles zu leistenden Zahlungen und der weiteren Schäden, die sie infolge des Bruches der Wandscheibe der Wasserleitung in einer Wohnung in ihrem Haus noch erleidet, habe.

Sie stützte sich im Wesentlichen darauf, dass das Installateurunternehmen der Gemeinschuldnerin in dieser Wohnung Installateurleistungen im Auftrag der Klägerin erbracht habe. Wegen eines in diesem Zusammenhang eingetretenen Wasserschadens sei die Klägerin von einem Mieter zu 26 C 1833/97w des BG Floridsdorf auf Zahlung von S 139.507,60 sA in Anspruch genommen worden. Aufgrund einer Berufungsentscheidung sei auch wahrscheinlich, dass die Klägerin zur Zahlung verurteilt werde. Insoweit sei jedoch dann die Gemeinschuldnerin, die auch als Nebenintervenientin in dem Verfahren des Mieters aufgetreten sei, gegenüber der Klägerin regresspflichtig, weshalb die Klägerin die eingeklagte Kapitalsforderung des Mieters samt den bis zur Konkurseröffnung aufgelaufenen Verfahrenskosten, sohin S 313.591,48 als Konkursforderung angemeldet und gemäß § 157 VersVG auch die abgesonderte Befriedigung aus der Entschädigungsforderung der Gemeinschuldnerin gegen die Haftpflichtversicherung begehrt habe. Die Forderung sei jedoch bestritten worden.

Der Beklagte beantragte die Zurückweisung, allenfalls die Abweisung der Klage. Er wendete ein, dass im Konkurs die konkrete Forderung von S 313.591,48 angemeldet worden sei und es daher unzulässig sei, die Feststellung einer Ersatzpflicht unbestimmter Höhe zu begehren. Insoweit komme auch eine Klagsänderung nicht in Betracht, sondern nur eine neuerliche Anmeldung der Forderung. Im Übrigen sei die Forderung auch aus im einzeln dargestellten Gründen nicht berechtigt und verjährt.

Daraufhin änderte die Klägerin ihr Klagebegehren dahin, dass festgestellt werde, dass ihr im Konkurs der Gemeinschuldnerin eine Konkursforderung in Höhe der von der Klägerin aufgrund des im anderen Verfahrens zur erwartenden Urteils an Kapital, Zinsen und Kosten zu leistenden Zahlungen und der von ihr zu tragenden Prozesskosten, aber höchstens in Höhe von S 331.591,48 zustehe. Dies stelle nur eine Einschränkung, aber keine Klageänderung im Sinne des § 235 ZPO dar. Im Übrigen erstattete auch die Klägerin noch ein weiteres Vorbringen zur Frage der Berechtigung der Forderung und deren Verjährung. Mit seinem in das Urteil aufgenommenen Beschluss vom 25. 10. 2000 ließ das Erstgericht die Umstellung des Klagebegehrens nicht zu und wies mit dem Urteil das Klagebegehren ab. Es folgerte dabei rechtlich, dass die Forderungsanmeldung nicht nur den Betrag, sondern auch die Tatsachen, auf die sie sich gründe, umfassen müsse und der Prüfungsprozess über die Forderungsanmeldung nicht hinausreichen könne. Alle Änderungen der Prüfungsklage seien unzulässig, soweit sie einer den Streitgegenstand modifizierenden Klagsänderung nach § 235 ZPO gleichkommen. Dies gelte auch für die Änderung eines Feststellungsbegehrens in ein Leistungsbegehren, weshalb die Änderung unzulässig und das Klagebegehren abzuweisen sei.

Das Gericht zweiter Instanz hob als Rekursgericht den Beschluss über die Unzulässigkeit der Klagsänderung auf, ebenso als Berufungsgericht das Ersturteil und verwies die Rechtssache zur Fortsetzung des Verfahrens an das Erstgericht zurück. Es ging ebenfalls davon aus, dass das Klagebegehren im Prüfungsprozess nur auf den Grund gestützt werden könne, der in der Anmeldung und bei der Prüfungstagsatzung angegeben werde und eine Erweiterung oder Änderung des Klagsgegenstandes gegenüber der Anmeldung nicht in Betracht komme. § 235 ZPO sei in diesen Fällen nicht anwendbar und die Begrenzung der Prüfungsklage von amtswegen wahrzunehmen. Der Geltendmachung einer im Konkursverfahren nicht angemeldeten Forderung stehe auch das Prozesshindernis der Unzulässigkeit des Rechtsweges entgegen. Sehr wohl sei es aber zulässig, durch eine Klagsänderung oder Klagseinschränkung den Wegfall dieses Prozesshindernisses zu bewirken. Überschreite das geänderte oder eingeschränkte Begehren nicht die Anmeldung, so sei der Rechtsweg zulässig. Im vorliegenden Fall liege überhaupt keine Klagsänderung vor, sondern nur eine zulässige Umstellung auf das Interesse im Sinne des § 235 Abs 4 ZPO letzter Halbsatz. Eine Aufschlüsselung der Forderung entsprechend der Anmeldung sei nicht erforderlich, da unzweifelhaft feststehe, dass mit dem Klagebegehren die Feststellung genau der im Konkurs angemeldeten Forderung begehrt werde. Im Ergebnis liege eine zulässige Klagseinschränkung vor. Daher sei der angefochtene Beschluss ersatzlos aufzuheben und dem Erstgericht die Durchführung des weiteren Verfahrens aufzutragen.

Den ordentlichen Revisionsrekurs erachte das Berufungsgericht als nicht zulässig, da zur Frage der Klagsänderung bereits eine ausreichende Judikatur des Obersten Gerichtshofes vorhanden sei. Hinsichtlich des Aufhebungsbeschlusses erachtete das Berufungsgericht einen Ausspruch über die Zulässigkeit des Rekurses entbehrlich, weil dieser in analoger Anwendung des § 519 Abs 1 Z 1 ZPO jedenfalls zulässig sei.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen den Beschluss der Aufhebung der mangelnden Zulassung der Klagsänderung erhobene außerordentliche Revisionsrekurs und der damit verbundene Rekurs gegen die Aufhebung des Urteils durch das Berufungsgericht sind unzulässig. Der Beklagte führt diese gemeinsam aus und stützt sich zusammengefasst darauf, dass das Klagebegehren im Prüfungsprozess nicht von der Forderungsanmeldung abweichen dürfe. Während aber die Forderunganmeldung auch die einzelnen Schadenersatzpositionen Kapital, Zinsen und Prozesskosten aufgeschlüsselt habe, treffe dies auf das Klagebegehren nicht zu, weshalb der Antrag gestellt werde, dem Revisionsrekurs und dem Rekurs stattzugeben und den angefochtenen Beschluss dahin abzuändern, dass die Klagsänderung nicht zugelassen und das Klagebegehren kostenpflichtig abgewiesen werde. Hilfsweise stellt der Beklagte einen Aufhebungsantrag.

Der außerordentliche Revisionsrekurs gegen den Beschluss über das fehlende Vorliegen einer zu bewilligenden Klagsänderung im Sinne des § 235 ZPO ist mangels der Voraussetzung des § 528 Abs 1 ZPO unzulässig.

Nach ständiger Judikatur ist Gegenstand des Prüfungsprozesses der Teilnahmeanspruch, Konkursgläubigers, so wie er Gegenstand der Prüfungsverhandlung gewesen ist (vgl RIS-Justiz RS0065601 mzwN etwa SZ 56/196, ÖBA 1993, 492 und SZ 71/200). Daher kann im Prüfungsprozess auch nur die Feststellung einer im Prüfungsverfahren bestrittenen Forderung, die in der Anmeldung ausreichend substanziiert und konkretisiert wurde, geltend gemacht werden (vgl RIS-Justiz RS0065597 mzwN etwa SZ 68/28, SZ 71/200). Im Prüfungsprozess kann sich daher der Kläger nur auf Gründe stützen, die er in der Anmeldung und bei Prüfungstagsatzung angegeben hat. Eine Änderung des Klagebegehrens im Prüfungsprozess gegenüber der Anmeldung im Konkurs, die einer Änderung des Klagebegehrens im Sinne des § 235 ZPO entsprechen würde, ist daher unzulässig. Der wesentliche Vergleich ist zwischen der Forderungsanmeldung und der Prüfungsklage vorzunehmen (vgl dazu erneut RIS-Justiz RS0065597 mwN insbesondere OGH 10. 12. 1998, 8 Ob 269/98m, aber auch allgemein RIS-Justiz RS0039281 mwN etwa SZ 50/92, SZ 56/196, SZ 67/133, SZ 68/28 ua). Von diesem Vergleich zwischen der Anmeldung und dem Klagebegehren im Prüfungsprozess ist jedoch die Frage zu unterscheiden, inwieweit das Klagebegehren im Prüfungsprozess selbst geändert wurde und ob hier eine Klagsänderung im Sinne des § 235 Abs 1 ZPO vorliegt, die nach Eintritt der Streitanhängigkeit mangels Einwilligung des Beklagten der Zulassung nach § 235 Abs 3 ZPO bedarf, oder ob es sich nur um eine Klagseinschränkung oder sonstige Änderungen im Sinne des § 235 Abs 4 ZPO handelt, zu denen es einer solchen Bewilligung nicht bedarf. Hier hat nun der Kläger sein zuerst unbeschränktes Feststellungsbegehren hinsichtlich der Ersatzpflicht für die der Klägerin aus dem gegen sie vom Mieter angestrengten Verfahren treffenden Verpflichtungen dahin eingeschränkt, dass die Forderung höchstens mit dem im Konkurs angemeldeten Betrag geltend gemacht werde und dies im Begehren mit S 331.591,48 präzisiert. Dies stellt aber unter dem Aspekt des § 235 ZPO eine Klagseinschränkung im Sinne des Abs 4 dieser Bestimmung dar, die nach eindeutiger Gesetzeslage und Rechtsprechung keiner Genehmigung bedarf (vgl Rechberger/Frauenberger in Rechberger ZPO2 § 235 Rz 4, MGA ZPO15 § 235 E 140 mwN, etwa schon SZ 17/111). Auch ein im Sinne der obigen Judikatur unzulässiges Abweichen des nunmehr gestellten Begehrens im Prüfungsprozess von der Anmeldung im Konkurs ist darin nicht zu sehen, da die Klägerin ja ausdrücklich auf die Forderungsanmeldung Bezug genommen und ihr Begehren mit dieser beschränkt hat. Wenn das Berufungsgericht dies dahin ausgelegt hat, dass damit auch eine Bindung an die Aufschlüsselung in der Anmeldung dem Prüfungsbegehren zugrundegelegt wurde, ist dem nicht entgegenzutreten. Jedenfalls vermag der Beklagte keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 528 Abs 1 ZPO darzustellen, weshalb der Revisionsrekurs zurück zuweisen war (§ 526 Abs 1 Satz 1 ZPO).

Zum Rekurs kann dahingestellt bleiben, inwieweit die früher wiederholt vertretene Rechtsansicht, dass in analoger Anwendung des § 519 Abs 1 Z 1 ZPO berufungsgerichtliche Aufhebungsbeschlüsse auch dann jedenfalls anfechtbar wären, wenn das Gericht zweiter Instanz anders als das Erstgericht eine Klagsänderung zulässt und das Ersturteil aufhebt (vgl dazu schon eingeschränkt OGH 28. 1. 1994, 4 Ob 501/94 mzwN, insbesondere aber auch RIS-Justiz RS0039431) weiter aufrecht zu erhalten ist. Zwar hat der Oberste Gerichtshof auch in neuerer Rechtsprechung daran festgehalten, dass § 519 Abs 1 Z 1 ZPO auch auf berufungsgerichtliche Aufhebungsbeschlüsse anzuwenden ist, die dem Wesen einer Klagszurückweisung gleichkommen (vgl RIS-Justiz RS0043869 mwN). Gerade für den Fall, dass entgegen dem Erstgericht eine Klageerweiterung vom Berufungsgericht nicht zugelassen und die Rechtssache an das Erstgericht zurückverwiesen wurde, ist der Oberste Gerichtshof aber in neuerer Rechtsprechung davon ausgegangen, dass es dem Kläger ja unbenommen bleibe, den Anspruch, um den die Klage erweitert werde, in einer neuen Klage geltend zu machen und daher dann, wenn das Berufungsgericht in Abänderung einer erstgerichtlichen Entscheidung eine Klagsänderung nicht zulässt § 519 Abs 1 Z 1 ZPO nicht anzuwenden ist (vgl RIS-Justiz RS0102656 inbesondere aber OGH 30. 1. 1996, 4 Ob 510/96 = JBl 1997, 186 = SZ 69/21). Hier wird nun über das modifizierte Klagebegehren ohnehin entschieden. Es kann aber dahingestellt bleiben, ob unter diesen Aspekten die obgenannte Auffassung weiter beizubehalten ist, da der Beklagte den Rekurs ersichtlich ohnehin nur für den Fall erhoben hat, dass dem außerordentlichen Revisionsrekurs gegen die Behebung des erstgerichtlichen Beschlusses über die Nichtzulassung der Klageänderung Erfolg beschieden ist. Mangels Eintritts dieser Bedingung war also das Rechtsmittel gar nicht zu behandeln (vgl OGH 9. 5. 1995, 4 Ob 532/95).

Da die Zurückweisung des Rekurses nicht beantragt wurde, waren auch keine Kosten zuzusprechen.

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