OGH 8Ob188/01g

OGH8Ob188/01g15.11.2001

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Langer, Dr. Rohrer, Dr. Spenling und Dr. Kuras als weitere Richter in der Familienrechtssache der Antragstellerin Sylvia H*****, vertreten durch Dr. Helmut Krenn, Rechtsanwalt in Wien, wider den Antragsgegner Dkfm. Viktor H*****, vertreten durch Dr. Peter Schmautzer, Rechtsanwalt in Wien, wegen Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse (§§ 81 ff EheG), infolge außerordentlichen Revisionsrekurses des Antragsgegners gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 30. Mai 2001, GZ 45 R 143/01i-87, womit infolge Rekurses des Antragsgegners der Beschluss des Bezirksgerichtes Döbling vom 9. Jänner 2001, GZ 7 F 241/97g-79, bestätigt wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass sie insgesamt zu lauten haben:

"1. Die bisherige Ehewohnung in ***** wird der Antragstellerin zur alleinigen Nutzung und das gesamte darin befindliche Inventar in ihr alleiniges Eigentum zugewiesen.

2. Der Antragsgegner ist schuldig, der Antragstellerin binnen vier Wochen den Betrag von S 579.669,-- zu bezahlen.

Das wechselseitige Mehrbegehren wird abgewiesen."

Die Kosten des Verfahrens der Vorinstanzen werden gegeneinander aufgehoben.

Die Antragsgegnerin ist schuldig, dem Antragsteller S 33.860,-- an Kosten des Revisionsrekurses (darin enthalten S 13.250,-- an Gerichtsgebühren und S 3.435,-- an USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Die beiden zum Zeitpunkt ihrer Eheschließung im März 1973 berufstätigen Streitparteien brachten kein nennenswertes Vermögen oder Ersparnisse in die Ehe ein. Die Antragstellerin kümmerte sich dann ab der Geburt des zweiten Kindes im März 1979 bis September 1987 im Wesentlichen ausschließlich um den Haushalt und war danach wieder beruflich tätig. Dabei erzielte sie mit ein monatliches Durchschnittseinkommen zwischen S 15.000,-- bis S 18.000,-- netto. Der Antragsgegner hatte 1975 ein monatliches Nettoeinkommen von S 16.000,--, das sich zuletzt auf rund S 50.000,-- netto monatlich steigerte. Auch nach der Wiederaufnahme ihrer Berufstätigkeit im Jahre 1987 kümmerte sich die Antragstellerin allein um die Kinderbetreuung und den Haushalt und bestritt auch einen Teil der täglichen Ausgaben sowie einzelne größere Ausgaben. Die Miete zahlte der Antragsgegner und stellte der Antragstellerin auch eine zweite Bankomatkarte mit Zugriff auf sein Konto zur Verfügung, von diesem behob die Antragstellerin etwa im ersten Halbjahr 1993 monatlich durchschnittlich S 11.000,--, während der Antragsgegner in diesem Zeitraum monatlich S 20.000,-- durchschnittlich behob, ohne damit die laufenden täglichen Ausgaben der Familie zu bestreiten. Die Antragstellerin konnte von ihrem Einkommen keine Ersparnisse anlegen. Die Antragstellerin war in der Haushaltsführung sparsam. Neben den durchschnittlichen monatlichen Ausgaben für den gesamten Haushalt von etwa S 12.000,-- bis S 14.000,-- fielen dann noch die Jahresmitgliedsbeiträge für den Tennisverein (S 6.000,-- pro Person), den Fitnessclub (S 8.000,-- pro Person) und verschiedene Ausgaben für Einrichtungsgegenstände an. Die Familie verbrachte regelmäßig Schiurlaube, sowie drei größere Reisen in den Jahren 1989 bis 1992 sowie sonstige Urlaube im 1977 um S 120.000,-- angeschafften Wohnmobil. Der Mietzins für die Ehewohnung betrug S 4.456,55. Ausgehend vom marktüblichen Hauptmietzins präsentiert diese einschließlich des Inventars einen Wert von S 450.000,--.

Nachdem die Antragstellerin im August 1996 die Scheidungsklage eingebracht hatte nahm der Antragsgegner Ende 1996/Anfang 1997 in der Nähe der alten Ehewohnung eine neue Wohnung, für die er eine Kaution von S 40.000,-- erlegen musste und kaufte sich verschiedene Einrichtungsgegenstände und eine Küche im Wert von zusammen ca S 200.000,--. Teile davon steuerte seine neue Lebensgefährtin bei.

Während der Ehe überließ die Antragstellerin die Veranlagung der ehelichen Ersparnisse und sonstige finanziellen Transaktionen dem Antragsgegner. Sie wusste, dass dieser an der Wiener Börse Aktien kaufte, da sie ihm öfter die Aktienkurse vorlesen musste. Im März 1994 hatte der Antragsgegner an der Wiener Börse ein Aktiendepot mit einem Wert von S 810.000,-- und auch noch im September 1995 in Höhe von S 813.000,--. Da er jedoch von der Entwicklung an der Wiener Börse enttäuscht war, investierte er dann über eine Wertpapiervermittlungsgesellschaft in Aktien und Optionen in den USA. Bereits im Jahre 1994 hatte er aus dem Verkauf einer ihm von einer Tante und einem Onkel überlassenen Wohnung unter Aufgabe der Mietrechte insgesamt ca S 1,260.000,-- erhalten. Daraus kaufte er dann einen Gebrauchtwagen um S 225.000,--.

Für die Veranlagungen in den USA zahlte er insgesamt im Zeitraum vom

2. Quartal 1995 bis zum 3. Quartal 1996 S 2,289.783,91 wobei im vierten Quartal eine Rückzahlung von S 108.257,54 erhielt, deren Verwendung nicht festgestellt werden konnte. Während zu Beginn die Entwicklung der Aktien und Optionen positiv war, erlitt er in weiterer Folge erhebliche Verluste im Ausmaß von US-Dollar 163.299,14, sodass der Wert des Depots zum Stichtag 9. 9. 1997 nur noch S 826.944,63 betrug. Wegen nichtautorisierter Veranlagung führte der Kläger dann auch einen Prozess gegen die Wertpapiervermittlungsgesellschaft, die sich aber im Rahmen eines Vergleiches zur Zahlung von S 140.000,-- an den Antragsgegner verpflichtete, wovon er S 63.000,-- an Anwaltskosten zu zahlen hatte. Im Zeitpunkt Oktober 1996 betrug das Investitionsvolumen des Antragsgegners in den USA S 2,871.852,--.

Der Antragsgegner verfügt auch noch über eine Kapitalbeteiligung im Verkehrswert zum 31. 12. 1997 von S 107.100,-- und weiters über Beteiligungen an Gesellschaften, aus denen er im Rahmen eines Konkursverfahrens noch S 67.000,-- bezahlt bekam. Schließlich hat er noch eine Lebensversicherungspolizze mit einem Rückkaufswert per 1. 9. 1997 von S 120.000,--, die er jedoch zur Finanzierung des Nachkaufes von Schul- und Studienzeiten um rund S 100.000,-- bei der Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten belehnte. Hinsichtlich eines Motorbootes und eines Wohnmobiles beschlossen die Parteien bereits einen Teilvergleich, ebenso hinsichtlich der Aufteilung der von ihnen angekauften Diamanten im Wert von rund S 400.000,--, die in Natura aufgeteilt wurden.

Die Antragstellerin begehrt mit ihrem Antrag auf Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse einerseits die Zuweisung der Ehewohnung andererseits aber auch eine Ausgleichszahlung, und zwar zuerst von S 1,000.000,--, schließlich S 1,400.000,--. Sie stützte sich dabei darauf, dass der Antragsgegner insgesamt Aktien im Wert von S 4,000.000,-- habe, wobei auch der darin investierte Erlös aus dem Verkauf der Wohnung den ehelichen Ersparnissen zuzurechnen sei. Auch für den Ankauf der Studienzeiten habe er eheliche Ersparnisse verwendet. Insgesamt sei von ehelichen Ersparnissen in Höhe von S 2,182.000,-- auszugehen und diese mit einem Aufteilungsschlüssel von 1:2 zu verteilen, sodass unter Berücksichtigung der Zuteilung der Ehewohnung die Antragstellerin einen Anspruch auf eine Ausgleichszahlung in Höhe von S 1,400.000,-- habe. Auch die Zahlung der Wertpapiervermittlungsgesellschaft sei in die Aufteilungsmasse einzubeziehen.

Der Antragsgegner sprach zwar nicht gegen die Zuweisung der Ehewohnung aus, begehrte allerdings selbst den Zuspruch einer Ausgleichszahlung in Höhe von S 550.000,--. Er stützte sich darauf, dass der Erlös aus dem Wohnungsverkauf nicht einzubeziehen sei, da ihm die Wohnung von seiner Tante geschenkt worden sei. Er besitze auch nur noch ein Aktienguthaben von S 300.000,--, da er erhebliche Verluste gehabt habe. Er selbst habe das aufwendige Leben der Antragstellerin durch den ihr ermöglichten Zugriff auf sein Konto finanziert. Diese habe auch eheliche Ersparnisse im Ausmaß von zumindest S 500.000,-- angehäuft. Die Veranlagung in den Aktien sei nicht riskant gewesen, sodass die Verluste aus den ehelichen Ersparnissen anteilig zu tragen seien.

Das Erstgericht sprach der Antragstellerin einerseits die Wohnung samt den darin befindlichen Inventar zu, andererseits aber auch zusätzlich einen Ausgleichsbetrag in Höhe von S 1,050.000,-- und wies das wechselseitige Mehrbegehren rechtskräftig ab. Es begründete dies damit, dass der Aufteilungsschlüssel mit 1 : 2 anzunehmen sei, da die Antragstellerin nicht nur berufstätig gewesen sei, sondern auch die Kinder betreut und den Haushalt geführt habe.

Für die Zuweisung der Ehewohnung und des Inventars sei nun grundsätzlich der Wert von S 450.000,-- in die Aufteilung miteinzubeziehen. Nicht miteinzubeziehen sei der Erlös aus dem Verkauf der dem Antragsgegner von seiner Tante zugekommenen Wohnung von rund S 1,200.000,--. Auf allfällige Aktienverluste des Antragsgegners sei aber keine Rücksicht zu nehmen, da er diese risikoreichen Spekulationsgeschäfte ab Herbst 1994 ohne Wissen der Antragstellerin gewählt habe und diese der sparsamen Lebensweise der Parteien widersprochen hätten. Ausgehend vom Höchststand des Depots des Antragsgegners in Höhe von rund S 2,800.000,-- sei unter Abzug des Versteigerungserlöses von rund S 1,200.000,-- von S 1,600.000,-- an ehelichen Ersparnissen auszugehen. Allfällige Unklarheiten gingen zulasten des Antragsgegners. Insgesamt ergebe sich daher eine Aufteilungsmasse von S 2,277.000,-- (Ehewohnung samt Inventar S 450.000,--, eheliche Ersparnisse S 1,600.000,--, Lebensversicherung S 120.000,-- sowie die weitere Unternehmensbeteiligung mit S 107.000,--). Ausgehend von dem Aufteilungsschlüssel von 1 : 2 sei unter Abzug von S 450.000,-- für die Ehewohnung der Antragstellerin noch eine Ausgleichszahlung von S 1,050.000,-- zuzusprechen.

Das Rekursgericht gab dem gegen diesen Beschluss erhobenen Rekurs des Antragsgegners nicht Folge. Es folgerte rechtlich, dass vom Höchststand des Wertpapierdepots von rund S 2,874.000,-- der Versteigerungserlös hinsichtlich der Wohnung abzüglich des Autokaufs, sohin S 1,043.441,56 abzuziehen sein, sodass insgesamt sogar von ehelichen Ersparnissen von S 1,831.410,-- auszugehen sei. Hinzu komme dann auch die Lebensversicherung und die Unternehmensbeteiligung, was selbst ausgehend von nur S 1,600.000,-- an ehelichen Ersparnissen unter Berücksichtigung der Ehewohnung samt Inventar mit S 450.000,-- eben die Aufteilungsmasse von S 2,277.000,-- ergebe. Zutreffend habe das Erstgericht die Spekulationsgeschäfte nicht zum Nachteil der Antragstellerin gewertet, die auch nichts von den Veranlagungen in den USA gewusst habe. Der Antragsgegner habe es unterlassen, sie darüber zu informieren. Mangels Zustimmung der Antragstellerin sei daher der Wert des Fehlenden in die Aufteilungsmasse einzubeziehen. Aus der mangelnden Vorlage der vollständigen Unterlagen sei auch zu schließen, dass der Antragsgegner seine Situation verschleiern wollte. Das Erstgericht sei zutreffend davon ausgegangen, dass nicht feststellbar gewesen sei, wofür der Antragsgegner die Rückzahlung von S 108.257,54 verwendete. Den ordentlichen Revisionsrekurs erachtete das Rekursgericht mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 14 Abs 1 AußStrG als nicht zulässig.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen diesen Beschluss erhobene außerordentliche Revisionsrekurs des Antragsgegners ist zulässig und auch berechtigt.

Zutreffend wendet sich der Antragsgegner gegen die Rechtsansicht der Vorinstanzen, dass der Wert des Höchststandes seines Depots von über S 2,800.000,-- in die Aufteilungsmasse miteinzubeziehen sei, obwohl nach den Aktienverlusten und einer Auszahlung von S 108.000,-- zum unstrittigen Zeitpunkt für die Aufteilung im September 1997 nur noch ein Wert von S 829.944,-- vorhanden war.

Nach § 91 Abs 1 EheG ist zwar das, was ein Ehegatte ohne ausdrücklich oder stillschweigende Zustimmung des anderen frühestens zwei Jahre vor Einbringung der Klage, bei früher aufgelöster ehelicher Gemeinschaft frühestens zwei Jahre vor deren Aufhebung an ehelichen Ersparnissen an einer Weise verringert hat, die der Gestaltung der Lebensverhältnisse der Ehegatten während der ehelichen Lebensgemeinschaft widerspricht, in die Aufteilung einzubeziehen. Selbst wenn man aber davon ausginge, dass die Veranlagung in Aktien und Optionen diese Voraussetzung erfüllen würde, könnte dies nicht dazu führen, dass bei Einzahlungen von rund S 2,200.000,-- vorerst die Gewinne aus diesen Veranlagungen berücksichtigt werden und dann insgesamt von einem Investitionsvolumen von S 2,800.000,-- zum Nachteil des die Investitionen vornehmenden Ehegatten auszugehen wäre. Erfasst kann jedenfalls nur das sein, was der Antragsgegner überhaupt diesen Investitionen zugeführt hat. Dies sind unter Berücksichtigung der Rückzahlung von rund S 108.000,-- knapp unter S 2,200.000,--, wovon dann die ihm aus dem Vermögen der Tante zugekommenen ca S 1,200.000,-- abzuziehen sind, sodass rund S 1,000.000,-- verbleibt. Dazu kommen dann rund weitere S 200.000,-- aus der Lebenversicherung und der Unternehmensbeteiligung, sodass sich insgesamt unter Berücksichtigung der Ehewohnung und des Inventars in Höhe von S 450.000,-- eine Aufteilungsmasse von S 1,650.000,-- ergibt.

Nach § 83 Abs 1 EheG ist bei der Aufteilung besonders auf Gewicht und Umfang des Beitrag jedes Ehegatten zur Anschaffung des ehelichen Gebrauchsvermögens und zur Ansammlung der ehelichen Ersparnisse sowie auf das Wohl der Kinder Bedacht zu nehmen, sowie schließlich auch auf die Schulden, die mit den ehelichen Lebensaufwand zusammenhängen. Hier hat nun der Antragsgegner durch sein beinahe dreifaches Nettoeinkommen das zur Vermögensbildung beigetragen, während die Antragstellerin ihre zusätzliche Leistung im Haushalt und der Kinderbetreuung, sowie die sparsame Lebensführung einen wesentlichen Beitrag geleistet hat (vgl dazu RIS-Justiz RS0057477 mwN etwa SZ 55/163 = JBl 1983, 316 = GesRZ 1983, 91). Bei der Aufteilung nach Billigkeit wurde selbst bei einem festgestellten Einkommensverhältnis von nur 1 : 2 zugunsten des Antragsgegners - hier aber sogar 1 : 3 zu seinen Gunsten - eine gleichteilige Aufteilung gebilligt, weil auch die Haushaltsführung veranschlagt werden muss (vgl dazu die ständige Judikatur RIS-Justiz RS0057654 = 6 Ob 839/81, 4 Ob 530/82, 2 Ob 636/86, 2 Ob 547/86, 3 Ob 548/94, 4 Ob 11/99t, 7 Ob 267/98k). Das vom Antragsgegner angestrebte Aufteilungsverhältnis von 55 % zu 45 % zugunsten der Antragstellerin ist daher jedenfalls als berechtigt anzusehen. Damit ergäbe sich rein rechnerisch ausgehend von einer Aufteilungsmasse von S 1,650.000,-- ein Anspruch der Antragstellerin von ca S 907.000,-- abzüglich der Ehewohnung samt Inventar im Wert von S 450.000,--, sodass noch etwa S 350.000,-- verblieben. Daher ist dem auf Minderung des Ausgleichsbetrages auf S 579.669,-- gerichteten Rekurs des Antragsgegners jedenfalls Folge zu geben. Es bedarf daher überhaupt keiner weiteren Erörterungen, ob nicht im Hinblick auf die Kenntnis der Antragstellerin von der Veranlagung in Aktien auch die Verluste einzubeziehen oder diese zumindest in Form eines Abschlages zu berücksichtigt wären (vgl OGH 4. 2. 1999, 4 Ob 11/99t).

Die Entscheidung über die Verfahrenskosten aller drei Instanzen beruht auf § 234 AußStrG.

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