OGH 8Ob135/17m

OGH8Ob135/17m27.4.2018

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden, die Hofrätinnen Dr. Tarmann‑Prentner und Mag. Korn, den Hofrat Dr. Stefula und die Hofrätin Mag. Wessely‑Kristöfel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Ing. B***** K*****, 2. S***** B*****, vertreten durch Poduschka Anwaltsgesellschaft m.b.H. in Linz, gegen die beklagte Partei H***** AG, *****, vertreten durch Beck & Dornhöfer & Partner Rechtsanwälte in Eisenstadt, wegen 13.526,85 EUR sA, über die Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Landesgerichts Eisenstadt als Berufungsgericht vom 6. September 2017, GZ 13 R 51/17y‑36, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Eisenstadt vom 31. Dezember 2016, GZ 15 C 147/15h‑32, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:0080OB00135.17M.0427.000

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagenden Parteien sind schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit 1.119,44 EUR (darin 186,57 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.

 

Begründung:

Die Beklagte gewährte den Klägern im Jahre 2004 einen endfälligen CHF‑Kredit mit zwanzigjähriger Laufzeit; zu diesem Zeitpunkt stand der Wechselkurs CHF‑EUR bei etwa 1,57. Ab dem Jahr 2010 verschlechterte sich der Wechselkurs zunehmend und belief sich im Jahr 2011 auf ca 1,20 bis 1,25. Den Klägern war dies bekannt, aber sie hofften auf positive Kursschwankungen, mit denen sie den bereits entstandenen Verlust wieder ausgleichen könnten.

Im Jahr 2012 besprachen die Streitteile verschiedene Maßnahmen zur Absicherung des Fremdwährungskredits bzw eine Konvertierung in Euro. Den Klägern wurde dabei der bisherige Kursverlust mit 22.000 EUR angegeben und die Einschätzung mitgeteilt, dass der Kurs eher weiter herabsinken als steigen werde. Der Mitarbeiter der Beklagten stellte in diesem Gespräch erstmals auch die Stop-Loss-Order vor, wobei besprochen wurde, dass das im Rahmen dieser Order gesetzte Limit unterschritten werden kann, also eine Konvertierung unter dem festgesetzten Kurs erfolgen kann. Die Kläger entschieden sich gegen eine Konvertierung in Euro.

Mit Schreiben vom 22. 10. 2012 wurde den Klägern von der Beklagten eine Konvertierung des Kredits in den Euro angeboten, befristet bis 31. 12. 2012 ohne Spesen und Gebühren. Für diesen Fall wurden ihnen auch konkrete Zinssätze angeboten.

Der Erstkläger gab telefonisch bekannt, dass er im CHF‑Kredit bleiben wolle. Bei diesem Telefonat wurde auch erneut über die Setzung einer Stop-Loss-Order gesprochen, wobei der Mitarbeiter der Beklagten den Eindruck gewann, dass der Erstkläger einen solchen Auftrag abschließen wollte.

Im März 2013 fand ein weiteres Beratungsgespräch statt, in dem vor allem die Änderung der Sicherheiten besprochen werden sollte. Zu diesem Zeitpunkt lag der Wechselkurs CHF‑EUR bei 1,23. Bei diesem Termin unterschrieben die Kläger die aufgrund des vorangegangenen Telefonats von der Beklagten vorbereitete Stop-Loss-Order mit einem gesetzten Wechselkurs-Limit von 1,11. Im Auftragsschreiben wird auf die Möglichkeit, dass es bei starken Kursschwankungen zu Abweichungen zu Ungunsten des Kunden kommen kann, hingewiesen. Vor Unterfertigung des Auftrags wurden die Kläger umfassend über die Risiken einer Stop-Loss-Order informiert, auch darüber, dass die Konvertierung zu einem geringeren als dem Limitkurs durchgeführt werden könnte. Es wurde auch neuerlich die Möglichkeit einer Konvertierung in den Euro besprochen, von den Klägern aber in der Hoffnung auf eine bessere Kursentwicklung abgelehnt. Das Stop-Loss-Limit war aufgrund der per März 2013 vorliegenden Marktbedingungen das einzige der Restlaufzeit des Kredits der Kläger entsprechende Sicherungsinstrument. Der Abschluss einer Option war aufgrund der Sicherungskosten wirtschaftlich nicht sinnvoll. Die im Jahr 2015 erfolgte Aufgabe der Kursuntergrenze von 1,20 durch die Schweizerische Nationalbank und die danach einsetzende starke Marktbewegung war bei Abschluss der Stop-Loss-Order aufgrund des gebotenen Fachwissens nicht vorhersehbar.

Mit Mail vom 12. 12. 2014 gab die Beklagte den Klägern bekannt, dass ein Kursverlust von 22.000 EUR eingetreten sei. Die Kläger hofften weiterhin auf eine Kurserholung und entschieden sich wieder gegen eine Konvertierung. Am 15. 1. 2015 wurde die Stop-Loss-Order ausgelöst. Die Konvertierung fand zu einem Wechselkurs von 1,035 statt. Wäre der Kredit zu einem Kurs von 1,11 konvertiert worden, hätte sich das aushaftende Kreditvolumen um 7.296,30 EUR verringert. Hätten sich die Kläger bereits am 6. 3. 2013 für eine Konvertierung entschieden, hätte sich insgesamt ein um 17.182,35 EUR geringerer Kreditsaldo ergeben.

Die Beklagte leistete am 10. 3. 2015 eine „Kulanzzahlung“ von 3.655,50 EUR an die Kläger.

Das auf Schadenersatz wegen Fehlberatung beim Abschluss der Stop-Loss-Order gerichtete Klagebegehren war in beiden Vorinstanzen erfolglos.

Die Vorinstanzen gelangten zu dem Ergebnis, dass die Kläger weder mangelhaft beraten wurden, noch die Beklagte den rechnerischen Schaden aus dem Unterbleiben einer sofortigen Konvertierung verursacht habe, zumal die Kläger die ihnen angebotene Konvertierung immer wieder ausdrücklich abgelehnt hätten.

Auf eine erstmals in der Berufung von den Klägern geltend gemachte Nichtigkeit der Stop-Loss-Order gemäß § 6 Abs 2 Z 3 KSchG sei wegen Verstoßes gegen das Neuerungsverbot nicht einzugehen.

Das Berufungsgericht erklärte die ordentliche Revision für zulässig, weil die ständige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Notwendigkeit der Geltendmachung der Nichtigkeit einer Vertragsabrede mit mehreren Entscheidungen des EuGH, in denen eine amtswegige Wahrnehmung von Nichtigkeiten bejaht werde, im Widerspruch stehen könnte.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der klagenden Parteien ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichts mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig.

Nach dem hier zu beurteilenden konkreten Sachverhalt stellt sich die vom Berufungsgericht für wesentlich erachtete, in der Revision aufgegriffene Rechtsfrage nämlich nicht.

Wann und unter welchen Umständen die Konvertierung eines Fremdwährungskredits durch den Kreditgeber zulässig ist, richtet sich nach den im Einzelfall getroffenen Vereinbarungen (2 Ob 22/12t; 6 Ob 275/05t; vgl auch 3 Ob 278/08s). Für die Beurteilung, ob die Berechtigung des Kreditgebers zur Konvertierung zulässig war, ist der in § 6 Abs 2 Z 3 KSchG geregelte Tatbestand einschlägig (RIS‑Justiz RS0128729).

Nach § 6 Abs 2 Z 3 KSchG sind für den Verbraucher nicht einzeln ausgehandelte Vertragsbestimmungen unverbindlich, wonach der Unternehmer eine von ihm zu erbringende Leistung einseitig ändern oder von ihr abweichen kann, es sei denn, die Änderung beziehungsweise Abweichung ist dem Verbraucher zumutbar, besonders weil sie geringfügig und sachlich gerechtfertigt ist.

Diese Regelung schränkt daher die Zulässigkeit einseitiger Leistungsänderungen durch den Unternehmer ein (vgl 2 Ob 22/12t mwN). Die Vorschrift dient der Sicherung der Vertragstreue des Unternehmers und schützt das Vertrauen des Verbrauchers in die vertragliche Zusage seines Partners. Es soll verhindert werden, dass sich der Unternehmer das Recht auf weitgehende, den Interessen des Verbrauchers widersprechende, einseitige Leistungsänderungen vorbehält (RIS‑Justiz RS0111807; RS0128730). Vorbehalte müssen, um zulässig sein zu können, möglichst genau umschrieben und konkretisiert sein (RIS‑Justiz RS0111807).

Die inhaltliche Prüfung nach den Zumutbarkeitskriterien des § 6 Abs 2 Z 3 KSchG war hier aber schon deswegen nicht vorzunehmen, weil die Streitteile die Stop-Loss-Order „im Einzelnen ausgehandelt“ haben. Sie war weder Teil des Kreditvertrags, noch eine von der Beklagten vorgegebene ergänzende Bedingung für die Erbringung ihrer Hauptleistung, sondern wurde Jahre nach der Kreditvergabe als neue Vereinbarung aus Anlass einer bereits eingetretenen, unvorhergesehenen wirtschaftlichen Entwicklung zum Schutz der Kläger vor weiteren Kursverlusten vereinbart. Zwar reicht es nach der Rechtsprechung noch nicht für ein „Aushandeln“, wenn dem Kunden eine vom Unternehmer ausformulierte Vereinbarung bewusst gemacht und mit ihm erörtert wurde, sondern der Unternehmer muss auch zu einer Änderung des von ihm verwendeten Textes erkennbar bereit gewesen sein (RIS‑Justiz RS0121396 [T2]). Nach dem Sachverhalt hat die Beklagte hier nicht nur nicht auf einem bestimmten Inhalt der Klausel, sondern überhaupt nicht auf deren Abschluss bestanden.

Die Rechtsfrage, ob bzw unter welchen Voraussetzungen eine Unvereinbarkeit mit § 6 Abs 2 Z 3 KSchG ohne Geltendmachung allenfalls von Amts wegen zu prüfen wäre, ist daher für das Verfahrensergebnis letztlich ohne Relevanz.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.

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