European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2020:E127762
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Begründung:
Die Kinder befinden sich in Pflege und Erziehung bei der Mutter. Der Vater verpflichtete sich in einem am 10. 10. 2017 vor dem Erstgericht geschlossenen Vergleich zu einer monatlichen Unterhaltsleistung von 460 EUR für den mj A* und von 390 EUR für die mj Al*. Dem Vergleich lag ein monatliches Einkommen des Vaters von 3.217 EUR (inklusive Sonderzahlungen und Sachbezug und abzüglich der halben Diäten) als Bemessungsgrundlage sowie dass er damals die Kinder in einem Ausmaß von 8,6 Tagen betreute zugrunde; die Betreuung durch den Vater wurde im Vergleich mit einer Reduktion von 15 % berücksichtigt.
Am 29. 11. 2018 schlossen die Eltern vor dem Erstgericht einen Vergleich, womit sie die Kontakte des Vaters zu den Kindern wie folgt festsetzten: Jedes 2. Wochenende von Freitag, nach der Schule, bis Sonntag 17:00 Uhr und jeden zweiten Freitag von 14:00 Uhr bis 18:00 Uhr oder 18:30 Uhr. Hinsichtlich des Unterhalts wurde damals keine Vereinbarung geschlossen.
Das Erstgericht verpflichtete über Unterhaltserhöhungsantrag beider Kinder den Vater zur Zahlung eines monatlichen Unterhalts von 660 EUR hinsichtlich des mj A* und von 560 EUR hinsichtlich der mj Al*. Dabei rechnete es zum festgestellten monatlichen Durchschnittseinkommen des Vaters von 3.425 EUR eine Prämie von monatlich 500 EUR aus dem Schnitt der letzten drei Jahre sowie einen Familienbonus Plus von 125 EUR je Kind hinzu. Die von der sich hieraus ergebenden Unterhaltsbemessungsgrundlage von 4.050 EUR nach der Prozentsatzmethode ermittelten Unterhaltsbeträge (für den mj A* 770 EUR, für die mj Al* 648 EUR) führte das Erstgericht einer steuerlichen Entlastung nach der Formel „Unterhalt x 0,81 + Unterhaltsabsetzbetrag (EUR 36,50 – die bezogenen Unterhaltsabsetzbeträge werden durch 2 dividiert)“ zu.
Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung. Rechtlich führte es aus, dass jener Teil des Familienbonus Plus, der dem geldunterhaltspflichtigen Elternteil verbleiben sollte, zwar die Bemessungsgrundlage erhöhe, aber keine Auswirkungen auf die weiter erforderliche Anrechnung der Familienbeihilfe habe. Der Vater erhalte zwar lediglich den halben Familienbonus (67,50 EUR monatlich) jeweils für zwei Kinder ausbezahlt. Da die Mutter nicht lohnsteuerpflichtig sei und damit keine Möglichkeit habe, am Familienbonus zu partizipieren, werde er aber auf die zweite Hälfte des Familienbonus angespannt. Im Ergebnis lasse sich das vom Erstgericht festgestellte Nettodurchschnittseinkommen des Vaters aus dessen Unterlagen ableiten und sei die Unterhaltsbemessung des Erstgerichts nicht zu beanstanden.
Der ordentliche Revisionsrekurs wurde zugelassen, da noch keine höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage vorliege, „ob der Bezug des Familienbonus Plus durch den Geldunterhaltspflichtigen entweder 1. das Nettoeinkommen erhöht, aber dessen weitere steuerliche Entlastung durch Berücksichtigung der Familienbeihilfe ausschließt oder nicht, 2. zur Gänze unberücksichtigt zu bleiben hat, 3.1. nach Berücksichtigung der Familienbeihilfenanrechnung der (gesamte) Betrag des Familienbonus Plus dem Unterhaltsbetrag wieder hinzuzurechnen ist oder 3.2. der schlussendliche Auszahlungsbetrag mit dem Prozentwertunterhalt gedeckelt ist“.
Gegen diese Entscheidung richtet sich der aus dem Rechtsmittelgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung erhobene Revisionsrekurs des Vaters mit einem auf Abweisung der Unterhaltserhöhungsanträge gerichteten Abänderungsantrag.
Eine Revisionsrekursbeantwortung wurde nicht erstattet.
Der Revisionsrekurs ist nun mangels erheblicher Rechtsfrage im Sinne des § 62 AußStrG nicht mehr zulässig.
Rechtliche Beurteilung
1. Der Revisionsrekurswerber wendet sich zunächst gegen die Zurechnung einer Prämie zu seinem Einkommen. Das Erstgericht hat in diesem Zusammenhang festgestellt, dass dem Vater im Jahr 2016 eine Prämie von 6.100 EUR, im Jahr 2017 eine solche von 5.100 EUR und im Jahr 2018 eine solche von 6.700 EUR ausbezahlt wurde. In der Beweiswürdigung hat es ausgeführt, dass zu erwarten ist, dass auch 2019 wieder eine Prämie in dieser Höhe (nämlich im jährlichen Schnitt von 5.965 EUR) ausbezahlt wird. Dabei handelt es sich um eine dislozierte Feststellung. Ob der im Regelfall heranzuziehende dreijährige Durchrechnungszeitraum im Einzelfall zur Gewinnung eines verlässlichen Ergebnisses ausreicht, stellt eine Tatfrage dar, die das Rekursgericht endgültig entscheidet (RS0053251 [T2]). Die Hinzurechnung einer Prämie von monatlich 500 EUR aus dem Schnitt der letzten drei Jahre durch die Vorinstanzen zum monatlichen Durchschnittseinkommen des Vaters ist damit von den Feststellungen gedeckt. Wenn der Revisionsrekurswerber mit dem Revisionsrekurs eine Bestätigung seines Arbeitgebers vorlegt, wonach er für das Jahr 2019 keine Prämie erhalten hat, verstößt er nicht nur gegen das Neuerungsverbot (RS0119918), sondern übersieht auch, dass der Oberste Gerichtshof keine Tatsacheninstanz ist (RS0108449).
2. Dies gilt auch, soweit sich der Revisionsrekurswerber im Wesentlichen gegen die erstgerichtliche Feststellung wendet, wonach sein monatliches Durchschnittseinkommen 3.425 EUR beträgt. Die Ausführungen des Revisionsrekurswerbers in diesem Zusammenhang entsprechen im Übrigen jenen in seinem Rekurs gegen den erstgerichtlichen Beschluss und wurden vom Rekursgericht eingehend behandelt. Inwiefern dem Rekursgericht dabei ein Fehler unterlaufen sein sollte, lässt das Rechtsmittel nicht erkennen.
3.1. Letztlich wendet sich der Revisionsrekurswerber gegen die Berücksichtigung des Familienbonus Plus durch die Vorinstanzen bei Ermittlung der Unterhaltsbemessungsgrundlage. Zu dieser Rechtsfrage hat der Oberste Gerichtshof erst jüngst am 11. 12. 2019 zu 4 Ob 150/19s ausführlich Stellung genommen und zusammenfassend für die Unterhaltsbemessung von Kindern bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres in Punkt 6.1. festgehalten:
„Beim Familienbonus Plus handelt es sich – so wie beim Unterhaltsabsetzbetrag – um einen echten Steuerabsetzbetrag. Der Gesetzgeber hat den Familienbonus Plus mit der Zielsetzung eingeführt, die verfassungsrechtlich gebotene steuerliche Entlastung der Geldunterhaltspflichtigen nunmehr durch die erwähnten steuergesetzlichen Maßnahmen herbeizuführen. Dadurch findet eine Entkoppelung von Unterhalts- und Steuerrecht statt. Die verfassungsrechtlich gebotene steuerliche Entlastung des Geldunterhaltspflichtigen erfolgt nunmehr durch den Familienbonus Plus und den Unterhaltsabsetzbetrag. Der Familienbonus Plus ist nicht in die Unterhaltsbemessungsgrundlage einzubeziehen; eine Anrechnung von Transferleistungen findet nicht mehr statt. Familienbonus Plus und Unterhaltsabsetzbetrag bleiben damit unterhaltsrechtlich neutral.“
Dieser Beurteilung schloss sich der Oberste Gerichtshof bereits in mehreren Entscheidungen an oder tätigte zum Teil wortgleiche Ausführungen (1 Ob 171/19g; 1 Ob 194/19i; 3 Ob 154/19x; 3 Ob 160/19d; 6 Ob 208/19k; 9 Ob 50/19x; 9 Ob 54/19k; 10 Ob 65/19k), so auch der erkennende Senat in den Entscheidungen 8 Ob 80/19a und 8 Ob 89/19z. Hieran ist festzuhalten.
3.2. Dem Revisionsrekurswerber ist damit zwar beizupflichten, dass der Familienbonus Plus unberücksichtigt zu bleiben hat. Dies hat aber lediglich zur Folge, dass die von den Vorinstanzen herangezogene Unterhaltsbemessungsgrundlage von 4.050 EUR um den Betrag von 250 EUR – den von den Vorinstanzen zu Unrecht einbezogenen (vollen) Familienbonus Plus für die beiden Kinder – zu kürzen ist. Ausgehend von der bereinigten Bemessungsgrundlage ermittelt sich dann aber nach der Prozentsatzmethode (statt vieler Gitschthaler, Unterhaltsrecht4 Rz 551 f) weder für den mj A* noch für die mj Al* ein geringerer als der zugesprochene Unterhaltsanspruch.
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