OGH 8Ob13/09h

OGH8Ob13/09h2.4.2009

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Spenling, Hon.-Prof. Dr. Kuras, die Hofrätin Dr. Glawischnig und den Hofrat Mag. Ziegelbauer als weitere Richter in der Schuldenregulierungssache der D***** S*****, über den Revisionsrekurs der Gläubigerin N***** GmbH, *****, vertreten durch Frieders Tassul & Partner, Rechtsanwälte in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichts Wr. Neustadt als Rekursgericht vom 28. Oktober 2008, GZ 17 R 103/08f-28, womit dem Rekurs der Gläubigerin gegen den Beschluss des Bezirksgerichts Baden vom 17. Jänner 2008, GZ 18 S 6/06v-23, nicht Folge gegeben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Aus Anlass des Revisionsrekurses werden die Entscheidungen der Vorinstanzen ersatzlos behoben.

Die Revisionsrekurswerberin hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung

Mit Beschluss des Erstgerichts vom 11. 8. 2006 wurde über Antrag der Schuldnerin das Schuldenregulierungsverfahren über ihr Vermögen eröffnet und ausgesprochen, dass ihr die Eigenverwaltung nicht entzogen werde. Die Anmeldungsfrist wurde bis zum 10. 10. 2006 bestimmt, die allgemeine Prüfungstagsatzung, zugleich als Tagsatzung zur Abstimmung über einen Zahlungsplan, zur Einleitung des Abschöpfungsverfahrens und zur Schlussrechnungstagsatzung bestimmt, wurde auf den 24. 10. 2006 anberaumt.

Die N***** GmbH (in weiterer Folge: Gläubigerin) erwarb eine vollstreckbare Forderung von 14.262,60 EUR sA gegen die Schuldnerin aufgrund eines rechtskräftigen Zahlungsbefehls des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom 10. 5. 2006, 36 C 1164/05b. Zur Hereinbringung dieser Forderung beantragte sie beim Erstgericht die Einleitung einer Fahrnis- und Forderungsexekution, die mit Beschluss vom 23. 5. 2006, 18 E 764/06v-2, bewilligt wurde. Die A***** GmbH gab in diesem Exekutionsverfahren am 17. 6. 2006 eine Drittschuldnererklärung ab, in der sie das monatliche Einkommen der Schuldnerin aus einem Arbeitsverhältnis zuzüglich Sonderzahlungen mitteilte. Die Schuldnerin legte ihrem Antrag auf Eröffnung des Schuldenregulierungsverfahrens auch ein Verzeichnis ihrer Gläubiger bei, in dem unter anderem die Gläubigerin mit einer Forderung von 17.744,95 EUR angeführt war. Die Schuldnerin gab die Adresse der Gläubigerin jedoch mit einer unrichtigen Postleitzahl an. Wegen dieses Umstands konnte sowohl der Antrag auf Eröffnung des Schuldenregulierungsverfahrens als auch der Eröffnungsbeschluss an die Gläubigerin erst am 24. 10. 2006, dem Tag der allgemeinen Prüfungstagsatzung zugestellt werden. Die Gläubigerin nahm weder an der Tagsatzung teil noch meldete sie ihre Forderung im Verfahren an. Der zwischen der Schuldnerin und ihren Gläubigern abgeschlossene Zahlungsplan wurde mit Beschluss vom 24. 10. 2006 (berichtigt mit Beschluss vom 13. 11. 2006) bestätigt.

Die Gläubigerin forderte die Schuldnerin mit Schreiben vom 3. 8. 2007 auf, die dem Zahlungsplan entsprechende Rate unter Setzung einer Nachfrist bis 24. 8. 2007 zu bezahlen, weil am 10. 5. 2007 keine Zahlung geleistet worden sei. Sollte die Zahlung nicht fristgerecht erfolgen, trete Wiederaufleben der Forderung ein. Da die Schuldnerin weder die geforderte Rate bezahlt noch einen Antrag nach § 197 Abs 2 KO gestellt habe, beantragte die Gläubigerin ihrerseits am 31. 10. 2007 gemäß § 12a Abs 6 KO, die Drittschuldnerin vom Wiederaufleben der Forderung zu verständigen.

Das Erstgericht bewilligte den Antrag, die Drittschuldnerin vom Wiederaufleben der Forderung der Gläubigerin zu verständigen, mit Beschluss. Es sprach aus, dass diese Forderung nur mit einem Betrag von 8.517,58 EUR, dies entspreche 48 % der Gesamtforderung, wieder auflebe und bestimmte die Antragskosten mit 222,34 EUR. Die Gläubigerin habe zwar ihre Forderung im Schuldenregulierungsverfahren nicht angemeldet, habe aber deren Wiederaufleben bescheinigt. Zwar lebe die Forderung gemäß § 197 KO nur nach Maßgabe der Einkommens- und Vermögenslage des Schuldners wieder auf, jedoch sei eine Beschlussfassung gemäß dem § 197 KO iVm § 66 AO nach Ablauf der vom Gläubiger in einer qualifizierten Mahnung gesetzten Frist nicht mehr möglich. Die Schuldnerin hätte das Aufleben der Forderung durch einen Antrag gemäß § 197 KO iVm § 66 AO zwar verhindern können, sie habe einen solchen Antrag aber innerhalb der von der Gläubigerin gesetzten Frist nicht gestellt. § 156 Abs 6 KO sei umgekehrt nicht anzuwenden, weil die Eröffnung des Schuldenregulierungsverfahrens in der Insolvenzdatei veröffentlicht worden sei, sodass die Gläubigerin ein Verschulden daran treffe, dass ihre Forderung nicht berücksichtigt worden sei. Deshalb sei die Forderung der Gläubigerin nicht in voller Höhe, sondern nur in Höhe der Quote wieder aufgelebt. Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Gläubigerin gegen diesen Beschluss nicht Folge (Pkt I.). Hingegen änderte es infolge Rekurses auch der Schuldnerin den Beschluss des Erstgerichts ab und wies den Antrag der Gläubigerin ab (Pkt II.). Die Rechtswirkungen des Zahlungsplans entsprächen jenen des Zwangsausgleichs. Anders als beim Zwangsausgleich würden nicht angemeldete Forderungen jedoch gemäß § 197 Abs 1 KO nur insoweit mit der Quote bedient, als sich dies mit den Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Schuldners vereinbaren lasse. Die Gläubigerin treffe, weil die Eröffnung des Schuldenregulierungsverfahrens in der Insolvenzdatei veröffentlicht worden sei, ungeachtet der unrichtigen Angaben der Schuldnerin ein Verschulden daran, dass ihre Forderung nicht berücksichtigt worden sei. Damit die Forderung eines Gläubigers, die nicht angemeldet worden sei, entsprechend § 197 KO Berücksichtigung finden könne, bedürfe es einer Antragstellung des Schuldners innerhalb von 14 Tagen nach erfolgter schriftlicher Mahnung gemäß § 156 Abs 4 KO. Erst wenn dem geänderten Zahlungsplan die Bestätigung versagt und der Antrag auf Einleitung des Abschöpfungsverfahrens abgewiesen würde, könnte die Forderung gemäß den §§ 193 Abs 1 iVm 156 Abs 5 KO wieder aufleben. Eine solche Antragstellung sei jedoch nicht erfolgt. Der Antrag der Gläubigerin erweise sich deshalb als verfrüht und unbegründet. Auch durch die Mitteilung des Erstgerichts an die Drittschuldnerin könne das Wiederaufleben der Forderung nicht bewirkt werden.

Den ordentlichen Revisionsrekurs ließ das Rekursgericht zu, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage fehle, ob es trotz der Bekanntmachung der Eröffnung des Schuldenregulierungsverfahrens in der Insolvenzdatei nur auf das Verschulden des Schuldners zurückzuführen sei, wenn - wie im konkreten Fall - die Verständigung des Gläubigers infolge einer unrichtigen Adressangabe durch den Schuldner derart verspätet bewirkt werde, dass er seine Forderung im Schuldenregulierungsverfahren nicht (rechtzeitig) anmelden könne. Gegen diesen Beschluss richtet sich der auf den Rechtsmittelgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung gestützte Revisionsrekurs der Gläubigerin mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss zur Gänze zu beheben, das Wiederaufleben der Forderung der Gläubigerin in Höhe von 14.262,60 EUR sA auszusprechen und dem Erstgericht die Verständigung der Drittschuldnerin hierüber aufzutragen.

Rechtliche Beurteilung

Aus Anlass des Revisionsrekurses sind die Entscheidungen der Vorinstanzen als nichtig aufzuheben.

Der Antrag der Gläubigerin stützt sich ausdrücklich auf § 12a Abs 6 KO. Eine Beschlussfassung gemäß § 197 Abs 2 KO wurde weder von der Schuldnerin noch von der Gläubigerin beantragt.

Über die in den §§ 197 Abs 2 KO und (analog) 66 AO dem Konkursgericht eingeräumten provisorischen Entscheidungskompetenzen hinaus besteht jedoch keine Zuständigkeit des Konkursgerichts zur (endgültigen) Entscheidung über die Frage, ob oder in welcher Höhe eine Forderung eines Gläubigers wieder auflebt. Ebenso wenig ist das Konkursgericht zur Entscheidung über das Wiederaufleben von Absonderungsrechten gemäß § 12a Abs 4 Z 2 KO entscheidungsbefugt. Das Bestehen oder Nichtbestehen von Aus- und Absonderungsrechten ist ausschließlich im Zivilprozess zu entscheiden (Konecny, Keine Entscheidung über Aus- und Absonderungsrechte im Konkursverfahren ZIK 2004/94, 74; G. Kodek in Bartsch/Pollak/Buchegger4, Österreichisches Insolvenzrecht IV § 113a Rz 48 ff). Dem folgend sprach der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung 8 Ob 107/06b aus, dass dem Konkursgericht keine Kompetenz zur beschlussmäßigen Feststellung über das Erlöschen oder den Fortbestand von Aus- oder Absonderungsrechten im Sinn des § 113a KO zukommt (vgl auch 8 Ob 31/07b, beide Entscheidungen in Abkehr von 8 Ob 4/04b = SZ 2004/31).

Dem Konkursgericht obliegt gemäß § 12a Abs 6 KO die Verständigung des Drittschuldners vom Wiederaufleben der Sicherungsrechte, wenn dies der Gläubiger beantragt. Schon aus dem Wortlaut dieser Bestimmung ergibt sich, dass die Verständigung nur über die in § 12a Abs 1 und 3 KO genannten Aus- oder Absonderungsrechte zu erfolgen hat, nicht aber über die damit verbundene Forderung selbst. Die Verständigung nach § 12a Abs 6 KO kann nur deklarativ wirken (G. Kodek, Privatkonkurs Rz 197). Das Konkursgericht darf dem Drittschuldner auch keine Verhaltensanweisungen erteilen, um einem allfälligen Prozess nicht vorzugreifen (Konecny in Konecny/Schubert, Insolvenzgesetze § 113a Rz 42; Konecny in ZIK 2004/94, 77).

Für die Verständigung ist keine bestimmte Form vorgesehen. Mitteilungen gemäß § 12a Abs 6 KO haben nicht in Beschlussform zu ergehen (8 Ob 28/07m = RIS-Justiz RS0118750; Deixler-Hübner in Konecny/Schubert, Insolvenzgesetze § 12a Rz 19; G. Kodek, Privatkonkurs Rz 197; vgl auch Apathy in Bartsch/Pollak/Buchegger4, Österreichisches Insolvenzrecht I § 12a Rz 9). Denn die Verständigung nach § 12a Abs 6 KO bezweckt eine Information des Drittschuldners. Mohr (Privatkonkurs2 52) führt aus, dass sich der Gläubiger nicht der Autorität des Gerichts bedienen solle, um zu erreichen, dass der Drittschuldner ein nicht gegebenes Wiederaufleben annimmt. Er schlägt daher vor, dass das Gericht bei der Verständigung des Drittschuldners darauf hinzuweisen habe, dass die Forderung nach der Behauptung des Gläubigers wieder aufgelebt sei. Auch Mohr geht in diesem Zusammenhang daher offenkundig von einer bloßen Mitteilungsverpflichtung des Gerichts aus.

Dem Konkursgericht kommt daher auch keine Kompetenz zu, über das (behauptete) Wiederaufleben eines Absonderungsrechts beschlussmäßig zu entscheiden, § 12a Abs 6 KO bietet dazu keine Rechtsgrundlage. Die ohne gesetzliche Grundlage ergangenen Beschlüsse der Vorinstanzen sind daher ersatzlos zu beheben (vgl 8 Ob 107/06b). Ein Kostenersatz findet im Verfahren gemäß § 173 Abs 1 Z 1 KO nicht statt.

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