European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1985:0080OB00012.85.0710.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Der Beklagte ist schuldig, dem Kläger die mit S 4.289,40 (darin S 600,‑ Barauslagen und S 335,40 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Begründung:
Der Beklagte verschuldete am 26. 7. 1978 einen Verkehrsunfall, bei welchen F* verletzt wurde.
Die Klägerin hat als Haftpflichtversicherer des Beklagten am 15. 10. 1978 gegen diesen ein Versäumungsurteil erwirkt, worin unter anderem festgestellt wurde, daß er der Klägerin hinsichtlich sämtlicher in Zukunft zu erbringenden Leistungen ersatzpflichtig sei. Die Klägerin hatte sich hiebei auf eine Leistungsfreiheit nach Art. 8 Abs. 1 Z. 1 AKHB berufen.
Im Verfahren 39 f Cg 375/79 des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien machte der V* – im folgenden kurz V* genannt – die ihm von F* abgetretenen Ersatzansprüche gegen die Klägerin geltend; letzterer stellte ein Feststellungsbegehren. Dem Leistungsbegehren wurde hinsichtlich eines Betrages von S 137.800,‑ stattgegeben, dem Erstkläger an Kosten S 23.640,05, dem Zweitkläger hingegen S 6.253,98 zugesprochen.
Mit der vorliegenden Klage nimmt die Klägerin Regreß wegen der von ihr an den V* erbrachten Leistungen sowie der von ihr zu tragenden Vertretungskosten einschließlich der Entscheidungsgebühr und begehrt Zahlung eines Betrages von S 245.465,‑ s.A..
Der Beklagte wendete mangelnde Fälligkeit ein, da die Klägerin ihre Leistungen nicht detailliert aufgeschlüsselt habe. Es wäre Aufgabe der Klägerin gewesen, die Ansprüche des Geschädigten der Sach‑ und Rechtslage nach zu liquidieren und sich nicht in einen kostspieligen Prozeß einzulassen. Der Beklagte sei auch von einer Prozeßführung nicht verständigt worden, sonst wäre es ihm möglich gewesen, die Ansprüche des Geschädigten ohne Kostenaufwand zu befriedigen.
Das Erstgericht sprach der Klägerin S 236.960,‑ s.A. zu und wies das Mehrbegehren von S 8.505,‑ s.A. ab. Es verneinte den Einwand der mangelnden Fälligkeit, weil der Beklagte seine Regreßpflicht dem Grunde nach abgelehnt habe und daher eine detaillierte Aufstellung der Klägerin nicht erforderlich gewesen sei. Die Klägerin habe nicht nur Anspruch auf Ersatz jener Leistungen, zu welchen sie im Haftpflichtprozeß verurteilt worden sei, sondern auch der eigenen und fremden Prozeßkosten, letzterer aus dem Titel einer Geschäftsführung ohne Auftrag zum Nutzen des Beklagten. Abzuweisen sei nur ein Betrag von S 8.505,‑ gewesen, da die Klägerin diesen Betrag ihrem Anwalt nicht geleistet habe.
Die Berufung der Beklagten blieb erfolglos. Das Berufungsgericht erklärte die Revision gem. § 502 Abs 4 Z 1 ZPO für zulässig. Es erachtete das erstgerichtliche Verfahren für mängelfrei, übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes als unbedenklich und billigte auch dessen rechtliche Beurteilung.
Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes wendet sich die Revision des Beklagten aus dem Anfechtungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne der Abweisung des den Betrag von S 137.800,‑ s.A. übersteigenden Klagebegehrens; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Klägerin beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, die Revision mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO als unzulässig zurückzuweisen, allenfalls ihr nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist unzulässig.
Der Beklagte bekämpft die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, die Klägerin könne die im Prozeß zur Abwehr der Ansprüche des bei dem Unfall geschädigten F* und seines Zessionars entstandenen Kosten von ihm fordern. Gegenüber dem Geschädigten habe zwischen ihm und der Klägerin ein Solidarschuldverhältnis bestanden, weshalb sich der Regreßanspruch der Klägerin nur auf die geleisteten Schadenersatzbeträge, nicht jedoch auf die aufgewendeten Kosten erstreckt habe. Eine Geschäftsführung ohne Auftrag sei nicht vorgelegen, weil die Klägerin direkt mit Klage in Anspruch genommen worden sei und einen Prozeß in ihrem eigenen Interesse geführt habe. Die Klägerin könne die Prozeßkosten von ihm nicht ersetzt verlangen, weil sie weder seine Einwilligung zur Prozeßführung eingeholt, noch ihn von der Prozeßführung verständigt habe. Ein Prozeßkostenaufwand von S 100.000,‑ könne nicht als in seinem Interesse gelegen beurteilt werden. Die Fälligkeit des Klagebetrages sei entgegen der Ansicht des Erstgerichtes erst mit der detaillierten Bekanntgabe der Forderung in der Streitverhandlung vom 9. 7. 1984 eingetreten.
Zunächst war die Zulässigkeit der Revision zu prüfen. Das Berufungsgericht hat zwar ausgesprochen, daß die Revision gemäß § 502 Abs 4 Z 1 ZPO unzulässig sei, diesen Ausspruch jedoch ohne Anführung konkreter Umstände lediglich damit begründet, „daß die Entscheidung des vorliegenden Falles von der Lösung von Rechtsfragen von erheblicher Bedeutung abhängig“ gewesen sei.
Da die Revision im vorliegenden Fall nicht schon nach § 502 Abs 2 und 3 ZPO unzulässig war, wäre sie gemäß § 502 Abs 4 Z 1 ZPO nur zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts abhängt, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt, etwa weil das Berufungsgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abweicht oder eine solche Rechtsprechung fehlt oder uneinheitlich ist. Im vorliegenden Verfahren hat der Beklagte die Auffassung vertreten, die Klägerin könne von ihm im Regreßweg nur die von ihr an den Geschädigten erbrachten Schadenersatzleistungen fordern, nicht aber die ihr im Haftpflichtprozeß entstandenen Verfahrenskosten. Hiezu hat aber der Oberste Gerichtshof in ständiger Rechtsprechung die Auffassung vertreten, daß der Versicherer, der im Rahmen eines kranken Versicherungsverhältnisses einen Prozeß geführt oder sonst Kosten zum klaren, überwiegenden Vorteil des Versicherten aufgewendet hat, berechtigt ist, Kostenersatzansprüche aus dem Rechtsgrund des § 1037 ABGB zu stellen (ZVR 1977/76, SZ 31/39, SZ 49/100, 7 Ob 38/84 ua). Dieser Auffassung ist das Berufungsgericht gefolgt. Es liegen daher diesbezüglich die Voraussetzungen für die Zulässigkeit der Revision im Sinn des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO nicht vor. Soweit der Beklagte aber darzulegen versucht, nach den konkreten Umständen des vorliegenden Falles sei die Prozeßführung der Klägerin nicht zu seinem klaren überwiegenden Vorteil erfolgt, liegt keine Rechtsfrage vor, deren Lösung über den Einzelfall hinaus für eine größere Anzahl von Rechtsstreitigkeiten bedeutsam sein könnte. Auch bezüglich der Frage der Fälligkeit entspricht die Auffassung des Berufungsgerichtes, daß diese jedenfalls mit der Zustellung der Klage, in welcher die Klägerin ihren eigenen Prozeßkostenaufwand ziffernmäßig geltend machte, eingetreten sei, der Lehre und Rechtsprechung (vgl. Wolff in Klang 2 VI, 178, Reischauer in Rummel ABGB, Rdz 5 zu § 904; auch diesbezüglich liegen die Voraussetzungen des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO nicht vor. Da der Beklagte somit das Vorliegen einer Rechtsfrage des materiellen Rechtes oder des Verfahrensrechtes, der erhebliche Bedeutung im Sinn des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO zukommt, nicht dazutun vermochte, war seine Revision als unzulässig zurückzuweisen.
Der Kläger hat in seiner Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen, sodaß ihm die diesbezüglichen Kosten gemäß den §§ 41, 50 ZPO zuzusprechen waren.
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