Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung
Über Antrag der Schuldnerin eröffnete das Erstgericht mit Beschluss vom 1. 3. 2004 das Schuldenregulierungsverfahren. Mit dem Eröffnungsantrag verband die Schuldnerin den Antrag auf Annahme eines Zahlungsplans, der vorsah, dass die Konkursgläubiger insgesamt 5 % ihrer Forderungen, zahlbar binnen vier Wochen nach rechtskräftiger Annahme des Zahlungsplans, erhalten. Die Schuldnerin gab die Revisionsrekurswerberin nicht als Gläubigerin bekannt. Sechs Gläubiger meldeten Forderungen von 27.060,49 EUR an. Anerkannt wurden 26.580,49 EUR.
In der am 6. 5. 2004 vor dem Erstgericht abgehaltenen Tagsatzung nahmen sämtliche anwesende Gläubiger den Zahlungsplan an. Mit Beschluss vom 2. 8. 2004 hob das Erstgericht das Schuldenregulierungsverfahren nach rechtskräftiger Bestätigung des Zahlungsplans (Beschluss vom 19. 5. 2004) auf. Dieser Beschluss erwuchs in Rechtskraft.
Am 24. 10. 2005 setzte das Zollamt L***** mit einem gegen die Schuldnerin ergangenen Bescheid gemäß Art 202 Abs 3 dritter Anstrich der Verordnung (EWG) Nr 2913/92 des Rates vom 12. 10. 1992 (Zollkodex) in Verbindung mit § 2 Abs 1 Zollrechts-Durchführungsgesetz BGBl Nr 659/1994 (ZollR-DG) eine Eingangsabgabe in Höhe von 6.872,35 EUR fest. Der Bescheid gründet sich darauf, dass die Schuldnerin zwischen September 2002 und November 2003 196 Stangen Zigaretten verschiedener Sorten, welche durch unbekannte Personen vorschriftswidrig in das Zollgebiet der Gemeinschaft verbracht wurden, durch Kauf an sich brachte. Die ehemalige Schuldnerin beantragte am 27. 2. 2006 beim Erstgericht eine Entscheidung gemäß § 197 Abs 2 KO darüber, ob die (an die Abgabengläubigerin) zu zahlende Quote der nachträglich hervorgekommenen Forderung ihrer Einkommens- und Vermögenslage entspreche. Sie brachte dazu vor, dass sie als alleinerziehende Mutter von zwei Kindern lediglich ein monatliches Nettoeinkommen von rund 1.000 EUR beziehe. Die nun vorgeschriebene Eingangsabgabenschuld entspreche daher nicht ihrer Einkommenslage. Es handle sich um keine nicht dem Schuldenregulierungsverfahren unterliegende Finanzstrafe, sondern um eine reine Eingangsabgabenschuld. Der Gläubigerin wäre möglich gewesen, die Forderung im Konkursverfahren anzumelden. Ungeachtet ihrer schlechten Einkommenslage sei die Schuldnerin aber bereit, eine 5 %-ige Quote des Betrages von 6.872,35 EUR freiwillig zu leisten.
Die Gläubigerin beantragte primär die Abweisung dieses Antrages und stellte den Eventualantrag auf Entscheidung durch das Erstgericht dahin, dass das Erstgericht aussprechen möge, dass die zu zahlende Quote (5 %) der nachträglich hervorgekommenen Forderung der Einkommens- und Vermögenslage der Schuldnerin entspreche. Die Gläubigerin bezog sich auf § 156 Abs 6 KO: Nach dieser Gesetzesbestimmung könnten Gläubiger nach Aufhebung des Konkurses die Bezahlung ihrer Forderungen im vollen Betrag vom Gemeinschuldner verlangen, wenn die Forderungen nur aus Verschulden des Gemeinschuldners im Ausgleich unberücksichtigt geblieben seien. Der erkennenden Behörde, dem Zollamt L*****, sei zum Zeitpunkt des Schuldenregulierungsverfahrens nicht bekannt gewesen, dass gegen die Schuldnerin Verdachtsmomente wegen Zigarettenschmuggels bestünden. Hinweise für einen Ankauf ausländischer unverzollter Zigaretten durch die Schuldnerin hätten sich erst im August 2005 ergeben. Der Schuldnerin selbst sei stets bewusst gewesen, dass es sich um geschmuggelte Zigaretten gehandelt habe. Gemäß § 4 Abs 1 BAO entstehe der Abgabenanspruch, sobald der Tatbestand verwirklicht sei, an den das Gesetz die Abgabepflicht knüpfe. Da die Schuldnerin bereits durch den Kauf der Zigaretten vom Abgabenanspruch gewusst habe, hätte sie die Verpflichtung gehabt, das Zollamt L***** beim Konkursgericht als Gläubiger anzugeben. Im Übrigen entspreche die 5 %ige Quote der Einkommens- und Vermögenslage der Schuldnerin.
Das Erstgericht stellte gemäß § 197 KO iVm § 66 AO vorläufig fest, dass die Forderung der Gläubigerin in Höhe von 6.872,35 EUR nach Maßgabe der Zahlungsplanquote von 5 % mit dem Betrag von 343,62 EUR bis spätestens zum 31. 8. 2006 zu leisten sei.
Rechtlich ging das Erstgericht davon aus, dass es sich bei der Forderung der Gläubigerin um eine Konkursforderung handle. Die Anmeldung dieser Forderung im Zuge des Schuldenregulierungsverfahrens sei für die Gläubigerin nicht möglich gewesen. Die Schuldnerin habe die Forderung nicht als Verbindlichkeit angegeben. Gemäß § 197 Abs 1 KO iVm § 156 Abs 6 KO seien nur Forderungen, welche ausschließlich aus Verschulden des Schuldners unberücksichtigt geblieben seien, von der Restschuldbefreiung nicht umfasst. Aufgrund der Veröffentlichung des Konkurses in der Insolvenzdatei liege jedenfalls ein Alleinverschulden der Schuldnerin bei inländischen Gläubigern nicht vor. Eine Befriedigung des Gläubigers in voller Höhe komme daher nicht in Betracht.
Das Rekursgericht wies den dagegen von der Gläubigerin erhobenen Rekurs zurück und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes 4.000 EUR, nicht aber 20.000 EUR übersteige und dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.
Rechtlich vertrat das Rekursgericht folgende Auffassung:
Gemäß § 197 Abs 2 KO habe das Konkursgericht auf Antrag vorläufig (§ 66 AO) zu entscheiden, ob die zu zahlende Quote einer nachträglich hervorgekommenen (nicht angemeldeten) Forderung der Einkommens- und Vermögenslage des Schuldners entspreche. Gemäß § 197 Abs 3 KO könne zugunsten eines Konkursgläubigers, der seine Forderung nicht angemeldet habe, die Exekution nur soweit stattfinden, als ein Beschluss nach Abs 2 ergangen sei. Der Gläubiger habe dem Exekutionsantrag eine Ausfertigung des Beschlusses samt Bestätigung der Vollstreckbarkeit anzuschließen oder darzulegen, dass er die Forderung angemeldet habe. Diese Bestimmungen bezögen sich nur auf den Fall, dass der Gläubiger zum Zeitpunkt der Konkurseröffnung bereits über einen Exekutionstitel verfüge. Erwirke der Gläubiger hingegen erst nach Konkursaufhebung einen Exekutionstitel, so sei die sich aus dem Zahlungsplan und aus § 197 Abs 1 KO ergebende (gänzliche oder teilweise) Hemmung des Anspruches schon im Titelverfahren zu berücksichtigen. Das gelte allerdings nur dann, wenn im „neuen" Titelverfahren die durch den Zahlungsplan eingetretenen Änderungen vom Schuldner überhaupt geltend gemacht werden könnten. Das sei im Abgabenfestsetzungsverfahren nicht der Fall. Dass der Abgabenbescheid erst nach Aufhebung des Schuldenregulierungsverfahrens erlassen worden sei, stehe daher der Anwendung des § 197 Abs 2 und 3 KO nicht entgegen.
§ 197 Abs 2 KO sehe nur eine vorläufige Entscheidung darüber vor, ob die nach dem Zahlungsplan zu zahlende Quote an den Gläubiger der nachträglich hervorgekommenen Forderung der Einkommens- und Vermögenslage des Schuldners entspreche. Eine Beschlussfassung des Konkursgerichtes darüber, ob die Forderung des Gläubigers nur aus Verschulden des Schuldners bei der Abstimmung über den Zahlungsplan unberücksichtigt geblieben sei, sehe § 197 Abs 2 KO hingegen nicht vor. Daraus folge, dass dem Gläubiger einer titulierten Forderung - unabhängig vom Vorliegen einer vorläufigen Entscheidung nach § 197 Abs 2 KO - die Möglichkeit offen stehen müsse, mit der Behauptung, dass die betriebene Forderung nur aus Verschulden des Schuldners unberücksichtigt geblieben sei, einen Exekutionsantrag bezüglich der ungekürzten Forderung einzubringen. Dann sei in einem allfälligen Oppositionsprozess zu beurteilen, ob die Voraussetzungen für die Anwendung des § 156 Abs 6 KO tatsächlich gegeben seien oder nicht. Der betreibende Gläubiger könne sich somit in einem Exekutionsantrag ungeachtet des § 197 Abs 3 KO auf einen Sachverhalt berufen, der eine Exekutionsführung über den gesamten Betrag rechtfertige. Daraus ergebe sich aber, dass der angefochtene Beschluss in die Rechtssphäre der Gläubigerin nicht eingreife. Der von der Schuldnerin (vorläufig) zu zahlende Betrag sei ohnedies in voller Höhe der 5 %igen Zahlungsplanquote festgelegt worden. Der Rekurs der Gläubigerin sei daher mangels Beschwer als unzulässig zurückzuweisen. Der dagegen von der Gläubigerin erhobene Revisionsrekurs ist zulässig, weil Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Auslegung des § 197 Abs 2 und 3 KO fehlt.
Der Revisionsrekurs ist jedoch nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Schon vor der InsNov 2002 (BGBl I 2002/75) sah der Gesetzgeber (§ 197 KO) vor, dass Konkursgläubiger, die ihre Forderungen bei Abstimmung über den Zahlungsplan nicht angemeldet haben, Anspruch auf die nach dem Zahlungsplan zu zahlende Quote nur insoweit haben, als diese der Einkommens- und Vermögenslage des Schuldners entspricht. § 156 Abs 6 bleibt unberührt. Diese - vom Zwangsausgleichsrecht abweichende - Regelung verfolgte den Zweck, dass die Erfüllung eines Zahlungsplans nicht daran scheitern soll, dass der Schuldner Konkursgläubigern, die ihre Forderungen nicht angemeldet haben, die gesamte Quote zahlen muss (Mohr in Konecny/Schubert, Kommentar zu den Insolvenzgesetzen, § 197 KO Rz 1; Kodek, Privatkonkurs Rz 435; kritisch in Bezug auf die sachliche Rechtfertigung der Regelung Konecny, Restschuldbefreiung der insolventen natürlichen Personen, ÖBA 1994, 911 [918]). Allerdings konnte nach der Rechtslage bis zur InsNov 2002 ein Gläubiger, der seine Forderung im Schuldenregulierungsverfahren nicht angemeldet hatte, jedoch bereits über einen Exekutionstitel verfügte, sofort nach Aufhebung des Konkursverfahrens Exekution führen. Es lag beim Schuldner, mit Oppositionsklage geltend zu machen, dass die Leistung der Zahlungsplanquote nicht seiner Einkommens- und Vermögenslage entspricht (vgl dazu ErläutRV 988 BlgNR 21. GP; abgedruckt bei Mohr, Insolvenzrecht 2002, 204 f; Fink, der Privatkonkurs nach der Insolvenzrechts-Novelle 2002, ÖJZ 2003/11, 209; Kodek, Verfahrensrechtliche Fragen der Berücksichtigung nicht angemeldeter Forderungen im Zahlungsplan, ZIK 2001/7, 8). Es entsprach der herrschenden Auffassung zur Rechtslage vor der InsNov 2002, dass keine Kompetenz des Konkursgerichtes bestand, darüber abzusprechen, ob und inwiefern eine nicht angemeldete Konkursforderung bei Erfüllung eines bestätigten Zahlungsplans zu berücksichtigen ist (Nachweise bei Fink aaO FN 97; 8 Ob 290/00f)). Kodek erwog allerdings (ZIK 2001/1, 9 ff) eine Anwendung des § 66 AO dahin, dass das Konkursgericht im Sinne dieser Regelung aussprechen könne, mit welcher Höhe die bestrittene Forderung vorläufig zu berücksichtigen sei. In diesem Zusammenhang könne auch geprüft werden, ob die Quote der Einkommens- und Vermögenslage des Schuldners entspreche.
§ 197 Abs 2 KO idF der InsNov 2002 legt nun fest, dass das Konkursgericht auf Antrag vorläufig zu entscheiden (§ 66 AO) hat, ob die zu zahlende Quote der nachträglich hervorgekommenen Forderung der Einkommens- und Vermögenslage des Schuldners entspricht. Gemäß § 197 Abs 3 KO idF der InsNov 2002 kann die Exekution zugunsten eines Konkursgläubigers, der seine Forderung nicht angemeldet hat, nur soweit stattfinden, als ein Beschluss nach Abs 2 ergangen ist. Der Gläubiger hat dem Exekutionsantrag auch eine Ausfertigung des Beschlusses nach Abs 2 samt Bestätigung der Vollstreckbarkeit anzuschließen oder darzulegen, dass er die Forderung angemeldet hat. Eine entgegen dem ersten Satz bewilligte Exekution ist von Amts wegen oder auf Antrag ohne Vernehmung der Parteien einzustellen. Nach den Materialien (ErläutRV 988 BlgNR 21. GP abgedruckt bei Mohr aaO 204 f) sollen durch die nun gesetzlich festgelegte Entscheidungskompetenz des Konkursgerichtes dazu, ob die zu zahlende Quote der Einkommens- und Vermögenslage des Schuldners entspricht, Oppositionsprozesse weitgehend vermieden werden. Wörtlich halten die Materialien fest: „Die Entscheidung ist jedoch, wie sich aus dem Hinweis auf § 66 AO ergibt, nur vorläufig, weil es sich inhaltlich um einen Oppositionsgrund handelt und eine endgültige Entscheidung zahlreiche verfahrensrechtliche Folgeprobleme aufwerfen würde, wie etwa das in der KO nicht ausdrücklich geregelte Beweismaß, die Erforderlichkeit einer mündlichen und öffentlichen Verhandlung sowie der Zulässigkeit einer Wiederaufnahmsklage und der Wahrnehmung einer Änderung der Einkommensverhältnisse sowie eines nachträglichen Wegfalls der Begünstigung des § 197 in jenen Fällen, in denen andere Forderungen wiederaufleben, sodass der Schuldner die angestrebte Restschuldbefreiung im weiteren Sinn jedenfalls nicht erlangen kann. Die Entscheidung des Rekursgerichtes nach Abs 2, ob die zu zahlende Quote der Einkommens- und Vermögenslage des Schuldners entspricht, ist jedoch nicht nur für den Gläubiger, sondern auch für den Schuldner von Interesse. Er kann eine Entscheidung des Konkursgerichtes begehren, um das Risiko des Wiederauflebens zu vermeiden, das ihn trifft, wenn er ohne eine solche Entscheidung des Konkursgerichtes vermeint, die Zahlungsplanquote nicht vollständig zahlen zu müssen, dies jedoch - wie sich aus einer späteren Entscheidung des Gerichts ergibt - nicht zutrifft."
Der Gläubiger benötigt somit nun einen Beschluss nach § 197 Abs 2 KO (§ 66 AO) für die Exekutionsführung auf die Quote gegen den Schuldner, während Letzterer mit der - rechtzeitigen - Antragstellung verhindern kann, dass die Verzugsfolge nach § 156 Abs 4 KO (Wiederaufleben der Forderung) eintritt.
Nach zutreffender herrschender Ansicht bezieht sich § 197 Abs 3 KO nicht auf den Fall, dass der Gläubiger erst nach Konkursaufhebung einen Exekutionstitel erwirkt: In diesem Fall kann die sich aus dem Zahlungsplan und § 197 Abs 2 KO ergebende (gänzliche oder teilweise) Hemmung des Anspruches ohnedies bereits im Titelverfahren berücksichtigt werden. Für eine nachträgliche „vorläufige" Entscheidung nach § 66 AO besteht diesfalls kein Bedürfnis (Kodek, Privatkonkurs Rz 445; Fink aaO 210; Mohr, Insolvenzrecht 2002, 108). Auch die Materialien sprechen ausdrücklich davon, dass durch § 197 Abs 2 und 3 KO keine Änderungen für Konkursgläubiger eintreten, die sich auf einen nach Konkursaufhebung ergangenen Exekutionstitel stützen.
Im vorliegenden Fall stellen sich zur Beurteilung der Rekurslegitimation der Gläubigerin gegen den erstinstanzlichen Beschluss zwei grundsätzliche Fragen: Zum einen bedarf es einer Beantwortung, ob unter einem „neuen Exekutionstitel", der vom Anwendungsbereich des § 197 Abs 2 und 3 KO ausgenommen ist, auch ein Bescheid der Abgabenbehörde zu verstehen ist. Zum anderen ist eine Auseinandersetzung damit erforderlich, ob, gegebenenfalls in welcher Form vom Konkursgericht bei einer Beschlussfassung nach § 197 Abs 2 KO § 156 Abs 6 KO zu beachten ist.
Nicht strittig ist hier, dass die von der Abgabengläubigerin geltend gemachte Forderung eine Konkursforderung darstellt (vgl dazu VwGH 87/13/0070; 2001/17/0130 uva).
Die Revisionsrekurswerberin vertritt zur ersten Frage die Auffassung, dass eine Ungleichbehandlung des Abgabengläubigers (gegenüber einem neuen „Privatgläubiger") nicht gerechtfertigt sei: Damit werde nämlich der Abgabengläubiger automatisch auf die zu zahlende Quote des Zahlungsplans bzw auf einen allenfalls geringeren Betrag verwiesen, ohne dass geprüft werden könne, ob nicht ein Fall des § 156 Abs 6 KO gegeben sei. Auf diese Weise werde die Abgabenbehörde in unsachlicher Weise schlechter gestellt als sonstige Gläubiger. Zunächst ist klarzustellen, dass hier nicht aktenkundig ist, dass über die Abgabenforderung überhaupt ein Exekutionstitel (in Form eines Rückstandsausweises) ergangen ist: Vielmehr erfolgte bisher lediglich eine bescheidmäßige Abgabenfestsetzung. Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (AnwBl 1990/3572 [kritisch Arnold]; VwGH 89/16/0054; VwGH 2001/17/0131; siehe ferner die Nachweise bei Liebeg, Abgabenexekutionsordnung § 12 Rz 12) wird das Recht bzw die Pflicht der Abgabenbehörde, Abgabenansprüche im Abgabenfestsetzungsverfahren bescheidmäßig geltend zu machen, durch einen Zwangsausgleich nicht berührt. Erst im Abgabeneinhebungsverfahren ist dem Umstand Rechnung zu tragen, dass der Gemeinschuldner gemäß § 156 Abs 1 KO durch den rechtskräftig bestätigten Ausgleich von der Verbindlichkeit befreit wird, seinen Gläubigern den Ausfall, den sie erleiden, nachträglich zu ersetzen, gleichviel, ob sie am Konkursverfahren oder an der Abstimmung über den Ausgleich teilgenommen oder gegen den Ausgleich gestimmt haben oder ob ihnen ein Stimmrecht überhaupt nicht gewährt worden ist. Diese Rechtsprechung wird damit begründet, dass das im Abgabenfestsetzungsbescheid enthaltene Leistungsgebot stets den materiellrechtlichen Abgabenanspruch betrifft, welcher Gegenstand der Abgabenfestsetzung ist. Die Prüfung der Frage, ob und in welcher Höhe der Abgabenanspruch zum Zeitpunkt der Abgabenfestsetzung noch aushaftet bzw inwieweit er bereits durch Zahlungen befriedigt wurde, erfolgt hingegen nicht im Abgabenfestsetzungsverfahren, in welchem die Abgabenverrechnung unberücksichtigt bleiben muss, sondern erst im Abgabeneinhebungsverfahren.
Im Unterschied zu einem „neuen" gerichtlichen Titel wurde somit hier im Abgabenfestsetzungsverfahren weder ein „neuer" Titel geschaffen noch konnte in dem Abgabenfestsetzungsbescheid die Tatsache des Abschlusses eines Zahlungsplans berücksichtigt werden. Allein dieser Umstand hat zur Beurteilung zu führen, dass die Einschränkung, wonach § 197 Abs 2 und 3 KO für die Gläubiger „neuer" Exekutionstitel nicht gilt, nicht auf den Abgabengläubiger auszudehnen ist: Der Grund, warum die Gläubiger „neuer" Titel von der Regelung ausgenommen werden sollen, nämlich der Umstand, dass in diesen Fällen ohnedies im Titelverfahren § 197 Abs 1 KO zu berücksichtigen ist, liegt in diesen Fällen nicht vor (so auch Fink aaO 210 zum Rückstandsausweis mit der zutreffenden Begründung, dass hier eine ähnliche Interessenlage vorliege wie in jenen Fällen, in denen der Gläubiger sich auf einen „alten" Exekutionstitel stütze). Damit bedarf es eines Eingehens darauf, ob eine in die Kompetenz des Konkursgerichtes (Kodek, Privatkonkurs Rz 490) fallende Feststellung nach § 197 KO überhaupt zulässig ist, wenn die davon betroffene Forderung nicht dem Rechtsweg unterliegt: Vergleichbar der Rechtslage zur Forderungsfeststellung im Konkurs kann der „Richtigkeitsstreit" über eine nicht auf den Rechtsweg gehörige Forderung nicht bei Gericht ausgetragen werden (Kodek in Buchegger, InsR IV § 110 KO Rz 116 bis 118; Konecny in Konecny/Schubert, Kommentar zu den Insolvenzgesetzen, § 110 KO Rz 63; 8 Ob 5/93; 8 Ob 202/01s zur Bekämpfung eines Rückstandsausweises). Nur spezifisch konkursrechtliche Streitigkeiten (im Prüfungsprozess etwa Rangstreitigkeiten oder Streitigkeiten um die Forderungsart - Kodek in Buchegger, InsR IV § 110 Rz 6; Konecny in Konecny/Schubert aaO § 110 Rz 6 je mwN) fallen in die Kompetenz des Konkursgerichtes. Die Beurteilung, ob die zu zahlende Quote den Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Schuldners entspricht, stellt allerdings eine spezifisch konkursrechtliche Angelegenheit dar: Es geht nicht um den Bestand der Forderung dem Grunde oder der Höhe nach an sich, sondern nur darum, inwieweit der Schuldner aufgrund seiner konkreten Einkommens- und Vermögenslage in der Lage ist, die „nachträgliche" Forderung zu befriedigen. Es bestehen daher keine Bedenken dagegen, eine vorläufige Forderungsfeststellung im Sinne des § 197 Abs 2 KO auch dann der Kompetenz des Konkursgerichtes zuzuweisen, wenn die zugrunde liegende Konkursforderung nicht auf den Rechtsweg gehört. Aus dem Charakter dieser Feststellung als bloß „vorläufige Provisorialentscheidung" muss in diesem Fall sowohl dem Schuldner wie dem Gläubiger eine Überprüfung freistehen: Das ergibt sich aus dem in den Materialien enthaltenen Hinweis auf die mit einer bloß summarischen Prüfung verbundene verfahrensrechtliche Problematik, die gebietet, dass eine Überprüfung der Provisorialentscheidung im Rechtsweg möglich ist (vgl auch Kodek, Privatkonkurs Rz 441, Rz 492). Für den Fall, dass der Gläubiger sich mit der Entscheidung des Konkursgerichtes nach § 197 Abs 2 KO nicht zufrieden gibt, kommt in diesem Fall die Erhebung einer Feststellungsklage in Betracht. Für den Schuldner wäre im Allgemeinen die Erhebung einer Oppositionsklage das taugliche Mittel der Bekämpfung eines Ausspruches nach § 197 Abs 2 KO (ErläutRV 988 BlgNR 21. GP, abgedruckt bei Mohr aaO; Kodek, Privatkonkurs Rz 442; Kodek, Verfahrensrechtliche Fragen beim Zahlungsplan, ZIK 2004/142, 116 f; Fink aaO 210).
Allerdings ist dem Schuldner eine Einbringung einer Oppositionsklage dann nicht möglich, wenn er Einwendungen gegen einen Anspruch erhebt, der sich auf einen der im § 1 Z 10 und Z 12 bis 14 EO angeführten (im weitesten Sinn „öffentlich-rechtlichen") Exekutionstitel stützt. In diesem Fall sind die Einwendungen gegen den Anspruch vielmehr bei jener Behörde anzubringen, von welcher der Exekutionstitel ausgegangen ist (vgl dazu 3 Ob 248/05z; Jakusch in Angst, § 35 EO Rz 4; allgemein zu Einwendungen, die gegen einen zu vollstreckenden Abgabenanspruch erhoben werden können, Liebeg aaO § 12 Rz 1 bis 19). Ob eine Überprüfung der vorläufigen Entscheidung nach § 197 Abs 2 KO auch dann im Rechtsweg zu erfolgen hat, wenn über das Bestehen der Forderung an sich die Verwaltungsbehörde zu entscheiden hat - wofür spräche, dass die Klärung konkursspezifischer Fragen (etwa Rangstreitigkeiten) immer dem Gericht vorbehalten sind - muss hier nicht geprüft werden.
Der Auffassung, dass eine Feststellung nach § 197 Abs 2 KO auch dann vom Konkursgericht zu treffen ist, wenn die zugrundeliegende Forderung auf einem Titel einer Verwaltungsbehörde beruht, steht auch die Rechtsprechung des VwGH nicht entgegen: Die Beurteilung (VwGH 2002/14/0123), dass es nach herrschender Meinung nicht in die Zuständigkeit des Konkursgerichtes falle, über die Quote abzusprechen, mit der eine nicht angemeldete Konkursforderung bei Erfüllung eines bestätigten Zahlungsplanes zu berücksichtigen ist, bezieht sich erkennbar auf die Rechtslage vor der InsNov 2002 und ist somit hier nicht einschlägig.
Es bleibt daher zu klären, ob - bei entsprechendem Vorbringen des dafür behauptungs- und beweispflichtigen Gläubigers (6 Ob 209/97x; 5 Ob 762/81) - vom Konkursgericht das Vorliegen der Voraussetzungen des § 156 Abs 6 KO zu prüfen ist. Dabei käme hier nur eine Prüfung im Weg der Vorfragenbeurteilung in Betracht: Ein selbstständiger Antrag auf Feststellung, dass die Forderung wegen Vorliegens der Voraussetzungen des § 156 Abs 6 KO in voller Höhe zu berichtigen ist, wurde von der Gläubigerin nicht gestellt. Sie beantragte lediglich die Abweisung des Antrages der Schuldnerin auf Feststellung nach § 197 Abs 2 KO mit der Begründung, dass ihr die Forderung ohnedies ungekürzt zustehe und die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Schuldnerin daher nicht maßgeblich seien.
§ 156 Abs 6 KO sieht vor, dass Gläubiger, deren Forderungen nur aus Verschulden des Gemeinschuldners im Ausgleich unberücksichtigt geblieben sind, nach Aufhebung des Konkurses die Bezahlung ihrer Forderungen im vollen Betrag vom Gemeinschuldner verlangen können. Durch den letzten Satz in § 197 Abs 1 KO ist jedenfalls klargestellt, dass § 156 Abs 6 KO auch im Schuldenregulierungsverfahren anzuwenden ist.
Eine entsprechende Prüfung des Konkursgerichtes im Rahmen des Verfahrens nach § 197 KO (§ 66 AO) käme überhaupt nur dann in Betracht, wenn der Konkursgläubiger seine Forderung nicht anmeldete und auch über keinen neuen, in einem gerichtlichen Verfahren ergangenen Titel verfügt: Ebenso wie in einem neuen (nach Aufhebung des Konkurses) eingeleiteten Titelverfahren geprüft werden kann, ob die Voraussetzungen des § 197 Abs 1 KO vorliegen, kann geprüft werden, ob der Gläubiger deshalb Vollzahlung begehren kann, weil die Voraussetzungen des § 156 Abs 6 KO vorliegen. Insoweit gelten daher die dargelegten Grundsätze, wann überhaupt eine „vorläufige" Feststellung zu ergehen hat, auch für die Anwendbarkeit des § 156 Abs 6 KO. Da somit bei einem erst nach Konkursaufhebung geschaffenen neuen gerichtlichen Titel bereits im Titelverfahren die Forderungshöhe überprüft werden kann, besteht in diesem Fall somit jedenfalls keine Notwendigkeit für eine Provisorialentscheidung dahin, ob die Voraussetzungen des § 156 Abs 6 KO vorliegen. In den übrigen Fällen, somit insbesondere dann, wenn der Konkursgläubiger über einen „alten" Titel oder einen „neuen" Abgabenbescheid bzw Rückstandsausweis verfügt, ist die Anwendung des § 156 Abs 6 KO im „Provisorialverfahren" fraglich: Gegen eine Anwendung dieser Bestimmung spricht zunächst der Wortlaut des 197 Abs 2 KO: Dort ist nur die Rede davon, dass das Konkursgericht auf Antrag vorläufig zu entscheiden hat, ob die zu zahlende Quote der nachträglich hervorgekommenen Forderung der Einkommens- und Vermögenslage des Schuldners entspricht. Überdies ist aus dem letzten Satz des § 197 Abs 1 KO („§ 156 Abs 6 bleibt unberührt") eher der Schluss zu ziehen, dass der Gesetzgeber nicht an eine Kompetenz des Konkursgerichtes gedacht hat, über die Voraussetzungen des § 156 Abs 6 KO vorläufig zu entscheiden.
Für eine Bejahung einer entsprechenden Entscheidungskompetenz könnte mit dem Wortlaut des § 66 AO argumentiert werden: Danach hat das Ausgleichsgericht, gleichviel, ob das Verfahren nach der Bestätigung aufgehoben wurde oder nicht, auf Antrag des Schuldners oder des Gläubigers die mutmaßliche Höhe der bestrittenen Forderung oder des Ausfalls festzustellen, wenn Bestehen oder Höhe einer Forderung bestritten ist und darüber keine nach § 44 Abs 2 und 3, § 46 Abs 4 ergangene Entscheidung vorliegt. Nach der neueren Rechtsprechung des OGH (8 Ob 124/03y mwN) ist unabhängig davon, wann der Zwangsausgleich geschlossen und der Konkurs aufgehoben wurde, ein Antrag auf vorläufige Feststellung der Höhe der bestrittenen Forderung nach § 66 Abs 1 AO zulässig. Durch den Verweis in § 197 Abs 1 KO auf § 66 AO ist überdies klargestellt, dass diese Bestimmung auch im Zahlungsplanverfahren Anwendung zu finden hat (so auch Kodek, ZIK 2001/7, 9).
Allerdings sprechen nach Auffassung des Senates die gewichtigeren
Argumente gegen diese Vorgangsweise:
Der Zweck des § 66 AO liegt darin, den Schuldner vor den Folgen bei
Verzug in der Ausgleichserfüllung zu bewahren: Diese Folgen (Wiederaufleben - vgl § 53 Abs 4 AO) können den Schuldner gemäß § 66 Abs 2 AO jedenfalls dann nicht treffen, wenn er bestrittene oder teilweise gedeckte Forderungen bis zur endgültigen Feststellung in dem vom Ausgleichsgericht nach § 66 Abs 1 AO festgesetzten Ausmaß berichtigt. Steht die Höhe der bestrittenen Forderung endgültig fest, tritt Verzug in der Ausgleichserfüllung erst nach Maßgabe des § 66 Abs 3 zweiter Satz AO ein.
Liegen hingegen die Voraussetzungen des § 156 Abs 6 KO vor, tritt eine Kürzung der Forderung auf die Quote von allem Anfang nicht ein. Der Schuldner muss die von den materiellrechtlichen Zwangsausgleichswirkungen nie erfasste Forderung ohnedies voll zahlen. Eine vorläufige Feststellung darüber, ob die Voraussetzungen des § 156 Abs 6 KO vorliegen, kann daher ein Wiederaufleben der Forderung weder herbeiführen noch hindern.
Anders wäre die Beurteilung nur dann, wenn es dem Gläubiger eines „alten" Titels (oder eines „neuen" Titels der Abgabenbehörde) im Geltungsbereich der InsNov 2002 verwehrt wäre, ohne vorläufige Feststellung des Konkursgerichtes nach § 197 Abs 2 KO Exekution zur Hereinbringung der gesamten Forderung zu führen, man ihn also im Sinne des § 197 Abs 3 KO auf eine Exekution in Höhe der festgestellten Quote des Konkursgerichtes (§ 197 Abs 2 KO) beschränken wollte.
Dass der Gesetzgeber eine solche Vorgangsweise beabsichtigt hat, ist jedoch nicht ersichtlich (so im Ergebnis auch Fink aaO 211). Vielmehr beschränkt § 197 Abs 3 KO den Gläubiger nur im Umfang der Exekutionsführung auf die Quote. Eine Exekutionsführung auf den Gesamtbetrag der Forderung ( wegen Wiederauflebens bzw wegen Vorliegens der Voraussetzungen des § 156 Abs 6 KO) hängt hingegen nicht davon ab, dass der Gläubiger eine Feststellung nach § 197 Abs 2 KO erwirkt hat. Ob zu fordern ist, dass der Gläubiger eines „alten" Titels im Exekutionsantrag behaupten muss, dass Wiederaufleben der Forderung eingetreten ist bzw dass die Voraussetzungen des § 156 Abs 6 KO vorliegen ( so Fink aaO 211), muss hier nicht geprüft werden. Damit ist aber selbst bei Aufstellen entsprechender Behauptungen des Gläubigers in dem einer Beschlussfassung nach § 197 Abs 2 KO vorangegangenen Verfahren auch nicht als Vorfrage zu prüfen, ob die Voraussetzungen des § 156 Abs 6 KO vorliegen. Eine entsprechende Vorfragenbeurteilung würde im Übrigen weder den Schuldner noch den Gläubiger binden und brächte daher - da der Gläubiger aus den dargelegten Gründen nicht gehindert ist, Exekution auf die gesamte Forderungshöhe mit der Behauptung zu führen, dass die Voraussetzungen des § 156 Abs 6 KO vorliegen -, auch keinen verfahrensökonomischen
Vorteil: Im Unterschied zu einer Feststellung nach § 197 Abs 2 KO bindet eine Vorfragenbeurteilung nicht einmal „vorläufig".
Daraus folgt als Ergebnis für den vorliegenden Fall:
Über Antrag eines der Beteiligten hat das Konkursgericht gemäß § 197 Abs 2 KO eine Feststellung zu treffen, ob bzw inwieweit Konkursgläubiger, die ihre Forderungen bei Abstimmung über den Zahlungsplan nicht angemeldet haben, Anspruch auf die nach dem Zahlungsplan zu zahlende Quote haben. Davon ausgenommen sind jene Fälle, in welchen der Gläubiger über einen neuen (somit nach Konkursaufhebung ergangenen) Exekutionstitel verfügt, jedoch nur, soweit im neuen Titelverfahren geprüft werden kann, ob die nach dem Zahlungsplan zu zahlende Quote der Einkommens- und Vermögenslage des Schuldners entspricht; letzteres ist bei abgabenrechtlichen Titeln nicht der Fall.
Ob die Voraussetzungen des § 156 Abs 6 KO vorliegen, ist weder einer vorläufigen Feststellung des Konkursgerichtes nach § 66 Abs 1 AO noch einer Vorfragenbeurteilung durch das Konkursgericht zugänglich.
Der rekurgerichtliche Beschluss ist daher zu bestätigen: Die vom Konkursgericht getroffene vorläufige Feststellung iSd § 197 Abs 2 KO berührt die Rechtsposition der Gläubigerin nicht, weil ohnedies festgestellt wurde, dass die Zahlung der Quote den Einkommens- und Vermögensverhältnissen der Schuldnerin entspricht. Darüber, ob die Voraussetzungen des § 156 Abs 6 KO vorliegen, hat das Konkursgericht auch nicht vorläufig abzusprechen.
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