European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:0080OB00111.20M.0325.000
Spruch:
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerinnen haben ihre Kosten der Revisionsrekursbeantwortung selbst zu tragen.
Begründung:
[1] Mit Beschluss des Erstgerichts vom 16. 1. 2020 wurde der Antragsgegner als Vater der Antragstellerinnen zur Leistung erhöhter monatlicher Unterhaltsbeiträge ab 1. 1. 2017 verpflichtet. Grundlage für die Bemessung des Unterhalts war ein Sachverständigengutachten über das in den Jahren 2015, 2016 und 2017 durchschnittlich erzielte Einkommen des als Handelsagent und Landwirt selbstständig erwerbstätigen Antragsgegners.
[2] Das Rekursgericht gab dem Rechtsmittel des Vaters keine Folge und bestätigte den erstgerichtlichen Beschluss. Über Antrag des Vaters erklärte es nachträglich den ordentlichen Revisionsrekurs für zulässig. Es stelle eine erhebliche Rechtsfrage dar, ob das Rekursgericht von Amts wegen aufgreifen hätte müssen, dass die bis 2017 ermittelten Durchschnittseinkünfte des Unterhaltspflichtigen auch für die Folgejahre ohne weitere Überprüfung als Bemessungsgrundlage herangezogen wurden, obwohl der Antragsgegner dies in seinem Rekurs nicht bemängelt und dazu nichts ausgeführt habe.
Rechtliche Beurteilung
[3] Der Revisionsrekurs des Antragsgegners ist entgegen dem nicht bindenden Ausspruch des Rekursgerichts mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG nicht zulässig.
[4] Auch im Verfahren außer Streitsachen ist der Oberste Gerichtshof keine Tatsacheninstanz. Behauptete Verfahrensmängel erster Instanz, ungenügende Stoffsammlung und mangelhafte Beweiswürdigung können, wenn sie vom Rekursgericht aufgrund der Rechtsmittelausführungen geprüft und verneint wurden, im Revisionsrekursverfahren nicht mehr geltend gemacht werden (RIS‑Justiz RS0006737; RS0108449; RS0007236 [T6] ua).
[5] Ein nicht unter § 66 Abs 1 Z 1 AußStrG fallender, vom Rekursgericht verneinter (RS0030748; RS0050037) Mangel des Außerstreitverfahrens erster Instanz bildet keinen Revisionsrekursgrund. Die vom Rechtsmittelwerber kritisierte unterlassene Einholung eines Gutachtens aus dem Fachgebiet der Land‑ und Forstwirtschaft, ist daher vom Obersten Gerichtshof nicht mehr neuerlich aufzugreifen.
[6] Dies gilt auch für behauptete Verfahrensmängel erster Instanz, die vom Rechtsmittelwerber gar nicht erst an das Rekursgericht herangetragen wurden (RS0030748 [T8]). Richtig ist, dass der Oberste Gerichtshof wiederholt ausgesprochen hat, dass bei Beurteilung vergangener Zeitabschnitte grundsätzlich die finanzielle Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners für diesen Zeitraum zu ermitteln ist (1 Ob 549/95; 5 Ob 103/18k ua). Die für die Unterhaltsbemessung herangezogenen Beobachtungszeiträume können aber auch variieren und sind von den konkreten Umständen des Einzelfalls abhängig zu machen (RS0053251 [T19]). Ob der herangezogene Beobachtungszeitraum zur Gewinnung verlässlicher Ergebnisse ausreicht und ob das im Beobachtungszeitraum erzielte Einkommen vom Unterhaltspflichtigen voraussichtlich auch in Zukunft erzielt werden kann, stellt auch eine nicht revisible Tatfrage dar (9 Ob 74/19a).
[7] Da der Antragsgegner nicht einmal im Rekurs geltend gemacht hat, dass sich sein ermitteltes verfügbares Einkommen nach dem Ende des Beobachtungszeitraums verringert habe, konnte das Rekursgericht ohne weiteres diese Einkünfte auch für die Zukunft der rechtlichen Beurteilung zugrunde legen (vgl RS0053251 [T6]; vgl 9 Ob 74/19a).
[8] Ein Kostenersatz für die Rechtsmittelbeantwortung steht gemäß § 78 Abs 1 und 2 AußStrG nicht zu, weil darin auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels nicht eingegangen wurde. Der Schriftsatz diente daher nicht der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung (RS0035979; RS0035962 [T17]; Obermaier in Gitschthaler/Höllwerth, AußStrG I2 § 78 Rz 47).
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