Spruch:
Der Akt wird dem Landesgericht S***** zur gesetzmäßigen Behandlung der Ablehnungsanträge der klagenden Partei zurückgestellt.
Text
Begründung
Mit ihrer beim Landesgericht S***** als Arbeits- und Sozialgericht eingebrachten Klage begehrte die Klägerin, die Beklagte zur Zahlung eines Betrages von S 69.209,65 brutto s.A. schuldig zu erkennen und festzustellen, daß das am 11.11.1991 zwischen ihr und der Beklagten eingegangene Dienstverhältnis in ein unbefristetes übergegangen und daß dieses Dienstverhältnis aufrecht sei. Sie sei mit der Beklagten ein befristetes Dienstverhältnis als Vertragsbedienstete des Bezirksgerichtes H***** eingegangen, welches in der Folge mehrfach abgeändert und verlängert worden sei. Infolge Fristüberschreitung sei das Dienstverhältnis gem. § 4 Abs 4 VBG in ein unbefristetes übergegangen. Die trotzdem erfolgte abermals befristete "Neuaufnahme" stelle eine unzulässige Umgehung der gesetzlichen Bestimmungen dar und sei unwirksam. Die Klägerin habe daher ein Interesse an der Feststellung, daß ihr unbefristetes Dienstverhältnis fortbestehe und begehre die sich gegenüber einem unbefristeten Dienstverhältnis ergebende Bezugsdifferenz.
Gleichzeitig stellte die Klägerin den Antrag, gem. § 30 JN zur Verhandlung und Entscheidung der Rechtssache ein anderes Gericht zu bestimmen. Die Klägerin leite ihren Anspruch aus einer Verletzung der Bestimmung des § 4 Abs 4 VBG durch die im Rahmen der Justizverwaltung zuständigen Beamten des Landesgerichtes S***** sowie des Oberlandesgerichtes W***** ab, sohin jener Gerichte, die auch über den geltend gemachten Anspruch zu entscheiden haben. Gemäß § 19 JN lehne sie daher die Richter des Landesgerichtes S***** und des Oberlandesgerichtes W***** in Analogie zu § 9 Abs 4 AHG ab.
Rechtliche Beurteilung
Die Vorlage des Delegierungsantrages ist verfrüht.
Eine analoge Anwendung des § 9 Abs 4 AHG ist nur für jene Verfahren geboten, die einem Amtshaftungsprozeß unmittelbar vorausgehen (etwa:
pflegschaftsgerichtliche Genehmigung einer Amtshaftungsklage: EvBl 1963/211) oder die die Voraussetzung (etwa: Bewilligung der Verfahrenshilfe) für die Einbringung einer Amtshaftungsklage bilden (Schragel, AHG2, RZ 261; 1 Ob 2194/96w; 1 Ob 41/97d; 3 N 1/98; 3 N 2/98). Ein derartiger Fall liegt hier nicht vor, weil der für einen Analogieschluß maßgebliche Zweck des § 9 Abs 4 AHG nur ist, alle von einem Amtshaftungsanspruch betroffenen Gerichte von jeder Entscheidung über diesen Anspruch auszuschließen (1 Nd 1/84; 1 Nd 19/93; 1 Ob 41/97d u.a.).
Allein aus der Erklärung der Klägerin, alle Richter der zur Entscheidung berufenen Gerichte abzulehnen, läßt sich die Voraussetzung für die amtswegige Delegation nicht ableiten (8 Nd 3/88). Sie ist nur zulässig, wenn tatsächlich so viele Richter ausgeschlossen oder befangen sind, daß eine vorschriftsmäßige Besetzung des Gerichtes nicht mehr möglich ist (RZ 1973/128; EvBl 1977/87; RZ 1982/35).
Der Oberste Gerichtshof verkennt nicht, daß der Vorlagebericht nach seinem Inhalt offenkundig nicht auf § 30 JN Bezug nimmt, sondern Zweckmäßigkeitsgründe für eine Delegierung nach § 31 JN anführt. Darauf ist jedoch nicht näher einzugehen, weil es an einem für die Delegierung nach § 31 JN erforderlichen Parteienantrag mangelt.
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