Spruch:
Die Akten werden dem Oberlandesgericht Wien zurückgestellt.
Begründung
Rechtliche Beurteilung
Mit Beschluss vom 18. 5. 2009 eröffnete das Landesgericht Krems den Konkurs über das Vermögen der Gemeinschuldnerin. Mit Antrag vom 3. 3. 2011 (ON 341), dem Obersten Gerichtshof zu 8 Nc 6/11s vorgelegt am 10. 3. 2011, beantragte die Gemeinschuldnerin gemäß § 119 Abs 5 KO die Ausscheidung (weiterer) Amtshaftungsansprüche gegen die Republik Österreich aus der Konkursmasse sowie deren Überlassung an die Gemeinschuldnerin zur Durchsetzung. Diesen Antrag legte das Konkursgericht am 10. 3. 2011 dem Obersten Gerichtshof unter Hinweis auf die Entscheidung 8 Nc 11/10z ua vor. Der Oberste Gerichtshof bestimmte mit Beschluss vom 4. 4. 2011 das Landesgericht Linz als zuständig zur Entscheidung über diesen Antrag.
Mit einem an das Oberlandesgericht Wien gerichteten Fristsetzungsantrag vom 16. 3. 2011 beantragte die Gemeinschuldnerin unter anderem auch, dem Konkursgericht aufzutragen, binnen 8 Tagen über den Antrag der Gemeinschuldnerin gemäß § 119 Abs 5 KO vom 3. 3. 2011 zu entscheiden (ON 350, 352).
In diesem Umfang entschied das Oberlandesgericht Wien nicht über den Antrag, sondern legte ihn dem Obersten Gerichtshof unter Hinweis auf § 9 Abs 4 AHG zur Bestimmung eines für die Entscheidung zuständigen Gerichts vor.
Eine iSd § 9 Abs 4 AHG amtswegig wahrzunehmende Entscheidungspflicht des Obersten Gerichtshofs besteht jedoch nicht.
Nach der Zweckbestimmung des § 9 Abs 4 AHG sollen die Richter eines Gerichtshofs nicht über Ansprüche erkennen, die ein Verhalten eines Mitglieds desselben Gerichtshofs zum Gegenstand haben (1 Nc 42/07b; Ballon in Fasching/Konecny² I § 30 JN Rz 2). Der Oberste Gerichtshof hat daher bereits mehrfach die sinngemäße Anwendung des § 9 Abs 4 AHG in Verfahren, die dem Amtshaftungsverfahren vorausgehen und die Voraussetzungen für die Einbringung einer Amtshaftungsklage bilden, als notwendig erachtet (RIS-Justiz RS0053097; Schragel, AHG³ Rz 255 mwN [zB Verfahren auf Bewilligung der Verfahrenshilfe für die Erhebung einer Amtshaftungsklage; Verfahren auf abhandlungsbehördliche bzw pflegschaftsbehördliche Genehmigung einer Amtshaftungsklage; oder auch auf Ausscheidung von Amtshaftungsansprüchen gemäß § 119 Abs 5 KO, 8 Nc 11/10z ua]).
Ein derartiger Fall liegt hier allerdings nicht vor. Im Säumnisverfahren gemäß § 91 GOG ist lediglich zu entscheiden, ob ein Gericht mit der Vornahme einer Verfahrenshandlung säumig geworden ist; die Säumnis stellt daher eine Sachentscheidungsvoraussetzung dar (RIS-Justiz RS0059248; Schoibl in Fasching/Konecny² IV/1 AnhEinl § 91 GOG Rz 31). Eine darüber hinausgehende Entscheidungskompetenz besteht im Verfahren gemäß § 91 GOG nicht. Mit der Einführung des Fristsetzungsantrags nach § 91 GOG durch die WGN 1989 wurde kein weiteres Verfahren geschaffen, sondern (nur) ein prozessualer Rechtsbehelf (3 Ob 2037/96x). Weder geht daher das Verfahren gemäß § 91 GOG im oben dargestellten Sinn dem Amtshaftungsverfahren voraus, noch bildet es eine Voraussetzung für die Einbringung einer Amtshaftungsklage, sodass auch eine sinngemäße Anwendung des § 9 Abs 4 AHG in diesem Zusammenhang nicht in Frage kommt. Dies muss umso mehr im vorliegenden Fall gelten, in dem das Erstgericht die nach der Verfahrensordnung gebotene Verfügung über den in Rede stehenden Antrag bereits vor Erhebung des Fristsetzungsantrags getroffen hat. Die Akten sind daher dem Oberlandesgericht Wien zurückzustellen.
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