OGH 3Ob2037/96x

OGH3Ob2037/96x15.5.1996

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Angst, Dr.Graf, Dr.Pimmer und Dr.Zechner als weitere Richter in den Exekutionssachen der betreibenden Partei 1.) Minderjähriger Werner H*****, 2.) Minderjähriger Wolfgang H*****, beide vertreten durch die Mutter Dr.Susanne H*****, diese vertreten durch Dr.Franz Kreibich und andere Rechtsanwälte in Salzburg, wider die verpflichtete Partei DDr.Walter H*****, vertreten durch Dr.Roman Moser, Rechtsanwalt in Thalgau, wegen Unterhalts (5 E 864/94b und 5 E 4.270/94k des Bezirksgerichtes Salzburg), infolge Rekurses der verpflichteten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz vom 8.Februar 1996, GZ 5 Nc 7/96k-2, womit der Ablehnungsantrag der verpflichteten Partei gegen alle Richter des Landesgerichtes Salzburg in dem zu 53 Fs 8/95 anhängigen Verfahren zurückgewiesen wurde, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird als nichtig aufgehoben und der Ablehnungsantrag der verpflichteten Partei vom 16.1.1996 (eingelangt am 17.1.1996 zu 53 Fs 8/95 des Landesgerichtes Salzburg) als unzulässig zurückgewiesen.

Text

Begründung

Der Verpflichtete lehnte in den Exekutionsverfahren 5 E 864/94b und 5 E 4.270/94k des Bezirksgerichtes Salzburg alle Richter und Rechtspfleger des Landesgerichtssprengels Salzburg wegen zu besorgender Befangenheit ab und beantragte, das Oberlandesgericht Linz möge "die bezeichnete Rechtssache" einem anderen Bezirksgericht innerhalb des Sprengels des Oberlandesgerichtes Linz zur Verhandlung und Entscheidung zuweisen (ON 1 in 5 Nc 60/95 des Bezirksgerichtes Salzburg). Im selben Schriftsatz stellte der Verpflichtete auch den Antrag an das Oberlandesgericht Linz, dem Bezirksgericht Salzburg eine angemessene Frist zur Entscheidung über die Erhöhungsanträge nach § 292 a EO zu setzen.

Das Oberlandesgericht Linz wies mit Beschluß vom 16.11.1995 Nc 313/95-3 den Ablehnungsantrag zurück und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes in beiden Exekutionssachen je S 50.000,-

übersteige und der Rekurs an den Obersten Gerichtshof nicht zulässig sei. Der dagegen vom Verpflichteten erhobene Rekurs an den Obersten Gerichtshof (ON 5 a in 5 Nc 60/95 des Bezirksgerichtes Salzburg) wurde bisher nicht vorgelegt.

In einem weiteren Beschluß vom 17.11.1995, 5 Fs 8/95-5, sprach das Oberlandesgericht Linz aus, es sei zur Entscheidung über den Fristsetzungsantrag nicht zuständig; dieser werde dem Landesgericht Salzburg zur Entscheidung überwiesen; ein Rechtsmittel sei jedenfalls unzulässig (§ 91 Abs 3 GOG).

Das Landesgericht Salzburg stellte diesen Beschluß dem Verpflichteten zu und ersuchte ihn, binnen 8 Tagen mitzuteilen, ob der Fristsetzungsantrag aufrecht bleibt; bei Nichtäußerung werde dessen Rückziehung angenommen.

Hierauf teilte der Verpflichtete dem Landesgericht Salzburg mit, dieser Fristsetzungsantrag bleibe aufrecht. Zugleich lehnte er auch für das Fristsetzungsverfahren zu 53 Fs 8/95 des Landesgerichtes Salzburg alle Richter dieses Gerichtshofes wegen zu besorgender Befangenheit ab. Diesen neuerlichen Ablehnungsantrag begründete der Verpflichtete damit, dem Oberlandesgericht Linz habe bei Überweisung des Fristsetzungsantrages mit Beschluß vom 17.11.1995 nicht bekannt sein können, daß der Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz vom 16.11.1995 auf Zurückweisung des Ablehnungsantrags gegen alle Richter und Rechtspfleger des Landesgerichtes Salzburg nicht in Rechtskraft erwachsen werde. Da der Verpflichtete gegen diesen Beschluß fristgerecht Rekurs erhoben habe, müsse das Landesgericht Salzburg jedenfalls bis zur Rechtsmittelentscheidung des Obersten Gerichtshofes als beschlußunfähig gelten. Demnach wäre - wenigstens in diesem Verfahrensstadium - das Oberlandesgericht Linz auch für Entscheidungen nach § 91 GOG zuständig. Dessenungeachtet sei der Überweisungsbeschluß unanfechtbar. Auch das Gericht, an das überwiesen wurde, könne seine Zuständigkeit nicht mit der Begründung ablehnen, daß das überweisende Gericht zuständig sei. Daraus resultiere für den Ablehnungswerber folgende verfahrensrechtliche Situation:

Wenn er die Note des Landesgerichtes Salzburg unbeantwortet lasse, werde dies als Zurückziehung des Fristsetzungsantrags verstanden. Zu einer solchen Zurückziehung bestehe kein Anlaß. Umgekehrt sei es ihm gemäß § 21 Abs 2 JN bei sonstigem Verlust des Ablehnungsrechtes verwehrt, sich vor dem bereits am 7.11.1995 abgelehnten Landesgericht Salzburg in eine Verhandlung einzulassen oder Anträge zu stellen. Da auch kein Anlaß bestehe, den Ablehnungsantrag vom 7.11.1995 zurückzuziehen, bleibe dem Ablehnungswerber nur die Möglichkeit, dem Landesgericht Salzburg gegenüber in offener Frist zu erklären, daß der Fristsetzungsantrag vom 7.11.1995 aufrecht bleibe, und zugleich alle Richter dieses Gerichtshofes gemäß § 19 JN wegen zu besorgender Befangenheit neuerlich abzulehnen.

Das Oberlandesgericht Linz wies mit dem angefochtenen Beschluß vom 8.2.1996 5 Nc 7/96k-2 diese Ablehnungserklärung des Verpflichteten gegen alle Richter des Landesgerichtes Salzburg zurück, weil keine stichhaltigen Gründe vorlägen, die eine Befangenheit aller Richter des Landesgerichtes Salzburg bewirken würden.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen vom Verpflichteten erhobene Rekurs ist berechtigt.

Als Nichtigkeit macht der Verpflichtete geltend, das Oberlandesgericht Linz habe mit diesem (weiteren) Beschluß allem Anschein nach über eine bereits "streitanhängige" Sache neuerlich entschieden, über die am 16.11.1995 schon ein anderer Senat abgesprochen habe. Da gegen die erste Entscheidung fristgerecht ein Rechtsmittel erhoben worden sei, greife die neuerliche Entscheidung denknotwendig auch in die Zuständigkeit des Obersten Gerichtshofes ein. Der nunmehr angefochtene Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz sei wegen Unzuständigkeit des Senates und/oder wegen Nichtbeachtung der Streitanhängigkeit nichtig.

Entgegen der Ansicht des Verpflichteten ist das Oberlandesgericht Linz in seinem nunmehr angefochtenen Beschluß zwar nicht über den weiteren Ablehnungsantrag des Verpflichteten hinausgegangen. Sowohl aus dem Spruch als auch aus der Begründung des angefochtenen Beschlusses, in der der (frühere) Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz vom 16.11.1995 Nc 313/95 erwähnt wird, mit dem der erste Ablehnungsantrag des Verpflichteten zurückgewiesen wurde, ergibt sich, daß das Oberlandesgericht Linz keineswegs über diesen ursprünglichen Ablehnungsantrag des Verpflichteten neuerlich entschieden hat. Vielmehr ging das Oberlandesgericht Linz davon aus, daß mit dieser Entscheidung nicht über die Befangenheit der Richter des Landesgerichtes Salzburg für die Entscheidung über den Fristsetzungsantrag abgesprochen worden war; mit dem angefochtenen Beschluß wird ausschließlich über die weitere Ablehnungserklärung des Verpflichteten vom 16.1.1996 abgesprochen.

Eine Entscheidung in der Sache über diesen weiteren Ablehnungsantrag, der ausschließlich die Entscheidung über den Fristsetzungsantrag des Verpflichteten betrifft, war jedoch unzulässig.

Mit Einführung des Fristsetzungsantrags nach § 91 GOG durch die WGN 1989 wurde nämlich kein weiteres Verfahren geschaffen. Es handelt sich um einen prozessualen Rechtsbehelf (Fasching ZPR2 Rz 2.100/1), über den gemäß § 91 Abs 3 GOG der übergeordnete Gerichtshof zu entscheiden hat. Diese Entscheidung im Rahmen der Gerichtsbarkeit (vgl Schoibl in JBl 1991, 14) ergeht jedoch nicht in einem gesonderten Verfahren; auch der Erl JABl 1989/81 über die registermäßige Behandlung von Fristsetzungsanträgen (§ 91 GOG) sowie die Einführung des Fs-Registers (Geo-Form 108 a) sehen vor, daß der Fristsetzungsantrag zum betreffenden Akt des Erstgerichtes zu nehmen und (mit Ausnahme der bei einem Bezirksgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen nach den §§ 35 Abs 8, 39 Abs 2 Z 2 ASGG zu Protokoll erklärten Fristsetzungsanträge nicht gesondert in das Nc-Register einzutragen ist.

Das Oberlandesgericht Linz hat somit bereits in seinem - noch nicht rechtskräftigen - Beschluß vom 16.11.1995 Nc 313/95 auch über die Befangenheit der Richter des Landesgerichtes Salzburg, soweit sie zur Entscheidung über den Fristsetzungsantrag des Verpflichteten berufen sind, entschieden. In diesem Verfahrensstadium war eine neuerliche Ablehnung dieser Richter durch den Verpflichteten aus den bereits von ihm geltend gemachten Gründen unzulässig, weshalb das Oberlandesgericht Linz über den betreffenden Ablehnungsantrag des Verpflichteten unrichtig in der Sache entschieden hat.

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