OGH 7Ob7/15b

OGH7Ob7/15b18.2.2015

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Hofrätin Dr. Kalivoda als Vorsitzende und durch die Hofräte Dr. Höllwerth, Mag. Dr. Wurdinger, Mag. Malesich und Dr. Singer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei P***** K*****, vertreten durch Dr. Harry Fretska, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Ing. W***** K*****, vertreten durch Steiner Sokolski Rechtsanwälte OG in Wien, wegen 36.000 EUR sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 20. November 2014, GZ 15 R 191/14i‑73, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0070OB00007.15B.0218.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1. § 918 ABGB gewährt dem Gläubiger bei Schuldnerverzug ein Wahlrecht. Er kann entweder Erfüllung und Schadenersatz wegen der Verspätung begehren oder unter Festsetzung einer angemessenen Frist zur Nachholung den Rücktritt erklären. Der Rücktritt wird erst nach einer angemessenen Nachfrist wirksam (RIS‑Justiz RS0018395). Rücktrittserklärung und Nachfristsetzung müssen insofern eine Einheit bilden, als der Gläubiger dem säumigen Schuldner bei der Einräumung einer letzten Chance zur Vertragserfüllung auch die andernfalls drohende Vertragsauflösung anzeigen muss (RIS‑Justiz RS0018375).

Die Rücktrittserklärung muss eine unzweideutige Willenskundgebung sein, dass die verspätete Leistung nicht mehr als Erfüllung angesehen würde (RIS‑Justiz RS0018300). § 914 ABGB gilt auch für einseitige Willenserklärungen (RIS‑Justiz RS0017894 [insbesondere T4]) bzw Rechtsgeschäfte (RIS-Justiz RS0014169 [insbesondere T1, T3]). Die aus der Erklärung abzuleitenden Folgen sind nicht danach zu beurteilen, was der Erklärende sagen wollte oder was der Erklärungsempfänger darunter verstanden hat, sondern danach, wie die Erklärung bei objektiver Beurteilung der Sachlage durch einen redlichen, verständigen Menschen zu verstehen war (RIS‑Justiz RS0014205).

Dem Schreiben vom 28. 9. 2009, auf das der Beklagte seinen Vertragsrücktritt nach § 918 ABGB wegen nicht fristgemäßer Herausgabe von Planunterlagen gründet, kann keine Rücktrittserklärung entnommen werden. Immerhin forderte der Beklagte den Kläger hier lediglich auf, bis 6. 10. 2009 mitzuteilen, ob er am „Entwurf“ des Beklagten weiterarbeiten oder die Unterlagen (zur Weiterverarbeitung) herausgeben wolle. Dem Kläger wird damit ein Wahlrecht eingeräumt. Das Schreiben wurde vom Kläger am 2. 10. 2009 dahingehend beantwortet, dass er den vorliegenden Entwurf nach den Wünschen des Beklagten adaptieren wolle, der Vertrag also aufrecht bleiben soll.

2. Da aus dem Schreiben vom 28. 9. 2009 kein Vertragsrücktritt des Beklagten abgeleitet werden kann, bleibt weder Platz für eine von ihm auf einen berechtigten Vertragsrücktritt gegründete Kürzung des Entgeltanspruchs des Klägers noch für seine auf § 921 ABGB gestützte Geltendmachung von Gegenforderungen. Die Entscheidungen der Vorinstanzen halten sich im Rahmen der Judikatur.

3. Die Ausführungen der Revision vermögen eine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO nicht darzustellen. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

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