OGH 7Ob628/94

OGH7Ob628/948.2.1995

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Warta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Niederreiter, Dr.Schalich, Dr.Tittel und Dr.I.Huber als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj. Kinder Cordula K*****, geboren am 16.August 1976, und Cajus K*****, geboren am 18.Mai 1978, ***** hier vertreten durch die Bezirkshauptmannschaft W***** als Vormund, infolge Revisionsrekurses der Bezirkshauptmannschaft W***** gegen den Beschluß des Landesgerichtes Wels als Rekursgericht vom 20. Juli 1994, GZ R 623/94-86, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Wels vom 18.Mai 1994, GZ 2 P 210/85-81, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Erwin K***** ist der uneheliche Vater der bei ihrer Mutter Helga M***** aufwachsenden Kinder Cajus und Cordula K*****. Er war zuletzt zu monatlichen Unterhaltsleistungen von S 3.850,-- für Cajus und von S 3.570,-- für Cordula verpflichtet. Dieser Unterhaltsbemessung lag ein Nettoeinkommen von rund S 20.300,-- und die Annahme zugrunde, daß Erwin K***** keine weiteren Sorgepflichten habe.

Am 28.3.1994 stellte Erwin K***** den Antrag, die Unterhaltsbeiträge ab 28.1.1994 um insgesamt S 2.000,-- monatlich herabzusetzen, weil er eine Kubanerin geheiratet und deren Kind adoptiert habe. Die Ehefrau und die Adoptivtochter seien am 28.1.1994 zu ihm übersiedelt.

Die zum Vormund der Kinder bestellte Bezirkshauptmannschaft W***** sprach sich gegen jede Herabsetzung der Unterhaltsbeiträge aus.

Das Erstgericht wies den Herabsetzungsantrag ab. Der Vater sei aufgrund seines Einkommens von S 19.700,-- zuzüglich gelegentlicher Mehrarbeits- und Sonntagszuschläge trotz der nunmehrigen Sorgepflicht für seine Ehefrau in der Lage, seinen unehelichen Kindern wie bisher Unterhalt zu leisten. Eine weitere Sorgepflicht für das Adoptivkind könne nicht berücksichtigt werden, weil gemäß § 180a ABGB die Bewilligung der Adoption zu versagen sei, wenn der Unterhaltsanspruch leiblicher Kinder schon vor der Adoption unter dem Regelbedarf (hier zusammen S 8.000,-- monatlich) liege.

Diesen Beschluß bekämpfte Erwin K***** insoweit mit Rekurs, als der Unterhaltsbeitrag für beide Kinder mit einem über S 6.870,-- liegenden Betrag festgesetzt wurde.

Das Gericht zweiter Instanz gab dem Rekurs Folge und setzte die Unterhaltsbeiträge ab 1.2.1994 auf je S 3.435,-- monatlich herab. Es nahm als erwiesen an, daß der Vater in Kuba das Kind seiner kubanischen Ehefrau adoptiert hat und vertrat die Ansicht, daß diese Adoption, die nach kubanischem Recht einer gerichtlichen Bewilligung bedürfe, in Österreich anzuerkennen sei. § 79 EO sei auf ausländische personen- und familienstandsrechtliche Entscheidungen nicht anzuwenden, sodaß es auf das Bestehen eines Staatsvertrages nicht ankomme. Es sei daher nur zu prüfen, ob der Anerkennung der kubanischen Entscheidung über die Adoption ein Verstoß gegen den inländischen ordre public entgegenstehe. Dies sei nach der gegebenen Sachlage selbst bei Bedachtnahme auf § 180a Abs.2 ABGB nicht der Fall, zumal der Unterhaltsanspruch der leiblichen Kinder nur geringfügig beeinträchtigt werde. Da sowohl die österreichische als auch die kubanische Rechtsordnung einen Unterhaltsanspruch des Adoptivkindes gegen den Adoptivvater vorsähen, sei die durch die Adoption entstandene Sorgepflicht des Vaters für ein weiteres Kind ebenfalls zu berücksichtigen, ohne daß die Rechtsfrage zu klären sei, nach welcher Rechtsordnung die Wirkungen der Adoption zu beurteilen seien. Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil über die Anerkennung ausländischer Adoptionsbewilligungen unterschiedliche Rechtsmeinungen bestünden und der Oberste Gerichtshof zu dieser Frage noch nicht Stellung genommen habe.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Bezirkshauptmannschaft W***** ist zulässig, aber nicht berechtigt.

Es geht hier nicht um die Zulässigkeit der Exekution aufgrund eines ausländischen Exekutionstitels (§§ 79 ff EO, § 19 AußStrG). Es ist weder eine ausländische Entscheidung zu vollziehen noch ist eine das adoptierte Kind betreffende Entscheidung zu fällen, die eine auch in Österreich wirksame Adoption voraussetzte, wie etwa über die Frage des Unterhaltes für das adoptierte Kind oder über Fragen des Besuchsrechtes des Adoptivvaters, der Pflege und Erziehung usw. Es stellt sich hier daher auch nicht die Frage der Anerkennung der ausländischen Entscheidung über die Adoption. Entscheidend ist lediglich, ob den Vater die weitere Sorgepflicht für das Kind seiner nunmehrigen Ehefrau - nach welcher Rechtsordnung auch immer - tatsächlich trifft und ob die die Unterhaltspflicht anordnende Bestimmung des ausländischen Rechts dem ordre public gerecht wird (§ 6 IPRG). Da feststeht, daß der Vater jedenfalls nach kubanischem Recht unterhaltspflichtig ist, könnte er nicht darauf verwiesen werden, daß er eben für das im Ausland adoptierte Kind keinen Unterhalt leisten soll, weil die Adoption in Österreich ohnehin nicht anerkannt werde. Er würde dadurch geradezu verleitet werden, nach ausländischem Recht eine Unterhaltsverletzung zu begehen, die - ungeachtet der Frage, ob dieses Vergehen in Österreich geahndet und ob der Unterhaltsanspruch in Österreich durchgesetzt werden könnte - nur zu rechtfertigen wäre, wenn die nach ausländischem Recht aus der konkreten Adoption resultierende Unterhaltspflicht und damit allenfalls die konkrete Adoption überhaupt dem ordre public widerspräche. Es kann daher im vorliegenden Fall auf sich beruhen, wie der Meinungsstreit über das Erfordernis der staatsvertraglichen Grundlage für die Anerkennung derartiger Entscheidungen (vgl einerseits Schwimann in Rummel2 II Rz 5 zu § 26 IPRG, andererseits BMfJ in ÖStA 1991, 49 ff sowie weiters SZ 51/11 und SZ 39/89 =ZfRV 1969, 207 mwN und mit Anmerkung von Selb) zu lösen ist.

Daß die kubanische Rechtsordnung insoweit nicht gegen den ordre public verstößt, hat das Gericht zweiter Instanz bereits zutreffend dargelegt. Von einem Eingriff in die tragenden Grundwertungen der österreichischen Rechtsordnung kann keine Rede sein, wenn eine Unterhaltspflicht des Adoptierenden unabhängig davon, ob er bereits leibliche Kinder hat und wie sich die Adoption auf deren Unterhalt auswirkt, vorgesehen ist (vgl. zu den Kriterien, wann ein Verstoß anzunehmen ist: Schwimann in Rummel2 II, Rz 1 bis 5 zu § 6 IPRG).

Es kann dem Vater auch nicht unterstellt werden, daß er die Adoptionsmöglichkeit deshalb aufgegriffen habe, um seine leiblichen Kinder zu schädigen. Es ist ihm vielmehr zuzubilligen, daß er bestrebt war, die Ausreise seiner Ehefrau und deren Kind aus Kuba und die Einbürgerung dieser Personen in jenem Land, in dem er auch selbst beheimatet ist, durch eine stärkere formelle Bindung an ihn zu vereinfachen. Das Gericht zweiter Instanz hat daher zu Recht auch eine Sorgepflicht für das Adoptivkind in Anrechnung gebracht und die Unterhaltsbeiträge für die leiblichen Kinder im Hinblick auf die seit der letzten Unterhaltsbemessung aktuell gewordenen Sorgepflichten sowohl für die Ehefrau als auch für das Adoptivkind - in ohnehin maßvoller Weise - reduziert.

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