Spruch:
Beide Elternteile haben im Rahmen der Bedürfnisse des Dotationsberechtigten entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit zur Ausstattung beizutragen
OGH 29. Mai 1980, 7 Ob 594/80 (KG Korneuburg 5 R 313/79; BG Korneuburg 1 Nc 39/78)
Text
Der Antragsteller, der eheliche Sohn des Antragsgegners, hat am 21. April 1978 geheiratet. Die Ehe des Antragsgegners mit der Mutter des Antragstellers wurde mit Urteil des Kreisgerichtes Korneuburg vom 12. Jänner 1978, 4 Cg 337/77, rechtskräftig geschieden. Bis zur Ehescheidung stand das nunmehr vom Antragsgegner bewohnte Haus in S Nr. 37 je zur Hälfte in seinem Eigentum und im Eigentum seiner Ehegattin. Im Zuge der Auseinandersetzung anläßlich der Ehescheidung hat der Antragsgegner seiner Ehegattin deren Hälfteanteil um 350 000 S abgekauft und zwecks Beschaffung dieses Betrages einen Kredit bei der R-Bausparkasse Ges.m.b.H. aufgenommen. In der Folge hat er jedoch eine ihm gehörige Eigentumswohnung, die bisher von seiner Ehegattin und dem Antragsteller bewohnt worden war, veräußert und mit dem Verkaufserlös den Kredit weitgehend zurückgezahlt. Am 30. September 1978 beliefen sich die Kreditschulden des Antragsgegners insgesamt noch auf etwas über 60 000 S. Im Dezember 1978 und in den Vormonaten hatte der Antragsgegner Ratenverpflichtungen in einem Gesamtbetrag von monatlich etwas über 5000 S zu erfüllen. Der Antragsgegner, der inzwischen wieder geheiratet hat, bezieht unter Berücksichtigung der Sonderzahlungen als Landesbeamter ein monatliches Durchschnittseinkommen von 12 673 S. Im Zuge der Übernahme des zweiten Hälfteanteils der Liegenschaft mußte der Antragsgegner im Juni 1978 die Gründerwerbsteuer von 28 000 S und einen Zahlungsrückstand für die Eigentumswohnung in der Höhe von 25 139 S berichtigen.
Mit dem am 7. September 1978 eingebrachten Antrag begehrt der Antragsteller einen Ausstattungsbetrag von 50 000 S.
Der Antragsgegner beantragt die Abweisung dieses Begehrens unter Hinweis auf seine mangelnde Leistungsfähigkeit.
Während das Erstgericht von einer Überschuldung des Antragsgegners und daher mangelnder Leistungsfähigkeit zum Zeitpunkt der Antragstellung ausging und das Begehren auf Leistung einer Ausstattung abwies, gab ihm das Rekursgericht mit der Begründung statt, im Hinblick auf den Liegenschaftsbesitz, der unter Berücksichtigung der für den Hälfteanteil geleisteten Zahlung wertmäßig mindestens mit 700 000 S zu veranschlagen sei, könne dem Antragsgegner die Leistung der begehrten Ausstattung zugemutet werden. Der zur Leistung einer Ausstattung Verpflichtete müsse allenfalls auch ihm gehörigen Liegenschaftsbesitz belasten.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs des Antragsgegners Folge, hob die Entscheidungen der Vorinstanzen auf und verwies die Rechtssache zur Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurück.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Entgegen den Rekursausführungen kann allerdings von einer mangelnden Leistungsfähigkeit des Antragsgegners nicht ausgegangen werden. Hiebei ist es ohne Bedeutung, ob die Liegenschaft des Antragsgegners tatsächlich den vom Rekursgericht angenommenen Wert oder einen etwas geringeren hat, weil nach § 1221 ABGB ohne strenge Erforschung des Vermögensstandes zu entscheiden ist. Richtig ist allerdings, daß innerhalb des Rahmens der Bedürfnisse des Dotationsberechtigten die Leistungsfähigkeit des Dotationspflichtigen zum Zeitpunkt der Verehelichung des Dotationsberechtigten maßgebend ist (SZ 41/38; SZ 25/106 u. a). Seine Leistungsfähigkeit zur Zeit der Geltendmachung des Anspruches ist nur dann von Bedeutung, wenn sie geringer ist als im Zeitpunkt der Eheschließung des Berechtigten (SZ 41/38; EFSlg. 22 538 u. a.). Die Leistungsfähigkeit ist allerdings kein statischer Begriff, der nur auf einen bestimmten Stichtag abstellt. Die genannten Stichtage sind jene Zeitpunkte, von denen aus die Leistungsfähigkeit beurteilt werden muß, nicht aber Stichtage, die allein für die Gegenüberstellung der Aktiven und Passiven des Leistungspflichtigen in Frage kommen. Vielmehr muß von ihnen aus die Einkommens- und Vermögenssituation des Leistungspflichtigen auf längere Sicht beurteilt werden. Ausschlaggebend ist daher nicht allein der Vermögensstand an diesen Tagen. Selbst wenn der Leistungspflichtige am entscheidenden Tag große Zahlungen leisten müßte, die, nur auf diesen Tag abgestellt, zu einem Passivstand seines Vermögens führen würden, kann dies noch nicht die Annahme der Überschuldung rechtfertigen.
Es sei zugegeben, daß der Antragsgegner durch seine Ehescheidung vorübergehend stärkeren Belastungen ausgesetzt ist. Seine gesamte Leistungsfähigkeit auf längere Zeit betrachtet kann jedoch keinesfalls so schlecht eingeschätzt werden, daß ihm die Leistung einer Ausstattung nicht zuzumuten wäre. Immerhin bezieht er ein nicht unterdurchschnittliches Einkommen und ist Eigentümer eines wertvollen Liegenschaftsbesitzes. Bei der Beurteilung der Frage, ob dem Dotationspflichtigen zugemutet werden kann, von seinem Einkommen nennenswerte Ersparnisse zu machen bzw. ohne empfindliche Einschränkung seines Lebensstandards einen Teil seines Einkommens durch eine gewisse Zeit und in Form einer Rente dem Dotationsberechtigten zuzuwenden, kommt es auf die berechtigten sozialen Anschauungen der Bevölkerungsschicht an, der der Dotationspflichtige angehört (Weiß in Klang[2] V, 731; SZ 47/82; EvBl. 1977/98 u. a.). Der Antragsgegner ist Landesbeamter, Bezieher eines nicht unbeträchtlichen Beamtengehaltes und Eigentümer einer Liegenschaft mit einem Haus. Er gehört daher einer Bevölkerungsschicht an, für die es geradezu unverständlich wäre, wenn er seinem Sohn anläßlich der Eheschließung nicht einen größeren Ausstattungsbetrag zahlen würde, selbst wenn dies vorübergehend zu einer Einschränkung seines eigenen Lebensstandards führen müßte. Zu Unrecht will der Antragsgegner sämtliche Belastungen seines Einkommens zur Gänze bringen. Der Dotationspflichtige kann nämlich nicht durch Erhöhung seines eigenen Lebensstandards und durch überdurchschnittlichen Konsum das Recht des Dotationsberechtigten zum Erlöschen bringen. Der Erwerb der Liegenschaft und die Errichtung eines Hauses auf ihr dient ausschließlich dem Konsumbedürfnis des Antragsgegners. Würde man im Hinblick auf die damit verbundenen Auslagen die sonst vorhandene Dotationspflicht verneinen, so liefe dies darauf hinaus, daß, wer sein Einkommen überdurchschnittlich belastet und seinem Konsum widmet, bezüglich der Dotationspflicht besser gestellt wäre als derjenige, der im Hinblick auf seine familiären Pflichten einen sparsamen Lebenswandel führt.
Richtig hat sohin das Rekursgericht erkannt, daß dem Antragsgegner die Leistung einer Dotation von 50 000 S zugemutet werden kann, wobei allerdings seiner derzeitigen, infolge der Ehescheidung etwas angespannten Situation unter Umständen dadurch Rechnung getragen werden könnte, daß ihm die Zahlung des Ausstattungsbeitrages in Raten auferlegt wird.
Das Verfahren erweist sich jedoch noch nicht als spruchreif, weil die Dotationspflicht ihre Grenze in den Bedürfnissen des Dotationsberechtigten findet und außerdem erhoben werden müßte, inwieweit dieser auf Grund seiner eigenen Situation nicht in der Lage ist, diese Bedürfnisse zu befriedigen. Maßgebend ist hiebei, daß die Ausstattung eine den Lebensverhältnissen der Eltern angemessene Starthilfe für das ausstattungsbedürftige Kind bei der Gründung einer eigenen Familie sein soll (7 Ob 703/79). In dieser Richtung fehlt aber jegliche Feststellung. Die Bedürfnisse eines jung Verheirateten betreffend die Gründung eines Hausstandes sind sicher mit 50 000 S nicht zu hoch veranschlagt. Die Untergerichte haben jedoch übersehen, daß der Antragsteller erst nach dem 1. Jänner 1978 heiratete, weshalb die Beurteilung der Rechtslage nach dem Bundesgesetz über die Neuordnung des Kindschaftsrechtes, BGBl. 403/1977, zu erfolgen hat. Dieses Gesetz hat § 140 ABGB dahin abgeändert, daß nunmehr eine gemeinsame und gleichrangige Alimentationspflicht der Eltern eines Kindes besteht. Demnach geht die Verpflichtung des Vaters zur Leistung einer Ausstattung gemäß § 1220 ABGB (§ 1231 ABGB) nicht mehr der gleichen Verpflichtung der Mutter vor. Vielmehr haben beide Elternteile im Rahmen des Gesamtbedarfs entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit zur Ausstattung anteilig beizutragen (Ostheim, Familienrechtsreform und Ausstattungsanspruch, ÖJZ 1978, 512). Die Leistungsfähigkeit der Mutter des Antragstellers ist aber bisher völlig ungeklärt geblieben. Es wäre natürlich denkbar, daß die nach den eben aufgezeigten Grundsätzen zu berücksichtigenden Bedürfnisse des Antragstellers wesentlich höher als 50 000 S sind und der geforderte Betrag dem auf den Antragsgegner entfallenden Anteil entspricht. Ob und inwieweit dies der Fall ist, kann aber ohne Feststellungen über die Leistungsfähigkeit der Mutter des Antragstellers und über dessen Gesamtbedürfnisse nicht beurteilt werden.
In diesem Sinne erweist sich sohin das Verfahren als ergänzungsbedürftig.
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