Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Kosten des Verfahrens vor dem Obersten Gerichtshof sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Am 18.November 1968 wurde Gerald Ernest J*** in der Ehe des Klägers mit Anna J*** geboren. Die Ehe wurde am 24.Jänner 1975 geschieden. Auf Grund einer Vereinbarung zwischen dem Kläger und Anna J*** vom 26.Mai 1980 hat der Kläger ab 1.Mai 1980 für den in der Ehe geborenen Sohn keine Alimente mehr bezahlt. Er brachte am 12. Jänner 1981 zu 1 C 3/81 des Bezirksgerichtes Hartberg gegen den damals Minderjährigen eine Ehelichkeitsbestreitungsklage ein, der mit Urteil vom 3.Dezember 1981 stattgegeben wurde. Hierauf brachte der Minderjährige am 26.März 1982 zu 1 C 20/82 beim Bezirksgericht Hartberg gegen den Beklagten eine Vaterschaftsklage ein. Mit Urteil vom 15.September 1982, bestätigt durch Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 17.Jänner 1983, wurde dieser Klage rechtskräftig Folge gegeben.
Am 30.Mai 1986 forderte der Kläger vom Beklagten erstmals einen Pauschalbetrag von 300.000 S zur Abgeltung der von ihm für den Minderjährigen erbrachten Unterhaltsleistungen. Am 15.Dezember 1986 brachte er die vorliegende Klage mit dem ursprünglichen Begehren auf Zahlung von 300.000 S sA ein. Inzwischen wurde das Klagebegehren auf 130.000 S sA eingeschränkt.
Das Erstgericht hat das Klagebebehren abgewiesen, wobei es von folgenden zusätzlichen Feststellungen ausging:
Im Jahre 1980 kam dem Kläger zu Ohren, daß ein anderer Mann der Erzeuger des eingangs erwähnten Kindes sei. Er stellte hierauf Anna J*** am 26.Mai 1980 zur Rede, worauf diese zugab, daß der Minderjährige auch von einem anderen Mann stammen könne. Hierauf kam es zu der oben geschilderten Vereinbarung betreffend Erlöschen der Unterhaltspflicht des Klägers.
Nachdem im Ehelichkeitsbestreitungsprozeß auf Grund eines eingeholten serologischen Gutachtens die Vaterschaft des Klägers auszuschließen war, wurde Anna J*** klar, daß nur der Beklagte der Vater des Kindes sein könne. Dies teilte sie dem Kläger mit. Der Kläger vermutete in der Folge, daß als Konsequenz des Ehelichkeitsbestreitungsprozesses ein Vaterschaftsfeststellungsprozeß gegen den Beklagten angestrebt worden sei. Er stellte diesbezüglich jedoch keine Nachforschungen an. Lediglich seine nunmehrige Gattin rief einige Male bei der Bezirkshauptmannschaft Hartberg an und fragte, wer der Vater des Kindes sei. Es wurde ihr jedoch der Name des Beklagten nicht genannt. Erst im Jahre 1986 erfuhr die Gattin des Klägers beim Bezirksgericht Hartberg, daß der Beklagte als Vater des Kindes festgestellt worden sei.
Das Erstgericht vertrat die Rechtsansicht, im Hinblick auf die seit Kenntnis des Klägers von der Vaterschaft des Beklagten verstrichene Zeit, sei ein Verzicht auf einen Anspruch nach § 1042 ABGB anzunehmen.
Das Berufungsgericht hob das Urteil des Erstgerichtes unter Rechtskraftvorbehalt auf. Es bejahte zwar grundsätzlich die Möglichkeit eines Verzichtes auf Ansprüche nach § 1042 ABGB durch Verstreichenlassen eines größeren Zeitraumes, doch seien hier zwischen der Feststellung der Vaterschaft des Beklagten und der vorliegenden Klagseinbringung lediglich 3 1/4 Jahre vergangen. Dieser Zeitraum sei für die Annahme eines Verzichtes zu kurz. Es müsse daher geprüft werden, in welchem Ausmaß seinerzeit Unterhaltsansprüche gegen den Beklagten gerechtfertigt gewesen wären. Nur in diesem Ausmaß könne der Kläger Ersatz verlangen. Das Erstgericht werde daher sein Verfahren zu ergänzen und dann neuerlich zu entscheiden haben.
Rechtliche Beurteilung
Der vom Beklagten gegen die Entscheidung des Berufungsgerichtes erhobene Rekurs ist nicht gerechtfertigt.
Daß es sich bei den vom Kläger für den damals mj. Gerald Ernest J*** erbrachten Unterhaltsleistungen um Aufwendungen gehandelt hat, die grundsätzlich ein anderer (der Beklagte) zu tragen gehabt hätte, demnach die Voraussetzungen für einen Anspruch nach § 1042 ABGB vorliegen, bedarf keiner näheren Begründung. Nicht bekämpft wird auch die vom Berufungsgericht in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung vertretene Rechtsansicht, daß bei irrtümlicher Erbringung von Leistungen ein hypothetischer Rückforderungswille anzunehmen sei und für das Fehlen des für eine Klage nach § 1042 ABGB erforderlichen "animus obligandi" derjenige beweispflichtig ist, von dem Ersatz verlangt wird. Ein Verzicht auf den Rückforderungsanspruch wird nicht vermutet. Diesbezüglich kann also auf die Ausführungen des Berufungsgerichtes verwiesen werden. Mit der Frage, ob ein Anspruch auf Ersatz irrtümlich geleisteter Unterhaltszahlungen durch Zeitablauf erlöschen kann, hat sich der Oberste Gerichtshof, soweit der erkennende Senat überlickt, lediglich in der Entscheidung SZ 31/8 beschäftigt, hiebei jedoch eine nähere Erörterung unterlassen, weil er dort zu dem Ergebnis gelangte, daß der in diesem Falle verstrichene Zeitraum keinesfalls ausreichen würde, einen Verzicht anzunehmen. Die vom Berufungsgericht zitierte Entscheidung JBl. 1932, 39 (ähnlich auch die nicht veröffentlichten Entscheidungen 1 Ob 580/81 und 7 Ob 54/64) kann als Belegstelle hier deshalb nicht herangezogen werden, weil dort der Zeitablauf einen Schluß auf das Fehlen des animus obligandi zuließ, was hier deshalb ausscheidet, weil ein solcher Schluß nur möglich wäre, wenn bereits zum Zeitpunkt der Unterhaltsleistungen bekannt gewesen wäre, daß ein Unterhaltsanspruch gegenüber dem Leistenden nicht bestanden hat. Dies ist hier nicht der Fall, weil der Kläger seit Auftauchen des Verdachtes, daß er nicht der Vater des Minderjährigen ist, keinen Unterhalt mehr geleistet hat.
Grundsätzlich ist davon auszugehen, daß das österreichische Recht den Tatbestand der "Verwirkung" eines Rechtes durch Zeitablauf nicht kennt. Der scheinbar gegenteilige Passus bei Klang (VI2, 530) wurde in der österreichischen Rechtslehre (Koziol-Welser I8, 175; Rummel in Rummel Rz 24 zu § 863) und in der österreichischen Judikatur (SZ 34/106, SZ 49/127 ua) ausdrücklich abgelehnt. Ein Rechtsverlust durch Nichtausübung eines Rechtes innerhalb der Verjährungszeit kann nur bei Annahme eines stillschweigenden Verzichtes erfolgen. Bei der Annahme eines stillschweigenden Verzichtes ist jedoch besondere Vorsicht geboten (SZ 44/106, SZ 41/68 ua). Es ist hiebei ein besonders strenger Maßstab anzulegen. Es darf kein vernünftiger Grund, an einem derartigen Verzichtswillen zu zweifeln, vorliegen (Rummel aaO Rz 14 zu § 863, Klang aaO, 530). Ein Anspruchsverlust durch stillschweigenden Verzicht wird nur dann gegeben sein, wenn durch die Untätigkeit beim Verpflichteten gemäß § 863 ABGB der Eindruck entstehen mußte, der Berechtigte werde sein Recht nicht mehr geltend machen (Rummel aaO Rz 24 zu § 863; Bydlinski, Privatautonomie 184 ff). Bei der Beurteilung dieser Frage wird es immer auf die Umstände des Einzelfalles ankommen. Keinesfalles kann generell gesagt werden, daß ein bestimmter Zeitraum die Annahme stillschweigenden Verzichtes auf Geltendmachung eines Rechtes grundsätzlich rechtfertigen würde. Im vorliegenden Fall ist davon auszugehen, daß dem Kläger vor rechtskräftiger Feststellung der Vaterschaft des Beklagten keinesfalls die Geltendmachung eines Ersatzanspruches gegen den Beklagten zuzumuten war, weil ohne die Feststellung der Vaterschaft des Beklagten mit einem kostspieligen und aufwendigen Beweisverfahren gerechnet werden mußte, wobei der Kläger die Ergebnisse naturwissenschaftlicher Untersuchungen durch Sachverständige nicht abschätzen hätte können. Entgegen den Ausführungen des Rekurses ist also bei der Beurteilung der Verzichtsfrage nur der seit der rechtskräftigen Feststellung der Vaterschaft des Beklagten verstrichene Zeitraum zu berücksichtigen. Es kann nun dahingestellt bleiben, ob ein besonders langer Zeitraum ab Kenntnis der Vaterschaft des Beklagten für sich allein ein ausreichender Grund für die Annahme eines stillschweigenden Verzichtes gewesen wäre. Ein Zeitraum von etwas über drei Jahren wird im allgemeinen hiefür nicht ausreichen, weil der Regreßberechtigte schließlich vom Ausgang des Vaterschaftsprozesses nicht verständigt wird und man von ihm nicht verlangen kann, daß er ununterbrochen ein Verfahren überwacht, an dem er nicht beteiligt ist. Hiezu kommt, daß es für einen Laien oft sehr schwierig ist abzuschätzen welche zielführenden Schritte er für eine ausreichende Information unternehmen muß. Ferner muß er schließlich nicht nur über die Tatsache der Vaterschaft eines anderen, sondern auch darüber informiert sein, inwieweit das Führen eines Prozesses gegen den nunmehrigen Vater im Hinblick auf dessen wirtschaftliche Situation überhaupt sinnvoll ist. Berücksichtigt man, daß die gesetzliche Verjährungsfrist für Ansprüche nach § 1042 ABGB 30 Jahre beträgt und daß keine gesetzliche Pflicht zur alsbaldigen Geltendmachung derartiger Ansprüche besteht, so wäre, auch wenn man grundsätzlich die Möglichkeit der Annahme eines stillschweigenden Verzichtes ausschließlich auf Grund des Verstreichenlassens eines längeren Zeitraumes annimmt, ein Zeitraum von etwas über drei Jahren nicht so lang, daß er für sich allein eine solche Annahme rechtfertigen würde. Dies schließt natürlich nicht aus, daß hinzutretende Umstände auch bei Verstreichen eines solchen Zeitraumes den Schluß auf einen stillschweigenden Verzicht zulassen könnten. Maßgebend werden, wie bereits oben dargelegt, immer die Umstände des Einzelfalles sein. Hier sind aber außer der verstrichenen Zeit keine Umstände hervorgekommen, die im Zusammenhang mit diesem Zeitraum den Schluß auf einen Verzicht des Klägers auf die Geltendmachung seines Ersatzanspruches rechtfertigen könnten. Das Berufungsgericht hat daher mit Recht die diesbezügliche Rechtsansicht des Erstgerichtes nicht geteilt.
Was bei der ziffernmäßigen Festsetzung des klägerischen Anspruches zu beachten ist, hat das Berufungsgericht in Übereinstimmung mit der Judikatur richtig dargelegt. Da der Rekurs diesbezüglich auch keine Ausführungen enthält, erübrigt sich eine weitere Stellungnahme des Obersten Gerichtshofes zu diesem Problem. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 52 ZPO.
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