Spruch:
Der Beschluß wird aus Anlaß der Revisionsrekurse als nichtig aufgehoben.
Die neuerliche Entscheidung über den von Maria Anna H***** namens des mj. Dieter S***** erhobenen Rekurs gegen den Beschluß des Bezirksgerichtes Bregenz vom 8.11.1993 wird das Landesgericht Innsbruck als Rekursgericht zu treffen haben.
Text
Begründung
Rechtliche Beurteilung
Karl S***** ist aufgrund des anläßlich der Ehescheidung geschlossenen Vergleiches zu monatlichen Unterhaltsbeiträgen von S 3.500,-- für seinen in Obsorge der Mutter Maria Anna H***** (vormals S*****) befindlichen Sohn Dieter verpflichtet.
Am 2.3.1993 begehrte Maria Anna H***** unter anderem, die Unterhaltsbeiträge für Dieter auf S 4.500,-- monatlich zu erhöhen und diese Erhöhung sofort mittels einstweiliger Verfügung anzuordnen. Der Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung wurde rechtskräftig abgewiesen.
Am 30.9.1993 begehrte sie (abermals) die Erlassung einer einstweiligen Verfügung dahin, daß Karl S***** verpflichtet werde, ab 1.9.1993 weitere S 1.500,--, also insgesamt S 5.000,-- monatlich für Dieter zu leisten.
Karl S***** sprach sich gegen diesen Antrag aus.
Mit Beschluß vom 8.11.1993 wies das Erstgericht den Antrag ab. Das Landesgericht Feldkirch gab dem dagegen seitens der Maria Anna H***** erhobenen Rekurs teilweise Folge. Es verpflichtete Karl S***** ab 30.9.1993 mit Wirksamkeit bis zur rechtskräftigen Beendigung des anhängigen Unterhaltserhöhungsverfahrens zu monatlichen Unterhaltsbeiträgen von insgesamt S 4.000,--. Das Mehrbegehren von S 1.500,-- für den Zeitraum vom 1.9. bis 29.9.1993 und von weiteren S 1.000,-- monatlich ab 30.9.1993 wies das Landesgericht Feldkirch ab. Es sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,-- nicht übersteige und der Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig sei. Eine Verbesserung des Rekurses durch Anwaltsfertigung hielt das Landesgericht Feldkirch ebenso für entbehrlich wie die Zustellung des Rekurses an Karl S***** zur Erstattung einer Rekursbeantwortung, weil es die Ansicht vertrat, daß die Bestimmungen der EO und der ZPO über den Anwaltszwang und die Zweiseitigkeit des Rekurses nicht anwendbar seien, wenn das Hauptverfahren ein außerstreitiges sei.
Gegen diesen Beschluß erhoben sowohl Maria Anna H***** (gegen den abweisenden Teil) als auch Karl S***** (gegen den stattgebenden Teil) Rekurs. Aufgrund eines entsprechenden Auftrages des Obersten Gerichtshofes, ein Verbesserungsverfahren iSd § 520 Abs 1 ZPO einzuleiten, wurde der Rekurs der Maria Anna H***** durch Aufnahme eines Protokollarrekurses (vgl RZ 1989/29) und der Rekurs des Karl S***** durch Unterfertigung seitens eines Rechtsanwaltes verbessert. Die derart verbesserten Rekursschriften wurden jeweils der anderen Partei zugestellt. Rekursbeantwortungen wurden nicht erstattet.
Entgegen der Auffassung des Landesgerichtes Feldkirch finden ungeachtet dessen, daß das Unterhaltsbemessungsverfahren ein außerstreitiges Verfahren ist, im Verfahren zur Erlassung einer einstweiligen Verfügung nach den §§ 378 ff EO in allen dort angeführten Fällen die in der EO (und infolge entsprechender Verweisung die in der ZPO) festgesetzten Verfahrensbestimmungen ohne Einschränkung Anwendung (JBl 1960, 302 ua; vgl auch ZBl 1930/139, EvBl 1971/21, SZ 34/105 ua). Die bisher ergangenen Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes, die den Anwaltszwang und die Zweiseitigkeit bei Rekurses gegen Beschlüsse über einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, die in der EO geregelt ist, verneinten, betrafen ausschließlich den Sonderfall des § 382a EO, der hier jedoch
nicht vorliegt (ÖAV 1989, 46 = JBl 1989, 118; 8 Ob 579/93; vgl auch
ÖAV 1990, 78 = SZ 61/219). Die in diesen Entscheidungen enthaltene
Argumentation ist auf die speziellen Regelungen der §§ 382a, 399a und 399b EO sowie des § 19 RPflG abgestellt und daher nicht auf sonstige zu sichernde Ansprüche, seien es auch im außerstreitigen Verfahren durchzusetzende Ansprüche, übertragbar.
Die - auftragsgemäß verbesserten - Revisionsrekurse sind zulässig. Das Rekursgericht hat zwar ausgesprochen, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,-- nicht übersteige. Eines derartigen Ausspruches hätte es jedoch nicht bedurft, weil kein Fall des § 500 Abs 2 Z 1 ZPO vorliegt. Der Geldwert des Unterhaltsanspruches ergibt sich nämlich auf Grund des § 58 Abs 1 JN mit dem Dreifachen der Jahresleistung. § 9 Abs 3 RATG, wonach der Anspruch auf Leistung des einstweiligen Unterhaltes mit dem Einfachen der Jahresleistung zu bewerten ist, ist nicht heranzuziehen, weil diese Bestimmung im § 500 Abs 3 ZPO, der gemäß § 526 Abs 3 ZPO auch im Rekursverfahren und gemäß § 402, 78 EO im Verfahren über einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung heranzuziehen ist, nicht aufgezählt ist (8 Ob 579/93). Ausgehend von dem hier geltendgemachten Unterhaltsteilbetrag von S 1.500,-- monatlich, der maßgebend ist (vgl 7 Ob 630/93), errechnet sich der Wert des Entscheidungsgegenstandes mit S 54.000,--. Er liegt somit über der für die Zulässigkeit des Revisonsrekurses ausschlaggebenden, in § 528 Abs 2 Z 1 ZPO festgelegten Grenze von S 50.000,--. An den unrichtigen, weil zwingenden Vorschriften widersprechenden Bewertungsausspruch ist der Oberste Gerichtshof ebensowenig gebunden wie an den Ausspruch über die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses.
Aus Anlaß der formell zulässigen Rechtsmittel ist daher von Amts wegen auf die dem Landesgericht Feldkirch unterlaufene Nichtigkeit nach § 477 Abs 1 Z 1 ZPO Bedacht zu nehmen. Danach ist die angefochtene Entscheidung nichtig, wenn an der Entscheidung ein Richter teilnahm, welcher kraft Gesetzes von der Ausübung des Richteramtes in dieser Rechtssache ausgeschlossen war oder dessen Ablehnung vom Gericht als berechtigt erkannt worden ist. Letzterer Fall liegt hier vor, weil der Oberste Gerichtshof bereits mit Beschluß vom 6.10.1993 in dieser Pflegschaftssache dem Ablehnungsantrag der Maria Anna H***** als Vertreterin des mj. Dieter S***** gegen den Präsidenten den Vizepräsidenten und sämtliche Richter des Landesgerichtes Feldkirch stattgab und die Pflegschaftssache dem Landesgericht Innsbruck als Rechtsmittelgericht zuwies. Der angefochtene Beschluß des Landesgerichtes Feldkirch wurde erst nach dieser sofort rechtskräftigen Entscheidung gefällt und war daher gemäß § 25 JN letzter Satz und § 477 Abs 1 Z 1 ZPO als nichtig aufzuheben.
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