Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Der Beschluss des Erstgerichtes und der Beschluss des Berufungsgerichtes, dessen zurückweisenden Teile als unbekämpft unberührt bleiben, werden aufgehoben. Die Pflegschaftssache wird (auch) in diesem Umfang zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Text
Begründung
Die Ehe der Eltern des mj. Richard wurde am 20. 5. 1996 einvernehmlich geschieden. Im Scheidungsvergleich verpflichtete sich der Vater ab 1. 6. 1996 S 4.500,-- monatlich an Unterhalt für den Minderjährigen zu zahlen, wobei dieser Regelung ein Nettoeinkommen des Vaters (als Pensionist) von S 22.000,--, 14 x jährlich, zugrundegelegt wurde.
Der Vater beantragte zuletzt, seine monatliche Unterhaltsverpflichtung ab 1. 10. 1996 auf S 3.700,-- herabzusetzen. Er habe höhere persönliche Aufwendungen, weil er an einer chronischen Gelenksentzündung leide und daher zu 50 % invalide und gehbehindert sei. Er habe sich vor zwei Jahren (also 1997) deshalb einen PKW anschaffen müssen und dafür S 170.000,-- bezahlt. Um in seinem ebenerdigen Reihenhaus bleiben zu könnnen, habe er einen Hypothekarkredit aufgenommen und davon auch sein Auto bezahlt. Eine Steuerrückzahlung von S 11.512,-- habe er bereits in sein Einkommen für 1998 eingerechnet, sodass sie im Jahr 1999 nicht mehr zu berücksichtigen sei.
Namens des Minderjährigen beantragte die Bezirkshauptmannschaft Bruck an der Leitha als dessen Unterhaltssachwalter (§ 212 Abs 2 ABGB) hingegen den Unterhalt ab 1. 1. 1999 auf monatlich S 5.300,-- zu erhöhen. Der Vater sei nun nicht mehr Pensionist, sondern (wieder) Beamter der Stadtgemeinde W***** und erziele ein monatliches Nettoeinkommen von ca S 28.500,--, wozu noch die Steuerrückzahlung von S 11.522,-- laut Einkommenssteuerbescheid vom 2. 7. 1999 aliquot zu berücksichtigen sei, sodass sich eine Unterhaltsbemessungsgrundlage von S 29.460,-- ergebe. Das Erstgericht setzte die Unterhaltsverpflichtung des Vaters für die Zeit vom 1. 1. 1998 bis 31. 12. 1998 auf monatlich S 4.400,-- herab, erhöhte sie für die Zeit vom 1. 1. 1999 bis 31. 7. 2000 auf S 4.900,-- sowie ab 1. 8. 2000 auf S 5.300,-- und wies die darüber hinausgehenden Herabsetzungs- und Erhöhungsbegehren ab. Es stellte fest, dass der Vater, nachdem er sich bis Ende 1998 im vorzeitigen Ruhestand befunden habe, nun wieder beim Magistrat der Stadt W***** beschäftigt sei. Seine monatliche Nettopension habe 1996 S 21.561,12, 1997 S 21.220,92 und 1998 S 21.438,85, jeweils 14 x jährlich, betragen. Nach seiner Reaktivierung habe er 1999 inklusive Sonderzahlungen ein Einkommen von S 27.500,-- netto erzielt. Abzüglich der Zinsen für das Hypothekardarlehen und der erhaltenen Steuerrückzahlung sei (als Bemessungsgrundlage) von einem monatlichen Einkommen von S 25.500,-- für das Jahr 1996, von S 24.741,-- für 1997, von S 24.425,-- für 1998 und von S 27.500,-- für das Jahr 1999 auszugehen.
Rechtlich führte das Erstgericht aus, ausgehend von den laut stRsp anzunehmenden Sätzen von 18 % des anrechenbaren Nettoeinkommens des Unterhaltsschuldners für ein Kind im Alter zwischen 6 und 10 Jahren und von 20 % für ein Kind ab 10 Jahren, ergäben sich die zugesprochenen Unterhaltsbeträge. Durch den Abzug der jährlichen Zinsen für das Hypothekardarlehen sei auf die Kreditrückzahlung des Vaters ausreichend Rücksicht genommen. Die vom Vater geltend gemachten, vom Finanzamt anerkannten Sonderausgaben könnten die Unterhaltsbemessungsgrundlage nicht schmälern, da diese nach ständiger Rechtsprechung keinen Abzugsposten bildeten. Eine Unterhaltsherabsetzung auf das vom Vater geforderte Ausmaß würde dessen Leistungsvermögen nicht ausschöpfen. Die für den Zeitraum 1. 1. 1999 bis 31. 7. 2000 von der Bezirkshauptmannschaft geforderte weitere Unterhaltserhöhung würde das Leistungsvermögen des Vaters übersteigen.
Gegen diesen Beschluss der ersten Instanz erhoben sowohl der Vater als auch die Unterhaltssachwalterin für das Kind Rekurs. Der Vater begehrte eine Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung dahin, dass seine monatliche Unterhaltsverpflichtung wie folgt festgesetzt werde: für die Zeit vom 1. 6. 1996 bis 31. 12. 1996 mit S 4.073,--, für den Zeitraum 1. 1. 1997 bis 31. 12. 1997 mit S 4.026,--, für die Zeit vom 1. 1. 1998 bis 31. 12. 1998 mit S 3.905,--, für die Zeit vom 1. 1. 1999 bis 31. 7. 2000 mit S 4.485,-- und ab 1. 8. 2000 mit S 4.983,--. Die Bezirkshauptmannschaft Bruck an der Leitha wendete sich gegen die Herabsetzung des monatlichen Unterhaltes im Zeitraum 1. 1. 1998 bis 31. 12. 1998 von S 4.500,-- auf S 4.400,-- und strebte für den Zeitraum 1. 1. 1999 bis 31. 7. 2000 eine Erhöhung von S 4.900,-- auf S 5.300,-- und ab 1. 8. 2000 eine Erhöhung von S 5.300,-- auf S 5.900,-- an.
Das Rekursgericht wies das Rechtsmittel des Vaters hinsichtlich des den Zeitraum 1. 6. 1996 bis 30. 9. 1996 betreffenden Begehrens zurück und gab ihm im Übrigen nicht Folge. Auch der Rekurs der Bezirkshauptmannschaft wurde insoweit zurückgewiesen, als ab 1. 8. 2000 ein über S 5.300,-- monatlich hinausgehender Unterhalt gefordert wurde. Im Übrigen gab das Gericht zweiter Instanz dem Rekurs der Bezirkshauptmannschaft dahin Folge, dass (auch) hinsichtlich des Zeitraumes 1. 1. 1998 bis 31. 12. 1998 der Herabsetzungsantrag des Vaters zur Gänze abgewiesen und hinsichtlich des Zeitraumes 1. 1. 1999 bis 31. 7. 2000 der erstinstanzliche Beschluss aufgehoben und dem Erstgericht in diesem Umfang eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen wurde. Dazu sprach das Rekursgericht in Ansehung der Entscheidung über das Rechtsmittel des Vaters aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei; in Ansehung der Entscheidung über das Rechtsmittel der Bezirkshauptmannschaft sei der ordentliche Revisionsrekurs hinsichtlich des abändernden Teiles hingegen nicht zulässig, weil eine Rechtsfrage der in § 14 Abs 1 AußStrG geforderten Qualifikation nicht vorliege.
Zum Rechtsmittel des Vaters führte das Rekursgericht aus, der Rekurswerber habe in erster Instanz die Unterhaltsherabsetzung ab 1. 10. 1996 beantragt. Soweit er im Rekurs eine Änderung schon ab 1. 6. 1996 begehre, gehe dies für die Zeit bis 30. 9. 1996 über den Verfahrensgegenstand hinaus, sodass der Rekurs diesbezüglich als unzulässig zurückzuweisen gewesen sei.
Dem Einwand des Vaters, seine außergewöhnlichen Belastungen, wie Fahrtkosten, Medikamente, Diät und Heilverfahren, wären zu berücksichtigen, sei zu entgegnen, dass ein Abgehen von der Unterhaltsverpflichtung laut Scheidungsvergleich nur im Falle einer wesentlichen Änderung der für die Bemessung des Unterhaltes maßgeblichen Umstände zulässig wäre. Der Vater stütze seinen Herabsetzungsantrag aber durchwegs auf Umstände, die keine solchen Änderungen der Verhältnisse darstellten. Dass seine gesundheitlichen Einschränkungen zum Zeitpunkt der Scheidung noch nicht gegeben gewesen wären, habe der Vater nicht behauptet.
Auch die Ausführungen des Vaters, weil ihm im Nachhinein ein Unterhaltsabsetzbetrag gewährt worden sei, könne nicht die gesamte Steuergutschrift seinem Einkommen zugerechnet werden; dies würde nämlich dazu führen, dass er für den Unterhaltsabsetzbetrag ebenfalls Unterhalt bezahlen müsste; seien nicht stichhältig. Entgegen der Meinung des Vaters sei es nicht unbedingt sinnwidrig, die ihm eingeräumten steuerlichen Entlastungen zu einem Teil dem Unterhaltsberechtigten zufließen zu lassen. Die bisherige einheitliche Unterhaltsjudikatur habe in diesem Sinne den Unterhaltsabsetzbetrag nicht als Abzug von der Unterhaltsbemessungsgrundlage anerkannt.
Einzuräumen sei dem Vater aber, dass im Sinne des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom 27. 6. 2001, B 1285/00, die Frage, ob der Unterhaltsabsetzbetrag als Abzug von der Unterhaltsbemessungsgrundlage zu berücksichtigen sei, neu zu überdenken sei. Da dazu eine oberstgerichtliche Entscheidung fehle, sei der ordentliche Revisionsrekurs zuzulassen.
Die Ausführungen des Rekursgerichtes zum Rechtsmittel der Unterhaltssachwalterin lassen sich dahin zusammenfassen, betreffend den Zeitraum vom 1. 1. 1998 bis 31. 12. 1998 habe es mangels Änderung der Verhältnisse, wie schon zum Rekurs des Vaters ausgeführt, bei dem bisherigen Unterhalt von S 4.500,-- zu bleiben, weshalb der erstinstanzliche Beschluss diesbezüglich im Sinne des Rekurses abzuändern gewesen sei. Ab 1. 8. 2000 habe die Bezirkshauptmannschaft in erster Instanz nur einen monatlichen Betrag von S 5.300,-- beantragt. Soweit nun S 5.900,-- gefordert würden, sei der Rekurs daher zurückzuweisen gewesen. Hinsichtlich des verbleibenden Zeitraumes vom 1. 1. 1999 bis 31. 7. 2000 reichten die vom Erstgericht getroffenen Feststellungen für eine verlässliche rechtliche Beurteilung nicht aus. Der angefochtene Beschluss sei insoweit mangelhaft, als bei Feststellung des Einkommens und der Belastungen des Vaters die einzelnen Elemente des Sachverhaltes nicht deutlich von der rechtlichen Beurteilung getrennt worden seien. Im Übrigen lasse der Beschluss des Erstgerichtes auch jede Auseinandersetzung mit den zugrundeliegenden Beweismitteln vermissen, sodass großteils nicht nachvollziehbar sei, wie das Erstgericht zu den jeweils festgestellten Beträgen gelangt sei. Für den betreffenden Zeitraum sei daher der erstinstanzliche Beschluss aufzuheben und dem Erstgericht eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufzutragen gewesen. Im fortgesetzten Verfahren werde das Erstgericht insbesondere festzustellen haben, welches Einkommen der Vater bezog, welche Zinsenbelastungen er zu tragen hatte und welchem Zweck diese Belastungen dienten.
Gegen die Entscheidung der zweiten Instanz richtet sich der Revisionsrekurs des Vaters, der eine Abänderung des Beschlusses des Rekursgerichtes im Sinne seiner bereits mit dem Rekurs angestrebten Unterhaltsfestsetzung erreichen will.
Die Bezirkshauptmannschaft Bruck an der Leitha hat als Unterhaltssachwalterin von der ihr eingeräumten Möglichkeit, zum Revisionsrekurs des Vaters Stellung zu nehmen, Gebrauch gemacht und - erschließbar - die Meinung vertreten, die Rechtsmittelausführungen seien nicht zutreffend.
Der Vater erhebt im Revisionsrekurs im Wesentlichen drei Einwände:
Zunächst macht er geltend, sein Sohn habe mit der Mutter seit Mai 1999 den Wohnsitz nach Neusiedl am See verlegt. Im Sommer 1999 habe die Bezirkshauptmannschaft Bruck an der Leitha den gegenständlichen Herabsetzungsantrag gestellt. Im Hinblick auf die Wohnsitzverlegung wäre allerdings die Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See zuständig gewesen; da der Antrag demnach von einer nicht zuständigen Behörde gestellt worden sei, sei die darüber ergangene Entscheidung des Erstgerichtes nichtig.
Dem Vater geht es also nicht, wie das Rekursgericht offenbar angenommen hat, um die mangelnde Zuständigkeit des Erstgerichtes, sondern er macht vielmehr geltend, dass ein unzuständiger Jugendwohlfahrtsträger eingeschritten sei.
Wer neben dem jeweiligen Bundesland (EvBl 1993/191), als dessen Organ das Bezirksjugendamt handelt, noch Jugendwohlfahrtsträger sein kann, bestimmt die Landesgesetzgebung (§§ 4 bis 8 JWG). Die örtliche Zuständigkeit des Jugendwohlfahrtsträgers (ua als Unterhaltssachwalter eines Minderjährigen) ist in § 215a ABGB wie folgt geregelt: "Sofern nicht anderes angeordnet ist, fallen die Aufgaben dem Jugendwohlfahrtsträger zu, in dessen Sprengel der Minderjährige seinen gewöhnlichen Aufenthalt, mangels eines solchen im Inland seinen Aufenthalt hat. Wechselt der Minderjährige seinen Aufenthalt in den Sprengel eines anderen Jugendwohlfahrtsträgers, so kann der Jugendwohlfahrtsträger seine Aufgaben dem anderen mit dessen Zustimmung übertragen. Hievon ist das Gericht zu verständigen, wenn es mit Angelegenheiten des Minderjährigen bereits befasst war." § 215a ABGB statuiert damit keine ausschließliche Zuständigkeitsordnung; abweichend davon kann auch der Jugendwohlfahrtsträger eines anderen Bundeslandes eingeschaltet werden, wenn dies zur sachgerechten Wahrnehmung der Interessen des Minderjährigen erforderlich ist (Schwimann in Schwimann2 I Rz 1 und § 215a mwN; Stabentheiner in Rummel3 Rz 1 zu § 215a mwN). Die Bezirkshauptmannschaft Bruck an der Leitha hat in ihrer Stellungnahme zum gegenständlichen Rechtsmittel ausgeführt, die Mutter des Minderjährigen sei während der Scheidung von ihrer Jugendabteilung betreut worden. Als die hinsichtlich des mj. Richard getroffene Unterhaltsvereinbarung mit dem Vater nicht durchsetzbar gewesen sei, habe sich die Mutter wieder an die Bezirkshauptmannschaft Bruck an der Leitha gewendet und dieser gemäß § 212 Abs 2 ABGB die Zustimmung zur Vertretung erteilt. Aus den Ausführungen des Rekursgerichtes ist zudem erschließbar, dass auch die besonderen örtlichen Verhältnisse das Einschreiten der Bezirkshauptmannschaft Bruck an der Leitha anstatt der Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See angezeigt erscheinen lassen. Die Weiterführung der Unterhaltssachwalterschaft durch die Bezirkshauptmannschaft Bruck an der Leitha wahrt daher die Interessen des Minderjährigen und bestehen daher dagegen keine Bedenken. Von einer vom Vater behaupteten Nichtigkeit kann daher keine Rede sein. Weiters führt der Vater im Revisionsrekurs aus, er sei wegen seiner dauernden starken Gehbehinderung - auch berufsbedingt - auf die Benützung eines PKW angewiesen, weshalb die mit dem Ankauf und der Erhaltung seines PKW verbundenen Kosten zu berücksichtigen seien. Vom Revisionsrekurswerber wird dabei übersehen, dass die Vorinstanzen auf die Zinsen des vom Vater auch für den Ankauf des PKW im Jahr 1997 aufgenommenen Hypothekarkredites ohnehin Bedacht genommen haben. Schließlich verweist der Revisionsrekurswerber noch auf das erst nach seinem Rekurs ergangene Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 27. 6. 2001 B 1285/00, wonach bei höheren Einkommen Transferzahlungen (Familienbeihilfe) an den Obsorgeberechtigten bei getrennten Haushalten zur steuerlichen Entlastung des Unterhaltspflichtigen führen müssten, dh, dass der Unterhaltspflichtige sowohl durch die Gewährung des Unterhaltsabsetzungsbetrages als auch durch die teilweise Anrechnung der Transferzahlungen eine verfassungskonforme Entlastung erfahren solle, um seine Steuerbelastung abzugelten. Im vorliegenden Fall sei von den Unterhaltszahlungen von derzeit S 60.000,-- jährlich nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes die Hälfte zu berücksichtigen. Bei Anwendung des Steuersatzes von 40 % ergebe sich somit eine Steuerbelastung von S 12.000,--, der ein Unterhaltsabsetzbetrag von S 4.200,-- gegenüberstehe. Die Differenz betrage S 7.800,-- oder 13 % des Unterhaltsbetrages. Es werde begehrt, die Transferzahlungen auf die Unterhaltspflichten anzurechnen.
Rechtliche Beurteilung
Diesen Ausführungen kommt grundsätzlich Berechtigung zu, weshalb dem Revisionsrekurs spruchgemäß Folge zu geben ist:
Vorauszuschicken ist, dass nach stRsp das Rekursgericht zwar die Überprüfung des erstinstanzlichen Beschlusses nach der Sach- und Rechtslage zur Zeit seiner Erlassung vorzunehmen hat, die (eingeschränkte) Neuerungserlaubnis des § 10 AußStrG es den Parteien jedoch erlaubt, sich im Rekurs auf solchen neuen Umstände zu beziehen, die bereits vor der Erlassung des erstgerichtlichen Beschlusses erwogen werden konnten und für die richtige rechtliche Beurteilung des Sachverhaltes von Bedeutung sein können (5 Ob 718/82; 8 Ob 390/97d = ÖA 1998, 246 U 239 mwN). Unter dem Blickwinkel dieser Judikatur und weil die in dem erwähnten Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes geäußerte Rechtsmeinung eine tiefgreifende Änderung der bisherigen Rechtsprechung bedeutet (die eine Neufestsetzung des Unterhaltes rechtfertigt), ist das ergänzende Vorbringen des Vaters, auch wenn es im Revisionsrekurs erstmals erstattet wurde, zu beachten.
Der Oberste Gerichtshof hat bereits in mehreren, jüngst ergangenen Entscheidungen (1 Ob 79/02b; 4 Ob 45/02x; 4 Ob 52/02d; 7 Ob 167/02p; 7 Ob 174/02t; 7 Ob 193/02m ua) ausgesprochen, dass die zur verfassungsgemäßen steuerlichen Entlastung des getrennt lebenden Geldunterhaltspflichtigen im Wege der Weiterverrechnung eines Teiles der (vom betreuenden Elternteil bezogenen) Transferleistungen (Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag) nach folgender Formel zu errechnen ist: Der (wie bisher nach der Prozentwertmethode berechnete) zu leistende Geldunterhalt dividiert durch zwei, mal verminderter Grenzsteuersatz des Geldunterhaltspflichtigen (höchstens 40 %), minus Unterhaltsabsetzbetrag, ergibt jenen (Teil-)Betrag der Transferleistungen, der auf die Geldunterhaltspflicht anzurechnen ist (vgl 7 Ob 167/02p; 7 Ob 174/02t und 7 Ob 193/02m, jeweils unter Hinweis auf Gitschthaler, Unterhaltsrecht Rz 337). Zur Ausmittlung des vom getrennt lebenden Geldunterhaltspflichtigen zu leistenden Unterhaltes nach dieser Berechnungsmethode ist über die wie bisher vorzunehmende Unterhaltsberechnung nach der Prozentwertmethode hinaus noch die Feststellung des Grenzsteuersatzes des betreffenden Unterhaltspflichtigen erforderlich. Der Grenzsteuersatz lässt sich durch Einsichtnahme in den Jahreslohnzettel bzw den Einkommenssteuerbescheid des Geldunterhaltsverpflichteten feststellen (vgl Gitschthaler, Unterhaltsrecht Rz 245 und 337; zutreffend wird von Gitschthaler dabei auch auf die diesbezügliche Behauptungs- und Beweispflicht des Unterhaltspflichtigen hingewiesen). Außer in Grenzfällen wird in der Regel, wie Zorn, Kindesunterhalt und Verfassungsrecht, SWK 2001, 804 ausführt, auch schon die Feststellung des Brutto-Jahreseinkommens des Geldunterhaltspflichtigen (ohne allfälliges Urlaubsgeld oder Weihnachtsgeld, § 2 Abs 2 und § 41 Abs 4 EStG) Aufschluss über den heranzuziehenden Grenzsteuersatz geben. Dieser Grenzsteuersatz ist allerdings bei der Berechnung der notwendigen steuerlichen Entlastung noch entsprechend zu vermindern (abzusenken), wobei der Oberste Gerichtshof in den bereits zitierten Entscheidungen eine Absenkung des Grenzsteuersatzes von 50 % auf 40 %, des Grenzsteuersatzes von 41 % auf 33 % und des Grenzsteuersatzes von 31 % auf 25 % als angemessen erachtet hat.
Ausgehend von diesen Grundsätzen kommt auch im vorliegenden Fall die vom Vater geforderte Unterhaltsherabsetzung im Wege einer (teilweisen) Anrechnung der Familienbeihilfe zum Zwecke der steuerlichen Entlastung in Betracht. Um die zur Beantwortung der Frage, ob bzw inwieweit dies der Fall ist, notwendigen Berechnungen anstellen zu können, ist die Kenntnis des Umstandes, in welcher höchsten Einkommenssteuerprogression sich der Vater befindet, Voraussetzung. Aus seinem festgestellten monatlichen Nettoeinkommen von S 27.500,-- = EUR 1.998,50 (inklusive Sonderzahlungen) kann dies nicht mit der erforderlichen Sicherheit ohne weiteres abgeleitet werden. Nur in Fällen, in denen schon auf Grund der bekannten Höhe des Nettoeinkommens die Höhe des Grenzsteuersatzes des Unterhaltspflichtigen evident ist (also etwa wenn schon das festgestellte Nettoeinkommen die Grenzschwelle des Bruttoeinkommens für einen Grenzsteuersatz von 50 %, nämlich EUR 50.870,98, deutlich übersteigt, kann eine ausdrückliche Feststellung betreffend die Tatsache des anzuwendenden Grenzsteuersatzes des Unterhaltspflichtigen entbehrlich sein; ansonsten ist es - wie hier - dem Obersten Gerichtshof, der nicht Tatsacheninstanz ist, verwehrt, diesen Umstand zu erforschen und eine entsprechende Feststellung zu treffen. Dies war daher dem Erstgericht aufzutragen, das (auch insoferne) eine Verfahrensergänzung vorzunehmen und entsprechend dem Ergebnis seiner im aufgezeigten Sinn vorzunehmenden Berechnungen neuerlich zu entscheiden haben wird.
Im Hinblick darauf, dass der Vater eine Unterhaltsherabsetzung ab 1. 10. 1996 fordert, ist noch ergänzend darauf hinzuweisen, dass eine nach den erwähnten Kriterien zwecks steuerlicher Entlastung allenfalls erforderliche Reduzierung des Geldunterhaltes über die Höhe des Kinderabsetzbetrages hinaus (hinsichtlich dessen § 12a FLAG einer Anrechnung von vornherein nicht entgegengestanden ist) grundsätzlich erst ab Kundmachung des Aufhebungserkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes in BGBl 2002/152 am 13. 9. 2002 möglich ist, weil bei der bis dahin geltenden Rechtslage § 12a FLAG aF eine Anrechnung der Familienbeihilfe auf den Geldunterhalt verhinderte. Dies gilt jedoch gemäß Art 140 Abs 7 B-VG in den sog. Anlassfällen - wie hier - nicht.
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