Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 6.086,40 (darin enthalten S 1.014,40 USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die beklagte Partei bestellte im Herbst 1994 bei der Firma G***** GmbH (in der Folge: G*****) 500 Satelitenempfangsanlagen, die jeweils aus einem Parabolspiegel, einer Antenne und einem Receiver bestanden. Die Anlagen waren für das Weihnachtsgeschäft vorgesehen. G***** bestellte die Einzelteile ihrerseits bei der klagenden Partei, die diese Teile aus dem Ausland importierte. Der geschäftsführende Gesellschafter der klagenden Partei, Jörg G*****, war zugleich Mehrheitseigentümer von G*****, ließ allerdings seine Anteile von deren Geschäftsführer Michael O***** treuhändig halten. Bei G***** kam es in der Folge zu Auslieferungsschwierigkeiten. G***** hatte große finanzielle Probleme, die Jörg G***** bekannt waren. Er befürchtete, daß ihm G***** die bestellten Waren nicht bezahlen werde. Jörg G***** und Michael O***** kamen daher überein, daß die klagende Partei 200 der von der beklagten Partei bei G***** bestellten SAT-Receiver direkt an die beklagte Partei liefern und auch fakturieren werde. Michael O***** erklärte, er werde diesbezüglich das Einvernehmen mit der beklagten Partei herstellen.
Aufgrund dieser Absprache faxte G***** am 22. 12. 1994 an die klagende Partei, daß 200 SAT-Receiver an die beklagte Partei geliefert und fakturiert werden sollten. Jörg G***** verließ sich darauf, daß Michael O***** diese Vorgangsweise mit der beklagten Partei abgesprochen habe. Dies war aber nicht der Fall. Am 27. 12. 1994 erstellte die klagende Partei für die 200 SAT-Receiver, die sie direkt an die beklagte Partei liefern ließ, eine Rechnung mit einem Nettopreis von S 192.000,- -.
Die beklagte Partei wurde davon überrascht, daß sie die Rechnung nicht von G*****, sondern von der klagenden Partei erhielt. Die beklagte Partei hielt deshalb Rücksprache mit Michael O***** und erklärte ihm, sie lege Wert darauf, daß die Rechnung von G***** ausgestellt werde, weil G***** im Gegensatz zur klagenden Partei Mitglied der R***** Einkaufs- und Werbegenossenschaft sei, weshalb der beklagten Partei seitens R***** ein Bonus zukommen werde. Michael O***** erklärte ihr, er werde sich um die Angelegenheit kümmern und sich mit der klagenden Partei ins Einvernehmen setzen. Die beklagte Partei möge die Rechnungen an die klagende Partei zurückschicken was diese dann auch tat.
In der Folge vereinbarte die beklagte Partei mit Michael O***** weiters, daß sie den Teil der Waren verspätet (in Bezug auf das Weihnachtsgeschäft) die geliefert worden war wieder an G***** zurückschicken könne und daß G***** nur den tatsächlich verkauften Teil der Ware in Rechnung stellen werde. Am 6. 3. 1995 sandte die beklagte Partei unter anderem 130 SAT-Receiver „zur Gutschrift“ an G***** zurück.
Am 7. 3. 1995 mahnte die klagende Partei, der die Vereinbarungen zwischen Michael O***** und der beklagten Partei unbekannt geblieben waren, den Rechnungsbetrag bei der beklagten Partei ein.
Noch im März 1995 kam es zum endgültigen Zerwürfnis zwischen Michael O***** und Jörg G*****. G***** mußte die von Ing. G***** gemieteten Räumlichkeiten in Wien räumen. G***** ließ dort aber die von der beklagten Partei retournierten SAT-Receiver zurück. Michael O***** wies Jörg G***** darauf hin und erklärte, daß die klagende Partei über die SAT-Receiver verfügen könne.
Nachdem die beklagte Partei die Mahnung vom 7. 3. 1995 erhalten hatte, kam es zum ersten Kontakt zwischen den Geschäftsführern der Streitteile. Johannes M*****, der Geschäftsführer der beklagten Partei, bestand darauf, daß die SAT-Receiver seitens G***** abgerechnet werden, da er sonst den Bonus bei R***** verliere. Dieses Gespräch verlief insgesamt ergebnislos.
Nach einem Treffen zwischen Johannes M***** und Michael O***** am 21. 4. 1995 stellte G***** die gelieferten und von der Beklagten verkauften 70 SAT-Receiver im Betrag von S 115.152,-- der beklagten Partei in Rechnung. Diese Rechnung wurde von der beklagten Partei in der Weise beglichen, daß damit einerseits eine Verbindlichkeit von G***** bei R***** in Höhe von S 73.455,60 abgedeckt und der Restbetrag von S 41.696,30 an G***** bezahlt wurde. Von G***** wurde keine Zahlung an die klagende Partei weitergeleitet. In der Folge wurde ein Antrag auf Eröffnung des Konkurses über das Vermögen von G***** mangels kostendeckenden Vermögens abgewiesen. G***** wurde liquidiert. Gegen Michael O***** wurde ein Strafverfahren eingeleitet.
Am 31. 5. 1995 mahnte die klagende Partei nochmals ihre Rechnung vom 27. 12. 1994 ein. Die beklagte Partei verweigerte aber weiterhin die Zahlung.
Die klagende Partei begehrte S 115.200,- - sA für 100 verkaufte Receiver und brachte vor, die beklagte Partei sei damit einverstanden gewesen, daß sie die SAT-Receiver der beklagten Partei direkt verrechne. Die von der beklagten Partei retournierten Receiver seien mängelfrei gewesen. G***** habe die SAT-Receiver vereinbarungswidrig der beklagten Partei verrechnet. Die Zahlung dieser Rechnung durch die beklagte Partei habe keine schuldbefreiende Wirkung gehabt. Schließlich sei die beklagte Partei durch die Annahme der gelieferte Ware bereichert, sodaß das Klagebegehren auch auf den Rechtsgrund der ungerechtfertigten Bereicherung und auf jeden anderen Rechtsgrund gestützt werde.
Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Sie habe die SAT-Receiver bei G***** bestellt. Eine andere Vereinbarung sei nicht getroffen worden. 130 SAT-Receiver seien im Einvernehmen mit G***** dieser retourniert worden. Die restlichen 70 Receiver seien der beklagten Partei von G***** in Rechnung gestellt und an diese bezahlt worden.
Das Erstgericht erkannte die beklagte Partei schuldig, S 80.640,- - samt 5 % Zinsen seit 27. 1. 1995 zu zahlen und wies das Mehrbegehren von S 34.560,-- und das Zinsenmehrbegehren ab. Die beklagte Partei habe zwar der klagenden Partei keinen Auftrag zur Lieferung der Receiver erteilt. Die beklagte Partei müsse aber die klagende Partei als Gläubigerin akzeptieren, weil sie die gelieferte Ware behalten und verkauft habe. Der klagenden Partei stehe aber nur der Kaufpreis für 70 Receiver zu. Hiebei sei von den in der Klage zugrundegelegten Stückpreisen auszugehen.
Das Berufungsgericht änderte dieses Urteil in Stattgebung der Berufung der beklagten Partei im Sinne einer gänzlichen Abweisung des Klagebegehrens ab. Die beklagte Partei habe bei Auslieferung der Ware an sie vom aufrechten Vertragsverhältnis mit der Firma G***** ausgehen können, weil sie von der zwischen der klagenden Partei und G***** getroffenen Vereinbarung nicht informiert worden sei. Da sie dieser Vereinbarung nicht (nachträglich) zugestimmt habe, sei sie ihr gegenüber auch nicht bindend geworden. Es sei zwar die Ansicht des Erstgerichtes zu teilen, daß die beklagte Partei die gelieferte Ware nicht behalten und verwerten hätte dürfen, wenn sie schon die Rechnung der klagenden Partei nicht akzeptieren habe wollen, daraus könne jedoch nicht auf einen konkludenten Vertragsabschluß geschlossen werden. Die Verwertung der gelieferten Receiver durch die beklagte Partei könne daher lediglich unter bereicherungsrechtlichen Gesichtspunkten gesehen werden. Hiezu habe die klagende Partei aber keine Behauptungen aufgestellt. Die beklagte Partei habe letztlich durch Bezahlung der in Rechnung gestellten Receiver an G***** schuldbefreiend Leistung erbracht.
Seinen zunächst im Urteil enthaltenen Ausspruch, daß die ordentliche Revision nicht zulässig sei, änderte das Berufungsgericht auf Antrag der beklagten Partei dahin ab, daß es die ordentliche Revision nunmehr für zulässig erklärte.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision der klagenden Partei ist zulässig, aber nicht berechtigt.
Die von den Vorinstanzen festgestellte Vereinbarung der klagenden Partei mit G***** ist als geplante Vertragsübernahme seitens der beklagten Partei zu beurteilen. Die Vertragsübernahme ist im Gesetz nicht ausdrücklich geregelt. Mit ihr soll durch einen einheitlichen Akt die Gesamtheit aller wechselseitigen Rechte und Pflichten übertragen werden und der Vertragsübernehmer an die Stelle der aus dem Schuldverhältnis ausscheidenden Partei treten. Der Vertragsübernehmer soll die gesamte vertragliche Rechtstellung übernehmen, ohne daß dadurch der Inhalt oder die rechtliche Identität des bisherigen Schuldverhältnisses verändert werden (Ertl in Rummel 2 II, Rz 2 zu § 1406 ABGB mwN). Es kann nach den Feststellungen der Vorinstanzen nicht zweifelhaft sein, daß die klagende Partei und G***** eben diese Rechtsfolgen herbeiführen wollten, sollte doch die Lieferung an die beklagte Partei anstatt durch ihren ursprünglichen Kaufvertragspartner G***** durch die klagende Partei erfolgen, die auch allein zum Inkasso des Kaufpreises berechtigt sein sollte.
Die Vertragsübernahme wird nach herrschender Ansicht nicht mehr als Kombination aus Forderungs- und Schuldübernahme („Zerlegungstheorie“), sondern als einheitliches Rechtsgeschäft („Einheitstheorie“) begriffen, wodurch auch die darüberhinaus greifende rechtliche Rahmenbeziehung, insbesondere die vertraglichen Gestaltungsrechte übertragen werden (Ertl aaO; JBl 1990, 717 mwN). Voraussetzung für eine wirksame Vertragsübernahme ist grundsätzlich die Übereinkunft aller drei Parteien, somit der verbleibenden Restpartei, der ausscheidenden Altpartei und der eintretenden Neupartei. Die Vertragsübernahme ist nur dann vollständig, also auch gegen den verbleibenden Partner wirksam, wenn auch dieser der Vereinbarung zugestimmt hat (JBl 1990, 717; 1 Ob 620/93; 1 Ob 512/93 je mwN). Im vorliegenden Fall hat die beklagte Partei sowohl gegenüber G***** als Altpartei als auch gegenüber der klagenden Partei als eintretender Neupartei unmißverständlich zum Ausdruck gebracht, daß sie der Vertragsübernahme nicht zustimme und ausschließlich G***** als Vertragspartner akzeptiere. Sie hat dies jeweils auch damit begründet, daß sie ansonsten den Bonus bei R***** verliere. Die zwischen G***** und der klagenden Partei beabsichtigte Vertragsübernahme scheiterte daher am Widerstand der beklagten Partei, die sich gegen einen Wechsel ihres Vertragspartners aussprach.
Nach einem Teil der Rechtsprechung ist die Restpartei bei der Vertragsübernahme nur dann berechtigt ihre Zustimmung zu verweigern, wenn ihr noch Rechte aus dem Vertrag zustehen, wie vor allem bei Dauerschuldverhältnissen. Andernfalls - wie insbesondere beim Kaufvertrag - bedürfe es demnach der Zustimmung der verbleibenden Partei nicht mehr, wenn diese die Erfüllung tatsächlich angenommen habe, weil ihr dann kein Schuldnerwechsel mehr aufgedrängt werde (EvBl 1975/30; 4 Ob 506/81; 5 Ob 688/82). Der hier vorliegende Sachverhalt unterscheidet sich von den diesen Entscheidungen zugrundeliegenden Fällen aber einerseits durch die seitens der beklagten Partei ihr von G***** zugesicherte und in der Folge geltend gemachte Rücknahmeverpflichtung hinsichtlich eines Teiles der Ware wegen verspäteter Lieferung, und andererseits dadurch, daß die beklagte Partei ihre finanziellen Vorteile gegenüber der Firma R***** verloren hätte, hätte sie den Austausch ihres Vertragspartners akzeptiert. Mit der Lieferung der Receiver an die beklagte Partei war der Geschäftsfall auch seitens des Schuldners der Ware noch nicht abgeschlossen. Zudem hätten die beklagte Partei wirtschaftlich nachteilige Folgen in Form des Verlustes ihres „Bonus“ bei R***** getroffen. Aus diesen Gründen konnte der beklagten Partei ein Wechsel ihres Schuldners und zugleich Gläubigers hinsichtlich der Geldforderung nicht gegen ihren Willen aufgedrängt werden.
Die Bezahlung der gelieferten Ware an die Firma G*****, die die beklagte Partei aufgrund ihrer mehrfach deponierten und auch begründeten Weigerung, die klagende Partei als eintretenden Vertragsübernehmer anzuerkennen, als ihren Vertragspartner ansehen durfte, befreite die beklagte Partei daher von ihrer Kaufpreisschuld.
Das Berufungsgericht hat somit das Klagebegehren im Ergebnis zu Recht zur Gänze abgewiesen. Die dem Berufungsgericht unterlaufene Aktenwidrigkeit, daß sich die klagende Partei auf den Titel der Bereicherung nicht gestützt habe, obgleich die klagende Partei auch diesen Rechtsgrund herangezogen hat, kann auf sich beruhen. Aufgrund des festgestellten Vertragsverhältnisses kommt die Anwendung der bloß subsidiär heranzuziehenden Bereicherungsbestimmungen nicht in Betracht.
Ebenso dahingestellt bleiben kann die in den Revisionsschriften relevierte Frage, ob Michael O***** als Bevollmächtigter der klagenden Partei (allenfalls im Rahmen einer Anscheinsvollmacht) zur Abgabe von für die klagende Partei bindenden Erklärungen über die Zahlungsmodalitäten anzusehen war.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)