Spruch:
Die außerordentliche Revision und der darin enthaltene Rekurs werden zurückgewiesen.
Text
Begründung
Der Kläger wurde im Krankenhaus der Beklagten stationär behandelt. Er kam, als er nach einer Stoßwellentherapie unter Aufsicht des behandelnden Arztes vom Behandlungstisch herunterstieg, zu Sturz und brach sich den linken Oberarm. Er begehrt von der Beklagten an Schadenersatz zuletzt (nach Klagsausdehnung) EUR 22.500,-- sA und die Feststellung der Haftung für künftige Schäden aus dem Vorfall. Das Erstgericht erkannte die Beklagte schuldig, dem Kläger EUR 5.775,-- (samt Zinsen) zu bezahlen und gab dem Feststellungsbegehren zu 50 % statt. Ein Mehrbegehren von EUR 11.250,-- (samt Zinsen) sowie das Feststellungsmehrbegehren wurden abgewiesen. Über das restliche Leistungsbegehren von EUR 5.675,-- (samt Zinsen) entschied das Erstgericht nicht.
Das Berufungsgericht gab der gegen den klagsstattgebenden Teil der erstinstanzlichen Entscheidung gerichteten Berufung der Beklagten keine Folge. Der Berufung des Klägers gab es hingegen teilweise dahin Folge, dass es dem Kläger mit Teilurteil EUR 11.000,-- (samt Zinsen) zusprach und einen Betrag von EUR 521,53 (samt Zinsen) abwies sowie dem Feststellungsbegehren zur Gänze stattgab. Im Übrigen - hinsichtlich der Abweisung des Begehrens auf Ersatz eines Verdienstentgangs von EUR 10.856,39 sowie weiterer EUR 122,09, insgesamt also EUR 10.978,48 - wurde das Ersturteil aufgehoben und die Rechtssache in diesem Umfang zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen. Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei; ein Ausspruch, dass gegen den Aufhebungsbeschluss der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig wäre, wurde nicht getroffen. In ihrer außerordentlichen Revision wendet sich die Beklagte nicht nur gegen den klagsstattgebenden Teil der zweitinstanzlichen Entscheidung, sondern inhaltlich auch gegen den berufungsgerichtlichen Aufhebungsbeschluss. Da der Kläger kein den Verdienstentgangsanspruch begründendes Vorbringen erstattet habe, sei das entsprechende Klagebegehren abzuweisen; es werde in diesem Zusammenhang auch eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens im Sinne des § 405 ZPO geltend gemacht. Insgesamt werde daher eine Abänderung im Sinne einer (gänzlichen) Klagsabweisung beantragt.
Rechtliche Beurteilung
Soweit also auch der Aufhebungsbeschluss bekämpft wird, stellt das Rechtsmittel der Beklagten einen Rekurs dar, der aber absolut unzulässig ist:
Gemäß § 519 Abs 1 Z 2 ZPO ist gegen berufungsgerichtliche Beschlüsse, soweit dadurch das erstgerichtliche Urteil aufgehoben und dem Gericht erster Instanz eine neuerliche, nach Ergänzung des Verfahrens zu fällende Entscheidung aufgetragen wird, der Rekurs an den Obersten Gerichtshof nur dann zulässig, wenn das Berufungsgericht dies ausgesprochen hat. Durch diese Formulierung wird eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass die Zulässigkeit des Rekurses gegen den berufungsgerichtlichen Aufhebungsbeschluss an einen ausdrücklichen Zulassungsausspruch des Gerichtes zweiter Instanz gebunden ist (stRsp: RIS-Justiz RS0043880 mit zahlreichen Entscheidungsnachweisen). Fehlt - wie im vorliegenden Fall - ein Ausspruch über die Zulässigkeit des Rekurses gegen einen Aufhebungsbeschluss des Berufungsgerichtes, dann ist nach stRsp auch ein außerordentlicher Rekurs ausgeschlossen (RIS-Justiz RS0043898 mit zahlreichen Entscheidungsnachweisen; Kodek in Rechberger2 Rz 4 zu § 519 ZPO).
Der in der außerordentlichen Revision enthaltene Rekurs ist daher als jedenfalls unzulässig zurückzuweisen.
Die außerordentliche Revision gegen den mit Teilurteil ausgesprochenen Zuspruch von EUR 11.000,-- (samt Zinsen) ist unzulässig, weil die Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO nicht vorliegen: Sowohl die Frage, ob seitens der Beklagten Schutz- und Sorgfaltspflichten verletzt wurden, als auch die Frage, ob dem Kläger selbst auch ein - als Mitverschulden zu berücksichtigender - Aufmerksamkeitsfehler vorzuwerfen ist, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab. Der konkrete Inhalt einer Verkehrssicherungspflicht kann immer nur von Fall zu Fall bestimmt werden (RIS-Justiz RS0029874; RS0110202). Die Lösung einer Frage, ob im konkreten Fall die beklagte Partei alles ihr Zumutbare zur Verhütung der Gefahren der vorliegenden Art getan hat, bildet wegen der über den Anlassfall nicht hinausgehenden Bedeutung keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO, schließt doch die Kasuistik des Einzelfalles in der Regel eine beispielgebende Entscheidung aus (1 Ob 338/98g; 9 Ob 10/00m; 7 Ob 26/00x ua). Eine Einzelfallentscheidung ist für den Obersten Gerichtshof daher nur dann überprüfbar, wenn im Interesse der Rechtssicherheit eine grobe Fehlbeurteilung durch das Berufungsgericht korrigiert werden müsste (RIS-Justiz RS0044088 mit zahlreichen Entscheidungsnachweisen).
Das ist hier keineswegs der Fall: Nach den vom Berufungsgericht gebilligten Feststellungen des Erstgerichtes war der Behandlungstisch 1,30 m hoch. Die beiden Stufenauftritte des dazugehörenden tragbaren Treppchens waren aus Nirostablech und je 59 cm lang und 34 cm breit. Eine Stützvorrichtung (Geländer) gab es nicht. Alte und Kranke mussten vom Behandlungstisch im Rückwärtsgang absteigen. Vor der an sich schmerzhaften Behandlung hatte der Kläger eine Infusion eines schmerzlindernden Medikamentes verabreicht erhalten. Nach der Behandlung, die den Kläger "etwas mitgenommen" hatte, begann er über die Treppe abzusteigen. Der behandelnde Oberarzt half ihm dabei, indem er dafür sorgte, dass der Kläger mit beiden Beinen auf die oberste Stufe gelangte. Dann ergriff der Oberarzt den rechten Arm des Klägers. Dieser setzte daraufhin seinen rechten Fuß auf die untere Stufe. Als der Kläger mit dem linken Fuß von der obersten Stufe herunterstieg, verfehlte er die untere Stufe, entglitt dem Griff des Oberarztes und fiel nach links auf den Boden, wo er sich den linken Oberarm brach.
Darin, dass das Berufungsgericht bei dieser Sachlage der Beklagten eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht zur Last legte, kann keineswegs eine krasse Fehlbeurteilung erblickt werden: Zu Recht hat das Berufungsgericht dem Oberarzt vorgeworfen, sich nur unzureichend um den Kläger angenommen zu haben. Da er diesen während des Abstiegs am Arm ergriffen hatte, was geeignet gewesen sei, bei diesem ein Sicherheitsgefühl zu erzeugen, habe er den Kläger nicht eher loslassen dürfen, als bis dieser wieder mit beiden Füßen auf dem ebenen Fußboden stand. Dabei habe der Oberarzt, wenn er die Beiziehung eines Pflegers für entbehrlich gehalten habe, für seine eigene Standfestigkeit sorgen müssen, um nicht vom Kläger umgerissen zu werden und mitsamt diesem umzufallen.
Aber auch die Verneinung eines Mitverschuldens des Klägers durch das Berufungsgericht begegnet keinen Bedenken. Führt man sich die zu beurteilende Situation vor Augen, kann dem Kläger nicht der Vorwurf gemacht werden, nicht "vor die Füße geschaut" zu haben. Insbesondere wenn man bedenkt, dass der Kläger durch die vorangegangene Behandlung mitgenommen war und ein schmerzlinderndes Medikament verabreicht bekommen hatte, kann in der Ansicht, ihn treffe kein Aufmerksamkeitsfehler, keine grobe Fehlbeurteilung erblickt werden. Mit den von der Revisionswerberin zitierten oberstgerichtlichen Entscheidungen SZ 60/189, 6 Ob 253/99w und 6 Ob 73/74, in denen jeweils ein überwiegendes Mitverschulden des Geschädigten angenommen worden war, ist der vorliegende Fall in keiner Weise vergleichbar. Die behauptete Aktenwidrigkeit, auf die die Revisionswerberin ihr Zulassungsbegehren schließlich noch stützen will, wird darin erblickt, dass das Berufungsgericht ausgeführt hat, das in der Judikatur zitierte Gebot, beim Gehen vor die eigene Füße zu schauen, könne "beim Rückwärtsabsteigen über eine Treppe" nicht unmittelbar angewendet werden. Damit nehme - wie die Revisionswerberin behauptet - das Berufungsgericht einen Sachverhalt an, der vom Erstgericht nicht festgestellt worden sei. Da dies aber keineswegs richtig ist (der Kläger stürzte ja tatsächlich, als er gerade mit Hilfe des Oberarztes über zwei Stufen vom Behandlungstisch rückwärts heruntersteigen wollte), liegt die behauptete Aktenwidrigkeit nicht vor.
Da die Revisionswerberin daher keinen tauglichen Zulassungsgrund bzw auch sonst keine Rechtsfrage von der in § 502 Abs 1 ZPO genannten Bedeutung aufzuzeigen vermag, ist ihr Rechtsmittel gegen das Teilurteil gemäß § 508a Abs 2 ZPO als unzulässig zurückzuweisen.
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