OGH 7Ob306/04g

OGH7Ob306/04g12.1.2005

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei W*****AG, *****, vertreten durch Dr. Roland Hubinger und andere Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei Josef S*****, vertreten durch Dr. Hans Böck, Rechtsanwalt in Wien, wegen EUR 66.316,87 sA (Revisionsinteresse EUR 29.570,78), über die außerordentliche Revision des Beklagten gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 19. Oktober 2004, GZ 12 R 126/04v-42, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Der Beklagte, der ein Abbruchunternehmen betreibt, sollte im Auftrag des Gerhard F***** auf dessen Liegenschaft ein Presshaus abreißen und die Baugrube für ein neues Presshaus ausheben. Durch die Arbeiten, die von einem Mitarbeiter des Beklagten mit einem Bagger durchgeführt wurden, stürzte ein auf dem Nachbargrundstück errichteter Keller ein, wodurch das Presshaus des Nachbarn beschädigt wurde. Die Klägerin hat als Haftpflichtversicherer des Auftraggebers F***** dem Nachbarn Entschädigungszahlungen von insgesamt EUR 66.316,87 geleistet. Mit der Behauptung, der Beklagte (bzw sein Baggerfahrer) sei unsachgemäß vorgegangen, begehrte sie den von ihr dem Geschädigten bezahlten Betrag vom Beklagten im Regressweg ersetzt. Das Erstgericht gab dem Klagebegehren mit EUR 24.120,32 sA statt und wies das Mehrbegehren von EUR 42.196,55 sA ab.

Das Gericht zweiter Instanz gab der Berufung des Beklagten gegen den stattgebenden Teil der erstinstanzlichen Entscheidung keine Folge. Der Berufung der Klägerin wurde hingegen Folge gegeben und das Ersturteil dahin abgeändert, dass der Klägerin mit Teilurteil EUR 29.570,78 sA zugesprochen wurde. Hinsichtlich der Abweisung des restlichen Begehrens von EUR 36.746,09 sA wurde das Ersturteil aufgehoben und die Rechtssache zur ergänzenden Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen. Zur Begründung des mit Teilurteil erfolgten Zuspruches von EUR 29.570,78 sA führte das Berufungsgericht - soweit in dritter Instanz noch wesentlich - aus, der Beklagte hafte für die unsachgemäße Ausführung des Abbruches auf Grund des mit dem Versicherungsnehmer F***** abgeschlossenen Werkvertrages auch dem geschädigten Dritten (dem Nachbarn). Bei Verletzung vertraglicher Schutzpflichten zu Gunsten Dritter hafte der Unternehmer für das Gehilfenverschulden nach § 1313a ABGB. Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision gegen das Teilurteil nicht zulässig sei, weil keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO zur beurteilen gewesen sei.

Rechtliche Beurteilung

Vom Beklagten wird hingegen in seiner außerordentlichen Revision als Grund dafür, dass die Revision entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes zulässig sei, (allein) geltend gemacht, die Judikatur zur Verletzung vertraglicher Schutzpflichten zu Gunsten Dritter unter Bezug auf die Haftung des Unternehmers für das Gehilfenverschulden nach § 1313a ABGB sei nicht einheitlich bzw widerspreche die zweitinstanzliche Entscheidung, wonach bei Verletzung vertraglicher Schutzpflichten zu Gunsten Dritter der Unternehmer für das Gehilfenverschulden nach § 1313a ABGB hafte, der ständigen Judikatur des Obersten Gerichtshofes.

Davon kann aber gar keine Rede sein: Nach ganz hM ist bei Verträgen mit Schutzwirkungen zu Gunsten Dritter bei Gehilfeneinsatz nach § 1313a ABGB einzustehen (Reischauer in Rummel3, § 1313a Rz 15 mwN). Verletzen also Leute eines Unternehmers, für die dieser gemäß § 1313a ABGB zu haften hat (wie hier der Beklagte für seinen Baggerfahrer) vertragliche Schutz- und Sorgfaltspflichten, so kann der in den Schutzkreis des Werkvertrages aufgenommene Dritte direkt gegen den auch für seinen Erfüllungsgehilfen haftenden Unternehmer Schadenersatz geltend machen (JBl 1991, 453 mwN, uva, zuletzt etwa 1 Ob 296/03s). Gegenteilige oberstgerichtliche Judikatur existiert nicht.

Die vom Revisionswerber im Rahmen seiner Rechtsrüge erhobene Behauptung, er stehe in keiner vertraglichen Beziehung zum Versicherungsnehmer der Klägerin, ist angesichts der festgestellten Auftragserteilung des Versicherungsnehmers F***** an ihn nicht verständlich bzw schlicht unrichtig.

Der vom Revisionswerber noch erhobene Einwand, ein Vertrag zwischen Geschäftsherrn und Gehilfen (hier zwischen dem Beklagten und seinem Baggerfahrer) entfalte nach überwiegender Judikatur keine Schutzwirkung zu Gunsten des geschädigten Gläubigers, geht ins Leere. Richtig ist zwar, dass der Vertrag zwischen dem Geschäftsherrn und dem Gehilfen nach stRsp keine Schutzwirkungen zu Gunsten des geschädigten Gläubigers entfaltet und der Gehilfe nur deliktisch haftet (6 Ob 155/04v uva). Der Revisionswerber übersieht aber, dass es im vorliegenden Fall nicht um die Haftung des Baggerfahrers, sondern um die Haftung des Beklagten geht, die keineswegs aus dessen Vertrag mit dem Baggerfahrer, sondern selbstredend aus der Schutzwirkung des vom Versicherungsnehmer F***** mit dem Beklagten abgeschlossenen Werkvertrag zu Gunsten des Eigentümers des benachbarten Grundstückes hergeleitet wird.

Da der Beklagte sohin keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO aufzuzeigen vermag, muss sein demnach unzulässiges außerordentliches Rechtsmittel zurückgewiesen werden.

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