OGH 7Ob297/55

OGH7Ob297/5522.6.1955

SZ 28/170

Normen

GBG §35
GBG §49
GBG §53
GBG §56
GBG §57
GBG §103
GBG §35
GBG §49
GBG §53
GBG §56
GBG §57
GBG §103

 

Spruch:

Bei gleichzeitigem Einlangen eines Grundbuchsgesuches um Vormerkung des Eigentumsrechtes und eines Grundbuchsgesuches um Anmerkung der Rangordnung für die Veräußerung sind beide Eintragungen zu bewilligen. Nach der Rechtfertigung der Vormerkung sind die auf dem Rangordnungsbescheid basierenden Eintragungen und die Anmerkung der Rangordnung zu löschen.

Entscheidung vom 22. Juni 1955, 7 Ob 297/55.

I. Instanz: Bezirksgericht Landeck; II. Instanz: Landesgericht Innsbruck.

Text

Das Erstgericht hat auf Grund des vollstreckbaren Urteiles des Landesgerichtes Innsbruck vom 29. Dezember 1954, 3 Cg 581/53-14, und des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 15. Februar 1955, 3 Cg 581/53-19, in EZ. 786 II KG. L. die Anmerkung der Gleichzeitigkeit der beiden Grundbuchsgesuche TZ. 683/53 auf Anmerkung der Rangordnung für eine beabsichtigte Veräußerung und TZ. 684/53 auf Vormerkung des Eigentumsrechtes für Felix T. bewilligt, das Ansuchen des Felix T., auf Grund der angeführten vollstreckbaren Urteile, der Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrssteuern in I. vom 9. März 1955, BAP. 8498/53, sowie des erbrachten Nachweises der Zahlung von 35.000 S s. A. in EZ. 786 II KG. L. die Anmerkung der Rechtfertigung der Vormerkung des Eigentumsrechtes für Felix T. im B-Blatt zu bewilligen, dagegen abgewiesen. In OZ. 2 vom 4. August 1953, Z. 683, ist in EZ. 786 II KG. L. die Anmerkung der Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung, in OZ. 3 vom 4. August 1953, Z. 684, die Vormerkung des Eigentumsrechtes für Felix T. eingetragen und in OZ. 4 vom 7. August 1953, Z. 686, auf Grund des Kaufvertrages vom 4. August 1953 und des Rangordnungsbescheides vom 4. August 1953 im Range OZ. 2 das Eigentumsrecht für Karl M. einverleibt und unter OZ. 15 vom 19. August 1953, Z. 749, der Rekurs hinsichtlich der Eintragungen OZ. 2 und 4 angemerkt worden.

Der erstgerichtliche Beschluß führt aus, daß durch die Feststellung der Gleichzeitigkeit der Ansuchen um Vormerkung des Eigentumsrechtes für Felix T. und um Anmerkung der Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung zufolge der Fiktion des Gesetzes der Zustand eingetreten sei, daß die nun unbedingt gewordene Eigentumseintragung des Felix

T. in denselben Rang wie die Eigentumseinverleibung des Karl M. einrücke. Dies sei grundbuchsrechtlich nicht durchführbar, weil die zwei Eigentumseinverleihbungen einander ausschließen würden. Im gegebenen Falle seien sich zunächst Ansuchen um Ranganmerkung der Veräußerung und Vormerkung des Eigentumsrechtes gegenübergestanden; auch wenn von Anfang an Gleichzeitigkeit anzunehmen gewesen wäre, hätten die Gesuche nicht abgewiesen werden können, weil sich erst in der Folge herausstellen sollte, ob die Ranganmerkung verwirklicht oder die Vormerkung unbedingt werde. Durch die Feststellung, daß die Eigentumsvormerkung für Felix T. gerechtfertigt ist, sei eine Lage geschaffen, die jener gleichkomme, bei der beide Bewerber - M. und

T. - gleichzeitig um die Einverleibung des Eigentumsrechtes an der Liegenschaft EZ. 786 II KG. L. an gesucht hätten. Allerdings sei zu unterscheiden, daß die Rechtswirkung der Eigentumseinverleibung für

T. auf Grund der eingangs angeführten Urteile im Grundbuch erst durchgeführt werden müßte, wogegen das Eigentumsrecht für Karl M. im Grundbuch bereits einverleibt sei. Denn M. sei auf Grund des Kaufvertrages vom 4. August 1953 unter Bezugnahme auf eine mündliche Kaufabrede vom 1. August 1953 im Range des Rangordnungsbescheides vom 4. August 1953 als Eigentümer eingetragen und ihm laut Kaufvertrag bereits am 1. August 1953 auch der physische Besitz an der Kaufliegenschaft übertragen worden. Mit Rücksicht darauf, daß die Eigentumseinverleibung des M. rechtswirksam geworden sei, die des T. aber erst im Grundbuch durchgeführt werden müßte, sei die Lage des M. als des bereits "Besitzenden" günstiger und hemme daher die Durchführung der Rechtfertigung der Vormerkung des T. im Grundbuch, da beiden nicht gleichzeitig derselbe Rang als Volleigentümer an derselben Liegenschaft angeschrieben werden könne. Der Durchführung der Rechtfertigung stehe der jetzige Grundbuchsstand hindernd im Wege (§ 94 Abs. 1 Z. 1 GBG.). Erst wenn die Rechtsunwirksamkeit der Eigentumseinverleibung des M. festgestellt sei, stehe der Weg zur Durchführung der Rechtfertigung für Felix T. im Grundbuch offen. Die Rechtfertigung der Vormerkung ziehe im gegenständlichen Falle nicht die Rechtsfolge nach sich, daß nun etwa im Sinne des § 49 GBG. die Eigentumseinverleibung des M. samt Ranganmerkung und nachfolgender Pfandrechtseinverleibung zu löschen sei, weil eine solche Löschung nur für jene Eintragungen vorgesehen sei, die gegen den einverleibten Eigentümer nach Einlangen desjenigen Einschreitens erwirkt wurden, über welches die Vormerkung des Eigentumsrechtes erfolgt sei. Es könne daher wohl die Anmerkung der Gleichzeitigkeit der beiden Grundbuchsgesuche TZ. 683/53 und TZ. 684/53 bewilligt werden, nicht aber das Ansuchen um Anmerkung der Rechtfertigung der Vormerkung des Eigentumsrechtes für

T.

Infolge Rekurses des Felix T. änderte das Rekursgericht den erstgerichtlichen Beschluß dahin ab, daß es auch die Anmerkung der Rechtfertigung der Vormerkung des Eigentumsrechtes des Felix T., TZ. 684/53, ferner die Löschung der Anmerkung der Rangordnung für die Veräußerung, TZ. 683/53, die Einverleibung der Löschung des Karl M und die Einverleibung der Löschung des Pfandrechtes für alle Forderungen der Spar- und Vorschußkasse L. im Betrage von 90.000 S bewilligte.

Das Rekursgericht begrundete seinen Beschluß mit folgenden Überlegungen: Die Anmerkung der Rangordnung für die Veräußerung sichere den gegenwärtigen Grundbuchsstand zugunsten eines künftigen Eigentumserwerbers. Der Rechtserwerb erfolge aber nicht schon mit der Anmerkung der Rangordnung, sondern erst mit der Einverleibung des Eigentumsrechtes im Range der Anmerkung. Der Rechtserwerb werde nicht auf den Zeitpunkt der Anmerkung zurückbezogen. Wenn nun mehrere sich gegenseitig ausschließende Anträge auf Einverleibung des Eigentumsrechtes beim Grundbuchsgerichte einlangen, so seien alle zu bewilligen und im Rechtswege auszutragen, wem schließlich das Eigentumsrecht an der Liegenschaft zustehen solle. Lägen gleichzeitig überreichte Gesuche um Einverleibung des Eigentumsrechtes und um Anmerkung der Rangordnung für die Veräußerung vor, dann sei der erste Antrag zu bewilligen, der zweite dagegen abzuweisen, weil wegen Einverleibung des Eigentumsrechtes ein späterer Rechtserwerber im Range der Anmerkung nicht mehr eingetragen werden könne. Bei gleichzeitigem Einlangen eines Gesuches um Vormerkung des Eigentumsrechtes und um Anmerkung der Rangordnung für die Veräußerung seien beide Eintragungen zu bewilligen, doch sei die Anmerkung der Rangordnung nur für den Fall wirksam, als die Vormerkung des Eigentumsrechtes nicht gerechtfertigt werde. Da die Vormerkung des Eigentumsrechtes des Felix T. nach der Aktenlage zu rechtfertigen ist, sei die angesuchte Anmerkung (Rechtfertigung der Vormerkung des Eigentumsrechtes) zu bewilligen gewesen; ohne Rücksicht auf einen darauf abzielenden Antrag des vorgemerkten Eigentümers seien gemäß § 49 Abs. 2 GBG. die auf dem Rangordnungsbescheid basierenden Eintragungen zu löschen gewesen.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs des Karl M. nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Die Frage, wie zu verfahren ist, wenn Ansuchen verschiedener Bewerber um Einverleibung eines und desselben Rechtes am selben Objekt gleichzeitig zusammentreffen, steht hier nicht zur Erörterung, so daß keine Veranlassung besteht, zur diesbezüglich vertretenen Auffassung des angefochtenen Beschlusses Stellung zu nehmen. Wohl aber kommt der Frage Bedeutung zu, wie ein Ansuchen um Anmerkung der Rangordnung der Veräußerung im Vergleich zu einem solchen um Einverleibung des Eigentumsrechtes, gleichzeitiges Einlangen beim Grundbuchsgericht vorausgesetzt, zu werten ist. Um zur richtigen Lösung dieser Frage zu gelangen, ist es notwendig, sich über das Wesen der Anmerkung der Rangordnung bzw. eines Rangordnungsbescheides schlüssig zu werden. Im Grundbuchsrecht versteht man darunter grundsätzlich, daß sich die Rangordnung einer Eintragung nach dem Zeitpunkt richtet, in dem die Grundbuchseingabe, welche die Eintragung im Gefolge hat, beim Grundbuchsgericht eingelangt ist. In jedem Falle wird durch die Überreichung eines gerichtlich oder notariell beglaubigten Gesuchs des Berechtigten für die Zukunft ein bestimmter Rang erwirkt, ohne daß es erforderlich ist, daß der seinerzeit Berechtigte im Zeitpunkt der Überreichung des Rangordnungsgesuches auch schon vorhanden sein muß. Denn aus dem Gesetzestext geht klar hervor, daß es gleichgültig ist, ob die Rechtsurkunde vor oder nach dem Ansuchen um Anmerkung der Rangordnung errichtet wurde oder nicht. Eine Rangordnung ohne Vertragsurkunde ist wirkungslos (Bartsch, Das österreichische allgemeine Grundbuchsgesetz, 7. Aufl. S. 480 ff.; Sattler in ImmZ. 1950 S. 147 f.). Nicht jede Ranganmerkung führt zur Einverleibung (Eintragung) eines neuen Rechtes. Die Rangordnung ist im gewissen Sinne ein Provisorium, erst die Einverleibung schafft Recht (R. E. Wolff, NotZ. 1951 S. 73). Die Einbringung eines Gesuches um Anmerkung der Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung ist nicht schon eine Verfügung über die Liegenschaft. Das Gesuch kundigt nur an, daß in absehbarer Zeit eine Verfügung über die Liegenschaft stattfinden wird. Die tatsächliche Verfügung über die Liegenschaft kann nur durch seinerzeitige Vorlage des Rangordnungsbescheides und des Erwerbstitels realisiert werden. Der Käufer soll eine Garantie erhalten, daß sich der Grundbuchsstand nicht mehr zu seinen Ungunsten ändert. Nach § 85 Abs. 3 GBG. kann bei Mangelhaftigkeit des vorgelegten Titels statt der beantragten Einverleibung die Vormerkung bewilligt und diese Vormerkung sodann bei nachträglicher Behebung des Mangels in eine Einverleibung mit Wirkung ex tunc verwandelt werden. Die Vormerkung hat immerhin bereits dingliche Wirkung, weil mit ihr ein konkretes bücherliches Recht bereits in Erscheinung tritt, während die Anmerkung der Rangordnung in dieser Hinsicht noch nichts besagt (Stöckl in NotZ. 1950 S. 134). Die bloße Anmerkung der Rangordnung begrundet überhaupt noch kein bestimmtes Recht. Sie sichert dem künftigen Rechtserwerber nur den gegenwärtigen Grundbuchsstand. Der Rechtserwerb als solcher zählt aber trotzdem erst vom Zeitpunkt der Einbringung des Gesuches um Einverleibung des Eigentumsrechtes. Alle gesetzlich damit verbundenen Wirkungen treten erst in diesem Augenblick ein. Die mit dem Eigentumsrecht verbundenen Vorteile und Verpflichtungen werden erst damit erworben und gelten nicht etwa mit Wirkung von der Einbringung des Rangordnungsgesuches an als auf den neuen Eigentümer übergegangen (Billeth in NotZ. 1950 S. 149). So übt das im Range einer früher angemerkten Rangordnung einverleibte Pfandrecht seine Wirkung erst mit dem Zeitpunkt der Einverleibung aus. Der Rangordnungsbescheid kann demnach noch nicht als ein Recht im Verkehrssinne bezeichnet werden. Die Rangordnungsanmerkung gibt nur die Anwartschaft auf einen bestimmten Rang für eine erst einzuverleibende oder vorzumerkende Eintragung, schafft daher keineswegs das Recht selbst, und es ist ihre Wirksamkeit auch davon abhängig, daß sie begrundet ist (Sattler in ImZ. 1950 S. 212).

Der Oberste Gerichtshof hat in der aus jüngerer Zeit stammenden Entscheidung 4 Ob 224/53 ganz im Sinne obiger Ausführungen erkannt, daß ein Rangordnungsbescheid nur die Wirkung hat, daß spätere Eintragungen dem berechtigten Inhaber des Rangordnungsbescheides nicht mehr schaden können. Er bewirkt aber nicht ein rückwirkendes Entstehen des in der Rangordnung intabulierten Rechtes. Der Dritterwerber hat daher erst mit dem Tage der Eintragung das grundbücherliche Eigentum erworben, der Liegenschaftseigentümer es erst mit diesem Tage verloren. Es kann deshalb nicht gesagt werden, daß er bereits mit dem Tage der Anmerkung des Rangordnungsbescheides sein Eigentum verloren habe. Das stunde mit der Vorschrift der §§ 431, 444 ABGB. im Widerspruch, daß das Eigentum erst durch die Löschung in den öffentlichen Büchern verloren geht, bzw. durch Eintragung erworben wird.

Aus dem bisher Gesagten folgt, daß ein Gesuch um Anmerkung der Rangordnung der Veräußerung dann keinen Zweck mehr erfüllen kann, wenn gleichzeitig von einem anderen Bewerber ein Gesuch um Einverleibung des Eigentumsrechtes an der Liegenschaft beim Grundbuchsgerichte einlangt, immer vorausgesetzt, daß die Bewilligung der Einverleibung rechtskräftig wird, weil mit der Einverleibung des Eigentumsrechtes bereits ein dingliches Recht geschaffen wurde, wogegen die Rangordnung der Veräußerung nur die Möglichkeit der künftigen Schaffung eines Eigentumsrechtes anzeigt. Neben einem bereits rechtskräftig einverleibten Eigentumsrecht verliert die gleichzeitig eingetragene Anmerkung der Rangordnung der Veräußerung jeden Sinn. Zum gleichen Ergebnis führt der Umkehrschluß aus § 56 Abs. 2 GBG., wonach dieEintragung in der angemerkten Rangordnung selbst dann bewilligt werden kann, wenn die Liegenschaft oder die Hypothekarforderung nach dem Einschreiten um die Anmerkung der Rangordnung an einen Dritten übertragen oder belastet worden wäre. Aber auch die Bestimmung des § 57 GBG., derzufolge dann, wenn die Einverleibung der Veräußerung der Liegenschaft in der angemerkten Rangordnung bewilligt wird, auf Ansuchen der Partei, für welche die Einverleibung erfolgte, die Löschung derjenigen Eintragungen zu verfügen ist, welche etwa in Ansehung dieser Liegenschaft nach Überreichung des Anmerkungsgesuches erwirkt worden sind, spricht eindeutig für die hier vertretene Auffassung, weil bei gleichzeitig eingelangten Ansuchen nicht davon die Rede sein kann, daß das neu einverleibte Eigentumsrecht erst nach Überreichung des Anmerkungsgesuches erwirkt worden ist. Was aber für die Einverleibung des Eigentumsrechtes gilt, muß gleichermaßen für die Vormerkung (den bedingten Erwerb des bücherlichen Rechtes) gelten, weil der Unterschied zur Einverleibung nur darin besteht, daß die Vormerkung einer Rechtfertigung bedarf. Wird diese nachgeholt, so ist die Sachlage nicht anders zu betrachten, als wenn bereits von Haus aus die Einverleibung bewilligt worden wäre, weil, wie bereits erwähnt, die Rechtfertigung ex tunc wirkt. Das Rekursgericht hat, da der Antragsgegner sein bücherliches Recht erst einige Tage später erworben hat als der Antragsteller, auch zu Recht die Bestimmung des § 49 Abs. 2 GBG. angewendet und neben der Löschung der zwecklos gewordenen Ranganmerkung die Löschung aller Eintragungen verfügt, die gegen den einverleibten Eigentümer nach dem Einlangen desjenigen Einschreitens erwirkt wurden, über welches die Vormerkung des Eigentumsrechtes erfolgte.

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